Drehleitermaschinisten-Ausbildung der Feuerwehr Herford
Herford. In einem mehrstöckigen Gebäude auf dem Herforder Stiftberg ist ein Feuer ausgebrochen. Für die Bewohner ist der Weg über das Treppenhaus durch Rauch und Flammen versperrt. Jetzt bleibt nur noch die Menschenrettung mit der Drehleiter. Ein solches Szenario wurde während der Drehleitermaschinisten-Ausbildung der Feuerwehr Herford (1.07. – 19.07.2025) trainiert. Die Teilnehmer absolvierten dabei ein umfangreiches Programm in Theorie und Praxis. Drehleitern zählen zu den technisch anspruchsvollsten Fahrzeugen bei der Feuerwehr. „Im Einsatzfall muss der Drehleitermaschinist die Technik auch unter Stress sicher beherrschen“, erklärte Lehrgangsleiter Axel Freitag.
Die Drehleiter 23/12 (DLK 23/12) der Feuerwehr Herford (Typ Magirus M32L-AS auf Mercedes-Benz Fahrgestell / Baujahr 2020) ist ein echtes Hightechgerät. Der vierteilige Leitersatz mit Rettungskorb reicht bis in eine Höhe von 32 Metern. Das oberste Leiterteil verfügt zudem über einen Gelenkarm, der um bis zu 75 Grad neigbar ist. So können Dachüberstände überbrückt und sogar Arbeiten in der Tiefe, also unter Flur, durchgeführt werden. Die haupt- und ehrenamtlichen Kräfte der Feuerwehr Herford rücken gleichermaßen mit der DLK 23/12 aus.
Während der Drehleitermaschinisten-Ausbildung erwerben die Feuerwehrleute das dazu erforderliche Fachwissen. Sechs Feuerwehrleute nehmen am aktuellen Lehrgang teil. Sie kommen von den Löschgruppen Elverdissen und Schwarzenmoor, vom Löschzug Mitte und der Hauptamtlichen Wache. „Die Schulung umfasst insgesamt 40 Stunden“, erläutert Axel Freitag, der gemeinsam mit Andreas Tharun und Marco Noah für die Drehleitermaschinisten-Ausbildung bei der Feuerwehr Herford zuständig ist. Der Lehrgang Maschinist für Löschfahrzeuge, der Atemschutzgeräteträger-Lehrgang und LKW-Führerschein sind Voraussetzung, um daran teilnehmen zu dürfen.
Sechs Feuerwehrleute aus Herford absolvieren ihre Drehleitermaschinisten-Ausbildung.
(Foto: FW Herford)
Drehleiter 23/12 der Feuerwehr Herford (Magirus M32L-AS auf Mercedes-Benz Fahrgestell.
(Foto: FW Herford)
Einsatzgrundsätze nach der HAUS-Regel
Zunächst behandeln die angehenden Drehleitermaschinisten die Einsatzgrundsätze für Hubrettungsfahrzeuge. „Die HAUS-Regel hat sich dabei als Einsatzstandard bewährt“, sagt Axel Freitag. Die Abkürzung steht für H-indernisse, A-bstände, U-ntergrund und S-icherheit. „Hindernisse, wie Bäume, Ampeln- und Laternenmasten oder Freileitungen, können den Anleiterweg so versperren, dass die Ausladung des Leitersatzes nicht ausreicht um die Anleiterstelle zu erreichen“, erklärt der Ausbilder. Wichtig sei, die Abstände für die Abstützung, die maximale Rettungshöhe, das Umgehen von Hindernissen und den Freiraum hinter dem Fahrzeug richtig zu bestimmen. Zudem müsse geprüft werden, ob der Untergrund ausreichend tragfähig sei. Freitag warnt die Lehrgangsteilnehmer: „In der Nähe von Gullys, Schächten, Böschungen und Gehwegen ist besondere Vorsicht geboten!“ Schließlich muss der Sicherheit viel Aufmerksamkeit gewidmet werden. „Das gilt für die Verkehrsabsicherung und die Sicherung im Korb“, so der Ausbilder.
Anleiterübung in der Herforder Innenstadt: An der Radewiger Kirche wird mit der Anleiterart „Frontal“
die größtmögliche Rettungshöhe erreicht.
(Foto: FW Herford)
„Frontal“ und „Vertikal-Flucht“
Anschließend geht es mit der DLK 23/12 in die Herforder Innenstadt. Während der Einweisungsfahrten manövrieren die angehenden Drehleitermaschinisten den 16-Tonner durch die engen Straßen der Altstadt und müssen dabei den nach vorne überstehenden Korb immer im Blick behalten. „Die Leiter wird zur Menschenrettung, Anleiterbereitschaft, Brandbekämpfung und Technischen Hilfe eingesetzt“, sagt Axel Freitag. Die Lehrgangsteilnehmer trainieren nun, wie die sperrige Drehleiter schulbuchmäßig in Stellung zu bringen ist. Als Übungsobjekt dient unter anderem die Radewiger Kirche, wo mit der Anleiterart „Frontal“ die größtmögliche Rettungshöhe von rund 30 Metern erreicht wird. Die angehenden Drehleitermaschinisten haben jetzt die Möglichkeit, die Turmuhr zu inspizieren. An einem historischen Haus in der Petersilienstraße, wo nur eine beengte Aufstellfläche zur Verfügung steht, wird das Übungsprogramm fortgesetzt. Danach geht es auf den Stiftberg, wo die Menschenrettung aus einem mehrstöckigen Gebäudekomplex per Anleiterart „Vertikal-Flucht“ auf dem Lehrgangsplan steht. Der Rettungskorb verfügt dazu über zwei Einstiege mit seitlich wegklappbare Falttüren. „Fünf Personen können darin transportiert werden, sofern die maximale Nutzlast von 500 Kilogramm nicht überschritten wird“, erklärt Freitag. Der Hauptbedienstand der DLK 23/12 befindet sich am Drehleiterkranz. Das Hightech-Gerät kann aber ebenso mit zwei Joysticks direkt aus dem Rettungskorb gesteuert werden. „Alle wesentlichen Funktionen stehen hier analog zur Verfügung“, sagt der Ausbilder.
An einem mehrstöckigen Gebäude auf dem Stiftberg wird die Anleiterart „Vertikal-Flucht“ trainiert.
(Foto: FW Herford)
Zusatzgeräte in Betrieb genommen
Die Lehrgangsteilnehmer lernen danach die Inbetriebnahme des Wasserwerfers und den Anbau der Zusatzgeräte kennen. Im Korb befinden sich zwei Multifunktionssäulen, die für die Aufnahme der um 360 Grad drehbaren Krankentragenlagerung vorgesehen sind. Feuerwehrgeräte, wie das elektrische Überdruckbelüftungsgerät oder Zusatzscheinwerfer, können ebenfalls aufgesteckt werden. Genauso wie der Magirus Safety Peak, ein Aufsteckbügel, in den im Notfall die Schleifkorbtrage mit Seilen eingehängt werden kann, um etwa eine Person aus einer Grube zu retten. Zurück in der Innenstadt kommt die Gelenkdrehleiter an der Elisabethstraße unterflur zum Einsatz. Der Rettungskorb befindet sich jetzt kurz über der Wasseroberfläche der Aa. „Im Notfall könnte so eine Person aus dem Fluss gerettet werden“, sagt Freitag.
Während einer Abstützübung unter erschwerten Bedingungen, die auf der Höhenstraße am Sender stattfindet, sammeln die angehenden Drehleitermaschinisten weitere praktische Erfahrungen. „Durch die variable Steuerung der Stützen können Geländeunebenheiten bis zu 70 Zentimetern ausgeglichen werden“, so Freitag. Der Computer übernehme den Ablauf vollautomatisch. Das gelte auch für die Schachtrettungsfunktion. Sie ermögliche es, so der Ausbilder, absolut senkrecht zu heben, um beispielsweise eine Person sicher aus einem Schacht zu retten.
„Gut ausgebildete Drehleitermaschinisten werden in Anbetracht der komplexen Technik nach wie vor gebraucht“, meint Freitag. Die Lehrgangsteilnehmer Ralf Kuhlmann, Florian Schuster, Thorsten Otto-Döbbe (LG Elverdissen), Jan Rothenroth (LZ Mitte), Justin Korte und Leon Gamrath (LG Schwarzenmoor) stellen sich künftig dieser Aufgabe. (Redaktion: kfv-herford.de, Infos: Axel Freitrag, FW Herford)
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Einweisung zur Anleiterübung durch Ausbilder Axel Freitag (r). (Foto: FW Herford)
Anleiterübung an einer Kirche in Schwarzenmoor. (Foto: FW Herford)
Die Menschenrettung wird vorbereitet.
(Foto: FW Herford)
Menschenrettung per Krankentragenhalterung.
(Foto: FW Herford)
Besteigen des Leiterparks.
(Foto: FW Herford)
Absturzsicherung beim Besteigen des Leiterparks.
(Foto: FW Herford)
Die Übungen in der Innenstadt dienen gleichzeitig der Nachwuchswerbung.
(Foto: FW Herford)
Anleiterübung im Unterflurbereich an der Aa.
(Foto: FW Herford)
Anleiterübung in der Innenstadt unter sehr beengten Bedingungen.
(Foto: FW Herford)
Blick aus 30 Metern Höhe.
(Foto: FW Herford)
Einweisung in den Drehleiter-Notbetrieb.
Die DLK 23/12 der FW Herford verfügt über einen Leitersatz mit Gelenkarm.
(Foto: FW Herford)
Vorführung des Niveauausgleichs.
(Foto: FW Herford)
DLK 23/12 im Realeinsatz.
(Foto: FW Herford)
Ausbilder-Selfie in luftiger Höhe.
(Foto: FW Herford)