Feuerwehrverband und Bundesanstalt warnen vor leichtsinnigem Umgang mit Pyrotechnik
In einigen Tagen werden es die Deutschen wieder mächtig krachen lassen und mit einem gigantischen Silvesterfeuerwerk das neue Jahr begrüßen. Feuerwehr und Rettungsdienst wünschen sich einen ruhigen Jahreswechsel. Die Erfahrungen früherer Jahre sehen allerdings anders aus. „Vor dem Abbrennen der Pyrotechnik müssen unbedingt einige Sicherheitshinweise beachtet werden“, so der Verband der Feuerwehren NRW (VdF NRW).
Die Bundesanstalt für Materialforschung und- prüfung warnt indes vor so genannten Blitzknallkörpern, die zu schlimmen Verletzungen führen könnten.
An Silvester sind Feuerwehren und Rettungsdienst Jahr für Jahr im Dauereinsatz. 1.583 Einsätze, davon fast 400 Brandeinsätze, verzeichnete alleine die Berliner Feuerwehr in der Neujahrsnacht 2012. In den Notfallaufnahmen der Krankenhäuser mussten landesweit Menschen mit Verbrennungen, Augenverletzungen und Knalltraumas behandelt werden. Fast immer war der fahrlässige Umgang mit Feuerwehrskörpern schuld daran. „Gehen sie verantwortungsbewusst und nicht unter Alkoholeinfluss mit Feuerwerk um. Werfen sie Feuerwehrskörper auf keinen Fall unkontrolliert aus Fenstern oder von Balkonen. Lassen sie Kinder kein oder nur für sie geeignetes Feuerwerk unter Aufsicht entzünden“, mahnt der Feuerwehrverband NRW.
Die Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM) testet Feuerwerksartikel und erteilt darüber eine Identifikationsnummer, die auf der Verpackung aufgedruckt sein muss. Ein Zulassungszeichen lautet zum Beispiel BAM – P II – 2526. Auf diese Nummer, sowie auf die europaweit gültige Registriernummer in Verbindung mit einem CE-Kennzeichen und eine deutsche Gebrauchsanleitung sollte man beim Kauf unbedingt achten, sagen die Prüfer aus Berlin. Die BAM-Experten warnen in diesem Zusammenhang ausdrücklich vor Böllern aus dem osteuropäischen Ausland, die oftmals einen höheren Schwarzpulveranteil enthielten. Mehr als 110 Millionen Euro haben sich die Deutschen zum Jahreswechsel 2011/12 das Feuerwerk kosten lassen. Wie viel zusätzlich für illegale Feuerwerksartikel ausgegeben wurde, ist unbekannt, heißt es in einer Pressemittlung der Bundesanstalt. Die Materialprüfer demonstrierten erst vor einigen Tagen an Handattrappen, welche Auswirkungen das Anzünden eines solchen „Polenböllers“ haben kann. Prüfleiterin Heidrun Fink: „Würde man einen geprüften Knallkörper mit Schwarzpulver in der Hand anzünden, käme es zu ein paar Verbrennungen. Bei den „Polenböllern“ seien die Handverletzungen hingegen sehr viel schwerer. „Hier könnte man sogar Finger verlieren“. Doch die Böller aus dem Ausland explodierten nach Feststellungen der BAM nicht nur gewaltiger, sondern oftmals auch deutlich schneller. Nach rund zwei Sekunden hatte ein solcher Blitzknallkörper, wie die gefährliche Ware aus dem Ausland von den Pyrotechnikexperten auch genannt wird, gezündet und eine Handattrappe zerfetzt.
Ob ein Feuerwerkskörper das Zulassungszeichen der Bundesanstalt erhält, hängt von den Regeln ab, die in Deutschland gelten. Für pyrotechnische Gegenstände gibt es zwar eine EU-Richtlinie und entsprechende CE-Kennzeichnung. Doch in Deutschland gelten über diese europäischen Mindestanforderungen hinaus, strengere Kriterien. So können Feuerwerksartikel, die im europäischen Ausland erlaubt sind, in Deutschland verboten sein. Bei Unklarheit kann man die aufgedruckte Nummer auf www.bam.de überprüfen. Dort sind sämtliche in Deutschland zugelassenen Feuerwerksartikel aufgeführt.
Genauso ist die Manipulation und Eigenherstellung von Feuerwehrskörpern lebensgefährlich, warnt der VdF NRW. Außerdem sollten Signalmunition, Seenotrettungsraketen und Magnesiumfackeln niemals als Feuerwerksartikel verwendet werden. Feuerwehrskörper der Klasse II (F 2) sind im Übrigen nur für den Gebrauch im Freien bestimmt. Feuerwehrsraketen dürfen dabei niemals aus der Hand gestartet werden. Leere Glasflaschen in einer Getränkekiste eignen sich als ideale „Abschussrampen“. Darin könnten die Raketen richtig ausgerichtet werden, meint der VdF. In den vergangenen Jahren sind so genannte Kombinationsfeuerwerke groß in Mode gekommen. Die Feuerwerksbatterien schießen ihre Ladungen dabei nicht nur senkrecht nach oben, sondern auch in einem Winkel in kurzen Abständen hintereinander ab. Aufgrund der wesentlich größeren Effektfülle bei diesen neuen Feuerwerksartikeln sind besondere Sicherheitsaspekte zu beachten. „Lesen sie die Bedienungsanleitung und Aufdrucke am Artikel, so können zusätzliche Gefährdungen ausgeschlossen werden“. In jedem Fall raten die Feuerwehrleute, immer ausreichenden Abstand zum abbrennenden Feuerwerk zu halten.
Weiterhin sollten brennbare Gegenstände, wie Gartenmöbel, vom Gebäude entfernt und Mülltonnen unbedingt geschlossen, nach Möglichkeit sogar abgeschlossen werden. Beim Abbrennen von Feuerwerk sollte für alle Fälle ein Eimer Wasser, eine gefüllte Gießkanne oder ein Feuerlöscher griffbereit in der Nähe stehen. In der Silvesternacht, so die weiteren Empfehlungen des Feuerwehrverbandes, sollten alle Fenster- und Lüftungsöffnungen von Gebäuden geschlossen werden, um so den ungewollten Eintritt von Feuerwerkskörpern zu vermeiden.
“Sorgen sie bei einem Notfall nicht für zusätzliche Gefahren für die Einsatzkräfte durch Feuerwerkskörper!“, so die Bitte der Feuerwehrleute.
Von Jens Vogelsang
Quellen: BAM-Pressemitteilung 24/2012 v. 14.12.12
Merkblatt des VdF NRW v. 4.12.12
Link-Tipp zur aktuellen Sprengstoffverordnung:
Wann darf man ein Feuerwerk zünden? Historischer Hintergrund, Bußgelder bei Verstößen gegen die Sprengstoffverordnung etc:
http://www.bussgeldkatalog.net/umweltschutzordnungswidrigkeiten/sprengv/
Stichwort: Klassifizierung von Feuerwerkskörpern
Feuerwerkskörper werden in zwei Kategorien eingeteilt. Knallkörper mit dem Kürzel F 2 (oder der alten, noch bis 2017 gültigen Bezeichnung P II) dürfen nur von Personen ab 18 Jahren gezündet werden. Feuerwerkskörper der Kategorie F 1 (P I), also so genanntes Kleinstfeuerwerk (z.B. Wunderkerzen), dürfen ganzjährig und von Personen ab 12 Jahren abgebrannt werden. Quelle: BAM |
Kombinationsfeuerwerke mit unterschiedlichen Effekten wurden im letzten Jahr verstärkt angeboten.
(Foto: © BAM)
Die Feuerwerks-Batterien schießen ihre Ladung auch seitlich ab. (Foto: © BAM)
Der oberste Grundsatz lautet: Abstand halten! (Foto: © BAM)
Start einer Silvesterrakete: Eine Getränkekiste eignet sich als ideale „Abschussrampe“.
(Foto: © Zonk 43)
Feuerwehr u. Rettungsdienst wünschen sich einen ruhigen Jahreswechsel 2012/2013. Das Bild zeigt
das Silvesterfeuerwerk 2008/2009 in Frankfurt/Main. (Foto: © Thomas Wolf („Der Wolf im Wald“))