Feuerwehren aus Herford u. Friesland sind gemeinsam mit der Bundeswehr im Einsatz
Auf Schiffshavarien sind die Feuerwehren aus dem Kreis Herford eigentlich nicht vorbereitet. Vor genau so einem Szenario standen die Blauröcke aus der Heimat allerdings am vergangenen Wochenende (31.05. – 2.06.2013). Sie kamen auf der Fregatte „Niedersachsen“ zum Einsatz, die auf dem Marinestützpunkt in Wilhelmshaven vor Anker lag. Das Übungsszenario war Teil der Großschadensübung „Mai-Power“, an der die Kreisfeuerwehrbereitschaften Herford und Friesland gemeinsam mit der Bundeswehrfeuerwehr teilnahmen.
Am Freitagabend formiert sich der Verband an der Feuer- und Rettungswache in Löhne. Ingesamt 138 Ehrenamtliche aus allen Wehren im Kreisgebiet sind mit dabei. Sie besetzen insgesamt 26 Fahrzeuge, in der Hauptsache sind es Lösch- und Rüstwagen. „Alle zwei Jahre führt der Kreisfeuerwehrverband Herford einen solchen Motmarsch an die Nordseeküste durch“, sagt der stellvertretende Kreisbrandmeister Bernd Kröger. Motmarsch stehe dabei für Motorisiertermarsch; denn bereits die Anfahrt der Fahrzeugkolonne laufe nach ganz bestimmten Regeln ab, erläutert Kröger, der den Verband anführt. Auf einer zuvor genau geplanten Route geht es hauptsächlich über Bundes- und Landstraßen nach Hooksiel im Wangerland. Mit der örtlichen Feuerwehr bestehe bereits seit 20 Jahren eine enge Freundschaft, sagt Kröger. An der Nordseeküste kommt allerdings erst gar keine Urlaubsstimmung auf. Bereits in aller Frühe werden die Wehrleute, darunter 130 Aktive der Kreisfeuerwehrbereitschaft Friesland, von ihren Zeltunterkünften abgeholt. Ingo Kruse, Gemeindebrandmeister im Wangerland, leitet die Lösch- und Rettungszüge auf das Marinegelände in Wilhelmshaven, wo die Einsatzflottille 2 ihren Sitz hat. Auf dem Gelände hat die Bundeswehr insgesamt vier prekäre Übungslagen vorbereit. So soll es auf der „Niedersachsen“, einer 136 Meter langen Fregatte, nach Instandsetzungsarbeiten brennen. „An Bord befinden sich Hand- und Signalmunition“, erläutert Waffentechnikoffizier Marcel Treschuck. Auch ein stationäres Schweißgerät und unzählige Gasflaschen seien an Bord. Pressestabsoffizier Lars Dörmann stimmt noch kurzfristig die Kamerapositionen mit dem Fernsehteam vom NDR ab, das über die anspruchsvolle Übung einen Fernsehbeitrag drehen will. „Feuer im Schiff, Feuer im Schiff“, schallt es kurz danach durch die Lautsprecher. Die sechzehnköpfige Bordwache und die Bundeswehrfeuerwehr sind sofort zur Stelle und beginnen mit den Erstmaßnahmen. Doch an diesem Tag, so wird angenommen, funktioniert die automatische Löschanlage nicht wie gewohnt. Schnell sind die Abteilungen fünf bis acht der mittlerweile 30 Jahre alten Fregatte verraucht. Die Löschzüge 2 und 4 der Bereitschaft Herford rücken an. An Bord erfährt Abschnittsleiter Lars Brinkmann aus Spenge, dass fünf Besatzungsmitglieder vermisst werden. Der Brandinspektor teilt seine Leute ein, die sich bereits mit Atemschutzgeräten ausgerüstet haben. Über schmale Gänge und durch enge Schotttüren hindurch rücken die Kräfte aus Löhne-Gohfeld und Spenge-Lenzinghausen gemeinsam mit den Berufsfeuerwehrleuten der Bundeswehr zu den Niedergängen der Fregatte vor. Hier führen steile Leitern auf die darunter liegenden Decks. Tief unten im Schiffskörper können die Wehrleute schließlich die ersten Hilferufe hören. Mit speziellen Bergetüchern werden die „Verletzten“ nach oben gezogen. Sie haben „Verbrennungen und Knochenbrüche“ erlitten. Das Fachsanitätszentrum der Bundeswehr hatte die Statisten zuvor realistisch geschminkt. Jetzt kümmern sich Feuerwehrleute aus Vlotho-Exter auf dem Hubschrauberdeck um die Erstversorgung, bevor die „Unglücksopfer“ mit einer Drehleiter vom Schiff transportiert werden. Währenddessen laufen die Löschmaßnahmen auf Hochtouren. Feuerwehrleute aus Kirchlengern und Vlotho sind mit ihren Fahrzeugen auf der Kaimauer in Stellung gegangen. Sie speisen die Löschanlage der „Niedersachsen“ mit Meerwasser und kühlen die Bordwand des Schiffes im Bereich der „Brandstelle“. Nach gut zwei Stunden ist die Großübung auf der „Niedersachsen“ beendet. In den anderen Einsatzabschnitten wird allerdings noch weiter gearbeitet.
So müssen die Einsatzkräfte aus Enger, Spenge, Rödinghausen und dem friesischen Bockhorn drei „Mitarbeiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes“ aus einem Dückerschacht retten. Durch den unterirdischen Kanal verlaufen die Versorgungsleitungen für die Schleuseninsel. Am Liegeplatz des Einsatzgruppenversorgers „Bonn“ können die „Vermissten“ schließlich mit Spezialgerät aus 20 Meter Tiefe nach oben gezogen werden. An anderer Stelle sind zwei Autos nach einem angenommenen Zusammenstoß eine Böschung hinuntergeschleudert. Die Einheiten aus Bünde und Sande sowie von der Kreisfeuerwehrzentrale Jever arbeiten auch hier als Team zusammen. Sie befreien die beiden eingeklemmten „Unfallfahrer“ mit hydraulischem Rettungsgerät. Sanitäter vom ASB aus Wilhelmshaven übernehmen anschließend die Erstversorgung. Vor einer ebenso anspruchsvollen Übungslage stehen die Wehrleute aus Herford und Hiddenhausen. Sie werden zu einem „Explosionsunglück“ mit „drei vermissten Personen“ gerufen. Während der Löscharbeiten kommt es zu einer weiteren „Verpuffung“.
Zur Abschlussbesprechung ist Sven Ambrosy, Landrat des Landkreises Friesland, in die Fahrzeughalle der Marinefeuerwehr gekommen, wo sich alle Wehrleute versammelt haben. Er bezeichnet die gemeinsame Übung als einen guten Beitrag interkommunaler und in diesem Fall sogar länderübergreifender Zusammenarbeit. Die regelmäßigen Besuche der Feuerwehrleute aus dem Kreis Herford im Wangerland seien außerdem eine schöne Tradition. Auf dem Zeltplatz in Hooksiel findet das Übungswochenende seinen Ausklang. Frieslands Kreisbrandmeister Gerd Zunken, sein Stellvertreter Olaf Fianke und Frank Hertel, Leiter der Bundeswehrfeuerwehr Wilhelmshaven sind gekommen. Sie hatten die Übung „Mai-Power 2013“ ausgearbeitet und ziehen nun gemeinsam mit Bernd Kröger ein positives Fazit. Im nächsten Jahr wird die Feuerwehrbereitschaft Friesland zu einem Gegenbesuch im Kreis Herford erwartet, sagt Kröger. „Dann können Friesen und Westfalen wieder als Team zusammenarbeiten!“.
Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)
Wissenswertes:
Wilhelmshaven ist Sitz der Einsatzflottille 2 der Bundesmarine. Sie untersteht dem Marinekommando in Rostock. Alle Fregatten der 122, 123 und 124 Klasse (darunter die Niedersachsen, die Brandenburg und die Mecklenburg-Vorpommern) sowie ein Teil der Einsatzgruppenversorger (darunter der EGV Bonn) sind in Wilhelmshaven stationiert. Der Standort zählt rund 6.500 Beschäftigte. Auf dem rd. zwei Millionen Quadratmeter großen Marinegelände (einschließlich Wasserfläche) gibt es eine Stützpunktfeuerwehr der Bundeswehr mit 45 zivilen Beschäftigten. Sie wird von BOI Frank Hertel geleitet. Die Wehr verfügt über zwei Hilfeleistungslöschfahrzeuge (Mercedes Benz Atego), zwei Drehleitern (Iveco-Magirus Vario), Rüstwagen 2 (MAN TGM 18.280) sowie Einsatzleit- und Transportfahrzeuge. Sie stehen an zwei Standorten. Die neue Hauptfeuerwache mit Funkzentrale und einer Fahrzeughalle mit sieben Stellplätzen konnte im Dezember 2006 in Betrieb genommen werden. Mittlerweile wurde der Komplex um eine Atemschutzübungsanlage erweitert. Zu rund 300 Einsätzen jährlich rückt die Stützpunktfeuerwehr aus. In der Mehrzahl handelt es sich dabei um kleinere technische Hilfeleistungen. Auf dem Gelände gibt es rund 3.800 Feuerlöscher, die auf der Wache gewartet werden.
-Vo-
Feuer auf der Fregatte Niedersachsen: Die Stützpunktfeuerwehr der Bundeswehr ist eingetroffen u. …
… nimmt die ersten Schläuche vor.
Verstärkung kommt von der Feuerwehrbereitschaft Herford, die mit zwei Zügen anrückt.
Abschnittsleiter Lars Brinkmann (2. v.l.) stimmt sich mit Waffentechnikoffizier Treschuck ab.
Mehrere Schiffsdecks sind verqualmt. Die Einsatzkräfte können sich nur mit Mühe orientieren.
Die Besatzung der Niedersachsen trainiert täglich für den Notfall. Überall gebe es Stationen, an denen
Atemschutzgeräte und Feuerlöschgeräte deponiert seien, erläutert Uwe Werner von der Stützpunktfeuerwehr.
(v.l.) Dieter Henseler, KBM Wolfgang Hackländer, Frank Rieke, Ehren-KBM Dieter Wilkening u.
Dieter Rethmeier beobachten das Übungsgeschehen am Rande.
Wer bekommt die besten Bilder? Kamerafrau des Friesischen-Rundfunks
An einem Niedergang wartet ein „Verletzter“ auf Hilfe.
Verstärkung kommt
Die „Verletzten“ werden auf das Hubschrauberdeck getragen.
Feuerwehrleute übernehmen die Erstversorgung der Unglücksopfer u. …
bereiten sie für den Abtransport vor.
Die Statisten wurden zuvor realistisch geschminkt.
Frische Kräfte warten auf ihren Einsatz.
Das Hubschrauberdeck mit der Verletztensammelstelle aus dem Korb der Drehleiter fotografiert.
Die Bordwand wird mit Meerwasser gekühlt.
Die Fregatte „Niedersachsen“ ist 136 Meter lang, 13 Meter breit u. hat einen Tiefgang von 6 Meter. Sie wurde 1979 „auf Kiel gelegt“.
Schiffstechnische-Leitstelle, …
… Offiziersmesse u. …
Brücke der „Niedersachsen“
Frank Hertel, Leiter der Marine-Stützpunktfeuerwehr, im NDR-Interview
Die Löschmannschaften aus dem Kreis Herford u. der Bundeswehr sind rund um den Geschützturm der „Niedersachsen“
zu einem Gruppenfoto angetreten. (Foto: Lars Brinkmann, Spenge)
Gigantisch: Der Einsatzgruppenversorger „Bonn“ lässt die Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr wie Spielzeugautos erscheinen.
Drei „Mitarbeiter des Wasser- u. Schifffahrtsamtes“ werden in 20 Meter Tiefe „vermisst“.
Einsatzkräfte des LZ Bünde-Spradow versorgen gemeinsam mit dem ASB Wilhelmshaven einen „verletzten Autofahrer“.
Ein Unfallwagen wird mit Steckleiterteilen u. Spanngurten gesichert.
Einsatzkräfte aus dem friesischen Bockhorn befreien einen „Unfallfahrer“ mit hydraulischem Rettungsgerät.
Landrat Sven Ambrosy findet während der Mittagspause lobende Worte: „Die regelmäßigen Besuche der Feuerwehrleute aus dem
Kreis Herford im Wangerland sind eine schöne Tradition!“
Die Feuerwache auf dem Marinegelände verfügt über eine Halle mit sieben Stellplätzen.
Am Ende eines anstrengenden Wochenendes haben KBM Wolfgang Hackländer (2. v.l.)
u. sein Amtskollege Gerd Zunken (1. v.l.) Grund zur Freude.
Beim Zeltabbau am Sonntag scheint dann auch endlich die Sonne.