Ihr Kinderlein kommet!

Politik und Verband der Feuerwehren NRW wünschen sich Einführung der Kinderfeuerwehr

DSC 0172In Nordrhein-Westfalen soll künftig die Gründung von Kinderfeuerwehren möglich werden, um den Nachwuchs für die aktiven Einsatzabteilungen zu sichern. Die Anzeichen dafür haben sich in den letzten Wochen verdichtet. Über einen entsprechenden Gesetzentwurf hat der Landtag in Düsseldorf bereits Ende letzten Jahres debattiert. Wird das Vorhaben tatsächlich umgesetzt, dann könnten künftig Knirpse ab sechs Jahren ganz offiziell in die Freiwillige Feuerwehr aufgenommen werden. Bisher liegt das Eintrittsalter in die Jugendfeuerwehr bei zehn Jahren.

Noch können sich die Bürger im Lande sicher fühlen. Rund 85.000 ehrenamtliche Feuerwehrleute gibt es alleine in Nordrhein-Westfalen. Doch vielerorts schrumpfen die Mitgliederzahlen. Und diese Entwicklung, so die Befürchtungen von Fachleuten, könnte  sich in den nächsten Jahren noch drastischer fortsetzen. Der demografische Wandel, er ist in Deutschland durch eine Alterung der Bevölkerung bei gleichzeitig sinkender Geburtenrate geprägt, sei Schuld daran.

Wenn es personell bei der Freiwilligen Feuerwehr brennt, ist die Politik in Zugzwang. Das Nachwuchsproblem der Wehren, so wurde in Düsseldorf richtig erkannt, rühre unter anderem daher, dass Kinder hierzulande erst ab dem zehnten Lebensjahr in eine Jugendfeuerwehr aufgenommen werden dürften. „Im Alter von zehn Jahren hätten sich viele Kinder jedoch bereits anderen Vereinen oder Organisationen angeschlossen, die auch jüngere Mitglieder in ihre Reihen aufnehmen. Durch diesen Umstand gehen den Freiwilligen Feuerwehren eine Vielzahl möglicher Nachwuchskräfte verloren“, heißt es in einer Erklärung der Christdemokraten.  Ihre Fraktion hat daher ein Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht. Danach soll durch eine Neufassung des § 9 Absatz 3 des Feuerschutz und Hilfeleistungsgesetzes NRW (FSHG) zugelassen werden, dass Kinder im Alter von sechs bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres in Kinderfeuerwehren an die Tätigkeiten der Freiwilligen Feuerwehren herangeführt werden können. Außerdem sollen die Kleinen durch einen neu geschaffenen § 12 Absatz 10 FSHG über die Unfallkasse Nordrhein-Westfalen abgesichert sein. Dieser Unfallversicherungsschutz kommt bereits bisher den Mädchen und Jungen in den Jugendfeuerwehren und allen übrigen ehrenamtlichen Angehörigen der Feuerwehr zugute.

Über den Gesetzentwurf wurde bereits im November letzten Jahres in 1. Lesung im Landtag beratschlagt. Zu später Stunde – zuvor hatte eine anstrengende Haushaltsdebatte die Politiker gefordert – begründete Abgeordnete Kirstin Korte (Minden-Lübbecke) die Gesetzesvorlage vor dem Parlament. Leider werde es immer schwerer, Menschen für den Feuerwehrdienst zu gewinnen. „Viele haben nicht mehr die Zeit oder die Lust, cool genug für diesen heißen Job zu sein“, sagte Korte. Mit dem Gesetzentwurf würde den Freiwilligen Feuerwehren die längst überfällige Rechtsgrundlage dafür geschaffen, ihre bislang schon erfolgreiche Nachwuchsarbeit auszuweiten; denn Kinder scheinen eher für die Feuerwehr entflammbar zu sein, als Erwachsene.  „Und dieses Potential“, so Korte, „müssen wird binden, das ist unsere Chance!“ Deshalb müsse den Feuerwehren die Möglichkeit eröffnet werden, das ganze Altersspektrum an Kinder- und Jugendarbeit abdecken zu können.

Das Projekt Kinderfeuerwehr befinde sich zurzeit im Aufbau heißt es von Seiten des Verbandes der Feuerwehren NRW (VdF NRW). Im Frühjahr würden die bereits bestehenden Kinderfeuerwehren, sie sind als eingetragene Vereine vorzeitig an den Start gegangen, zu einer „Kinderfeuerwehr NRW“ zusammengeschlossen. Ein Arbeitskreis sei dabei,  einheitliche Vorgaben zur Arbeit mit den „Löschzwergen“ und Tipps zur Gründung einer Kinderfeuerwehr auszuarbeiten. Die Planungen sehen vor, Kinder unter zehn Jahren, abgetrennt von den bereits bestehenden Jugendfeuerwehren, spielerisch an die Feuerwehr heranzuführen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie die Initiatoren des Gesetzesvorhabens die Kostenfrage sehen. Im Gesetzentwurf (Drucksache 16/1167) heißt es dazu unter Punkt D „Kosten“: „Keine“ und unter Punkt G „Finanzielle Auswirkungen“: „Keine“. Ob es die fachgerechte pädagogische Betreuung von Kindern unter zehn Jahren tatsächlich zum “Nulltarif” gibt, daran kann man sicherlich berechtigte Zweifel haben. “Wie bilden wir denn die Feuerwehrleute vor Ort aus, damit sie die Sechs- bis Zehnjährigen pädagogisch betreuen können?” Welches Material geben wir den Eltern und Kindern an die Hand? Woher kommen denn die Kindersitze für unsere Feuerwehrautos?”  Diese drängenden Fragen stellte Thomas Stotko (MdL Witten/Herdecke) während der Landtagsdebatte stellvertretend für die Feuerwehrleute an der Basis.

“Die Ehrenamtlichen sind vielerorts bereits an ihren Leistungsgrenzen angekommen”, meint Kreisbrandmeister Wolfgang Hackländer. Beispiel Vlotho: Hier war die Freiwillge Feuerwehr im letzten Jahr durchschnittlich an jedem dritten Tag im Einsatz. Hinzu kommen die Betreuung der Jugendfeuerwehr und ein umfangreiches Ausbildungs- und Schulungsprogramm, dem sich die freiwilligen Feuerwehrleute Jahr für Jahr stellen müssen, um fit zu bleiben. “Für mich stellt sich daher die Frage, ob das Projekt Kinderfeuerwehr ohne entsprechende Unterstützung der Wehren durch geschulte Pädagogen funktioniert”, so Hackländer.

Im Nachbarbundesland Niedersachsen gibt es die “Bambiniwehren” bereits seit einigen Jahren. Über 300 Gruppen, hauptsächlich in der Region Hannover und den Landkreisen Lüchow- Dannenberg und Schaumburg,  sollen es dort mittlerweile sein. “Die Feuerwehrführungen bewerten die Kinderfeuerwehren positiv, insbesondere wenn eine Betreuung durch ausgebildete Erzieher/innen sichergestellt ist”, heißt es im Postitionspapier “Perspektiven 2020” des Landesfeuerwehrverbandes Niedersachsen.

Innenminister Ralf Jäger lobte indes die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehren. “Sie machen schon heute eine ausgezeichnete Jugendarbeit! Wir brauchen allerdings ein Gesamtkonzept, wie es gelingt, dieses bürgerschaftliche Engagement bekannter zu machen und auszuweiten”, sagte Jäger im Landtag. Außerdem versprach der Minister, dem Verband der Feuerwehren ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, damit die in der “Projektgruppe Kinderfeuerwehr” diskutierten Maßnahmen umgesetzt werden könnten.

Das Gesetzesvorhaben wurde unterdessen am 10. Januar nochmals im Innenausschuss behandelt. Ergebnis: Vor der 2. Lesung im Landtag soll es zunächst eine Expertenanhörung geben.  

Von Jens Vogelsang
 (Text u. 4 Fotos)

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Geht es nach dem Willen von Politik u. VdF NRW könnte künftig die Gründung von Kinderfeuerwehren offiziell möglich werden.

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Der Übertritt in die Jugendfeuerwehr wird angestrebt.  

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Ende 2012 debattierten die Abgeordneten in Düsseldorf über einen entsprechenden Gesetzesentwurf. (Foto: © Landtag NRW)

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Zurzeit ist der Innenausschuss des Landtags mit dem Thema beschäftigt. (Foto: © Landtag NRW)


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Die „Löschzwerge“ sollen spielerisch an die Feuerwehr herangeführt werden.

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Die Brandschutzerziehung wird sicherlich zu einem wichtigen Thema bei der Kinderfeuerwehr gehören.

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Doch wie soll die pädagogische Betreuung der Sechs- bzw. Zehnjährigen organisiert werden? (Foto: Feuerwehr Vlotho)

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Innenminister Ralf Jäger: „Die Freiwilligen Feuerwehren machen schon heute eine ausgezeichnete Jugendarbeit!“ (Foto: © Landtag NRW)