Wo drückt der Schuh?

Arbeitgeber und Feuerwehrleute an der Kreisfeuerwehrzentrale im Dialog

2016 11 23 19 01 04 7892Kreis Herford. Sie sind Handwerker, Ingenieure, Angestellte oder Beamte. Wenn ihr Alarmmelder piept, dann werden sie von einer Minute auf die andere zu Feuerwehrleuten. Ihre unterschiedlichen beruflichen Begabungen machen sie, immer dann wenn Hilfe gebraucht wird, zu einem starken Team. Allerdings ist nicht jeder Arbeitgeber von so viel ehrenamtlichem Engagement begeistert. Verständlicherweise, denn ein plötzlich fehlender Mitarbeiter kann die gesamten Arbeitsabläufe eines Unternehmens durcheinanderbringen. Am Mittwoch (23.11.2016) kamen Arbeitergeber, Politiker, Verantwortliche aus dem NRW-Innenministerium und Feuerwehrleute gemeinsam ins Gespräch. Christian Dahm, der örtliche Landtagsabgeordnete, hatte zu der Veranstaltung an der Kreisfeuerwehrzentrale angeregt.

Viele Länder beneiden Deutschland um sein Feuerwehrwesen, das flächendeckend von ehrenamtlichen Kräften getragen wird. Das „System Freiwillige Feuerwehr“ hat sich auch im Kreis Herford bewährt. Es kann allerdings nur funktionieren, wenn die Arbeitgeber informiert sind und ihre Mitarbeiter unterstützen. Aus dem Projekt „FeuerwEhrensache NRW – Bewege dich, damit sich etwas bewegt“ ist deshalb der „Arbeitgeberdialog“ hervorgegangen. Ein solcher Erfahrungs- und Interessenaustausch, zu dem Landrat Jürgen Müller und Kreisbrandmeister Wolfgang Hackländer am Abend etwa 40 Arbeitgeber begrüßen konnten, fand erstmals im Kreis Herford statt. Cornelia de la Chevallerie, Abteilungsleiterin Gefahrenabwehr am NRW-Innenministerium, und Christina Koß, die mit der Leitung des Projektes betraut ist, nahmen ebenfalls an dem Treffen teil.

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(v.l.) Kreisbrandmeister Wolfgang Hackländer, Landrat Jürgen Müller und Cornelia de la
Chevallerie, Abteilungsleiterin am NRW-Innenministerium, im Gespräch.

Kreis Herford setzt voll auf das Ehrenamt

Der Kreisbrandmeister gab zu Beginn einen kurzen Überblick: „Wir haben rund 1.500 Aktive die etwa 2.500 Einsätze im Jahr leisten. Hauptamtliche Kräfte gebe es nur in Bünde, Herford und Löhne – in allen anderen Gemeinden werde der abwehrende Brandschutz ausschließlich von freiwilligen und damit ehrenamtlichen Kräften sichergestellt. Die Feuerwehrleute müssen im Notfall schnell vor Ort sein. Das begründete Hackländer mit der Orbit-Studie und der daraus resultierenden achtminütigen Hilfsfrist der Arbeitsgemeinschaft der Berufsfeuerwehren (AGBF). „Laufen Ihnen die Mitarbeiter weg, weil sie schnell zum Einsatz müssen, dann ergibt sich daraus natürlich ein Problem für Sie als Arbeitgeber. „Aber Sie dürfen dabei nicht vergessen: Die ehrenamtlichen Feuerwehrleute erhalten auch Arbeitsplätze, wenn sie Brände in Firmen löschen“, gab der Kreisbrandmeister zu bedenken. Im Anschluss ergriff MdL Christian Dahm das Wort. „Wir wollen die Akzeptanz für das Ehrenamt durch das neue Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG) stärken!“. Dazu gehöre die Möglichkeit zur Schaffung von Kinderfeuerwehren und das Projekt FeuerwEhrensache, für das Mittel im Haushalt des Landes bereitgestellt worden seien. Einen wichtigen Punkt sah Dahm in der gewollten Entlastung der Arbeitgeber durch das BHKG. Er nannte explizit die Problematik der Ölspuren, „für die oft die Feuerwehren gerufen werden, obwohl man durchaus darüber streiten kann, ob sie überhaupt zuständig sind.“ Dahm sah hier das Land und Straßen-NRW in der Pflicht, besser organisierte Strukturen und Zuständigkeiten zu schaffen.

„Feuerwehrleute sind zuverlässig und engagiert!“ (Cornelia de la Chevallerie, Innenministerium NRW)

Cornelia de la Chevallerie erinnerte an die große Imagekampagne, die in Kürze startet und mit der unter anderem Migranten zur Mitarbeit in der Freiwilligen Feuerwehr bewegt werden sollen. Aber ganz wichtig, so die Abteilungsleiterin, sei eben auch ein gutes Verhältnis zu den Arbeitgebern. Aus diversen Diskussionsrunden habe sie einige eindrucksvolle Erkenntnisse gesammelt. Für de la Chevallerie liegen die Vorteile für die Arbeitgeberseite auf dem Tisch. Feuerwehrleute seien ihrer Überzeugung nach zuverlässig, in einem hohen Maße engagiert und hätten eine gesteigerte Bereitschaft sich fortzubilden. „Sie können besondere Aufgaben im Betrieb übernehmen, den Brandschutz stärken und haben oft eine aktuelle Erste-Hilfe-Ausbildung!“

„Mit Verboten demotiviert man nur seine Mitarbeiter!“

Landrat Jürgen Müller eröffnete die anschließende Diskussionsrunde mit der Frage: „Was bedrückt Sie als Arbeitgeber?“ Viele Unternehmer, so wurde an diesem Abend deutlich, wissen es durchaus zu schätzen, ehrenamtlich engagierte Mitarbeiter in ihren Reihen zu haben. Die Arbeitgeberseite sieht die Beseitigung von Ölspuren durch die Freiwillige Feuerwehr ebenfalls kritisch. „Ich lasse meine Leute zwar fahren; gerade bei kleineren Ölspuren hält sich mein Verständnis für solche Einsätze allerdings in Grenzen“, meinte ein Unternehmer aus Vlotho. Der Kreisbrandmeister stellte hierzu klar, dass jeder Arbeitnehmer, der sich in der Feuerwehr engagiere, von Fall zu Fall abwägen müsse, ob er am Arbeitsplatz nötiger gebraucht werde, als an der Einsatzstelle. „Für einen Handwerker, der auswärts auf einer Baustelle arbeitet, macht es schon in Anbetracht der achtminütigen Hilfsfrist keinen Sinn, die Arbeit zu unterbrechen und loszufahren!“ Von Seiten der Arbeitgeber bestand Einigkeit, das Feuerwehrehrenamt so gut wie möglich zu unterstützen. Ein Unternehmer aus Bünde brachte es auf den Punkt: „Was ist denn, wenn mein Betrieb oder mein Haus brennt? Dann will ich ja auch, dass jemand kommt und mir hilft!“ Mit Verboten demotiviere man nur seine Mitarbeiter, stellte ein Arbeitgeber aus Hiddenhausen fest, dessen Belegschaft nach eigener Aussage zu rund 20 Prozent ehrenamtlich engagiert ist. Die heute Abend anwesenden Firmen unterstützten ihre Mitarbeiter, meinte Stefan Göhner, Unternehmer aus Enger. Er stellte gleichzeitig die berichtigte Frage: „Was ist eigentlich mit den Arbeitgebern, die nicht gekommen sind?“ Ein Firmenchef aus Herford forderte in diesem Zusammenhang steuerliche Anreize für Betriebe, die ihr Personal für Feuerwehreinsätze freistellen. Die Versicherungsbranche biete den Unternehmern bereits finanzielle Vorteile in Form von Rabatten, entgegnete Lars Vienop. Der selbständige Versicherungsmakler aus Bünde ist selber in der Freiwilligen Feuerwehr engagiert.

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Cornelia de la Chevallerie: „Neben der Feuerwehr sind auch weitere 20.000 Kräfte in NRW im Katastrophenschutz aktiv!“

„Wir sind offen damit umgegangen!“

Häufige Fehlalarme durch automatische Brandmeldeanlagen führen auf der Arbeitgeberseite ebenfalls zu Verdruss. „War nur blinder Alarm!“, mit dieser Aussage stände sein Mitarbeiter oftmals nach einer halben Stunde wieder auf der Matte, erzählte ein Arbeitgeber. In seinem Betrieb käme durch diese ständigen Unterbrechungen aber der gesamte Ablauf durcheinander. Marcus Söhnchen, Geschäftsführer aus Hiddenhausen, erinnerte an das Elbehochwasser im Jahr 2013. Damals waren zwei Mitarbeiter seines Metallbaubetriebs als Fluthelfer im Einsatz. Dadurch seien etwa zehn Kundenaufträge erst einmal liegen geblieben. „Wir sind offen damit umgegangen und haben dadurch viel Verständnis von unseren Kunden erhalten!“

Alno-Gruppe bedankt sich bei der Feuerwehr

Es ist wichtig miteinander zu reden, schon im Vorfeld Probleme aus dem Weg zu schaffen und organisatorische Lösungen zu finden. Insoweit bestand beim „Arbeitgeberdialog“ erneut einvernehmen. Rüdiger Meier, Bürgermeister in Kirchlengern und Leiter der Feuerwehr Bünde, appellierte an die Arbeitgeberseite: „Sprechen Sie mit dem Wehrführer, wenn es Probleme mit einzelnen Mitarbeitern wegen der Feuerwehr gibt!“ Ein solcher Schritt könne sehr wertvoll sein, meinte Meier, der in diesem Zusammenhang kurze Wege für wichtig hielt.
Ein Vertreter der Alno-Gruppe aus Enger nutzte die Gelegenheit und bedankte sich auf diesem Wege bei den Feuerwehren im Kreis Herford. „Wir wissen Eure Hilfe zu schätzen!“ Im Sommer war eine Halle des Unternehmens nach heftigen Starkregenfällen teilweise einstürzt. Landrat Müller erinnerte sich ebenfalls mit Schrecken an das Unglück. Nur durch einen glücklichen Zufall war damals niemand verletzt worden.
Cornelia de la Chevallerie, die Vertreterin des NRW-Innenministeriums, erklärte am Schluss, eine „ganz spannende Diskussion“ miterlebt zu haben. Einige Unternehmer blieben noch eine Weile. Sie nahmen an einer Führung durch die Kreisfeuerwehrzentrale teil und vertieften den Dialog mit den Feuerwehrleuten bei Häppchen und Getränken.

Von Jens Meyer
(Text u. Fotos)


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Der Kreisbrandmeister erläutert, wie die Feuerwehr im Kreis aufgestellt und organisiert ist.

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Gemischte Runde mit Diskussionsbedarf: Arbeitgeber, Feuerwehrführungskräfte, Vertreter aus der Politik und vom Land NRW.

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Der örtliche Landtagsabgeordnete, Christian Dahm, gibt einen kurzen Einblick in
das Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG)

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Offener Dialog: Kreisbrandmeister und Landrat hören sich die Probleme der Arbeitgeberseite an.

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Für die Gäste aus Düsseldorf gibt es zum Abschied noch ein Geschenk zur Erinnerung an den Besuch im Kreis Herford.