Klein aber fein

MLF-NRW an der Kreisfeuerwehrzentrale vorgestellt

DSC 0179Bad Oeynhausen/ Kreis Herford. Die Löschgruppe Bad Oeynhausen-Wulferdingsen übernimmt momentan eine wichtige Aufgabe. Sie testet im Rahmen des Projektes FeuerwEHRENSACHE das Mittlere Löschfahrzeug (MLF) in der NRW-Version. Die Aktiven stehen dabei unter wissenschaftlicher Beobachtung der Universität Wuppertal. Kurz vor Ablauf der Erprobungsphase haben sie ihr Urteil bereits gefällt: „Das MLF ist in puncto Ausrüstung, Funktionalität und Fahrsicherheit erste Sahne“!

Das Konzept des Autos entstand im Rahmen des Projektes „Förderung des Ehrenamtes in den Feuerwehren – FeuerwEHRENSACHE“. Der Verband der Feuerwehren in NRW (VdF NRW) und das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW (MIK NRW) sind daran beteiligt. Ihnen geht es darum, die Attraktivität des Ehrenamtes zu steigern, um die Mitgliederzahlen zu halten. Das MLF soll dazu beitragen; denn zu viel Technik überlaste nach Ansicht der Projektmacher die ehrenamtlichen Einsatzkräfte. Seine Beladung wurde deshalb auf das Wesentliche reduziert, ohne dass die Eigenschaften eines vollwertigen Löschfahrzeugs verloren gegangen sind. (Redaktion: kfv-herford.de berichtete bereits unter der Überschrift: „Zurück zur Bescheidenheit!“)

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Das MLF-NRW von Ziegel auf MAN-Fahrgestell bietet Platz für eine Staffel und hat die Beladung für eine Gruppe an Bord.

IdF-Chef Penkert gab den Anstoß

Am Samstag (24.09.2016) sind Nico Czimmernings, Löschgruppenführer in Wulferdingsen, und Feuerwehrmann Finn Hielscher mit dem MLF-NRW zur Kreisfeuerwehrzentrale nach Hiddenhausen gekommen. Am Rande des Leistungsnachweises präsentieren sie den Feuerwehrleuten aus dem Wittekindsland den Prototyp eines Löschfahrzeugs, das künftig auch in anderen NRW-Wehren für frischen Wind sorgen soll. Erst Anfang Juli 2016 hatte die Löschgruppe aus der Kurstadt das Auto von der Feuerwehr Büren übernommen. Landesweit gibt es drei Testfahrzeuge mit unterschiedlichen Schaumzumischanlagen, die jeweils von fünf Pilotfeuerwehren über einen Zeitraum von einem Vierteljahr getestet werden. Berthold Penkert, Direktor des Instituts der Feuerwehr NRW, hatte das Projekt im Jahr 2015 im Mühlenkreis vorgestellt. Czimmernings berichtet, dass er damals kurzerhand per E-Mail am Bewerbungsverfahren teilgenommen hätte. Die Löschgruppe Bad Oeynhausen-Wulferdingsen war schließlich als eine von 15 Pilotfeuerwehren ausgewählt worden. Etwa 150 Wehren hätten sich insgesamt beworben, weiß Czimmernings.

Vollwertiges Löschfahrzeug für den Erstangriff

Er lobt zunächst einmal die guten Fahreigenschaften des Zehntonners, der auf einem Straßenfahrgestell von MAN mit 220 PS basiert. „Der Wagen ist mit seinem automatisierten 6-Gang-Getriebe sehr angenehm zu fahren!“ Feuerwehrausrüster Ziegler hat für das MLF die serienmäßige Kabine verwendet, so wie sie bei MAN für Kommunalfahrzeuge vom Band läuft. Das spare Kosten sagt Czimmernings. Dafür geht es im Fonds etwas beengt zu: Der Angriffstrupp, der sich bereits auf der Anfahrt mit Atemschutzgeräten ausrüsten kann, sitzt standardmäßig entgegen der Fahrtrichtung, während sich der Wassertrupp mit Klappsitzen in Fahrtrichtung begnügen muss. Der modulare und kompakte Aufbau des Fahrzeugs überzeugt den Feuerwehrchef aus Wulferdingsen allerdings restlos. Ein Teil der Ausrüstung, wie etwa das Zubehör für die Pumpe, die Verkehrsabsicherung oder die Grobreinigung der Einsatzkleidung, ist in großen Kunststoffkisten zweckbezogen zusammengefasst. „Auch ein junger Feuerwehrkamerad findet sich sofort zurecht!“
Das MLF-NRW hat exakt 1.020 Liter Wasser im Tank und verfügt über eine Heckpumpe, die bei einem Ausgangsdruck von 10 Bar 2.000 Liter pro Minute fördert. Im Einsatzfall muss also schnell eine Wasserversorgung aufgebaut werden. An eine automatische Tankniveauregulierung wurde ebenfalls gedacht: Sinkt der Tankinhalt unter 70 Prozent, öffnet sich automatisch ein Ventil und der Auffüllvorgang beginnt. Die Schaumzumischung erfolgt dafür in herkömmlicher Form über einen externen Zumischer (Z 4). Das MLF hat drei Schaummittelkanister für den Erstangriff (im Geräteraum 4) an Bord. Eine Schnellangriffshaspel gibt es nicht. „Die nimmt nur Platz weg und kostet Gewicht“, meint Czimmernings. Dafür liegen im Geräteraum 4 zwei C-Schläuche in Buchten bereit, die mit einem Hohlstrahlrohr versehen sind. Über eine C-Festkupplung, die sich unmittelbar daneben befindet, kann die „Leitung zur schnellen Wasserabgabe“ sofort mit der Pumpe verbunden werden. Ein weiteres 30 Meter langes Schlauchpaket mit Hohlstrahlrohr, das üblicherweise über der Schulter getragen wird, befindet sich im gleichen Geräteraum.

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Der Verband der Feuerwehren NRW (VdF NRW) und das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW (MIK NRW)
sind am Projekt „FeuerwEHRENSACHE“ beteiligt.

Umfangreiche Technik ohne „Schnickschnack“

Für die Technische Hilfe ist im Geräteraum 1 ein hydraulisches Kombigerät verstaut (Typ Weber), das von einem Kompaktaggregat mit Verbrennungsmotor angetrieben wird. Über coaxiale Schläuche mit Single-Kupplungen (sogenanntes Schlauch-in-Schlauch-System) werden die Hydraulikpumpe und das Hydraulikwerkzeug miteinander verbunden. Der 9-kVA-Stromerzeuger (Typ Eisemann) ist ergonomisch günstig auf einem schwenkbaren Geräteträger im Geräteraum 2 untergebracht. Für den Lichtmast, der mit vier Xeon-Scheinwerfern bestückt ist, muss das Aggregat allerdings gar nicht erst in Betrieb genommen werden. Er wird über das 24-Volt-Bordnetz betrieben. An dieser Stelle wurde auf weiteren „Schnickschnack“ verzichtet: Der Beleuchtungsmast lässt sich ganz einfach per Hand in die passende Position drehen. Um das elektrische Überdruckbelüftungsgerät und die 1000-Watt-Flutlichtstrahler in Betrieb zu nehmen, ist der Stromerzeuger dann allerdings unverzichtbar. Eine mechanische Absenkvorrichtung, mit der sich die vierteilige Steckleiter vom Fahrzeugdach schwenken lässt, sorgt für ein Plus an Sicherheit.
Zur weiteren Ausrüstung des MLF-NRW gehören Sprungpolster (SP 16), mobiler Rauchverschluss, Kettensäge und Tauchpumpe (TP 4). Für die Erste-Hilfe sind sogar ein Defibrillator (Schockgeber zur Beseitigung von Herz-Rhythmusstörungen) und ein Notfallrucksack an Bord. Die Sondersignalanlage (Typ Hänsch) ist mit LED-Blaulichtern, Frontblitzern, Powerblitz sowie Elektro- und Kompressor-Hörnern ausgestattet. Außerdem gibt es eine Heckwarneinrichtung in LED-Technik, Rückfahrwarner und Rückfahrkamerasystem. Die blendfreie Innenraumbeleuchtung lässt sich von weißem auf grünes Licht umschalten und dimmen. In den Haltestangen an den hinteren Einstiegstüren befinden sich ebenfalls LED-Dioden, die für Sicherheit sorgen. Z-Control ist das zentrale Bedien- und Überwachungstableau in der Fahrerkabine. Die Sondersignalanlage, Umfeld- und Mannschaftsraumbeleuchtung lassen sich darüber schalten. Kontrolllampen zeigen an, ob die Pumpe läuft, der Lichtmast ausgefahren ist oder die Gerätefächer geöffnet sind.

Konzept „weniger ist mehr“ hat sich bewährt

„Wir haben den ganzen Sommer hindurch sehr intensiv mit dem MLF geübt“, erzählt Nico Czimmernings. Er spricht von einer hervorragenden Dienstbeteiligung. Im Juli stand für zehn der 24 Aktiven aus der Kurstadt ein besonderes Training auf dem Programm. Es ging auf Einladung von FeuerwEHRENSACHE zum DMT-Zentrum für Brand- und Explosionsschutz in Dortmund, wo gemeinsam mit der Feuerwehr Kleve, ebenfalls einer Erprobungswehr, an einer Heißausbildung teilgenommen wurde. Die WDR-Lokalzeit Dortmund berichtete. Das Konzept des Autos, weniger ist mehr, hat sich voll bestätigt, so das Fazit von Nico Czimmernings. Jeden Einsatz und jede Übung mit dem MLF hat der Löschgruppenführer übrigens genausten zu dokumentieren und der Universität Wuppertal zu melden. Auf das abschließende Urteil der Wissenschaftler darf man gespannt sein.

Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)


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Mit dem MLF-NRW wurde (unter der Vorgabe „weniger ist mehr“) das Konzept für ein vollwertiges Löschfahrzeug umgesetzt.

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Einziges Manko: In der Mannschaftskabine geht es eng zu.

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Die Atemschutzgeräte für den Sicherheitstrupp im Geräteraum 3.

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Ein Kompaktaggregat dient als Antrieb für ein hydraulisches Kombigerät.

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Die Geräte zur Technischen Hilfe sind, wie das Sprungpolster, im Geräteraum 1 untergebracht.

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Tragbarer 9-kVA-Stromerzeuger von Eisemann im Geräteraum 2

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Elektrisch betriebenes Überdruckbelüftungsgerät im Geräteraum 3

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Zur Beladung im Geräteraum 4 gehören …

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Schnellangriffsleitung (unterhalb der Schaummittelbehälter verstaut) und …

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Schlauchpaket (oberhalb der Schaummittelbehälter verstaut)

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Gewohnheitssache: Hohlstrahlrohre mit und ohne Pistolengriff

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Verteiler mit zwei B-Zugängen (r) und Sammelstück mit …

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drei B-Zugängen

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Die mechanische Leiterabsenkung sorgt für Sicherheit, …

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… demonstriert Nico Czimmernings.

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Die Feuerlöschkreiselpumpe im Heck schafft 2000 Liter pro Minute bei 10 Bar Ausgangsdruck.

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Finn Hielscher zeigt, dass auf dem MLF alles übersichtlich verstaut ist.

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In der Einsatzpraxis sehr nützlich: Tragbarer Akku-Arbeitsstellenscheinwerfer von Teklite.

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Der Lichtmast lässt sich per Hand in die gewünschte Position drehen.

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Defibrillator, Notfallrucksack und …

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… Spineboard gehören ebenfalls zur Ausrüstung.

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Z-Control ist die zentrale Steuer- und Überwachungseinheit für die Feuerwehrtechnik

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Pfiffige Detaillösung: Der Getränkehalter für verschiedene Flaschengrößen.

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LED-Blaulichter, Powerblitz, Frontblitzer sowie Elektro- und Kompressor-Hörner sorgen für freie Bahn.