Ein kleiner, aber wichtiger Baustein für das Ehrenamt

Landtag lehnt in 2. Lesung den Gesetzentwurf zur Schaffung von Kinderfeuerwehren ab

Kinderfeuerwehr-AnhoerungDüsseldorf. Kinder unter zehn Jahren bleibt der Eintritt in die Freiwillige Feuerwehr auch weiterhin verwehrt. Der Landtag in Düsseldorf hat den Gesetzentwurf zur Schaffung von Kinderfeuerwehren in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause (12.07.2013) abgelehnt. Am Ende konnte bei der Ausgestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen keine Einigung erzielt werden. Und das, obwohl alle Politiker nach wie vor von der  Notwendigkeit der „Bambiniwehren“ überzeugt sind. Im Herbst wird es voraussichtlich einen neuen Anlauf geben: Dann soll das „Projekt Kinderfeuerwehr“ im Zuge der Überarbeitung des Feuerschutz- und Hilfeleistungsgesetzes NRW  wieder auf die Tagesordnung kommen.

Kinderfeuerwehr
Für die Gründung von Kinderfeuerwehren fehlt in NRW weiterhin eine gesetzliche Grundlage. (Foto: VdF NRW)

Warum geht es?
Den Freiwilligen Feuerwehren im Lande könnte in Zukunft der Nachwuchs ausgehen. Damit das nicht passiert, gibt es bereits die Jugendfeuerwehren. Doch die nehmen erst Zehnjährige auf, ein Alter in dem sich viele schon für andere Vereine entschieden haben. In einigen Wehren, besonders dort, wo es schon jetzt ein Nachwuchsproblem gibt, würde man lieber heute als morgen Kinderfeuerwehren für Knirpse ab sechs Jahren einführen. Doch dazu fehlt die gesetzliche Grundlage im Feuerschutz- und Hilfeleistungsgesetz NRW (FSHG NRW).  Die CDU-Fraktion im Landtag hatte daher einen Gesetzentwurf (Drucksache 16/1167) vorgelegt, der den Weg zur Gründung von „Bambiniwehren“ freimachen sollte. (Der KFV Herford berichtete bereits: „Ihr Kinderlein kommet!“)

Kinderfeuerwehr-Anhoerung
Während einer Anhörung zum Thema "Kinderfeuerwehr" im April 2013 standen Experten,
darunter VdF-Vize Bernd Schneider, vor dem Innenausschuss Rede und Antwort. (Foto: Landtag NRW)

Die Sachverständigenanhörung.
Nachdem die Abgeordneten über den Entwurf im November 2012 in 1. Lesung beratschlagt hatten, unterstützten Sachverständige das Vorhaben während einer Anhörung im Innenausschuss. „Wenn sie sehen könnten, mit welchem Feuereifer unsere Löschzwerge ans Werk gehen, da geht ihnen das Herz auf“, berichtete Sabine Voss von der Feuerwehr Dormagen damals. In der Stadt im Rhein-Kreis Neuss gibt es bereits heute eine von landesweit etwa 25 inoffiziellen Kindergruppen, deren Versicherungsschutz privat finanziert wird. Die Löschzwerge schrieben nach den Worten von Sabine Voss eine Erfolgsstory. In Dormagen zahle die Feuerwehr eine private Unfallversicherung für die Kinder und lebe mit dem Risiko einer fehlenden Haftpflichtversicherung, erläuterte die Feuerwehrfrau, die sich in Zukunft klare Regelungen zum Versicherungsschutz wünschte. Zur Frage der Kinderfeuerwehren gebe es innerhalb der Feuerwehren keine einheitliche Meinung, musste Bernd Schneider, Vizechef des Verbandes der Feuerwehren NRW (VdF NRW), vor dem Ausschuss zugeben. Doch das sei vor 50 Jahren, als es um die Jugendfeuerwehren gegangen sei, die es heute flächendeckend gebe, genauso gewesen. Schneider sprach sich dafür aus, dass die Feuerwehren praktikable Handlungsempfehlungen an die Hand bekämen. Für Hans-Gerd von Lennep, er sprach für die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände vor dem Innenausschuss, hätten die Kommunen ein ureigenes Interesse an funktionsfähigen Feuerwehren. „Derzeit fehlt allerdings ein langfristiges, tragfähiges Konzept für die Kinderfeuerwehren!“ „Wer soll sich eigentlich mit den Sechsjährigen befassen? Und welche pädagogischen Voraussetzungen sind hierfür erforderlich?“ Diese kritischen Fragen stellte Edgar Stary von der Gewerkschaft Verdi in der Expertenrunde. Nach Ansicht von Bernd Schneider seien hier vor allem die Eltern der Knirpse gefordert. Freiwillige Betreuerinnen mit pädagogischem Hintergrund, beispielsweise Kindergärtnerinnen, könnten hinzukommen. In Kierspe, wo es ebenfalls bereits eine inoffizielle Kinderfeuerwehr gibt,  laufe die Betreuung durch die Eltern und freiwillige pädagogische Kräfte problemlos und kostenneutral, berichtete Georg Würth, der die Gruppe seit knapp zwei Jahren leitet. Über die Kinderfeuerwehr hätte man sogar Zugang zu Menschen mit Migrationshintergrund gefunden. So gehörten zur „Bambiniwehr“ in Kierspe mittlerweile deutsche, türkische und italienische „Feuerwehrzwerge“.

Das sagten die Politiker im Landtag (Redeauszüge).

SPD

Thomas Stotko (Witten/Herdecke) für die SPD (Anmerk.: An die Adresse der CDU gerichtet.):
(...) “Sie schreiben in den Gesetzentwurf: Kinderfeuerwehren werden ermöglicht. Sie sorgen nicht dafür, dass es eine finanzielle Absicherung gibt. Das heißt, die Versicherungstechnik ist damit nicht gelöst.  Zweitens haben Sie keine inhaltliche Konzeption, keine Idee für die Feuerwehren vor Ort, die nicht so gut aufgestellt sind, die nicht genau wissen, wie man eine Kinderfeuerwehr schafft. Und als Drittes: Bis heute bieten Sie keine Hilfsangebote für diejenigen, die Kinderfeuerwehren leiten sollen. Sie lassen Sie einfach alleine vor Ort und sagen: Ihr werdet das schon irgendwie hinkriegen. (...) Lassen Sie uns gemeinsam ein Gesetz, eine Novellierung des FSHG machen, in dem klar wird, dass wir den Betroffenen vor Ort helfen, diese Kinderfeuerwehren so zu ermöglichen, wie sie es sich selber wünschen – verschiedentlich, in unterschiedlichen Varianten, als Kann-Bestimmung. All das steht nicht in Ihrem Gesetzentwurf .” (...)

 

CDU 
Kirstin Korte (Minden/Lübbecke) für die CDU (Anmerk: An die Adresse von SPD u. GRÜNE gerichtet):
(...) “Um es für die Zuhörer noch einmal zusammenzufassen: Die CDU hat im vergangenen Jahr einen Antrag eingebracht, in dem es darum ging, die Kinderfeuerwehren im FSHG zu verankern und damit den notwendigen Versicherungsschutz für die Sechs- bis Zehnjährigen festzuschreiben. Eigentlich sind die Koalitionsfraktionen im Landtag (Anmerk.: SPD und GRÜNE) auch dafür. Für ihre bisherige Ablehnung machen sie ein fehlendes pädagogisches Konzept geltend. Ein fehlendes pädagogisches Konzept? Als ob ein pädagogisches Konzept etwas in einem Gesetz zu suchen hätte! Die Wehren vor Ort sind über diesen Ansatz entsetzt. Sie brauchen und wollen keine festgeschriebenen pädagogischen Konzepte. Sie benötigen vielmehr engagierte und kreative Gruppenleiter. Diese können selbst einschätzen, was mit der vorhandenen Manpower und den Mitteln umsetzbar ist, um die Kinder dauerhaft für die Feuerwehr zu begeistern. Im Übrigen dürfte es kein Problem sein, sich Informationen und Tipps von Leitern vorhandener Kindergruppen zu besorgen, wenn man auf diese Erfahrungen zurückgreifen möchte.” (...)


Gruene

Verena Schäffer (Witten/Herdecke) für die GRÜNEN:
(...) “Der Verband der Feuerwehren in NRW – darauf hat der Kollege Stotko schon hingewiesen – plädiert auch dafür, es so zu machen und das Thema „Kinderfeuerwehren“ mit in die Diskussion über das FSHG einzubinden. Die Kinderfeuerwehren haben einen ganz entscheidenden Vorteil. Sie holen die Kinder nämlich da ab, wo sie sich für die Feuerwehr und das Thema „Brandschutz“ begeistern und eben noch nicht in anderen Vereinen, in anderen Organisationen eingebunden sind. Aber eines muss man auch ganz klar sagen, nämlich dass die Kinderfeuerwehren eben nur ein Baustein sein können, um das Ehrenamt bei der Feuerwehr zu stärken.” (...)


FDP

Marc Lürbke (Paderborn) für die FDP:
(...) ”Wir alle wollen Kinderfeuerwehren in Nordrhein-Westfalen. Sie können ein sinnvoller Baustein sein, um den Nachwuchssorgen bei den Freiwilligen Feuerwehren entgegenzutreten. Dafür brauchen wir dringend eine gesetzliche Grundlage. Nichtdestotrotz werden die regierungstragenden Fraktionen den Gesetzentwurf heute wieder ablehnen. Dann seien Sie bitte auch so ehrlich und benennen die wahren Gründe. Es geht doch gar nicht mehr um die Sache, sondern Sie lehnen den Gesetzentwurf nur ab, weil dieser nicht die Unterschrift von Rot-Grün trägt, sondern weil er von der Opposition kommt. (...) Herr Stotko, fast gebetsmühlenartig verweisen Sie auf die fehlenden pädagogischen Konzepte, ohne die es ja offenbar nicht geht. Dann schauen wir doch einmal auf die Jugendfeuerwehren, die seit vielen Jahren ganz hervorragende Arbeit bei der Jugendausbildung in unserem Lande leisten. Es gibt keine standardisierten Konzepte.” (...)


Piraten

Lukas Lamla (Neuss) für die PIRATEN:
 (...) “Kommunen in Deutschland, die solche Kinderlöschgruppen aufgebaut haben, berichten ausnahmslos von positiven Erfahrungen mit diesen Gruppen. Toll, das sagten übrigens auch die anwesenden Sachverständigen der Städte und Kommunen, die bereits auf eigene Faust solche Kinderfeuerwehren eingerichtet haben, in unserer Anhörung vor einigen Wochen. Alles, was Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, gleich machen müssen, ist einfach Ihr Patschehändchen zu heben und diesem Entwurf zuzustimmen. Genau das aber werden die Abgeordneten von SPD und GRÜNEN nicht tun. Wieso werden sie das nicht tun? – Weil eben dieser vernünftige Vorschlag von der Opposition kam. SPD und GRÜNE wollen nämlich selbst die Kinderfeuerwehren im Rahmen der Novellierung des FSHG im Herbst dieses Jahres einführen. Das Gesetz könnte dann Anfang nächsten Jahres in Kraft treten, im Jahr der Kommunalwahl in NRW. Dann lassen sich die Abgeordneten und die Kandidaten von SPD und GRÜNEN mit kleinen Kindern auf dem Arm fotografieren.” (...)

Das sagte Innenminister Ralf Jäger im Landtag (Redeauszug):

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Innenminister Jäger: “Das ist Kokolores!” (Foto: © Landtag NRW)

(...) “Es geht bei dieser Frage doch gar nicht mehr darum, ob man Kinderfeuerwehren einrichtet, sondern darum, wie man das tut: innerhalb welches Prozesses. (...)  Wir müssen uns einmal die Struktur des Feuerschutzes in Nordrhein-Westfalen anschauen. Wir haben 94.000 Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner. Davon sind 80.000 ehrenamtlich tätig. Das heißt, der Feuerschutz in Nordrhein-Westfalen wird im Wesentlichen durch Ehrenamtler sichergestellt.
Die Bedingungen, unter denen sie arbeiten, sind einer unglaublichen Veränderung unterworfen. Die freiwilligen Feuerwehren, insbesondere da, wo sie den aktuellen Feuerschutz gewährleisten müssen, weil eine Berufsfeuerwehr gar nicht existiert, haben beispielsweise das Problem, dass ihre Angehörigen weit entfernt berufstätig sind. Sie haben Probleme mit der Tagesalarmierung. Diese Menschen haben auch zunehmend das Problem, dass ihre Arbeitgeber wenig bis manchmal gar kein Verständnis dafür haben, dass sie, wenn alarmiert wird, ihre Sachen fallen lassen und ausrücken müssen. Das heißt, wir müssen bei diesen Veränderungen des Ehrenamts und den Anforderungen an das Ehrenamt im Blick haben, was wir für die ehrenamtlich Tätigen tun können, damit sie diese Aufgabe besser wahrnehmen können. Wir werden darüber reden müssen, wie wir Menschen neu hinzugewinnen, beispielsweise Frauen oder Menschen mit Migrationshintergrund. (...)
Was Sie jetzt machen, ist allerdings kleines Pepita. Sie nehmen aus diesem Gesamtkonzept einen kleinen Baustein heraus und wollen ihn heute beschlossen haben, wobei nicht nur wir, die Landesregierung, und die regierungstragenden Fraktionen sagen, das ist Kokolores. (...) Deshalb sage ich Ihnen: Diese Landesregierung wird in Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlern und dem Verband der Feuerwehren ein umfassendes Konzept dafür vorlegen, wie man in Nordrhein-Westfalen das Ehrenamt gerade bei der Feuerwehr stärken kann.” (...)

Die Abstimmung.
Der Gesetzentwurf (Drucksache 16/1167) wurde letztlich mit den Stimmen von SPD und GRÜNEN und gegen die Stimmen von CDU, FDP und PIRATEN in zweiter Lesung abgelehnt. Die Abgeordneten folgten damit der Beschlussempfehlung des Innenausschusses.

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Der Gesetzentwurf zur Änderung des FSHG ist im Landtag gescheitert. (Foto: © Landtag NRW, Bernd Schälte)

-Vo-
(Quelle: Landtag NRW)