Ab sofort nur noch digital!

Umstellung vom analogen auf den digitalen Sprechfunkverkehr

DSC 0010Kreis Herford. Die Feuerwehren und großen Hilfsorganisationen im Kreis Herford sind endgültig im digitalen Zeitalter angekommen. Mit einem symbolischen Probegespräch, das Kreisbrandmeister Wolfgang Hackländer am Samstag (12.08.2017) um Punkt zehn Uhr führte, fiel der Startschuss für die Umstellung vom analogen auf den digitalen Sprechfunkverkehr. Die moderne Technik bietet viele Vorteile: Das neue Netz hält großen Belastungen stand, die Funkgespräche sind abhörsicher und von guter Sprachqualität. Ostwestfalen-Lippe gehört zu den ersten Regionen in Nordrhein-Westfalen, wo die neue Technik bereits flächendeckend eingesetzt wird.

Die Umstellung am Samstag verlief problemlos. Landrat Jürgen Müller erlebte den besonderen und fast schon historischen Moment im Stabsraum der Kreisleitstelle persönlich mit. Er lobte die Arbeit, die im Vorfeld geleistet worden sei. „Der Kreis verspricht sich von der neuen Technik entscheidende Verbesserungen!“ Drei Jahre hat die Auf- und Ausbauphase gedauert. „Zunächst gab es den Probebetrieb, dann einen erweiterten Probebetrieb und schließlich den Wirkbetrieb“, schilderte Bernd Kirchhoff, Chef der Leitstelle. Etwa 2.000 Teilnehmer wurden in dieser Zeit auf die neue Technik vorbereitet. Eine Arbeitsgruppe sorgte für ein Konzept zur Einführung, es gab Multiplikatoren-Schulungen und während einer großen Übung wurde „Netzlast“ erzeugt, um die neue Technik „auf Herz und Nieren“ zu prüfen. Gerade die jüngeren Feuerwehraktiven seien mit den neuen Geräten auf Anhieb gut zurechtgekommen, sagte stellvertretender Kreisbrandmeister Bernd Kröger. „Kommt etwas Neues, ist die Motivation immer groß!“

Einheitliches Netz für alle Organisationen mit Sicherheitsaufgaben

Die herkömmlichen Fahrzeugfunkgeräte und Handsprechfunkgeräte, die noch im analogen 4m- und 2m-Band arbeiteten, gehören seit Samstag der Vergangenheit an. Mobil-Radio-Terminal (MRT) und Handheld-Radio-Terminal (HRT) heißen die neuen Kommunikationsgeräte der Retter. Alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), wie Polizei, Feuerwehr und die großen Hilfsorganisationen, nutzen damit von nun an das TETRA-Netz (Terrestrial Trunked Radio), während es bisher noch viele voneinander unabhängige Analogfunknetze gab. Im digitalen Zeitalter seien die herkömmlichen Funkkanäle sogenannten Rufgruppen gewichen, erläuterte Kirchhoff. Im Wittekindsland gibt es 18 dieser Sprachgruppen im Netzbetrieb und weitere 30 im Direktbetrieb. „Herford-Feuerwehr“ ist dabei die gemeinsame Gruppe bzw. Kommunikationsebene für die Feuerwehr und den Rettungsdienst. Unter der Gruppe „Herford-BOS“ können die verschiedenen Hilfsorganisationen untereinander Kontakt aufnehmen, während über „Herford-Anruf“ die Leitstelle in Hiddenhausen-Eilshausen auch über große Entfernungen zu erreichen ist. „Alle drei Rufgruppen werden von den Leitstellen-Disponenten ständig abgehört“, so Kirchhoff. Das TETRA-Netz gilt als sehr belastbar. Die zu übertragenen Signale werden auf einer Funkfrequenz zeitversetzt gesendet. Durch dieses „Zeitschlitzverfahren“ können, unbemerkt von den Teilnehmern, mehrere Gespräche auf der gleichen Frequenz geführt werden.

Einsatzstellenlärm wird herausgefiltert

Die digitale Technik ermöglicht aber auch das Einzelgespräch, also die gezielte Auswahl eines Gesprächspartners, ohne dass es Mithörer gibt. Die Kommunikation der Einsatzkräfte läuft damit ähnlich ab, wie bei einem Telefongespräch im Mobilfunknetz. Die Sprachqualität ist ebenfalls akzeptabel. Ein elektronisches Filterverfahren sorgt nämlich dafür, dass nur das gesprochene Wort und nicht der Einsatzstellenlärm übertragen wird. Die Informationen werden außerdem abhörsicher übermittelt. Jedes Digitalfunkgerät verfügt dazu über eine Sicherheitskarte, mit der die so genannte Ende-zu-Ende Codierung, also die Verschlüsselung der ausgehenden Gespräche und die Entschlüsselung der eingehenden Nachrichten, umgesetzt wird. „Dadurch lässt sich jedes Gerät auch jederzeit identifizieren und notfalls durch die Autorisierte Stelle sperren!“, erläuterte Kirchhoff.

Frank Schröder (Feuerwehrzentrale): „Der Lötkolben hat ausgedient!“

Mit der Einführung der digitalen Funktechnik hat sich auch das Aufgabenspektrum der Funkwerkstatt geändert. Die Einrichtung an der Kreisfeuerwehrzentrale in Hiddenhausen-Eilshausen heißt jetzt Vorhaltende Stelle und ist für die Wartung der Geräte aus dem gesamten nichtpolizeilichen Bereich zuständig. „Wartung heißt in diesem Fall Programmierung“, erklärte Frank Schröder, stellvertretender Leiter der Feuerwehrzentrale. Etwa 20.000 Einstellungen seien an jedem Gerät veränderbar. Vor allem die Softwareparameter müssen ständig auf dem neuesten Stand gehalten werden. Das Kompetenzzentrum am Institut der Feuerwehr in Münster (IdF) liefert dazu die nötigen Daten. Schröder, der eigentlich Radio- und Fernsehtechniker gelernt hat, stellt daraus individuelle Softwarestapel zusammen. Die werden von den Funkbeauftragten vor Ort mit Programmierstationen auf die Geräte gespielt. Ist ein Funkgerät defekt, tauscht die Vorhaltende Stelle gleich die ganze schadhafte Baugruppe aus. „Mit der neuen Digitalfunktechnik hat der Lötkolben ausgedient!“, meinte Schröder.

Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)

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Disponent Mike Prause (l) und Chef Bernd Kirchhoff sind von den Vorteilen der neuen digitalen Funktechnik überzeugt.

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Landrat Jürgen Müller (4. v.l) ist beim Start des Digitalfunks vor Ort. (v.l.) Bernd Kirchhoff (Leiter der Leitstelle),
Frank Schröder (Kommunikationstechniker u. stellv. Leiter der Feuerwehrzentrale),
Thomas Twelsiek (Systemadministrator u. stellv. Leiter der Leitstelle),
Holger Klann (Systemadministrator u. Disponent), Bernd Kröger (stellv. Kreisbrandmeister)
und Disponent Mike Prause (im Vordergrund)

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Bernd Kröger (stellv. KBM): „Wir sind im digitalen Zeitalter angekommen!“

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Alle neun Wehren aus dem Wittekindsland melden am Samstagvormittag die Umstellung auf den digitalen Funkbetrieb.
(v.l.) Björn Schäffer (Informations- u. Kommunikationsgruppe Löhne) und
Daniel Meyer (Kommunikationselektroniker der Feuerwehr Spenge) überwachen den reibungslosen Ablauf.

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Die digitalen Funkgeräte arbeiten im TETRA-Netz. Die neue Technik ist belastbar,
abhörsicher und ermöglicht eine gute Sprachqualität.

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Frank Schröder erläutert, wie sich die Funkwerkstatt der Kreisfeuerwehrzentrale zur Vorhaltenden Stelle gewandelt hat.