Ein Härtetest für Mensch und Material

Realistisches Training im Brandcontainer Osnabrück

P1030980Osnabrück/Kreis Herford. In einem umgebauten 40-Fuß-Hochseecontainer in Osnabrück haben Feuerwehrleute aus dem Kreis Herford im wahrsten Sinne des Wortes brandheiße Erfahrungen gesammelt. Die 13 Ehrenamtlichen mussten sich in der Brandübungsanlage lodernden Flammen, extrem hohen Temperaturen und dichtem Rauch stellen. Das Training für Atemschutzgeräteträger wurde von der Feuerwehr Osnabrück geleitet und vom Kreisfeuerwehrverband Herford organisiert.

An diesem Samstagmorgen (06.09.2014) legen die Wehrleute besonders sorgfältig ihre Schutzkleidung an. „Mensch und Material werden gleich einer extremen Belastung ausgesetzt“, warnen Jan Südmersen und Lars Bußmann. Die beiden erfahrenen Ausbilder der Feuerwehr Osnabrück erläutern das Szenario einer Rauchgasdurchzündung, das in dem Übungscontainer nachgestellt werden kann. Bußmann erklärt das Phänomen: „Kommt es zu einem Wohnungsbrand, so werden aus den Möbeln brennbare Pyrolysegase, in erster Linie giftiges Kohlenmonoxid, freigesetzt.“ Kann der Brandrauch nicht abziehen, so heize sich der Raum immer weiter auf, bis irgendwann das Gasluftgemisch explosionsartig verbrenne. Die Ausbilder sprechen von Temperaturen von bis zu 800 Grad, die dabei an der Decke des Übungscontainers auftreten könnten. Die Einsatzkleidung der Feuerwehrleute halte solch extremen Temperaturen nur kurzfristig stand, sagt Bußmann. Sie verfüge zwischen Innen- und Außenfutter über ein Luftpolster, das für eine gute Isolierung sorge. Bevor es richtig losgehen kann, werden in der Brennkammer, die sich im hinteren Teil des Übungscontainers befindet, zerkleinerte Holzpaletten aufgeschichtet. Das Material, das in etwa der Fläche eines Wohnzimmerschranks entspricht, brennt sofort lichterloh.
„Dick eingepackt“ und mit Atemschutzgeräten ausgerüstet kriechen die Lehrgangsteilnehmer in den Vorraum des Übungscontainers, wo sie sofort eine geduckte Haltung einnehmen. Heißer, schwarzer Qualm quillt aus der erhöht liegenden Brennkammer und zieht an der Decke des 12 Meter langen Stahlbehälters entlang. Durch gezieltes Öffnen und Schließen der Containertüren fachen die Ausbilder das Feuer zusätzlich an. „Die Rauchschicht hebt und senkt sich“, signalisiert Jan Südmersen der Feuerwehrmannschaft. Erste Flammenzungen, die aus der Rauchschicht aufblitzen, sind weitere Vorboten einer unmittelbar bevorstehenden Rauchgasdurchzündung. Als Südmersen die Tür zur Brandkammer mit einer Stange öffnet,  fegt ein Feuerball über die Köpfe der Feuerwehrmänner hinweg. Der Helm des Ausbilders fängt bei dieser Aktion Feuer. Für Südmersen ist das offenbar nichts Ungewöhnliches. Er bleibt in der mittlerweile unerträglichen Hitze ganz cool und löscht die Flammen mit seinen feuerfesten Handschuhen. In einem weiteren Durchgang steht die richtige Vorgehensweise bei einem Innenangriff auf dem Programm. Die Einsatzkräfte gehen truppweise in die Übungsanlage vor. Sie sollen die Flammen, die explosionsartig aus dem Brandraum hervorschießen, durch kreiselnde Bewegungen mit dem Hohlstrahlrohr von oben herab einfangen. „Das Strahlrohr kann dabei am Schlauch wesentlich flexibler als am Pistolengriff gehalten werden“, lautet die Vorgabe von Jan Südmersen. Wichtig sei, dem Feuer mit möglichst viel Wasser, der Berufsfeuerwehrmann spricht von mindestens 200 bis 300 Litern, „einen kurzen, aber gezielten Schlag zu verpassen“. Das Problem durch den Wasserdampf sei bei dieser Methode geringer, als mit wenig Wasser nicht sofort zum gewünschten Löscherfolg zu kommen. Südmersen verfügt über USA-Erfahrung: „Dort geht die Feuerwehr bei einem Innenangriff nie unter 600 Litern am Strahlrohr vor!“ Manchmal könne es allerdings effektiver sein, Gebäudebrände, aber auch PKW-Brände aus sicherer Entfernung im Außenangriff mit dem Vollstrahl zu bekämpfen, sagt Südmersen. Denn: „Das höchste Gut, das es bei solchen Einsätzen zu schützen gilt, ist das Leben der Einsatzkräfte selber!“
Am Ende des Übungsprogramms sind die Feuerwehrleute geschafft. Sie klopfen ihre Einsatzkleidung aus, in der sich noch giftiges Kohlenmonoxid befinden kann. Erst danach dürfen sie vorsichtig die aufgeheizten Helme sowie die Atemschutzmasken ablegen und erst einmal viel trinken. „Der Kontakt zum Feuer sorgt beim nächsten Realeinsatz sicherlich für mehr Gelassenheit“, meint das Ausbilderduo zum Abschluss. In der Brandübungsanlage sei allerdings nur reines Holz verbrannt worden. Südmersen: Kunststoff, das überall in großen Mengen verarbeitet sei, produziere achtmal so viel Rauch und brauche das Vierfache an Sauerstoff.

Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)

Stichwort: Rauchdurchzündungsanlage Osnabrück
Die feststoffbefeuerte Rauchdurchzündungsanlage (RDA) wird seit 1998 in Osnabrück mit einem Stamm von 10 Ausbildern betrieben. Ziel ist es, die Feuerwehrangehörigen mit der realistischen Ausbildung in dem umgebauten Überseecontainer auf den Innenangriff vorzubereiten. In der RDA werden die Anzeichen einer bevorstehenden Rauchgas-Durchzündung dargestellt und die Grenzen der Schutzkleidung aufgezeigt. Außerdem wird das Vorgehen in verqualmten Bereichen sowie der Umgang mit Strahlrohren trainiert. Durch ständige Fortbildung der Ausbilder wird das Programm stets auf dem aktuellen Stand gehalten.

-Vo-

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Die Lehrgangsteilnehmer bereiten sich sorgfältig auf ihren Einsatz in der Übungsanlage vor.

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Aus dem Container dringt bereits dichter Rauch.

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Doch noch ist die Situation entspannt.

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Erste kleinere Rauchgasdurchzündungen sind zu sehen und zu spüren, bevor die Containertüren ganz geschlossen werden.

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Die Brandkammer wird für den 2. Durchgang vorbereitet.

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Ein Trupp rückt in den Container vor um …

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… die Flammen aus dem Brandraum mit dem Hohlstrahlrohr „einzufangen“.

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Das Strahlrohr kann am Schlauch flexibel bewegt werden, demonstrieren Jan Südmersen und …

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… ein Lehrgangsteilnehmer.

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Vorgehen des Angriffstrupps: Der Strahlrohrführer geht im Seitenkriechgang voran.
Der zweite Mann zieht den Schlauch nach und schiebt von hinten.

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Die Ausbilder Lars Bußmann u. …

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Jan Südmersen in „Feuerwehr-Nahkampfausrüstung“.