H5N8 bedroht Mensch und Tier

Kreisverwaltung und Einsatzkräfte sind auf Geflügelpest vorbereitet

DSC 1136Kreis Herford. Das hoch ansteckende Vogelgrippe-Virus H5N8 ist im Umlauf. Im Dezember 2014 bestätigte das Friedrich-Loeffler-Institut eine Infektion in einem Mastputenbestand mit 20.000 Tieren im Landkreis Cloppenburg. Ein konventioneller Entenmastbetrieb im Emsland war ebenfalls betroffen. Die Forscher vermuten, dass Wildvögel die Überträger der gefährlichen Geflügelpest sein könnten. Der Kreis Herford will vorbereitet sein: Feuerwehr, THW und DRK demonstrierten am Samstag (17.01.2014) Fahrzeug- und Personenschleusen, die im Ernstfall zur Dekontamination an einem Seuchengehöft zum Einsatz kämen.

Infektionen des Menschen mit dem H5N8-Virus wurden bislang nicht bekannt. „Eine Empfänglichkeit des Menschen kann gegenwärtig jedoch nicht völlig ausgeschlossen werden“, warnen die Experten vom Friedrich-Loeffler-Institut. Das Krisenmanagement der Kreisverwaltung war deshalb bereits im November vergangenen Jahres in Alarmbereitschaft versetzt worden. Damals war die klassische Geflügelpest vom „Subtyp H5N8“ erstmals in Europa festgestellt worden. Das NRW-Verbraucherschutzministerium hatte daraufhin die Stallpflicht in einigen Risikogebieten angeordnet.

Die Führungsgruppe Krisenmanagement befasst sich seitdem wieder verstärkt mit dem Problem. Sie steht unter der Leitung von Dr. Reinhard Zwingelberg, dem Chef des Kreisveterinäramtes. Sollte die gefährliche Vogelgrippe zum Ausbruch kommen, dann wären besondere Schutzmaßnahmen erforderlich, sagt Ulrich Stender, Abteilungsleiter Gefahrenabwehr beim Kreis Herford. Zu den davon betroffenen Personen zählt Stender in erster Linie Tierärzte und Mitarbeiter des Tötungsteams; denn in einem Seuchenfall müssten alle Tiere eines befallenen Bestandes umgehend (tierschutzgerecht) getötet werden, um die weitere Ausbreitung der tückischen Krankheit zu stoppen. Gefährdet seien außerdem sogenannte Schätzer, also Personen, die vor Ort den Wert des Viehbestandes bestimmten, sagt Stender. Damit das hochansteckende Virus nicht verschleppt wird, dürfen all diese Menschen einen betroffenen Geflügelhof nur in spezieller Schutzkleidung betreten. Dazu zählen Overall, Handschuhe, Gummistiefel und ein Haarnetz. Vor dem Verlassen des Krisenhofs sind die Helfer von Feuerwehr und THW gefragt. Jetzt geht es um die Dekontamination von Mensch und Material.

Am Samstagmorgen demonstrieren die Einsatzkräfte auf dem Hof der Feuerwache Herford an der Werrestraße, wie eine solche „Reinigungsaktion“ in der Praxis abläuft. Die Führungsgruppe Krisenmanagement, Dezernent Norbert Burmann und Kreisordnungsamtsleiter Gerhard Koch sind gekommen, um sich einen Eindruck zu verschaffen. „Im Schwarzbereich des Dekontaminationsplatzes erfolgt zunächst die Desinfektion der Schutzkleidung“, erklärt Peter Turon, Leiter des ABC-Zugs Herford. Nachdem diese abgelegt ist, geht es in den „Weißbereich“. Dazu steht ein großes, orangefarbenes Zelt zur Verfügung, das mit Duschen ausgerüstet ist. Daran schließt sich das Aufenthaltszelt an, wo Trainingsanzüge bereitliegen. Das gesamte Equipment ist auf einem Dekontaminations-Lastwagen-Personen - oder kurz Dekon-P - verladen. Zur Ausrüstung gehört ein Wasserboiler, der das Duschwasser aufheizt und gleichzeitig die Luft des Zeltlüfters erwärmt.
An die Dekontamination von Autos, bis hin zu ganzen Lastzügen, ist ebenfalls gedacht. Dazu käme das THW im Rahmen der örtlichen Gefahrenabwehr zum Einsatz. Die Helfer vom Ortsverband Herford demonstrieren an diesem Vormittag ihre spezielle Dekontaminationsschleuse. „Zehn Einsatzkräfte bauen die Anlage in zwei Stunden auf“, erläutert Zugtruppführer Dominik Brändle.  Das Prinzip ist schnell erklärt: Die Fahrzeuge fahren auf speziellen Lochplatten durch eine flache Wanne, die aus Folie und Teichflies besteht. Im „Schwarzbereich“ werden Sie zunächst vorgereinigt. Dann geht es unter dem 4,50 Meter hohen Sprühbogenturm hindurch, wo eine Benetzung mit Desinfektionsmittel von oben und unten stattfindet. Abschließend erfolgt die Ausgangskontrolle, wo ein weiteres „Reinigungskommando“ versteckte Fahrzeugbereiche von Podesten aus behandelt. Ein Gebinde mit 1.000 Litern Desinfektionsmittel, das im Ernstfall von einem Veterinärmediziner zusammengemischt wird, steht an einer Seite des Sprühturms, während die THW-Helfer auf der gegenüberliegenden Seite einen genauso großen Auffangbehälter platziert haben. Die Anlage sei eine Eigenkonstruktion, erläutert Gruppenführer Sascha Bogdan. „Als vor einigen Jahren die Maul- und Klauenseuche ausbrach, bekamen viele Ortsverbände den Auftrag: Baut mal so etwas!“ Und so entwickelten die Helfer aus den Teilen eines Bergungsgerüstes und diversen Artikeln aus dem Baumarkt, wie  Hauswasseranlage und Gartenpumpe, eine professionelle Dekontaminationsschleuse.

Sollte die Geflügelpest hierzulande tatsächlich ausbrechen, dann wäre auch das DRK gefordert. In einem solchen Fall würde eine Beobachtungszone in einem Radius von zehn Kilometern um den Seuchenhof eingerichtet, sagt Abteilungsleiter Ulrich Stender. Das DRK hätte dann ein Logistikzentrum zu betreuen, wo Veterinärmediziner ständig Proben aus diesem Gebiet untersuchen würden.

Am Ende zeigt sich Dezernent Norbert Burmann beruhigt. Er bedankt sich bei allen beteiligten Einsatzkräften für die eindrucksvolle Vorführung.

Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)

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ABC-Experte Peter Turon (r) erläutert der Führungsgruppe Krisenmanagement
sowie den Helfern von THW und DKR den Dekontaminationsplatz.

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In einer Kabine erfolgt zunächst die Desinfektion der Schutzkleidung.

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Im Zelt gibt es Duschen und Aufenthaltsbereich.

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Die gesamte Anlage verfügt über Warmwasserboiler und Zeltgebläse. …

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… Sie ist auf dem Dekon-P verladen.

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Fahrzeugschleuse des THW: Zunächst erfolgt eine gründliche Vorreinigung, vor allem der Radkästen.
(Hinweis: Im Ernstfall wären die Helfer mit Schutzanzügen u. Filtermasken ausgerüstet.)

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Durch den Sprühbogenturm hindurch geht es zur Endkontrolle, wo die Helfer von Podesten aus arbeiten.
(Hinweis: Im Ernstfall wären die Helfer mit Schutzanzügen u. Filtermasken ausgerüstet.)

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Bodendüsen sorgen dafür, dass alle Fahrzeugpartien erreicht werden.

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Die Anlage des THW ist eine Eigenkonstruktion. Eine Hauswasseranlage aus
dem Baumarkt fördert das Desinfektionsmittel aus einem 1.000-Liter-Behälter.

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Kreisverwaltung, THW u. DRK sind auf einen möglichen Ausbruch der Vogelgrippe vorbereitet.