Insekteneinsätze: Wespen und Hornissen sind oft verkannte nützliche Helfer!

Feuerwehrleute bilden sich fort - Artenschutz steht im Vordergrund

„Hilfe, ich habe ein Wespennest!“. Solche Anrufe erreichen die Kreisfeuerwehrzentrale in der warmen Jahreszeit zuhauf. Dabei sind die Insekten mit dem Giftstachel eigentlich ganz friedliebende „Tierchen“.  Im unmittelbaren Umfeld des Menschen können sie allerdings zur Gefahr werden. Besonders Allergiker müssen sich in Acht nehmen.  Die Feuerwehr ist natürlich auch für solche Insekteneinsätze bestens gerüstet.  Jetzt stand für einige Wehrleute ein Fortbildungsseminar an der Kreisfeuerwehrzentrale auf dem Programm. Insektenkundler  Dr. Martin Sorg machte dabei klar, Wespen werden oftmals völlig zu Unrecht als „stechende Plagegeister“ verflucht.


Die "Sächsische Wespe" hat an einem Hausdach ihr Nest errichtet.
 
Um dem Artenschutz gerecht zu werden, arbeiten der Kreis Herford und die örtlichen Feuerwehren eng zusammen. „Seit gut 20 Jahren werden die Einsatzkräfte bereits auf diese Weise geschult“, informierte Hannelore Frick-Pohl zu Beginn der Schulung. Sie ist Mitarbeiterin der Unteren Landschaftsbehörde. In diesem Jahr wurde das Wespenseminar erstmals als Fortbildungsveranstaltung angeboten.  
 
Wespe ist nicht gleich Wespe, das wurde den Teilnehmern schnell deutlich. In unserer Region gibt es acht Wespenarten. Sie organisieren sich in sozialen Völkern – der Fachmann spricht deshalb von den „sozialen Faltenwespen“. Einige davon stehen unter Naturschutz, wie z.B. die Hornisse. Die nach der Bundesartenschutzverordnung besonders geschützten „Brummer“ dürfen nicht einfach vernichtet werden. Die Feuerwehr muss diese Völker ggf. umsiedeln.  Für die Helfer ist daher wichtig, die verschiedenen Arten richtig zuzuordnen. Dazu gab Dr. Martin Sorg während des Seminars wichtige Hinweise. Er ist in der Region ein anerkannter Entomologe, also Insektenforscher. Nach einem Erfahrungsaustausch folgte der praktische Teil. Wichtig sei bei einem Wespeneinsatz, den Bürger kompetent zu beraten, sagte Dr. Sorg. Oft fordern die Menschen aus Unwissenheit, Angst oder Panik gleich die Vernichtung des gesamten Wespenbaus. Dabei bereiteten hierzulande eigentlich nur zwei der acht Arten Probleme. „Nur die Deutsche Wespe und die Gewöhnliche Wespe werden von Limonade und Kuchen angelockt und sind leicht reizbar“, informierte Dr. Sorg. Andere Völker verteidigten lediglich ihr Nest in einem eher kleinen Radius, sodass ein „Zusammenleben zwischen Mensch und Tier oftmals problemlos möglich sei“. Außerdem seien Wespen oft verkannte Helfer in der Natur. Sie leisteten wertvolle Dienste bei der Schädlingsbekämpfung. Sprüche wie „drei Stiche einer Hornisse töten einen Menschen und sieben Stiche ein Pferd“ seien Volksweisheiten und gehörten in das Reich der Legenden. Gefahr drohe allerdings für Allergiker. „Auch ein Stich in die Luftröhre kann lebensbedrohlich werden“, mahnte Dr. Sorg. Ziel der Beratung müsse letztlich die Aufklärung der Bürger sein.
 

Bestimmung der Wespenart:  Dr. Sorg (Bildmitte) steht den Teilnehmern als Experte zur Seite.
 
Der Nestbau beginnt mit der Königin im April. Meistens werden die kunstvollen, papierartigen Gebilde mit der Wabenstruktur im Inneren dann erst Ende Juni oder Juli entdeckt. In der Zwischenzeit haben die Menschen oftmals bereits über einige Wochen hinweg problemlos mit den Insekten zusammengelebt. Hat sich der Mensch erst einmal auf die Wespen eingerichtet, kann das Nest genauso gut am bisherigen Platz verbleiben. Außerdem geht die „Saison“ für die meisten Völker bereits im Spätsommer zu Ende. Die Bauten sind dann verwaist und die Jungköniginnen ausgezogen, um für den Winter ein Quartier zu beziehen. „Mehrjährige Völker gibt es bei uns nicht; die Tierchen kehren also nicht im nächsten Jahr zurück“, sagte Dr. Sorg.  
 

Der Bau wird in einen bereitgestellten Holzkasten umgesetzt.
Imkerschutzanzüge gehören zur Ausrüstung der Feuerwehr. 


Damit das artgerechte Umsetzen eines Wespennestes künftig reibungslos klappt, wurde dieser Vorgang am Nachmittag praktisch geübt. Dazu ging es nach Bünde, wo der Feuerwehr zuvor ein Nest gemeldet worden war. Vor Ort folgten das schulbuchmäßig Beratungsgespräch mit dem Anwohner und die Bestimmung der Wespenart. Der Bürger aus der Elsestadt zeigte sich tief beeindruckt. Er hätte letztlich nichts gegen den Verbleib des Wabenbaus auf seinem Grundstück gehabt. Doch zu Übungszwecken wurde das „Heim“ der „Sächsischen Wespe“ schließlich doch unter Anleitung von Dr. Sorg in einen Holzkasten umgesetzt und später in ein Waldstück verbracht. Während eines zweiten Ortstermins war eine entsprechende Umsiedelungsaktion schier unmöglich. Hier hatte sich ein Volk der „Gewöhnlichen Wespe“ im Hohlraum des Mauerwerks eingenistet. Doch auch dieses Mal zeigte das Beratungsgespräch seine Wirkung. Die Bewohner versicherten schließlich, den Sommer über mit den unliebsamen Gästen klarzukommen und den Bereich rund um das Nest zu meiden.

 
Ein Beratungsgespräch mit den Helfern der Feuerwehr ist übrigens kostenlos. Sollte allerdings die Umsetzung eines Wespennestes erforderlich sein, fallen je nach Stadt oder Gemeinde unterschiedliche Gebühren an. Die Experten raten dringend davon ab, Wespennester in Eigenregie umzusetzen oder gar zu vernichten, um Gebührengelder zu sparen. Das Verstopfen von Einfluglöchern ist ebenfalls nicht zu empfehlen. Gleiches gilt für die „Giftspritze“. „Solche Maßnahmen vergrößern die Probleme oftmals noch“,  mahnte Dr. Sorg.

Jens Meyer
(Text u. Fotos)

Die Wespen sind im „Übergangsquartier“ angekommen. Sie beruhigen
 sich bereits und inspizieren die neue Umgebung.



Gehört ebenfalls zu den Aufgaben der Feuerwehr: Insektenerforschung mit der Lupe    

Bestimmung der Wespenart: Dr. Sorg (Bildmitte) steht den Teilnehmern

als Experte zur Seite.