Gefährliche Plagegeister, die eigentlich friedlebend und nützlich sind

Feuerwehrleute erfahren mehr über Wespen und Hornissen

2015 06 20 13 58 52 11Kreis Herford. Gerade hat man es sich mit Kuchen, Limo oder Eis auf Balkon oder Terrasse gemütlich gemacht, sind die summenden Störenfriede auch schon zur Stelle. Wer im Sommer Süßes im Freien genießen möchte, der zieht Wespen oftmals magisch an Dabei könne man meist ganz friedlich mit den „Tierchen“ zusammenleben. Das erläuterten Hannelore Frick-Pohl von der Unteren Landschaftsbehörde und der Insektenforscher Dr. Martin Sorg an der Kreisfeuerwehrzentrale in Hiddenhausen. Die Beiden schulten 19 Feuerwehrleute aus dem gesamten Wittekindsland im Umgang mit Wespen und Hornissen.

Im Sommer erreichen die Wespenvölker eine beachtliche Größe. Einige hundert bis zu mehreren tausend der schwarz-gelb geringelten Insekten tummeln sich dann zusammen.  Haben die Menschen ein solches Wespennest erst einmal am Haus oder im Garten entdeckt, werden sie unruhig. Gerade Allergiker müssen sich jetzt besonders in Acht nehmen. „Bei der Feuerwehr und der Unteren Landschaftbehörde des Kreises Herford häufen sich in diesen Tagen die Anrufe“, schilderte Frick-Pohl den Seminarteilnehmern die Situation. Doch eigentlich seien Wespennester wichtiger Bestandteil unseres Ökosystems, mit denen man in aller Regel problemlos leben könne, wie Dr. Sorg ausführte. Die Insekten versehen im Garten nützliche Dienste. Sie bestäuben gemeinsam mit den Bienen und Hummeln die Blüten, tragen damit zu einer reichen Obsternte bei und vertilgen außerdem noch Ungeziefer.   
Im Umgang mit Schlauch und Strahlrohr sind die freiwilligen Feuerwehrleute geübt. Am Samstag kamen für die Seminarteilnehmer noch zwei neue, ungewohnte Ausrüstungsgegenstände hinzu. Mit Lupe und Pinzette lernten sie die verschiedenen Wespenarten zu unterscheiden und ihre Lebensläufe zu verstehen. Die Familie der Faltenwespen ist weltweit riesengroß. Im Kreis Herford wurden bis heute fünf  der sozialen Papierwespenarten gefunden. „Zu den bekanntesten Vertretern gehören die Gemeine Wespe und die Deutsche Wespe“, wie Dr. Sorg ausführte. Die beiden Kurzkopfarten gelten als besonders scharf auf Süßes. „Sie sind die Arten, die beim Pflaumenkuchenessen auf der Terrasse am häufigsten lästig werden!“ Die Sächsische und Mittlere Wespe, die hierzulande ebenfalls vorkommen, seien hingegen als Langkopfarten weniger angriffslustig, wie der  Insektenforscher meinte.   
Während die Mittlere Wespe ihr fußballgroßes Bauwerk im Strauchwerk errichtet, bevorzugt die „sächsische Kollegin“ als Standort für ihr fast ebenso großes Nest das Dachgebälk. Die Papierwespen-Königin beginnt im Frühjahr mit den Arbeiten, indem sie Holzspäne zu Papier „zerkaut“ und das Ganze mit „Spucke“ zu einer Art Pappmaschee verklebt. „Sie legt Eier, versorgt die Larven, bis ihr die ersten Arbeiterinnen zur Verfügung stehen“, beschrieb Fachmann Dr. Sorg den weiteren Prozess. In der Regel wachse auf diese Art und Weise ein Volk von 300 bis 500 „Tierchen“ heran. Tragisch wird es im Spätsommer: Dann stirbt des Volk mit Ausnahme seiner neuen Königin. Die verlässt das Nest, überwintert an einem frostgeschützten Ort und gründet und Frühjahr ein neues Volk. Dr. Sorg: „Und der Kreislauf der Natur beginnt von vorn!“ Die Lebenszyklen der übrigen hierzulande bekannten Wespenarten sind vergleichbar. Die Hornisse baut ihr Nest ab April bevorzugt in Baumhöhlen. Deutsche und Gemeine Wespe sind hingegen weniger wählerisch. Ihre Bauten sind an vielen Stellen zu finden, vom Komposthaufen bis zum Rollladenkasten.  
Drei Hornissenstiche töten einen Menschen, sieben ein Pferd, solche Volksweisheiten verwiesen Frick-Pohl und Dr. Sorg in das Reich der Legenden. Stiche von Wespen oder Hornissen seien für gesunde, nicht allergische Menschen zwar schmerzhaft aber relativ ungefährlich.  Nur wenn der Mund oder Rachenraum betroffen sei, müsse auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht  werden.
Am Nachmittag sammelte der Lehrgang praktische Erfahrungen. Es ging nach Löhne, wo Familie Nolting der Feuerwehr ein Wespennest gemeldet hatte. Vor Ort untersuchten die Wehrleute das Mauerwerk der Küche. Dort, zwischen Außenwand und Dämmschicht, hatten sich die nützlichen Plagegeister einquartiert. Wie sich herausstelle handelte es sich um die Gemeine Wespe, die als Einflugloch eine Öffnung am Rollladenkasten nutzte. Die Ehrenamtlichen erläuterten das weitere Vorgehen mit der Wohnungsinhaberin. Ein Aufstemmen der Wand wäre in diesem Fall unverhältnismäßig gewesen. So einigte man sich schließlich mit der Betroffenen darauf, dass sie ein Fliegengitter einbauen lässt und den restlichen Sommer hindurch weiterhin friedlich mit den Insekten zusammenlebt. Eine gute Lösung wie Hannelore Frick-Pohl meinte.  „Die Tiere greifen nur dann an, wenn sie ihr eigenes Leben oder das ihres Volkes bedroht sehen!“ In einigen Wochen ist das Problem ohnehin gelöst: Die Insekten sterben auf natürliche Weise ab und ihr altes Zuhause wird nach den Gesetzen der Natur nie wieder neu besiedelt. Wespen sind als „wildlebende Tiere“ gesetzlich geschützt.  Nur wenn von ihnen eine akute Gefahr für den Menschen ausgeht, hilft die Feuerwehr und siedelt die Tiere um.

(Redaktion: kfv-herford.de)
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Die Seminarteilnehmer lernen die verschiedenen Wespenarten zu unterscheiden. (Foto: Lehrgang)

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Insektenforscher Dr. Martin Sorg (l) gibt wichtige Tipps. (Foto: Lehrgang)

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Eine abgestorbene Wespe wird unter die Lupe genommen. (Foto: Mark A. Schulte)

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„Arbeiterinnen“ haben eine … (Foto: Mark A. Schulte)

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… Lebenserwartung von rund vier Wochen. (Foto: Mark A. Schulte)

Deutsche Wespe Queen Soebe
Eine Wespenkönigin legt bis zu 300 Eier am Tag, aus denen dann die Arbeiterinnen schlüpfen.
Das Foto zeigt eine Königin der Deutschen Wespe. (Foto: Soebe)

Gemeine Wespe Soebe
Die Gemeine Wespe im Anflug: Sie ist hierzulande besonders häufig anzutreffen. (Foto: Soebe)

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Besteht Gefahr für den Menschen, dann siedelt die Feuerwehr das Wespenvolk um. (Foto: Jens Meyer)

Stichwort: Die Wespe, ein Wunderwerk der Natur.  
Sie hat einen schlechten Ruf. Doch eigentlich ist sie ein nützliches Insekt und ihr zerbrechlicher, filigraner Körper ist ein kleines Meisterwerk der Natur. Rund 3000 Sensoren auf den Fühlern helfen der Wespe beim „Riechen“ und „Tasten“. Mit ihren magischen Facettenaugen nimmt sie 300 Bilder pro Sekunde wahr – rund zwölfmal mehr als das menschliche Auge. Ihr „Motor“ besteht aus vier Flügeln. Die vibrieren extrem schnell und sorgen für den  summenden „Sound“. Ein Stachel bildet ihre Waffe. Mit ihm spritzt die Wespe ihren Opfern Gift in die „Blutbahn“ und lähmt sie damit. Dem Menschen fügt sie auf diese Weise zumindest Schmerzen zu. (aus „Welt der Wunder“)

-Vo-


Gemeine Wespe Tim Evison
Die Wespe ist ein kleines Wunderwerk der Natur.
Ihre Fassettenaugen sind leistungsfähiger als das menschliche Auge. (Foto: Tim Evison, DK)