Feuerwehr und THW üben gemeinsam die Technische Hilfe nach Verkehrsunfällen
Bad Oeynhausen/Löhne. Die Aus- und Fortbildung hat bei der Feuerwehr und den übrigen Hilfsorganisationen einen hohen Stellenwert. Damit bei einer Großeinsatzlage jeder Handgriff sitzt, arbeitet die Löschgruppe Löhne-Obernbeck eng mit dem Ortsverband Vlotho des Technischen Hilfswerks (THW) zusammen. Zuletzt führten die Wehrleute und THW-Helfer (am 27.02.2016) ein gemeinsames Seminar in Bad Oeynhausen durch. Diesmal ging es um die Technische Hilfe nach Verkehrsunfällen. Die Retter beider Organisationen konnten bei dieser Gelegenheit einmal mehr ihr umfangreiches Spezialwissen austauschen.
Ein alter Fiat „Punto“ mit eingedrücktem Dach steht im Mittelpunkt des praktischen Übungsteils
„Mittlerweile nehmen Verkehrsunfälle und andere Technische Hilfeleistungen im Einsatzalltag der Feuerwehr einen immer größeren Raum ein“, sagt Michael Kolpak, Pressesprecher der Feuerwehr Löhne. Die Löschgruppe Löhne-Obernbeck verfügt aus diesem Grund über ein modernes Hilfeleistungslöschfahrzeug (HLF). Das Auto hat hydraulische Rettungsgeräte an Bord, mit deren Hilfe eingeklemmte Personen befreit werden können. Die THW-Helfer aus Vlotho sind hingegen mit Gerätekraftwagen (GKW) ausgerüstet. Sie gelten als Bergungsspezialisten, die bei größeren Unglücksfällen mit Schweißgeräten Räumarbeiten leisten und mit Gerüstbauteilen Wege und Übergänge provisorisch wieder herstellen. Verkehrsunfälle zählen damit nicht zu ihren alltäglichen Aufgaben. Deshalb habe die Löschgruppe Obernbeck bei diesem Seminar die Ausbilder gestellt, erläuterte Michael Kolpak, während sich das THW um die passenden Übungsobjekte gekümmert hätte.
Entlastungsschnitt an der A-Säule
Rettung durch die Heckklappe
Am Samstag rückten die 20 Feuerwehraktiven aus. Es ging nach Bad Oeynhausen ins Gewerbegebiet Lohe. Christian Ehlert, stellvertretender Leiter der Feuerwehr Löhne, übernahm die theoretische Einführung. Er erläuterte anhand von Fotos, die einen realen Verkehrsunfall zeigten, das taktische Vorgehen. Zunächst sei wichtig, frühzeitig eine Erstöffnung zu schaffen, um Kontakt mit den Insassen aufnehmen zu können. Danach, so beschrieb er, müsse eine Öffnung für die medizinische Erstversorgung und schließlich die Befreiungsöffnung geschaffen werden. Das Verletzungsmuster entscheide letztlich darüber, wie viel Zeit für die Rettung verbleibe und welche Taktik anzuwenden sei. „Besteht keine akute Lebensgefahr, wird das Fahrzeug zunächst vollständig stabilisiert und der Patient nach der rettungsdienstlichen Erstversorgung schonend befreit!“ Die Helfer demonstrierten das im Anschluss praktisch auf dem Außengelände des THW. Marvin Haase, Unterbrandmeister bei der Löschgruppe Obernbeck, übernahm nun das Kommando. Zunächst stand ein alter Fiat „Punto“ mit einem völlig eingedrückten Dach im Mittelpunkt. Darin wartete ein Statist auf Hilfe. Die Retter stabilisierten in einem ersten Arbeitsschritt das „Unfallfahrzeug“. Sie unterbauten es dazu mit speziellen Hölzern. „Das ist wichtig, um die eingeklemmte Person vor unkontrollierten Bewegungen und Erschütterungen zu schützen“, schilderte Haase. Als nächstes setzten die Einsatzkräfte den hydraulischen Spreizer ein und „knackten“ damit die Türen des Schrottautos. Gezielte Einschnitte in die A-Säule sorgten für eine Entlastung der Karosserie. Mit dem Hydraulikgerät gelang es dadurch, den Vorderbau des Autos anzuheben und nach vorne wegzudrücken, um Platz im Fußraum zu schaffen. Danach wurde das Autodach mit einem hydraulischen Zylinder angehoben, sodass der „Patient“ schließlich „achsengerecht“ auf einem Rettungsbrett durch die Heckklappe gerettet werden konnte. Anschließend bearbeiteten die Helfer von Feuerwehr und THW das Autodach mit einem Spezialwerkzeug. Es ließ sich dadurch wie eine Fischdose aufrollen. Ein besonderes Augenmerk gelte der Sicherheit, so Marvin Haase. Hochgeklappte Autoteile verzurrten die Einsatzkräfte aus diesem Grund mit Spanngurten und scharfe Schnittkanten bedeckten sie mit besonderen Schutzmatten.
Mit dem Spreizer gelingt es, den Vorderbau des Autos anzuheben und nach vorne wegzudrücken.
Traktor kommt auf PKW zum Stehen
Das Seminar endete mit einer anspruchsvollen Abschlussübung. Ein 18-Tonnen schwerer Traktor, so stellte sich die Situation vor Ort dar, hatte zwei Fahrzeuge aufeinander geschoben und war auf einem der Autos zum Stehen gekommen. Die PKW-Insassen waren zuvor geschminkt worden, sodass die Retter der Feuerwehr und des THW ein erschreckend realistisches Einsatzszenario vor Augen hatten. Mit vereinten Kräften gelang es schließlich, die „eingeklemmten Personen“ patientenschonend zu retten.
Christian Ehlert und Marvin Haase zeigten sich mit dem Verlauf des Seminars überaus zufrieden. „Beide Einheiten konnten an diesem Tag viel voneinander lernen!“, meinte Ehlert. Gemeinsam mit dem THW-Ortsbeauftragten Andreas Bartels und Karsten Perner, stellvertretender Löschgruppenführer in Obernbeck, war er sich einig, dass es weiterhin gemeinsame Schulungen geben werde.
Michael Kolpak (FW Löhne)
Fotos: Andreas Bartels (THW Vlotho) u.
Michael Kolpak
Mehr Informationen? www.feuerwehr-loehne.de
Stichwort: Technisches Hilfswerk (THW)
Die Bundesanstalt THW untersteht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisation dem Bundesinnenministerium. Bundesweit gibt es 668 Ortsverbände mit rund 80.000 ehrenamtlichen Helfern. Die THW-Basiseinheit bildet der Technische Zug. Er besteht aus zwei Bergungsgruppen, die mit Gerätekraftwagen (GKW) ausgerüstet sind. Zur Beladung gehören Motorkettensägen, Pumpen, Schweiß-/Brennschneidgerät, Hebekissen, Hydropresse und hydraulische Rettungsgeräte (Schere/Spreizer). Darüber hinaus zählt das Einsatz-Gerüst-System (EGS) zum schnellen Bau von Arbeitsplattformen, Stegen und Rettungskonstruktionen zur Grundausstattung. In Vlotho ist zusätzlich eine Fachgruppe Wassergefahren (FGrW) stationiert, die über ein Mehrzweck-Arbeitsboot (MzAB) verfügt. In Herford gibt es neben dem Technischen Zug die Fachgruppe Ortung/Höhenrettung und in Bünde die Fachgruppe Räumen.
-Vo-
Die THW-Helfer lernen die taktische Vorgehensweise der Feuerwehr kennen.
Das Dach wird mit einem hydraulischen Zylinder angehoben und …
… der „Patient“ für die Rettung durch die Heckklappe vorbereitet.
Helfer des THW öffnen die Karosserie mit Spezialwerkzeug wie eine Fischdose.
Realistisches Einsatzszenario: Ein riesiger Traktor hat zwei PKW zusammengeschoben
und ist auf einem der Autos zum Stehen gekommen.
Die PKW-Insassen warten auf ihre Rettung.
Sie waren zuvor geschminkt worden, um den Ernst der Lage zu symbolisieren.
Die Retter von Feuerwehr und THW arbeiten …
… als Team zusammen und …
… jeder Handgriff sitzt.
Die Löschgruppe Löhne-Obernbeck und die THW-Ortsgruppe Vlotho unter Leitung von
Andreas Bartels (l) stehen seit einiger Zeit in Kontakt.