Drehleiter-Maschinisten haben verantwortungsvollen Job

Feuerwehren Vlotho, Barntrup, Blomberg und Extertal bilden gemeinsam aus

DLK Ausbild 1Vlotho/Barntrup. Drehleitern gehören zu den technisch anspruchsvollsten Geräten bei der Feuerwehr. Die moderne Leitertechnologie erfordert von den Einsatzkräften Fachwissen, Fingerspitzengefühl und vor allem viel Erfahrung. Um eine qualifizierte Ausbildung zu erreichen, haben sich die Feuerwehr Vlotho und die Nachbarwehren aus dem lippischen Barntrup, Blomberg und Extertal zusammengeschlossen. Sie schulen ihre Drehleiter-Maschinisten gemeinsam.

Eine Obergeschosswohnung steht in Flammen. Die Bewohner haben sich gerade noch rechtzeitig auf den Balkon gerettet und rufen um Hilfe. Jetzt ist die Drehleiterbesatzung gefordert. Mit dem Rettungskorb werden die verängstigten Menschen sicher zu Boden befördert. Anschließend beginnt die Brandbekämpfung über das Wenderohr an der Leiterspitze. Solch dramatische Einsätze passieren glücklicherweise nicht jeden Tag. „Unsere Drehleiter-Maschinisten müssen gerade deshalb gut darauf vorbereitet sein“, meint Torsten Sievering, Leiter der Feuerwehr Vlotho. Unwetter, wie zuletzt der Orkan „Felix“ und das Sturmtief „Zeljko“, kommen da schon öfter vor. Die Drehleiter werde dann gebraucht, um abgedeckte Dächer zu sichern und umgeknickte Bäume und herabhängende Äste zu beseitigen, sagt Sievering. Außerdem sei das Vlothoer Fahrzeug in letzter Zeit vermehrt vom Rettungsdienst zur Unterstützung angefordert worden. „Alte und kranke Menschen wurden mit der Leiter gesundheitsschonend nach unten transportiert, weil die Treppenhäuser einfach zu eng waren, um mit der Trage durchzukommen!“

Aufgrund des anspruchsvollen Einsatzspektrums sei eine ständige Weiterbildung des Drehleiter-Personals erforderlich, meint der Feuerwehrchef. Zusätzlich müssen regelmäßig neue Maschinisten an dem Sonderfahrzeug geschult werden. „Die Feuerwehren Vlotho, Barntrup, Blomberg und Extertal haben sich deshalb zusammengeschlossen, um eine qualifizierte Ausbildung zu garantieren!“ Die interkommunalen Lehrgänge finden in regelmäßigen Abständen statt.

Zuletzt nahmen 16 Ehrenamtliche aus der Weserstadt und dem Kreis Lippe an einem gemeinsamen Maschinisten-Lehrgang in Barntrup teil. An drei Wochenenden wurden 30 Ausbildungsstunden in Theorie und Praxis absolviert. Das Leiterpaket einer Drehleiter mit Korb 23/12 (DLK 23/12) lässt sich auf eine Höhe von 30 Metern ausfahren. Der Wagen verfügt über ein ausgefeiltes Abstützsystem und sein Gesamtgewicht beträgt 16 Tonnen. „Deshalb ist zunächst einmal wichtig, die Aufstellfläche gut zu wählen“, erläuterte Dirk Kuchenbecker, Brandoberinspektor bei der Feuerwehr Barntrup. Mit der sogenannten HAUS-Regel kann der Standort für das Hubrettungsfahrzeug einfacher bestimmt werden. Die Abkürzung steht für Hindernisse, Abstand, Untergrund und Sicherheit. Alle vier Aspekte sollten bedacht werden, meinte Kuchenbecker, der den Lehrgang leitete. „Außerdem muss das Drehleiter-Personal über den Schwerpunkt des Fahrzeugs sowie die Ausladung und Belastung des Leiterparks genauestens Bescheid wissen!“ Der Drehleiter-Maschinist habe schließlich nicht nur die Verantwortung für das Auto, sondern auch für die Mannschaft und die zu rettenden Menschen zu übernehmen. „Es müssen verschiedene Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, damit es zu keinen schweren Verletzungen oder gar tödlichen Unfällen kommt!“, beschrieb Kuchenbecker den Ablauf eines Rettungseinsatzes mit der Leiter. Die Unfallverhütung spielte deshalb im Verlauf der komplexen Ausbildung eine wichtige Rolle. Daneben wurde der Bedienung des Drehleiterkorbs viel Aufmerksamkeit gewidmet. Die Teilnehmer trainierten, wie die Krankentragehalterung und das Wenderohr zur Brandbekämpfung daran montiert werden. Als weitere Themen standen Rechtsgrundlagen, Einsatztaktik und technische Bedienung auf dem Plan. Im praktischen Teil wurden die Hydraulikleitern an verschiedenen Gebäuden im Stadtgebiet Barntrup und einem nahen Industriegebiet in Stellung gebracht. Manchmal kamen die Teilnehmer allerdings an ihre Grenzen. Der Grund: Falsch parkende Autos machten ein Durchkommen mit den 16-Tonnern oder das Ausfahren der Abstützsysteme unmöglich. „So etwas verzögert im Ernstfall die Rettungsmaßnahmen!“, mahnte Kuchenbecker.

Das anspruchsvolle Ausbildungsprogramm endete mit einer schriftlichen und praktischen Prüfung. Michel Horling, Andreas Distelmeier, Waldemar Weiß und André Rehm sind ab sofort die neuen Drehleiter-Maschinisten der Feuerwehr Vlotho. Für Torsten Sievering ist wichtig, dass sich die Vier auch künftig weiterbilden, um das moderne Gerät in jeder Situation sicher bedienen zu können. Ein besonderes Dankeschön des Wehrführers galt am Prüfungstag den zahlreichen Ausbildern. Von der Feuerwehr Vlotho beteiligten sich Thomas Twelsiek, Bernd Köster und Thomas Menke.

In Deutschland sind automatische Leitern der „30-Meter-Klasse“ üblich. Eine solche DLK 23/12 reicht bis zum siebten Obergeschoss, also bis zu einer Einsatzhöhe von 23 Metern. Der zweite Rettungsweg kann bis in diese Höhe über das Hubrettungsfahrzeug sichergestellt werden. Gebäude, die mehr als sieben Geschosse messen, gelten in Deutschland als Hochhäuser. Sie müssen baulich besonders ausgestattet sein, also beispielweise über einen weiteren (Flucht-) Treppenraum verfügen. Der Einsatz noch größerer Drehleitern würde Probleme bereiten, da die Feuerwehrzufahrten und Aufstellflächen auf ein Gewicht von maximal 16 Tonnen ausgelegt sind. In der Weserstadt wurde im Januar 2010 eine neue DLK 23/12 stationiert. Sie basiert auf einem MAN-Fahrgestell mit 290 PS. Die Leiter ist mit einem Rettungskorb ausgerüstet, der bis zu 270 Kilogramm trägt. (Infos: Feuerwehr Vlotho)

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Taktische Einsatzübungen beim Barntruper Unternehmen Karl E. Brinkmann
gehören zum Programm der Drehleiterausbildung. (Foto: FW Vlotho)

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Die Rettungshöhe einer DLK 23/12 beträgt 23 Meter. (Foto: FW Vlotho)

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Die Leitern aus (v.l.) Extertal, Barntrup, Vlotho u. Blomberg. (Foto: FW Vlotho)

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Die neuen Drehleiter-Maschinisten der Feuerwehr Vlotho: (v.l.) André Rehm, Waldemar Weiß,
Michel Horling und Andreas Distelmeier mit Ausbilder Thomas Twelsiek. (Foto: FW Vlotho)

Stichwort: Drehleiter-Neuheiten
Im Jahr 1872 entwickelte Conrad Dietrich Magirus, damals 48 Jahre alt, erfolgreicher Unternehmer und aktiver Feuerwehrmann, die erste freistehende und fahrbare Feuerwehrleiter (Zweirad-Schiebleiter) der Welt. Er revolutionierte damit das Feuerlöschwesen.
Auf der Interschutz 2015 in Hannover präsentierte Magirus rund 150 Jahre später die höchste Drehleiter der Welt. Die M68L (Arbeitshöhe 68 Meter) ist das neue Flaggschiff der Ulmer. Sie versprechen ein Höchstmaß an Stabilität. Möglich werde dies durch die vollständig neu ausgelegte Vario-Abstützung mit einer Abstützbreite von sechs Metern. Erstmals kommt ein siebenteiliger Leitersatz zum Einsatz. Um die Personenrettung aus so großer Höhe zu beschleunigen, stattet Magirus die M68L mit einem Fahrstuhl aus.
Ebenfalls neu: Die M34L-H von Magirus für den „Heavy-Duty“-Einsatz (Schwerlasteinsatz). Das Fahrzeug ist auf einem „Drei-Achs-Fahrgestell“, Typ Iveco Stralis, mit 420 PS (Euro 6) und gelenkter Hinterachse zu bekommen. Es verfügt über Staffelkabine (Magirus Team Cab), „Midship“-Pumpe (Leistung 4.000 Liter bei 10 Bar) und hat 2.000 Liter Wasser an Bord. Der vierteilige Leitersatz verfügt über eine Arbeitshöhe von mehr als 34 Metern. Beim Transport schwerer Lasten macht die „Heavy-Duty“-Drehleiter ihrem Namen alle Ehre. Bis zu 1.000 Kilogramm können an der Leiterspitze bewegt werden. An der Unterleiter sind es sogar 6.000 Kilogramm. Speziell darauf abgestimmt ist der neue Rettungs- und Arbeitskorb. Er reicht für fünf Personen und schafft eine Nutzlast bis zu 500 Kilogramm. Der zentrale Zugang ist sogar für Rollstühle ausreichend breit.

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M68L Magirus
Höchste Drehleiter der Welt: Die M68L von Magirus hat eine Arbeitshöhe von 68 Metern (Foto: Magirus Group)

M34L Magirus
„Heavy-Duty“-Leiter von Magirus mit „Schwerlast-Leiterpaket“, Staffelkabine, „Midship“-Pumpe und Löschmittelbehälter (Foto: Magirus Group)