Jumbo mit 74 Tonnen Wasser an Bord

Größtes Löschflugzeug der Welt startet von Colorado aus in alle Welt

Evergreen Supertanker Abwurf ShacharLAColorado Springs (USA). Das größte Löschflugzeug der Welt wartet in Colorado Springs (Bundesstaat Colorado) auf seinen nächsten Einsatz. Die Boeing 747-400 des amerikanischen Unternehmens Global SuperTanker Services LLC hat ein Sprühtanksystem mit 74.200 Litern Wasser an Bord. Der Jumbo ist erst vor wenigen Tagen aus Chile zurückgekehrt, wo die schlimmsten Waldbrände in der Geschichte des Landes tobten.

Die Idee ist nicht neu: Die amerikanische Fluggesellschaft Evergreen International Aviation hatte bereits vor einigen Jahren eine Boeing 747-100 zum Feuerwehrjumbo umgebaut und 2009 erstmals bei einem Waldbrand in Spanien und im gleichen Jahr in den USA eingesetzt. Ende 2013 war das Unternehmen jedoch pleite und ging in die Insolvenz. 40 Millionen Dollar hatte Evergreen zuvor in das Projekt investiert. Global Supertanker Services LLC übernahm das Knowhow und kaufte einen der Superfrachter, eine Boeing 747-400, aus der Insolvenzmasse. Anfang 2016 begannen die Umbauarbeiten. Techniker und Ingenieure entfernten die Löschanlage, die im wesentlichen aus einem Sprühtanksystem besteht, aus der 747-100 (Baujahr 1971) und verpflanzten sie in die 747-400, die Evergreen bereits 1991 von JapanAirlines erworben hatte. Außerdem bekam der Flieger eine neue, rot-weiße Lackierung.

“Geist von John Muir” steigt in die Lüfte

„28 Auflagen der FAA mussten beim Umbau berücksichtigt werden“, erläuterte Jim Wheeler, der Chef von Global SuperTanker Services, im März 2016 in Sacramento. Die FAA, also die Federal Aviation Administration, ist die amerikanische Bundesluftfahrtbehörde. Sie sorgte sich insbesondere um die Stabilität der Maschine; denn beim schnellen Ablassen des Löschmittels kommt es unweigerlich zu einer schlagartigen Gewichtsverlagerung im Flugzeug und dadurch zu einer starken Beanspruchung von Technik und Material. Nach umfangreichen Tests gab die FAA schließlich im September 2016 ihr Okay. Die Boeing wurde auf den Namen des schottischen Universalgelehrten „The Spirit of John Muir“ („Der Geist von John Muir“) getauft.

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Global SuperTanker Services LLC baute aus einer Boeing 747-400 das größte Löschflugzeug der Welt.
Der Feuerwehrjumbo ist am Sitz des Unternehmens in Colorado Springs (USA) stationiert.
(Foto: Woodys Aeroimages on Flickr)

Jumbo kann Wasserschneisen legen und es regnen lassen

Herzstück des Flugzeugs mit dem Kürzel „N 744 ST“ ist sein druckluftbetriebenes, patentiertes Löschsystem. In den acht Haupttanks kann ein Flüssigkeitsvolumen von bis zu 74.200 Litern (19.600 Gallonen) gespeichert werden. Das ist etwa die sechsfache Kapazität von herkömmlichen C-130 Löschflugzeugen. Im Einsatzfall wird das Wasser oder die spezielle Löschflüssigkeit in großen Mengen unter starkem Druck ausgestoßen. Die Technik erlaubt es aber auch, das Löschmittel alternativ als stärkeren Regen niedergehen zu lassen, der dann am Boden tropfenweise ankommt. Der Global SuperTanker fliegt beim Abregnen in Höhen von nur 120 bis 240 Metern über den Brandherd hinweg. Der Pilot drosselt die Geschwindigkeit auf Tempo 260, während er das Löschmittel ablässt. Die feuerhemmende Schwade erreicht dabei eine Länge von fünf Kilometern (drei Meilen) und ist so breit, wie ein amerikanisches Football-Field. Das druckluftbetriebene Tanksystem ermöglicht sogar, anders als bei herkömmlichen Löschflugzeugen, den Wasserabwurf zu unterbrechen. Im Verlaufe eines Einsatzflugs können dadurch mehrere Brandherde nacheinander bekämpft werden.

Global Supertanker Tankanlage Christopher Ebdon
Der Feuerwehrjumbo hat in seinen acht Haupttanks 74 Tonnen Löschmittel gebunkert.
(Foto: Christopher Ebdon on Flickr)

Global Super Tanker Auslaesse Christopher Ebdon
Am Flugzeugrumpf befinden sich vier gewaltige Auslassöffnungen (Foto: Christopher Ebdon on Flickr)

Evergreen Supertanker Abwurf ShacharLA
Geballte Ladung oder starker Regen: Mit dem Drucklufttanksystem des Feuerwehrjumbos
sind beide Löschmethoden möglich. (Foto: ShacharLA)

Mit Tempo 960 an jeden Punkt der Erde!

Üblicherweise ist die 747-400 (Flügelspannweite 64 Meter, Länge 71 Meter) mit ihren vier Strahlentriebwerken vom Typ General Electric CF6-80 mit einer Reisegeschwindigkeit von 960 Kilometern pro Stunde unterwegs. Der Feuerwehrjumbo, der über 14 First-Class-Sitze und 2 Kojen für die Mannschaft verfügt, trägt seine Fracht von über 19.000 Gallonen dabei 6.400 Kilometer (etwa 4.000 nautische Meilen) weit. Von Colorado aus ist die „Spirit of John Muir“ damit innerhalb von drei Stunden an allen potenziellen Einsatzorten in den USA. Verträge mit dem US-Forstdienst sollen das Bestehen des Unternehmens sichern. Weltweit, so Wheeler, seien alle Ziele in zwanzig Stunden erreichbar. Er habe bereits mit der Europäischen Union in Brüssel über mögliche Einsatzziele gesprochen. „In Frankreich, Kroatien und Deutschland war die Resonanz hervorragend!“
Die Boeing 747 galt lange Zeit als größtes Verkehrsflugzeug der Welt mit Platz für bis zu 660 Passagiere. Sie benötigt eine Start- und Landebahn von 2.400 Metern. Äußeres Erkennungszeichen ist ihr buckelförmiges Oberdeck, in dem sich unter anderem das Cockpit befindet. Der Feuerwehrjumbo basiert auf der Frachtversion der 747. Er könnte nach den Vorstellungen der Betreiber-Firma auch zum Einsatz kommen, um brennende Tankschiffe oder Ölplattformen abzulöschen. Für die Beseitigung von Ölverschmutzungen auf hoher See soll das System ebenfalls geeignet sein. Statt Löschmittel hätte das Flugzeug dann Ölbindemittel an Bord. In der Vergangenheit wurde auch darüber nachgedacht, die Technik zur Dekontamination großer Gebiete, beispielweise nach einer Chemiekatastrophe, einzusetzen. Wheeler schließt die Beschaffung weiterer Feuerwehrjumbos nicht aus. Er sieht einen weltweiten Bedarf von mindestens drei Flugzeugen und vielleicht noch mehr.

Global Supertanker Cockpit Christopher Ebdon
Blick in das Cockpit der Boeing 747-400, die von zwei Piloten geflogen wird. Vollbeladen beträgt die
Reichweite des Löschflugzeugs etwa 6.400 Kilometer. (Foto: Christopher Ebdon on Flickr)

In Israel und Chile im Einsatz

Im November 2016 war die „Spirit of John Muir“ zu ihrer ersten Auslandsmission gestartet. In Israel half sie bei der Bekämpfung der außer Kontrolle geratenen Waldbrände. Im Januar 2017 wurde das Flugzeug nach Chile verlegt. Im Süden und im Zentrum des südamerikanischen Landes tobten verheerende Waldbrände.
Am frühen Mittwochmorgen (25.01.2017) landete der Feuerwehrjumbo in der Hauptstadt Santiago. Ein Schlepper zog den „Wasserbomber“ in den militärischen Bereich des Flughafens. Dort hatten Helfer eine Reihe von mobilen Löschwasserbehältern aufgebaut, aus denen die Löschtanks des Flugzeugs immer wieder aufgefüllt wurden. Die Bomberos de Chile (chilenische Feuerwehr) und zahlreiche freiwillige Helfer schafften das Wasser im Pendelverkehr herbei. Insgesamt 11.000 Feuerwehrleute kämpften zu diesem Zeitpunkt gegen etwa 120 Einzelbrände, die im Süden und im Zentrum des südamerikanischen Landes wüteten. Helfer aus Frankreich, Peru, Portugal, Spanien, Kolumbien, Argentinien und Mexiko halfen ihnen. Temperaturen von über 35 Grad Celsius und starker Wind erschwerten die Löscharbeiten. Allein am Freitag (27.01.2017) startete die Besatzung der „Spirit of John Muir“ zu vier Einsätzen. In einem Fall kam die Wasserladung aus der Luft gerade noch rechtzeitig. „Fünf Feuerwehrleute wären sonst vom Feuer überrannt worden“, sagte eine Unternehmenssprecherin. Lucy Ana Walton de Avilés, eine Chilenin die in den USA lebt und mit dem schwerreichen Enkel des Walmart-Gründers verheiratet ist, hatte die Mission des Löschflugzeugs finanziert.
Die schlimmsten Waldbrände in der chilenischen Geschichte haben elf Tote gefordert. Etwa 1.100 Häuser und mehr als 400.000 Hektar Waldlandschaft, das ist mehr als die Fläche Mallorcas, wurden nach vorläufigen Schätzungen vernichtet. Es gab zahlreiche Verhaftungen wegen des Verdachts auf Brandstiftung. (Infos: Global SuperTanker Services LLC, Colorado Springs, USA, Redaktion: kfv-herford.de)

-Vo-

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Die “Spirit of John Muir” rollt zum Start. (Foto: Woodys-Aeroimages on Flickr)

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“Ready for take-off!” … (Foto: Woodys-Aeroimages on Flickr)

Global Supertanker Woodys Aeroimages d
.. and “take-off!” (Foto: Woody-Aeroimages on Flickr)

Waldbrand John Mc Colgan
Zuletzt war der Feuerwehrjumbo bei der Waldbrandkatastrophe in Chile im Einsatz.
(Symbolfoto: John Mc Colgan)