Ein rotes Buch voller Ideen

NRW soll ein neues Feuerschutz- und Hilfeleistungsgesetz bekommen.

DSC 0508Düsseldorf/Kreis Herford. Die Reformierung des Feuerschutz- und Hilfeleistungsgesetzes steht in Nordrhein-Westfalen vor der Tür. Der Verband der Feuerwehren sieht den Plan der Landesregierung als Chance, um viele offene Fragen zu Gunsten des Ehrenamtes zu lösen. In einem „Rotbuch Feuerwehren“ - 1.200 Exemplare wurden bereits im ganzen Lande verbreitet - haben die Interessenvertreter zahlreiche Verbesserungsvorschläge zusammengefasst. Die Basis soll nun „kreativ und offenherzig“ darüber diskutieren dürfen.  

Das Feuerschutz- und Hilfeleistungsgesetz NRW, kurz FSHG genannt, ist gewissermaßen das Grundgesetz der Feuerwehren, da es deren Aufbau und Aufgaben regelt. Im Jahr 1998 wurde der Leitfaden zuletzt grundlegend reformiert. Jetzt arbeitet das Ministerium für Inneres und Kommunales (MIK) an einer Neufassung des FSHG, da sich die Rahmenbedingungen in den letzten fünfzehn Jahren verändert haben. Aktuell gibt es in Nordrhein-Westfalen noch rund 80.000 Freiwillige Feuerwehrleute und 13.000 hauptamtliche Kräfte. Diese Zahlen zeigen, dass gerade dem Feuerwehrehrenamt eine große Bedeutung zukommt. Doch wie lässt sich deren Stärke auch in Zukunft halten oder anderes gefragt, was muss zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements zukünftig getan werden? Im „Rotbuch Feuerwehren“ des Verbandes der Feuerwehren NRW (VdF NRW) heißt es dazu, durch den Rückgang der Bevölkerung müsse die Quote der Ehrenamtlichen sogar steigen, um die heute gewohnten  Sicherheitsstandards halten zu können. Als ein weiteres Problem wird die übertriebene Erwartungshaltung der Bevölkerung tituliert. Seien früher viele Situationen innerhalb der Familie oder nachbarschaftlich gelöst worden, werde heute lieber die Feuerwehr um Hilfe gerufen.
Fakt sei zurzeit, dass viele gut ausgebildete Aktive die Wehren ab Vollendung ihres 30. Lebensjahres wieder verließen. Berufliche und familiäre Gründe mögen hierfür die Ursachen sein. Ein ähnliches Kuriosum sei ebenfalls bei vielen Jugendlichen zu beobachten, die mit dem 18. Geburtstag in die aktive Einsatzabteilung wechselten, dann aber kurze Zeit später austräten, obwohl sie zuvor über viele Jahre hinweg in der Jugendfeuerwehr äußerst engagiert gewesen wären.  Patentrezepte für diese Phänomene hat das „Rotbuch“, soviel sei vorweggenommen, allerdings nicht zu bieten. Stattdessen gibt es den Vorschlag, vor dem Hintergrund eines drohenden Personalengpasses, die Altershöchstgrenze im Ehrenamt für den unmittelbaren Einsatzdienst auf 65 Jahre anzuheben. Damit sei das obere Ende der Skala noch nicht einmal erreicht; denn andere Bundesländer hätten längst eine moderate Anpassung der Dienstaltersgrenze auf bis zu 67 Jahre vorgenommen. Doch auch nach dem 65. Geburtstag könnte das Feuerwehrleben fröhlich bzw. arbeitsreich weitergehen. Die Mitgliedschaft in der Ehrenabteilung, so die Vorstellungen, bedeute zwar wie bisher, den Verzicht auf die Teilnahme an Feuerwehreinsätzen, aber nicht den Ausschluss von jeglicher Diensttätigkeit. Mit anderen Worten: Die Feuerwehrsenioren sollen nicht länger von „zuarbeitenden Tätigkeiten“ – beispielsweise im Bereich der Brandschutzerziehung und -aufklärung  – ausgeschlossen werden, wenn sie an einem entsprechenden Engagement interessiert sind. Gewünscht wird zudem, dass die Feuerwehren künftig Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufnehmen. Sie könnten ebenfalls im vorbeugenden Brandschutz oder genauso gut  für die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt werden und damit das „klassische Einsatzpersonal“ zusätzlich entlasten.
Die Bedeutung der Jugendfeuerwehr als zentrale Nachwuchsorganisation ist unbestritten. Im neuen FSHG müsse daher die Schaffung einer Jugendfeuerwehr als Pflichtaufgabe jeder Kommune gesetzlich verankert werden. Der Feuerwehrverband stellt hierzu aber gleichzeitig klar, dass es von den 396 Kommunen im Lande nur zehn gebe, die keine Nachwuchsabteilung vorhielten. Weiterhin wird der Wunsch vorgetragen, Kinderfeuerwehren für Sechs- bis Zehnjährige rechtlich zu verankern. Die Gründung einer „Bambiniwehr“ solle allerdings nicht zur Pflicht werden. (Der KFV Herford berichtete zum Thema Kinderfeuerwehren bereits mehrfach.)
An der Auswahl der Themenvorschläge, die letztendlich im „Rotbuch Feuerwehren“ aufgeführt sind und damit die Diskussionsgrundlage für die Novellierung des FSHG bilden sollen,  haben neben den Verantwortlichen des VdF NRW, die Arbeitgemeinschaft der Leiter hauptamtlicher Feuerwachen  (AGHF) und die Vertreter des Werkfeuerwehrverbandes NRW mitgewirkt. Zwei Vorschläge des VdF NRW und der Arbeitsgemeinschaft der Berufsfeuerwehren (AGBF), die ebenfalls im „Rotbuch“ zu finden sind, haben im Vorfeld für erhebliche Unruhe unter den Ehrenamtlichen gesorgt. (Der KFV Herford berichtete bereits.) Sie sehen vor,  dass Feuerwehren ab einer bestimmten Größe nicht mehr von Ehrenamtlichen, sondern nur noch von hauptamtlichen Kräften geleitet werden dürfen – und zwar zeitlich unbegrenzt nach einer einmaligen Anhörung der Wehr. Denn bei größeren hauptamtlichen Wachen, so die Argumente der Befürworter einer solchen (geplanten) Regelung, komme dem Wachleiter eine besondere „Position, (Schlüssel-) Funktion und Verantwortung für die gesamte Wehr zu“. Demgegenüber sehen die Kritiker die kommunale Selbstbestimmung und Selbstverwaltung in Gefahr. Bisher entscheidet nämlich der Rat einer Stadt oder Gemeinde über die Ernennung des Wehrführers für jeweils sechs Jahre und zwar nach Anhörung der Wehr. Künftig würde die Verwaltung den Wachleiter zum Wehrführer bestimmen, der dann bis zur Pensionierung ohne erneute Anhörung im Amt bliebe. Zwischenzeitlich gibt es einen Kompromissvorschlag, der unter Beteiligung der Ehrenamtlichen – aus dem Kreis Herford waren Rüdiger Meier (Bünde) und Ralf Krause (Löhne) beteiligt – erarbeitet wurde. Er sieht vor,  dass der Leiter der hauptamtlichen Wache in die Leitung der Freiwilligen Feuerwehr lediglich eingebunden sein muss, sofern die Kommune über eine Feuerwache verfügt,  die mindestens eine Staffel im Brandschutz rund um die Uhr vorhält. Außerdem soll es für den Leiter der Hauptamtlichen in seiner Funktion innerhalb der Leitung der Feuerwehr ebenfalls ein Anhörungsverfahren geben – und zwar nach jeweils sechsjähriger Amtszeit, so wie allgemein bei Feuerwehrführungskräften üblich.  
Geht es um das Feuerwehrwesen, dann wird der Landrat schon heute vom Kreisbrandmeister unterstützt. „Dieses System hat sich bewährt!“, heißt es im „Rotbuch“. Allerdings wird eine Klarstellung der Aufgaben des Kreisbrandmeisters, der künftig Kreisbrandinspektor heißen soll, und der Befugnisse des Landrates gefordert. Aufgrund sicherheitspolitischer Veränderungen war vom bisherigen System des Katastrophenschutzes abgerückt und mit der so genannten Großschadenslage ein neuer Begriff geprägt worden. Jetzt möchte man nach Möglichkeit zu den alten Begriffen „Katastrophe“ und „Katastrophenschutz“ zurückkehren. Sie seien nicht zuletzt in der Bevölkerung verständlicher und klarer. In diesem Zusammenhang wird die flächendeckende Installation von Sirenen gefordert. Sie seien quasi das erste Wecksystem für die Bevölkerung und deshalb unverzichtbar. Außerdem, so die Überlegungen, solle der vorbeugende Brand- und Gefahrenschutz weiterhin als hoheitliche Aufgabe in den bewährten Händen der Feuerwehr verbleiben und die  Brandschutzerziehung und Brandschutzaufklärung im neuen FSHG als „Muss-Bestimmung“ für die Kommune ausgelegt werden.     
In einigen Monaten werden die Verantwortlichen des Verbandes der Feuerwehren dazu aufgerufen sein, eine offizielle Stellungnahme zu einem jetzt noch gar nicht existierenden Gesetzentwurf des Ministeriums abzugeben. „Wir werden dies in der gewohnten Treue und Verpflichtung zum Ehrenamt tun“, ist auf der Internetseite des Verbandes zu lesen.

-Vo-

Mehr Informationen?  www.vdf-nrw.de oder VdF NRW Rotbuch

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80.000 Freiwillige Feuerwehrleute gibt es in NRW. Sie sind in der Mehrzahl unter 30 Jahre alt. (Foto: J. Vogelsang)

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Künftig Gesetz? „Die Altershöchstgrenze für den Einsatzdienst beträgt 65 Jahre.
Danach sind zuarbeitende Tätigkeiten weiterhin möglich, sofern Interesse besteht!“ (Foto: J. Vogelsang)

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Künftig Gesetz? „Die Gründung einer Jugendfeuerwehr ist Pflichtaufgabe jeder Kommune!“ (Foto: J. Vogelsang)

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Künftig Gesetz? „Ein effektives Warn- u. Informationssystem garantiert die Sensibilisierung der Bevölkerung
im Großschadensfall, der nun wieder Katastrophenfall heißt!“ (Foto: Thomas Schulze)

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Künftig Gesetz? „Der KBM trägt die Bezeichnung Kreisbrandinspektor und seine Aufgaben sind klar definiert!“ (Foto: VdF NRW)

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Künftig Gesetz? „Die Brandschutzerziehung u. -aufklärung bleibt in den bewährten Händen
der Feuerwehr und ist Pflichtaufgabe jeder Kommune!“ (Foto: VdF NRW)

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Künftig Gesetz?  „Kinderfeuerwehren sind rechtlich abgesichert!“ (Foto: VdF NRW)

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Die Feuerwehren müssen künftig verstärkt an ihrem Profil feilen,
um für alle Bevölkerungsgruppen attraktiv zu sein. (Foto: VdF NRW)