Online-Petition an den Deutschen Bundestag
Berlin. Darf ein ehrenamtlich tätiger Feuerwehrmann künftig ein grünes Blinklicht auf seinem privaten Fahrzeug verwenden, um so bei einem Einsatz schneller zum Gerätehaus zu gelangen? Knapp ein Jahr lang haben Feuerwehrleute über diese Frage im Internet kontrovers diskutiert. Die Petition von Feuerwehrmann Niklas Schneider fand schließlich auf der Plattform www.openpetition.de mehr als 23.000 Unterstützer. Sie liegt seit dem 18. Dezember 2015 dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags vor, der sich jetzt mit dem Anliegen befassen wird.
Freiwillige Feuerwehrleute sind rund um die Uhr einsatzbereit. Die Fahrten mit dem
privaten PKW vom Arbeitsplatz zum Gerätehaus werden dabei kritisch gesehen. Hier
geht oftmals Zeit verloren, weil viele Ehrenamtliche auswärts beschäftigt sind.
(Foto: VdF NRW)
Die Helfer der Feuerwehr sind von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) befreit. Ist die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben, wie die Menschenrettung, dringend geboten, dann schalten sie Blaulicht und Martinshorn ein, um sich freie Bahn zu verschaffen. Geregelt ist das in Paragraph 35 StVO. Für einen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr beginnt der Einsatz jedoch grundsätzlich bereits mit der Alarmierung. Die Regelungen des Paragraph 35 StVO finden deshalb auch auf Fahrten eines Feuerwehrangehörigen Anwendung, die dieser nach einer Alarmierung mit dem privaten PKW zurücklegt, um zum Gerätehaus zu kommen. Das ist durch die Rechtsprechung bereits seit geraumer Zeit anerkannt. Weil ein Privatwagen aber nicht als Fahrzeug mit Sonderrechten erkennbar ist, gelten in einem solchen Fall besonders hohe Anforderungen an die Sorgfaltspflicht. An dieser Stelle möchte Niklas Schneider mit seiner Petition für Abhilfe sorgen: „Da ein blaues Blinklicht (Anmerk.: für Privatfahrzeuge grds.) verboten ist und das gelbe Blinklicht bereits vergeben ist, wäre ein grünes Blinklicht für die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren und anderen Hilfsorganisationen eine gute Lösung, um dem restlichen Verkehr ihr Anliegen zu verdeutlichen“, schreibt er in seinem Petitionstext an den Deutschen Bundestag. Für Schneider gelten die USA und Kanada als Vorbild. Hier gebe es das grüne Blinklicht bereits in weiten Teilen. Aufgrund von Aufklärungskampagnen in den Medien sei der Bevölkerung die Bedeutung bewusst. Schneider glaubt, dass ein solches System auch auf Deutschland übertragbar sei. „Feuerwehrleuten ermöglicht es, schneller zur Wache zu gelangen und damit auch rascher am Einsatzort zu sein, um größeren Schaden zu verhindern!“
Ein schmaler Grat zwischen Recht und Unrecht
Das grüne Blinklicht könnte allerdings hierzulande allenfalls dazu dienen, eine erhöhte Aufmerksamkeit im Straßenverkehr zu erzeugen. Es würde durch eine solche Regelung lediglich an den guten Willen der übrigen Verkehrsteilnehmer appelliert, die besondere Situation des Feuerwehrangehörigen zu berücksichtigen; denn egal ob mit oder ohne grünem Blinklicht auf dem Autodach: Nehmen Feuerwehrangehörige mit ihrem Privatfahrzeug Sonderrechte im Straßenverkehr in Anspruch, so bewegen sie sich immer auf einem sehr schmalen Grat zwischen Recht und Unrecht. Werden keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet, so hat beispielsweise das Amtsgericht Gießen in seinem Urteil vom 29. Oktober 2013 eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 25 Stundenkilometern gerade noch als maßvoll angesehen. Käme das grüne Blinklicht tatsächlich zum Einsatz, dann wären sich viele Feuerwehrangehörige dieser Grundsätze vermutlich nicht mehr bewusst. Aus mancher „Grünlichtfahrt“ würde so vermutlich sehr schnell eine „gefühlte Blaulichtfahrt“ mit hohem Unfallrisiko. Aus diesem Grund findet die Petition beim Deutschen Feuerwehrverband (DFV) auch kein Gehör. „Wir sehen gegenwärtig keinen Anlass, um etwas an der Gesetzeslage zu ändern“, sagt Pressesprecherin Silvia Darmstädter in Berlin. Außerdem bringe riskantes Fahren auf kurzen Distanzen meist nur wenige Sekunden und die seien für den Einsatzerfolg unbedeutend. „Die Frage, wie schnell ausreichend Feuerwehrkräfte vor Ort sind, darf nicht auf der Straße entschieden werden!“, meint Darmstädter. Der DFV vertritt vielmehr den Standpunkt, dass zur Personalstärke frühzeitig Regelungen im Brandschutzbedarfsplan getroffen werden müssen.
Kann ein grünes Blinklicht auf dem Autodach die Situation der Wehrleute
verbessern? Der Deutsche Bundestag muss jetzt über eine entsprechende Petition
entscheiden. (Foto: Ronja Kreft, FW Spenge)
Kontroverse Diskussion im Internet
Auf der Internetplattform www.openpetion.de haben sich Feuerwehrleute aus der gesamten Republik zu dem Thema geäußert. Während die Grünlicht-Befürworter von einem sinnvollen und wichtigen Schritt sprechen, bezeichnen die Gegner das Vorhaben als falsch, fatal oder sogar als völligen Quatsch. „Dieses Blinklicht soll keine Wegerechte erzwingen“, stellt ein User klar. „Es ist einfach nur eine Kenntlichmachung, damit die übrigen Verkehrsteilnehmer den Feuerwehrangehörigen auf freiwilliger Basis unterstützen!“ Und eine Kontrameinung: „Dieses Blinklicht wird kaum etwas bringen, da statistisch gesehen die meiste Zeit an Ampeln verlorengeht und nicht im (Anmerk.: fließenden) Verkehr.“ Eine andere Stimme sagt, viele Autofahrer seien bereits mit den bestehenden Verkehrsregeln überfordert. Die Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung eines grünen Blinklichtes wird im Netz ebenfalls gesehen. Darum fordert ein Unterstützer der Petition in seinem Kommentar: „Die Berechtigten müssen unterwiesen werden und eine Erklärung unterzeichnen, das Sondersignal ausschließlich für den klar definierten Zweck zu nutzen.“ Zuwiderhandlungen sollten konsequent geahndet werden. Weiterhin müsse es eine bundesweite Aufklärungskampagne geben.
Die Petition
Das Grundgesetz räumt dem Volk neben dem Wahlrecht nur wenige Möglichkeiten ein, um direkt auf politische Entscheidungen einzuwirken. In dieser Situation kommt das Petitionsrecht dem gestiegenen Bedürfnis der Bürger nach Mitsprache entgegen. Es ist in Artikel 17 des Grundgesetzes verankert. Jedermann hat danach die Möglichkeit, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit Bitten zur Gesetzgebung und Beschwerden (schriftlich) an die zuständigen Stellen und Behörden zu wenden. Nahezu 20.000(!) Petitionen erreichen alleine Jahr für Jahr den Deutschen Bundestag. Die Zahl der Unterstützer dieser Bittschriften übersteigt inzwischen die Millionengrenze. Auf der Internetseite des Deutschen Bundestags können die Bürger seit September 2005 Petitionen auch online einreichen. Dadurch bietet sich die Möglichkeit, die aufgeworfenen Probleme in einem Forum öffentlich zu diskutieren.
Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags hat besondere gesetzliche Befugnisse, wie beispielsweise das Recht auf Aktenvorlage, um Sachverhalte aufklären zu können. Ergeben die Beratungen der Abgeordneten im Ausschuss, dass die Petition begründet ist, wird ein entsprechender Beschluss durch den Deutschen Bundestag gefasst und an die Bundesregierung übermittelt. Sollte die Bundesregierung einem solchen Beschluss nicht folgen, muss sie ihre abweichende Haltung gegenüber dem Petitionsausschuss begründen. Man darf gespannt sein, welche Reaktion die Petition von Niklas Schneider in Berlin auslöst.
(Redaktion: kfv-herford.de)
-Vo-
Solche Dachaufsetzer sind bereits seit geraumer Zeit im Handel zu
bekommen. Sie sind allerdings nur für Notärzte (mit der Aufschrift:
„Arzt Notfalleinsatz“) erlaubt. (Foto: VdF NRW)