Ein "Prototyp" der überzeugt: In der "Crew Cab" zum Einsatzort

HLF 20 von Scania mit Empl-Aufbau (am 13.09.2012) an der Feuerwehrzentrale vorgestellt

DSC_0578Der skandinavische Nutzfahrzeughersteller Scania (Södertälje/Schweden, Koblenz/ Rheinland-Pfalz) hat erstmals gemeinsam mit dem Sonderaufbau-Spezialisten Empl (Elster/Sachsen-Anhalt) ein Hilfeleistungslöschfahrzeug 20 (HLF 20) auf die Räder gestellt. Der Löschbolide wurde jetzt von  Vertretern der beiden Firmen an der Kreisfeuerwehrzentrale in Hiddenhausen-Eilshausen vorgestellt. Einige Feuerwehrführungskräfte waren vor Ort. Sie konnten sich von der soliden und zugleich modernen Technik des „Prototyps“ überzeugen.

„Seit Montag sind wir mit dem Wagen unterwegs und er ist überall gut angekommen“, freut sich Christian Schupp von der Scania Deutschland Gruppe. Das Unternehmen bietet als einziger Nutzfahrzeughersteller Gruppenkabinen direkt ab Werk an, so wie sie für die Löschfahrzeuge der Feuerwehr benötigt werden. Die Serienfahrgestelle der Konkurrenz müssen hingegen erst aufwendig umgebaut werden. Scania nennt seine große Mannschaftskabine „Crew Cab CP 31“. Es sei das sicherste LKW-Fahrerhaus auf dem Markt, sagt Schupp. In den skandinavischen Ländern unterliegen Lastwagen besonders harten Sicherheitsstandards. Beim legendären Schwedentest saust ein Pendel mit einem Gewicht von einer Tonne in die Rückwand der Fahrerkabine. Anschließend bekommt die A-Säule ebenfalls einen Schlag von einer Tonne. Außerdem wird das Dach mit einem Gewicht von 15 Tonnen belastet. Lassen sich die Türen danach noch per Hand öffnen, gilt der Test als bestanden und die Konstruktion als gut genug, um in Serie gefertigt zu werden. Die „Crew Cab“ von Scania besticht außerdem durch eine  Innenraumhöhe von 1,70 Meter. Dadurch können sich die Wehrleute noch während der Fahrt zur Einsatzstelle bequem ausrüsten.

Das HLF 20 basiert auf einem 18-t-Fahrgestell mit Straßenantrieb (Typ P 280). Tatsächlich bringt das Vorführfahrzeug ein Gewicht von gut 14 Tonnen auf die Waage. Der Motor leistet 280  PS. Für die Schaltvorgänge sorgt ein Allison-Automatikgetriebe.  „Der Wagen überzeugt durch sein besonders stabiles Fahrverhalten“, meint Thomas Rabbe von Scania Bielefeld. Dafür sorge die 2-Balg-Luftfederung. Die Karosserie zeige dadurch selbst auf schlechten Straßen kaum Verwindung. Das Fahrzeug, so Rabbe, werde in der skandinavischen Ausführung ausgeliefert. Schall- und Klimaschutz seien deshalb vorbildlich. „Das Fahrerhaus ist deshalb so gut isoliert, weil in Schweden nicht selten Temperaturen von minus 30 Grad herrschen.“ Der Radstand des Vorführfahrzeugs beträgt 4.30 Meter. Er könne auf Wunsch des Kunden angepasst werden – und zwar ohne Aufpreis, ergänzt Christian Schupp.

Vom Aufbauhersteller Empl Fahrzeugwerke Deutschland ist Enrico Pfütze zur  Kreisfeuerwehrzentrale gekommen. Schon beim ersten Blick in die sechs Geräteräume wird deutlich, hier haben Experten aus der Industrie durchdachte Lösungen für die Profis am Strahlrohr ausgearbeitet. Der Montagerahmen bestehe aus verzinktem Stahl, sagt Pfütze. Weiterhin seien für den Aufbau Aluminium-Sandwichpaneele verklebt worden. Das HLF 20 verfügt über einen 2.000 Liter Löschwassertank. Darin integriert ist der Schaummitteltank mit 150 Liter Inhalt. Die Geräteräume G 1 und G 2 sind mit Drehfächern ausgestattet. Hier sind der Stromerzeuger (Typ Eisemann BSKA13)  und die hydraulischen Rettungswerkzeuge verlastet. Sämtliche Geräteräume verfügen über eine LED-Innenbeleuchtung. Beim Lichtmast, der Umfeldbeleuchtung sowie den Schluss- und Bremsleuchten setzt der Feuerwehrspezialist aus Sachsen-Anhalt ebenfalls LED-Technik ein. Im Übrigen kommt im Aufbau die völlig neu entwickelte „H.I.T.-Steuerung“ von Empl zum Einsatz. Das Buchstabenkürzel steht dabei für Human-Interaction-Technology. Mit anderen Worten: Für den Bediener sind alle Funktionen so gestaltet, dass ein maximaler Benutzerkomfort erreicht wird. Besonders deutlich wird diese Philosophie der Empl-Ingenieure, als Enrico Pfütze den Pumpenstand erläutert. Es gibt zwei Bildschirme mit Druckknöpfen an den Rändern. Von hier aus lassen sich die Pumpe und Druckzumischanlage (DZA 24 mit elektrischer Schaummittelpumpe und einer Zumischrate von 0,2 – 6 Prozent) mit wenigen Handgriffen bedienen und überwachen. Auf Touchscreentechnik sei bewusst verzichtet worden, sagt Pfütze; denn die sei mit Handschuhen nur schwer zu handhaben. Weiterhin gibt es einen  „Pumpenschnellzugriff“, der aus einer einzigen Taste besteht. Wird die gedrückt, springen Fahrzeugmotor und Pumpe an und innerhalb kürzester Zeit hat der Angriffstrupp Wasser am Strahlrohr. Gerade solch einfache Lösungen sind für die Feuerwehrleute im Einsatzalltag oftmals von einem hohen praktischen Wert.  Auch sonst verfügt der Aufbau über einige pfiffige Detaillösungen. So können die Kotflügel an der Hinterachse abgeklappt werden und als Freistandsbrücken verwendet werden.  Es gibt eine Hygienewand und seitlich integrierte „Ampeln“, die schon von weitem auf den Füllstand des Löschwassertanks hinweisen.

Zum Abschluss dürfen sich die Wehrleute selber hinter das Steuer setzen und eine Probefahrt absolvieren. Das abschießende Fazit fällt durchweg positiv aus. Scania und Empl würden gut zusammen harmonieren, so die Meinung der Feuerwehrexperten aus dem Kreisgebiet. Der Wagen sei eine echte Alternative zu den Fahrzeugen der Konkurrenz.

Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)

 

Stichwort: Empl

Der Sonderaufbauhersteller hat seinen Hauptsitz in Kaltenbach im Tiroler Zillertal (Österreich). Ab dem Jahr 1940 wurden hier hauptsächlich landwirtschaftliche Fahrzeuge produziert. 1964 begann Empl mit der Herstellung von LKW-Aufbauten. Das Unternehmen spezialisierte sich mehr und mehr auf maßgeschneiderte Sonderanfertigungen. 2001 entstand in Kaltenbach eine neue Produktionshalle, die mit modernsten EDV-gesteuerten Maschinen  ausgestattet wurde. Im Jahr 2007 kam ein neues Kompetenzzentrum hinzu und die Produktion wurde nochmals erweitert.  Das Zweigwerk in Elster (Sachsen-Anhalt) entstand 2001/2002.  „Empl-Germany“ hat gerade erst 45 Löschgruppenfahrzeuge (LF 10/6-KatS) für den Hessischen Katastrophenschutz  geliefert.

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Gesamtkonzept mit vielen innovativen Ideen: Scania P 280 mit …

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… Aufbau von Empl

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Das Lenkrad ist pneumatisch hochklappbar um …

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… den Ein- u. Ausstieg zu erleichtern, demonstriert Thomas Rabbe.

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Auf der modernen „Systemtafel“ hat der Fahrer sofort alle Instrumente im Blick.

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Kühlergrill als Podest: So kann die Frontscheibe bequem gereinigt werden.

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Gut zu erkennen: Die 2-Balg-Luftfederung.

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Die Gruppenkabine misst eine Höhe von 1.70 m.

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Bullige Optik: Der Scania mit ausgefahrenem LED-Lichtmast.

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Die Feuerwehrtechnik ist in 6 seitlichen Geräteräumen untergebracht.

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Geräteraum 1 mit dem Stromerzeuger

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Die Hebekissen sind übersichtlich gelagert.

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Hygienewand zur Sicherstellung der Händehygiene im Einsatzgeschehen

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Enrico Pfütze erläutert den Pumpenstand

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Pumpentechnik und Druckzumischanlage werden über 2 Bildschirme bedient u. überwacht.

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Ein Schalter genügt, um Fahrzeugmotor, Pumpe u. Schnellangriff zu starten.

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„Ampel“ als Tankfüllstandsanzeige