Interschutz wächst in neue Dimension
Hannover. Die Interschutz ist am Samstag grandios zu Ende gegangen. Veranstalter, Aussteller und Fachpublikum hat das Megaevent gleichermaßen begeistert. DFV-Präsent Hans-Peter Kröger spricht in diesem Zusammenhang sogar von Feuerwehrkult. Tatsächlich ist die Weltleitmesse für den Brand- und Katastrophenschutz gewachsen. An den sechs Messetagen kamen rund 157.000 Besucher (2010: 123.266). Sie erlebten eine Präsentation der Superlative. Am Ende wurde der Tscheche Lukas Novak zum „härtesten Feuerwehrmann der Welt“ gekürt.
„Wir haben mehr als eine erfolgreiche Messe veranstaltet“, sagte Dr. Jochen Köckler, Vorstandsmitglied der Deutschen Messe AG. Die Interschutz sei vielmehr ein einmaliges Gemeinschaftserlebnis gewesen. Köckler dankte der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb), dem Deutschen Feuerwehrverband e.V. (DFV) und Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. als ideellen Partnern. Die Interschutz hat nach den Worten von Vfdb-Präsident Dirk Aschenbrenner alle Erwartungen übertroffen. „Das gilt für die reinen Zahlen ebenso wie für die tolle Atmosphäre“, sagte der Chef der Berufsfeuerwehr Dortmund. 1.500 Austeller aus 51 Ländern präsentierten sich in Hannover.
Der letzte Messetag ist besonders publikumsstark. Es ist Wochenende und zehntausende Feuerwehrleute sind aus ganz Deutschland und dem benachbarten europäischen Ausland nach Hannover gekommen.
Am letzten Messetag ist das Gedränge groß.
Die Rosenbauer International AG nutzt die Interschutz für eine Weltpremiere. Die Österreicher präsentieren die vierte Generation ihres innovativen Flugfeldlöschfahrzeugs (FLF) „Panther“. Bis zum Start der Interschutz wurde das neue Design des Boliden noch durch ein Tarnkleid verdeckt, das ihn zu einem so genannten Erlkönig machte. Rosenbauer hat die 6x6-Version mit schwarzem Blechkleid (750 PS, 12.500 Liter Wasser, 1.500 Liter Schaum, 250 Kilo Pulver) und die 4x4-Version in lemongrüner Lackierung (700 PS, 6.200 Liter Wasser, 750 Liter Schaum, 250 Kilo Pulver) mit nach Hannover gebracht. Auffällig ist die neue Frontpartie des „Panthers“. Sie wurde komplett überarbeitet. Weiterhin gehören die beiden Hochleistungspumpen mit Vormischsystem, das Lichtdesign und die Wasser-Werfer zu den Neuerungen. Hoch hinaus geht es mit der neuen Rettungstreppe E5000. Sie wurde von den Rosenbauer-Ingenieuren zur raschen Evakuierung von Flugzeugpassagieren entwickelt und passt zu über 90 Prozent aller Flugzeugtypen. Weiteres Superlativ am riesigen Messestand der Alpenländler: Der kompakte Werfer RM 130 schafft einen Durchfluss von bis zu 15.000 Litern pro Minute. Ein regelrechter Publikumsmagnet ist der „Buffalo extrem“, den Rosenbauer auf dem Außengelände zeigt. Das Fahrzeug basiert auf der Schwerlastzugmaschine „Paul Heavy Mover“ der Passauer Firma Paul Nutzfahrzeuge. Mit seinem allradgetriebenen Schwerlastchassis und dem 420 kW starken Mercedes-Aggregat, das mit seinem Spezialkühlsystem für tropisches Klima geeignet ist, kann der 68-Tonner 33.000 Liter Löschmittel zum Einsatzort transportieren. Die mannshohe Spezialbereifung von Michelin ermöglicht eine Spitzengeschwindigkeit von 65 Stundenkilometern. Der „Buffalo extrem“ ist für den (extremen) Einsatz in Wüstengebieten und schwerem Gelände konzipiert.
Weltpremiere: Rosenbauer stellt auf der Interschutz den neuen „Panther“ vor.
(Foto: © Rosenbauer International AG)
Die Rettungstreppe E5000 ist für die Airport Firebrigade am Flughafen Genf (Schweiz) bestimmt.
Kompakter Großwerfer
Großtanklöschfahrzeug 33.000 (GTLF 33.000) „Buffalo extrem“
Volkswagen zeigt den Crafter, der von Furtner und Ammer (Landau) in ein Tragkraftspritzenfahrzeug (TSF) verwandelt wurde. Der Doppelkabiner verfügt über einen durchzugsstarken Turbodiesel mit 120 kW. Direkt daneben steht ein VW-Transporter der ersten Genration, der in Hannover von 1950 bis 1967 1,8 Millionen Mal vom Band lief. Er brachte es mit luftgekühltem Vierzylinder-Boxer-Motor und 44 PS immerhin auf eine Spitzengeschwindigkeit von 105 Stundenkilometern. MAN präsentiert seine breit gefächerte LKW-Flotte. Eine Neuheit ist die Integration des Wandler-Automatikgetriebes in Einsatzwagen der Baureihen TGM und TGS. Ebenfalls neu: Das elektronische Stabilitätsprogramm ESP bei zweiachsigen Feuerwehrfahrzeugen der Euro 6-Ausführung mit zuschaltbarem Allradantrieb. Der Münchener Konzern zeigt an seinem Stand ein „Aircraft Rescue Fire Fighting Vehicle“ auf Basis eines MAN TGS 33.540 mit Allradantrieb und 540 PS.
VW-Crafter als TSF und …
… sein früher Vorgänger, der Transporter 1
Industrielöschfahrzeug auf Basis eines MAN TGS 33.540 6x6 mit Ziegler Aufbau (Giengen)
Am Stand von „Atemschutzunfaelle.eu.“ kann ein Leinenbeutel getestet werden, der lediglich 1.300 Gramm wiegt. Das Geheimnis liegt in der 30-Meter-Sicherheitsleine aus Aramidfasern. Das Gewicht des Beutels ist so kaum spürbar. Die Vorgabe für die Schuh-Entwickler aus dem Hause Haix lautete ebenfalls, den Tragekomfort durch weniger Gewicht zu erhöhen. Das Ergebnis ist der „Fire Eagle“, der pro Schuh weniger als 1.000 Gramm wiegt und sich dadurch fast wie ein Sportschuh anfühlen soll. „Zeigt her Eure Hände“: Mit dieser Aufforderung empfangen Wissenschaftler der Hohenstein Institute Besucher der Interschutz auf dem Stand von Seiz Technical Gloves. Damit Handschuhe wie angegossen sitzen und somit eine optimale Sicherheit bieten, müssen deren Längen- und Umfangsmaße möglichst exakt mit den Händen des Trägers übereinstimmen. Die weltweit einzigartige Datenbank der Hohenstein Institute gibt Auskunft über das Verhältnis von Handumfang zu Fingerlänge, -umfänge und sogar dreidimensionaler Forminformationen. Damit haben die Hersteller die Möglichkeit, ihre Produkte passgenau auf die Anforderungen ihrer Kundschaft zuzuschneiden.
Auf der Interschutz ist das Angebot an Einsatzkleidung kaum zu überschauen.
Es gibt Helme in allen Formen und …
… Farben.
Blickfang am Seiz-Stand: Eine „Boss Hoss 606 Donovan“ mit Straßenzulassung und 864 PS
Der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) und der Verband der Feuerwehren NRW (VdF NRW) präsentieren sich gemeinschaftlich in Halle 27. Es gibt Themeninseln, an denen sich die Besucher über die vielfältige Arbeit der Feuerwehr informieren können. Am NRW-Stand ist ein Kranwagen 16 (KW 16) zu sehen, der einst bei der Feuerwehr Wattenscheid (heute Bochum) im Einsatz war. Der Magirus-Deutz aus dem Jahr 1962 hatte im Volksmund den Namen „Starker Paul“. Er konnte mit seinem Kran 16 Tonnen heben und 15 Tonnen per Seilwinde ziehen. (Der KFV berichtete bereits unter seiner Rubrik „Fahrzeug“ des Monats.)
Am Stand des VdF NRW wird über die Feuerwehr-Ausbildung informiert.
Imposantes Ausstellungsexponat: Der KW 16 von Magirus-Deutz.
Die Arbeitsgemeinschaft der Berufsfeuerwehren (AGBF), das Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem der Chemischen Industrie (TUIS) und der Werkfeuerwehrverband (WFV) sind in Halle 13 zu finden. Die Werkfeuerwehr VW Braunschweig hat ihr Löschunterstützungsfahrzeug 60 (LUF 60) ausgestellt. Dabei handelt es sich um eine fernsteuerbare „Miniraupe“ mit einem Hochleistungslüfter. Mit dem Spezialfahrzeug können Be- und Entlüftungsmaßnahmen mit einem Volumen von bis zu 90.000 Kubikmetern pro Stunde durchgeführt werden. Durch Zugabe von Wasser in den Luftstrom kann weiterhin eine erhebliche Kühlwirkung erzielt werden. Das VW-LUF verfügt außerdem über einen Kran, der bis zu 500 Kilo bewegen kann.
Diorama am TUIS-Stand
LUF 60 der Werkfeuerwehr VW-Braunschweig
Damit Retter im Ernstfall optimale Hilfe leisten können, muss ihre Ausrüstung natürlich immer komplett sein. Medikamente und Verbandsmaterial müssen darum regelmäßig auf ihre Vollständigkeit geprüft werden. Die Wietmarscher Ambulanz und Sonderfahrzeug GmbH (WAS) will diese Fleißarbeit deutlich beschleunigen. Mit dem „WAS Smart Check“ wird die Ausrüstung per Funk geprüft. Der Trick dabei: Die Verbrauchsgüter bekommen RFID-Chips „angeheftet“, die mit einem Handheld-Gerät kommunizieren. Mit dem neuen System lässt sich auf diese Weise ein Notfallrucksack in rund zwei Minuten prüfen, ohne ihn öffnen zu müssen. Außerdem zeigt WAS einen Multifunktions-Rettungswagen, der für die Berufsfeuerwehr Dortmund bestimmt ist. Der Zehntonner basiert auf einem Atego von Mercedes-Benz. Der Patient kann schonend über die Ladebordwand in das Fahrzeug gefahren werden. Spezielle Befestigungsschienen ermöglichen sogar den Transport im Krankenhausbett. Eine Raumluftaufbereitungsanlage klimatisiert und filtert kontinuierlich die Luft. Während der Fahrt sorgt die Anlage vollautomatisch für einen andauernden Unterdruck im Aufbau. Dadurch ist der Transport von infektiösen Patienten möglich.
Multifunktions-Rettungswagen von WAS für den Rettungsdienst Dortmund.
Der Transport im Krankenhausbett ist möglich.
Der Weltmarkt fordere noch höhere Drehleitern, heißt es von der Magirus Group aus Ulm. Für diese superlangen Leitern wurde aufgrund der gestiegenen Nachfrage eine eigene XLL-Baureihe geschaffen. „XLL“ steht dabei für „extra long ladder“. Neu ist der siebenteilige Leitersatz. Dadurch entsteht eine Arbeitshöhe von 68 Metern. Auf der Interschutz präsentiert Magirus seine Superleiter M68L. Der Vierachser verfügt über einen Rettungslift am Leiterpark, mit dem drei Personen gleichzeitig schnell, sicher und bequem von der Leiterspitze bis auf den Grund der Fahrzeugabstellfläche transportiert werden können. Umgekehrt leistet der Rescue-Lift beim Transport der Einsatzkräfte hinauf zur Leiterspitze ebenso wertvolle Dienste. Im Magirus-Pavillon ist außerdem ein Löschgruppenfahrzeug 20/20 (LF 20/20) mit neuartiger Mannschaftskabine, bei Magirus spricht man jetzt von der „Team Cab“, zu sehen. Die Einstiegsstufen werden beim neuen „Cab-System“ pneumatisch heruntergeklappt und die Türen öffnen mit einem Winkel von 90 Grad. Ein schneller und leichter Zugang zur Kabine ist dadurch garantiert.
Superleiter M68L von Magirus. Der 26-Tonner wird von einer 360PS-Maschine bewegt.
Der Rettungslift RE300 ermöglicht den schnellen, sicheren und bequemen Personentransport.
Gelenk-Drehleiter auf Iveco EuroCargo-Fahrgestell für die BerufsfeuerwehrMünchen
280 Einzelteilnehmer und 32 Staffeln aus 13 Nationen, darunter aus Südafrika, wollen es wissen und ermitteln auf der Interschutz in einem tagelangen Wettkampf den „Toughest Firefighter Alive“, also den „härtesten Feuerwehrmann der Welt“. In voller Einsatzmontur werden Schläuche ausgezogen, drei Meter Hohe Hinderniswände überwunden und eine 80 Kilogramm schwere Dummy-Puppe über eine Distanz von 80 Metern getragen. Richtig hart wird es an der letzten Station. Die Jungs stürmen über eine Wendeltreppe auf den 65 Meter hohen Hermesturm. Am Ende kann der 31-jährige Tscheche Lukas Novak den beinharten Wettkampf, der in diesem Jahr zum 17. Mal in Deutschland stattfand, für sich entscheiden.
Beim Wettbewerb um den „härtesten Feuerwehrmann der Welt“ müssen die Teilnehmer körperliche Höchstleistungen zeigen.
Wechsellader mit Hytrans Fire System aus den Niederlanden. Verwendet werden F-Druckschläuche (Länge 50 Meter)
und ein „Diesel-Hydraulisches-Powerpack“, das eine Schwimmpumpe antreibt.
Vor dem Schlingmann-Pavillon: Tanklöschfahrzeuge 2000 (TLF 2000) mit Truppkabine auf Unimog-Fahrgestell
neben einem ähnlichen Staffel-Fahrzeug, das für die Ortsfeuerwehr Neuharlingersiel bestimmt ist.
Das Flugfeldlöschfahrzeug Z 6 von Ziegler. Der 36-Tonner mit 700 PS ist für den Airport Zhengzhou in China bestimmt.
Eine extrem wendige Drehleiter (Rettungshöhe: 19,40 Meter) zeigt Gimaex aus Frankreich.
Sie wird künftig bei der Regionalfeuerwehr Untergäu in der Schweiz im Einsatz sein.
Bronto Skylift zeigt einen Teleskopgelenkmast auf Scania P440-Fahrgestellt.
Die Arbeitshöhe des 63-Tonners beträgt unglaubliche 104 Meter.
Sonderlöschfahrzeug von BAI aus Italien
Der „Super Pumper“ der Ferrara Fire Apparatus Inc. USA verfügt …
… über einen offenen Pumpenstand.
Packende Vorführungen auf dem Freigelände gehören zum Programm (Foto: © Deutsche Messe AG)
(Foto: © Deutsche Messe AG)
(Foto: © Deutsche Messe AG)
Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)