Jugendfeuerwehrmann fliegt zum Löscheinsatz in die USA

Noel Schuppenat erlebt in Oregon neun aufregende Monate

burn-046Hiddenhausen/Veneta (Oregon/USA). Wenn Noel Schuppenat von seinen Erlebnissen in den USA berichtet, dann bekommt er noch immer strahlende Augen. Neun Monate lang, von August 2013 bis April 2014, war der 16-Jährige Cadet beim Veneta Firedepartment im Bundesstaat Orgeon. Im pazifischen Nordwesten der Vereinigten Staaten erlebte der  Jugendfeuerwehrmann aus Hiddenhausen den Einsatzalltag der US Firefighter hautnah mit. Die Reise hat bei Noel einen bleibenden Eindruck hinterlassen:  „Das war die aufregendste  Zeit in meinem Leben, die ich nie vergessen werde“, schwärmt der Schüler gegenüber dem KFV Herford.

In einem Klassenraum am Ravensberger Gymnasium in Herford nahm die Geschichte ihren Anfang. Damals befand sich Schuppenat gerade in der Einführungsphase zum Abitur und es bestand die Möglichkeit für ein Auslandsjahr. Dazu wurden an seiner Schule verschiedene Organisationen vorgestellt. Doch das sei alles nicht das Wahre gewesen, sagt der Nachwuchsfeuerwehrmann im nach hinein. Über eine Klassenkameradin sei er dann auf das American Institute For Foreign Study (AIFS) in Bonn gestoßen, die ein High School Jahr in den Staaten angeboten hätten. „Das hörte sich schon interessanter an!“ Ein AIFS-Berater führte schließlich in Bielefeld ein Interview mit dem damals 15-Jährigen. Durch solche Profile wird den ausländischen Gastfamilien die Auswahl leichter gemacht. „Ich habe dabei natürlich auch erwähnt, dass ich mich sehr für die Arbeit der Feuerwehr interessiere und Mitglied der Jugendfeuerwehr bin“,  schildert Noel das Bewerbungsgespräch. Wenige Tage später müssen die Ausführungen des Schülers bei einer gewissen Frau Tressa Miller, Lieutenant beim US  Firedepartment in Oregon, das Interesse Geweckt haben. Noel Schuppenats Gastmutter war gefunden!    

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Brandheißer Einsatz am Pazifik: Noel Schuppenat (l) mit Gastmutter Tressa Miller,
Lieutenant  beim Veneta Firedepartment in Oregon/USA.

Zwischenstopp in NYC
Am 6. August 2013 startete der  Jungfeuerwehrmann schließlich zum ersten Interkontinentalflug seines Lebens. Von Hannover ging es zunächst nach Frankfurt und dann über den „großen Teich“ nach New York, der ersten Station der „US-Abenteuer-Tour“.  In der Weltstadt an der Ostküste landete Schuppenat gemeinsam mit einer ganzen Gruppe von Schülern des AIFS-Austauschprogramms. Zunächst wurden den Jugendlichen einige Verhaltensregeln nahegelegt. „In Amerika ist es unhöflich, die Zimmertüren zu schließen und sich abzuschotten“,  erinnert sich Noel an einen dieser Hinweise.  Die Erlebnisse während der anschließenden viertägigen Sightseeing-Tour durch New York City zogen den jungen Hiddenhausener ganz in seinen Bann.  „Diese Menschenmassen, dieses Lichtermeer …!“ Freiheitsstatue („Lady of Liberty“), Times Square, Broadway, Central Park und Ground Zero Memorial, Mahnmal für die Opfer des 11. Septembers 2001, gehörten zu den Stationen des Austauschschülers. „Der Blick vom Rockefeller Center (70 Stockwerke, 260 Meter hoch) über Manhattan war einfach atemberaubend!“ In der Metropolregion New York leben fast 19 Millionen Menschen.  Es gibt 150 Theater und schätzungsweise 18.000 Restaurants(!).

Tressa, die High School und die Firefighter-1-Ausbildung
Kaum angekommen, saß Schuppenat bereits wieder im Flieger: Von der Ostküste ging es nach  Oregon, der, so wie manche sagen, schönsten Region an der Pazifikküste der USA mit rund 3,8 Millionen Einwohnern.  Für den Jugendfeuerwehrmann führte der Weg vom Flughafen direkt zur Fire Station 101 in Veneta, wo seine Gastmutter Tressa Miller an diesem Nachmittag Dienst schob. Noel hatte sich gerade bei Tressa, dem Fire Chief Ney und der übrigen Mannschaft vorgestellt, als auch schon der erste Alarm einlief. „Auf einem Highway war ein Auto aus der Kurve geflogen“, erinnert sich der 16-Jährige. „Und ich durfte mit ausrücken!“ Dafür hatte Tressa gesorgt.  Die Station 101, mitten im Zentrum des Städtchens  Veneta mit 4.500 Einwohnern, ist das Headquarter der örtlichen Feuerwehr. Insgesamt gibt es 14 Stationen, davon drei mit hauptamtlichen Kräften. Sie sind als „Lane Fire Authority“, eine Art Kreisfeuerwehr,  zusammengeschlossen und für ein Gebiet von 714 Quadratkilometern mit rund 36.000 Einwohnern zuständig.
Noel denkt noch häufig zurück an seine Zeit in Oregon. Er habe sich bei seiner Gastmutter und deren Neffen Stephen, ebenfalls einem hauptberuflichen  Feuerwehrmann, auf Anhieb wohl gefühlt. Während der Woche besuchte der Junge die High School im benachbarten Elmira. Hier seien an jedem Tag  die gleichen Unterrichtsfächer in identischer  Reihenfolge unterrichtet worden, erinnert sich Schuppenat. „Zum Schluss wusste ich nicht mehr, welcher Wochentag eigentlich ist, da ich auch immer die gleichen Wege zwischen den Klassenräumen laufen musste!“ Für reichlich Aktion sorgten dafür die Feuerwehreinsätze zwischendurch. An zwölf Wochenenden absolvierte der damals 15-Jährige  den Grundlehrgang zum Firefighter 1 an der Feuerwehrakademie. Danach durfte er als Feuerwehr-Cadet  mit ins Einsatzgeschehen eingreifen.  Er erhielt einen Funkmelder mit Sprachdurchsage und wurde von Gastmutter Tressa auch nachts im Kommandowagen mit zur Einsatzstelle genommen. Allerdings gibt es auch in Amerika Sicherheitsauflagen: Feuerwehrleute unter 18 Jahren dürfen nur außerhalb des Gefahrbereichs tätig werden und auf keinen Fall in ein brennendes Gebäude vorrücken.  Apropos Brände:   In Oregon kümmert sich häufig die Feuerwehr um Abrisshäuser, da fast alle Bauten aus Holz bestehen. Die Wehrleute setzen die alten Behausungen in Brand,  proben den Innen- und Außenangriff und räumen die Trümmer anschließend kostenlos ab. Klar, das Noel Schuppenat bei einigen solcher Übungen mit dabei war.

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Zurück in Deutschland erzählt der Jungfeuerwehrmann vom LZ Schweicheln-Bermbeck
dem KFV über seine Erlebnisse in den Staaten. (Foto: J. Vogelsang)

Veneta-Firestation: Tender 101 mit 11.000 Litern Wasser an Bord
Die Feuerwehrschichten am Standort in Veneta werden zum Teil von freiwilligen Feuerwehrleuten übernommen, die dann in kleinen Appartements an der Feuerwache übernachten. Sogenannte Residents wohnen direkt in der Feuerwache und haben zwei Mal in der Woche Dienst. Schichtführer ist ein hauptamtlicher Offizier. „Der löst bei einem bestätigten Feuer dann den Generalalarm aus“, erläutert Noel Schuppenat.  Anders als in Deutschland sind die Feuerwehrleute der „Lane Fire Authority Oregon“  keinem festen Gerätehaus zugeordnet. Sie eilen einfach zur nächst gelegenen Firestation und bringen das passende Gerät mit zur Einsatzstelle. Die Einsatzkräfte der Feuerwehr sind ebenso für medizinische Notfälle zuständig, beschreibt Schuppenat das US-System. Es gebe keine Notarztwagen, so wie in Deutschland, dafür aber ein  First-Responder-System. Einige Feuerwehrleute seien als Emergency-Medical-Technician-Intermediate (EMT-I) ausgebildet. Sie dürfen Medikamente verabreichen und Spritzen setzen.
Am Feuerwehr-Headquarter in Veneta sind insgesamt sechs Einsatzfahrzeuge stationiert, darunter  Engine 101 (Pumpenleistung 4.700 Liter pro Minute), Tender 101 (Tanklöschfahrzeug mit 11.000 Litern Wasser an Bord) und Squad 101, das First-Responder-Fahrzeug. Weiterhin gibt es Heavy Rescue 101, mit dem zwei Patienten liegend und neun Leichtverletzte sitzend transportiert werden können. Das Auto ist sogar für Notoperationen ausgestattet. Es verfügt außerdem über Spreizer, Schere, Hebekissen und Atemschutzgeräte. In den großen Löschfahrzeugen, so Schuppenat, gebe es außerdem Kopfhörer, damit sich die Mannschaft auf dem Weg zum Einsatzort besser verständigen könne.

„Firefighter Badge“ für gute Leistungen
Eigentlich hätte der Jungfeuerwehrmann bereits nach fünf Monaten die Heimreise antreten sollen. Doch ihm gelang es, seine Zeit in den Staaten auf neun Monate „auszureizen“.  Mehr sei  allerdings beim besten Willen nicht möglich gewesen, sonst hätte die Schule in Deutschland nicht mehr mitgespielt. Noel sagt zum Abschluss, dass er in Amerika viele Erfahrungen für sein Leben gesammelt habe. Außerdem meint er: Amerikaner seien generell sehr freundlich, hilfsbereit und offenherzig. „Das vermisse ich manchmal in Deutschland!“ Für die Unterstützung des US Firedeparments wurde der Jungfeuerwehrmann aus Hiddenhausen mit dem „Firefighter Badge“ ausgezeichnet.

Von Jens Vogelsang (Text)
mit Fotos von Noel Schuppenat
(FW Hiddenhausen)

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Stippvisite New York: Blick vom Rockefeller Center über Manhattan. (Foto: Jerry Ferguson)

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Feuerwache 101 und …

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… Einsatzzentrale in Veneta.

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Amerikanische Feuerwehrleute bleiben gelassen. Das gilt aber nur im Übungseinsatz.

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… dann wird schon einmal ein komplettes Abrisshaus „abgefackelt“.

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Zuvor trainieren die Firefighter den Innen- und Außenangriff.

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„Tender 101“ (Tanker 101) ist an solchen Einsatzstellen unverzichtbar, da es vielfach keine ausreichende Sammelwasserversorgung gibt.

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Das Fahrzeug hat 11.000 Liter Wasser an Bord.

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Servicewehr: Die Einsatzkräfte räumen die Trümmer kostenlos ab, um Platz für ein neues (Holz-) Haus zu schaffen.

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„Heavy Rescue 101“ im Bereitstellungsraum. Das schwere Fahrzeug dient zur Versorgung von Verletzten bei MANV-Lagen
(Massenanfall an Verletzten). Es ist gleichzeitig mit Hydraulikwerkzeugen und Atemschutzgeräten ausgerüstet.

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„Quint 101“ ist eine recht spezielle Drehleiter. Die Druckschläuche liegen in Buchten unter dem Leiterpark. …

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… Das Fahrzeug verfügt über eine eigene Pumpe mit seitlichem Pumpenstand. …

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… Und es gibt einen Vorbaukasten am Führerhaus mit Schnellangriffseinrichtung.

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Das leichte Löschfahrzeug „Brush 101“ mit Vorbauwinde kommt im Gelände und bei Waldbränden zum Einsatz.

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Die Feuerwehr in Veneta übernimmt auch medizinische Notfälle. „Squad 101“ ist für die „First-Responder-Einsätze“ …

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… umfangreich ausgerüstet.

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Der Patiententransport erfolgt mit der Medic-Ambulanz, einem Fahrzeug, das dem deutschen Rettungswagen (RTW) sehr ähnelt.

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Zug 101 im nächtlichen Brandeinsatz