CO2-Löschanlage bei Peter-Lacke in Hiddenhausen getestet
Hiddenhausen. Beim Unternehmen Peter-Lacke in Schweicheln-Bermbeck hat am frühen Mittwochabend (01.10.2025) eine automatische Löschanlage ausgelöst. Die neue Lagerhalle des Spezialisten für industrielle Lacksysteme wurde daraufhin mit Kohlendioxid (CO2) „geflutet“. Ein etwaiges Feuer wäre dadurch sofort erstickt worden. Geschäftsführung, Techniker, Prüfer und Feuerwehr behielten dennoch die Ruhe, da es sich nur um einen Test handelte. Aufgrund der Neubaumaßnahme stand der Vorbeugende Brandschutz des Lackherstellers auf dem Prüfstand.
Der Vorbeugende Brandschutz hat bei Peter-Lacke einen hohen Stellenwert. Die Spezialprodukte des Familienunternehmens enthalten leicht entzündliche Lösungsmittel - die Brandgefahr ist somit nicht zu unterschätzen. Deshalb sind die gesamte Produktion und nun auch das neue Hochregallager durch automatische Kohlendioxid-Löschanlagen geschützt. Bevor der Lagerkomplex Anfang kommenden Monats in Betrieb geht, steht ein ausführlicher Test der modernen Löschtechnik auf dem Programm. David Peter, Chef der Peter-Lacke Gruppe, Geschäftsführer Michael Boes und weitere Beschäftigte des Unternehmens haben den Feierabend verschoben, um sich die „Probeflutung“ nicht entgehen zu lassen. Zudem sind beide Löschzüge der Feuerwehr Hiddenhausen angerückt. Ein Peter-Lacke-Mitarbeiter ist in der Feuerwehr Kalletal (Kreis Lippe) aktiv. Feuerwehrleute der Löschgruppe Kalldorf sind deshalb ebenfalls vor Ort. „Für uns geht es darum, Erfahrungen zu sammeln, um im Brandfall vorbereitet zu sein“, sagt Fabian Stadelmann, stellvertretender Leiter der Feuerwehr Hiddenhausen.
Die neue Lagerhalle des Unternehmens Peter-Lacke soll in Kürze in Betrieb gehen.
Jetzt wurde die CO2-Löschanlage einem ausführlichen Test unterzogen. (Foto: N. Jost)
CO2-Nebel strömt von der Decke
Oliver Stratmann, Sicherheitsbeauftragter bei Peter-Lacke, übernimmt die Einweisung der Feuerwehrleute. „Ich hoffe, die CO2-Löschanlage geht heute das erste und einzige Mal in Betrieb“, sagt der Chemietechniker. Gegen 17.15 Uhr rüsten sich fünf Trupps mit Atemschutzgeräten, Funkgeräten und Wärmebildkameras aus. Sie positionieren sich anschließend im Inneren der Halle zwischen den Hochregalen und auf einer Empore, die für die Waren-Kommissionierung gedacht ist. Feuerwehrsicherheitsleinen werden gespannt, damit die Ehrenamtlichen im Notfall den Weg zurück zum Ausgang finden. Außerhalb des Gebäudes geht ein Sicherheitstrupp in Stellung, der bei einem Zwischenfall sofort eingreifen könnte. Stratmann warnt: „Das Kohlendioxid sorgt für eine tödliche Atmosphäre!“ Alle Zuschauer haben sich deshalb auf dem Firmenparkplatz versammelt, der sich in sicherer Entfernung oberhalb der Lagerhalle befindet.
Techniker des Unternehmens Johnson Controls (ehemals Total Walther) – sie haben die Anlage in den zurückliegenden Wochen installiert - lösen gegen 17.30 Uhr den Alarm aus. Ein ohrenbetäubender Warnton, der von einer pneumatischen Hupe erzeugt wird, ist zu hören; rote Warnleuchten blinken im Innen- und Außenbereich. Die Vorwarnphase beträgt exakt 30 Sekunden. „Diese Zeit bleibt den Mitarbeitenden, um bei einem Notfall nach draußen zu flüchten“, sagt Stratmann. Dann öffnet das Ventil der Löschanlage. Weiße „Nebelsäulen“ strömen mit lautem Zischen aus den Düsen an der Hallendecke. Da Kohlendioxid schwerer ist als die Umgebungsluft, sinkt das Gas schnell zu Boden. Binnen weniger Sekunden ist die komplette Halle eingenebelt. „Wir können die Hand nicht mehr vor Augen sehen“, meldet Feuerwehrmann Nicholas Jost per Funk aus dem inneren der Halle. „Etwa 1,6 Tonnen CO2-Gas sind ausgeströmt“, sagt ein Johnson-Controls-Mitarbeiter. Gleich darauf wird der zweite Brandabschnitt des Gebäudes mit der gleichen Menge „geflutet“. In einem Nebengebäude steht der riesige Vorratsbehälter. Er fasst insgesamt 30 Tonnen Kohlendioxid. Eine Prüferin der VdS Schadenverhütung hat den Probebetrieb ebenfalls beobachtet und alles genau protokolliert. Sie zeigt sich anschließend zufrieden mit dem Ablauf.
Intensive Belüftungsmaßnahmen sorgen dafür, dass sich das CO2-Gas schnell verflüchtigt.
Am Ende können die Messtrupps keine erhöhte CO2-Konzentration mehr feststellen.
Überdruckbelüftungsgeräte in Stellung gebracht
Kohlendioxid verdrängt den Sauerstoff, ist nicht leitfähig und verflüchtigt sich nach kurzer Zeit rückstandsfrei. Das Gas eignet sich deshalb besonders gut, um Brände der Brandklasse B (flüssige Stoffe) in geschlossenen Räumen zu ersticken. In geringen Mengen ist der Stoff für den Menschen ungefährlich. Bereits ab einer Konzentration von acht (Volumen-)Prozent in der Luft besteht allerdings Lebensgefahr durch Sauerstoffmangel. Im Anschluss an die beiden Probelöschungen wird der Neubau deshalb gut gelüftet. Die Feuerwehrleute bringen dazu drei Überdruckbelüftungsgeräte vor einem Hallentor in Stellung. Mit digitalen Messgeräten und Prüfröhrchen samt Handpumpe werden Gefahrstoffmessungen durchgeführt. Gegen 20 Uhr stellen die Wehrleute an allen fünf zuvor festgelegten Punkten keine erhöhten CO2-Werte mehr fest, sodass die Lagerhalle wieder bedenkenlos betreten werden kann.
Peter-Lacke beschäftigt in Hiddenhausen, wo sich der Hauptsitz der Unternehmensgruppe befindet, rund 200 Mitarbeitende. Die Geschäftsführung legt großen Wert darauf, dass die Belegschaft im Notfall sofort weiß, was zu tun ist. 150 Beschäftigte seien als Brandschutzhelfer ausgebildet, sagt Jens Petersen, der Brandschutzbeauftragte des Unternehmens. Die praktische Ausbildung mit dem Übungsfeuerlöscher findet an einem mobilen Brandsimulator statt, den das Unternehmen beschafft hat. Auf dem Firmengelände an der Herforder Straße lagern unter anderem 50.000 Liter Lösungsmittel (Butylacetat), aber auch 400.000 Liter Löschwasser in unterirdischen Tanks.
Am Standort Hiddenhausen groß investiert.
In den vergangenen Monaten wurde auf dem Betriebsgelände des Lackherstellers erneut kräftig gebaut. Entstanden ist ein neues Hochregallager mit einer Fläche von fast 2.500 Quadratmetern und einer nutzbaren Höhe von 15 Metern. „Rund 10 Millionen Euro hat Peter-Lacke dafür investiert“, sagt Geschäftsführer Michael Boes. „Bis zu 3.500 Einstellplätze können künftig genutzt werden, um Lackproduckte für die industrielle Weiterverarbeitung zu lagern“, so Boes. Die Größe der Gebinde reiche dabei vom 10-Liter-Gefäß bis zum IBC-Container mit 1.000 Litern Inhalt. Viele Prozesse, wie die Lagerverwaltung, wurden weiter automatisiert. In dem neuen Lagerkomplex werden daher nur etwa zehn Mitarbeiter beschäftigt sein.
Peter-Lacke ist ein international tätiges Unternehmen, das hochwertige Lacksysteme für die Marktsegmente Automotiv, Lifestyle, Glas und Aviation (Luftfahrt) entwickelt und produziert. Zu den Kunden zählt unter anderem die Automobil- und Glasindustrie. Bei der farblichen Gestaltung von Parfüm-Flakons ist Peter-Lacke nach eigenen Angaben Weltmarktführer.
Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)
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PETER/LACKE (@peter_lacke) • Instagram-Fotos und -Videos
Feuerwehrleute und Mitarbeitende sammeln sich in sicherer Entfernung.
(v.l.) Jan Hendrik Pieper, stellv. Leiter des Löschzugs Schweicheln-Bermbeck, und Oliver Stratmann, Sicherheitsbeauftragter bei Peter-Lacke, stimmen sich ab.
Feuerwehrleute der Löschgruppe Kalletal-Kalldorf sind ebenfalls vor Ort.
Stellv. Wehrführer Fabian Stadelmann (r) gibt einem der Atemschutztrupps letzte Anweisungen.
Die Feuerwehrleine dient zur Sicherung des Rückwegs.
Uwe Rinke übernimmt die Atemschutzüberwachung.
Weiße „Nebelsäulen“ strömen in das Gebäude. (Foto: N. Jost)
Nach kurzer Zeit ist die komplette Halle geflutet. Für die Einsatzkräfte bedeutet das „Nullsicht“.
(Foto: N. Jost)
Durch eine Seitentür gelangt einer kleiner Teil des Löschgases nach draußen.
Insgesamt 30 Tonnen Kohlendioxid stehen bereit, um einen evtl. Brand in der Lagerhalle zu ersticken.
400.000 Liter Löschwasser lagern in unterirdischen Tanks.