Die Retter aus der Luft

"Christoph 13" gehört seit 1976 zum Rettungshubschrauber-Netz

100_4439Immer dann, wenn die Situation ernst ist, wenn ein Mensch in Lebensgefahr schwebt und auf dem schnellsten Wege in eine Spezialklinik transportiert werden muss, dann kommen die Rettungsflieger zum Einsatz. Seit vielen Jahren gibt es in Deutschland ein flächendeckendes Netz von Rettungshubschraubern. Im ostwestfälischen Oberzentrum Bielefeld ist „Christoph 13“ stationiert. Er fliegt jährlich etwa 1.300 Einsätze in der Region.

 

Ein kleiner schwarzer Punkt ist am Horizont bereits zu erkennen. Wenig später schwebt „Christoph 13“ am Krankenhaus Rosenhöhe in Bielefeld-Brackwede ein. Die Rotorblätter wirbeln mächtig den Staub auf. Pilot Dietmar Naumann landet die Maschine vom Typ Eurocopter EC 135 schließlich punktgenau auf der vorgesehen Plattform. Der zweite Rettungseinsatz an diesem Tag ist damit für „Christoph 13“ beendet.

Neben dem Piloten gehören ein Notarzt der Städtischen Kliniken und ein Rettungsassistent der Berufsfeuerwehr Bielefeld zur Besatzung des Hubschraubers. Jeden Morgen mit Sonnenaufgang werden die Tore des Hangars aufgeschoben und der orangefarbene Hubschrauber auf seinem stählernen Podest mit einer Seilwinde aus der Halle gezogen. Der Eurocopter ist aus Aluminium gefertigt und mit zwei Radialverdichterturbinen ausgestattet, die jeweils über 700 PS leisten. "Im Notfall kann die Maschine damit auf rund 250 Stundenkilometer beschleunigen", erklärt Pilot Dietmar Naumann die technischen Einzelheiten. Der EC 135 wurde 2007 in Dienst gestellt und hat rund fünf Millionen Euro gekostet. Zuvor war in Bielefeld eine Bölkow Bo 105 stationiert. Naumann ist Bundespolizist und gehört zur Fliegerstaffel Nord in Gifhorn. Betreiber des Rettungsfliegers ist nämlich das Bundesinnenministerium. Seit 1976 gibt es die Hubschrauberstation in Bielefeld. Vielen Menschen, hauptsächlich aus Ostwestfalen und dem angrenzenden Landkreis Osnabrück, konnte seitdem die schnelle Hilfe aus der Luft zuteil werden. Die Rettungshubschrauberstation wird von den ostwestfälischen Kommunen gemeinschaftlich finanziert. Kernträger ist die Stadt Bielefeld, wo „Christoph 13“ besonders häufig im Einsatz ist.

Die Geschichte der Luftrettung in Deutschland reicht bis Anfang der siebziger Jahre zurück. Damals forderte der ständig zunehmende Straßenverkehr eine erschreckend hohe Zahl an Unfallopfern. Eine Notfallmedizin, wie sie heutzutage standardmäßig direkt am Unfallort praktiziert wird, gab es nicht. Das Sanitätspersonal hatte damals vielmehr vorrangig die Aufgabe, die Schwerverletzten  auf dem schnellsten Wege ins Krankenhaus zu transportieren. Vielen Patienten konnte hier dann allerdings nicht mehr geholfen werden. Mit dem Einsatz der Rettungsflieger sollte dieser Entwicklung entgegengewirkt werden. Am 1. November 1970 begann der erste Dauerbetrieb eines Rettungshubschraubers in Deutschland: Am Städtischen Krankenhaus München-Harlaching wurde eine Bölkow Bo 105 stationiert und damit der erste offizielle zivile Luftrettungsstützpunkt gegründet. Der Hubschrauber erhielt den Funkrufnamen „Christoph 1“. Er ist damit in die Geschichte eingegangen, denn sein Einsatz erwies sich schnell als richtungweisend für die Luftrettung in Deutschland. Das Bundesinnenministerium beschaffte ab 1971 aus Mitteln des erweiterten Katastrophenschutzes weitere Hubschrauber, sodass ein flächendeckendes System aufgebaut werden konnte. Heute gibt es bundesweit 71 Rettungshubschrauber-Stationen. Zu den Betreibern gehören neben dem Bundesministerium des Innern (12 Stationen), die ADAC-Luftrettungs-GmbH (30 Stationen) und die DRF Luftrettung (20 Stationen), die früher unter dem Namen „Deutsche Rettungsflugwacht e.V der Björn Steiger Stiftung“ Rettungsflüge durchführte. Die Rettungs-Transport-Hubschrauber (RTH) tragen im Allgemeinen den Rufnamen „Christoph“ und eine laufende Nummer. Außerdem sind Maschinen unter der Bezeichnung „Christoph Europa“ grenzüberschreitend im Einsatz (z.B. „Christoph Europa 2“ mit Standort in Rheine). Für den Transport von intensivpflichtigen Patienten gibt es weiterhin besonders ausgestattete Intensiv-Transport-Hubschrauber (ITH). Sie führen beispielsweise die Namen „Christoph Westfalen“ (Standort Greven) oder „Christoph Brandenburg (Standort Senftenberg/Niederlausitz).

Rettungshubschrauber werden im Regelfall nur am Tage eingesetzt, obwohl sie grundsätzlich auch nachts fliegen könnten. Das Risiko, insbesondere für Landungen in unbekanntem Gelände, wird allerdings als zu groß angesehen. Es laufen aber bereits Initiativen, die Piloten künftig mit Nachtsichtbrillen („Night Vision Goggles“) auszurüsten.

 

Von Jens Vogelsang
Fotos: M. Siekmann (4), J. Vogelsang (1)

 

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"Christoph 13" kehrt zurück. Der Eurocopter EC 135 wurde 2007 in Dienst gestellt.

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Arbeitsplätze des Piloten und …

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… des Notarztes

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Heck des RTH mit der Einschuböffnung für die Krankentrage

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Schwerer Verkehrsunfall auf der B 239 in Schweicheln-Bermbeck:
"Christoph 13" ist auf einem Feldweg gelandet.

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Hat Geschichte geschrieben: "Christoph 1" (Eurocopter BK 117-B2)
am Krankenhaus München-Harlaching. (Foto: © Oliver Raupach)