Feuerwehrausstatter Ziegler feiert Jubiläum
Giengen. Im Jahr 1891 gründete Albert Ziegler im württembergischen Giengen an der Brenz eine Schlauchweberei. Das ist jetzt 125 Jahre her. Aus den bescheidenen Anfängen von damals hat sich einer der international führenden Anbieter von Feuerwehrfahrzeugen und feuerwehrtechnischem Zubehör entwickelt. Ziegler hat gerade eine schwere Zeit hinter sich gebracht. Heute steht der Feuerwehrausrüster wieder glänzend da. Die Auftragsbücher sind voll und im Jubiläumsjahr soll erstmals die Umsatzgrenze von 200 Millionen Euro geknackt werden.
Schaffe, schaffe, von früh bis spät!
Vor 125 Jahren begann die Erfolgsgeschichte des Unternehmens. Albert Ziegler hatte in der früheren Klingenmühle in Giengen fünf Webstühle aufstellen lassen und begann mit der Produktion von Hanfschläuchen. Seinen damaligen Mitarbeiterstab konnte der Gründungsvater quasi an zehn Fingern abzählen: Er bestand aus Buchhalter Krause, Kaufmannsgehilfen Baur und Lehrling Finckh im Büro sowie Altmeister Wöhrle mit Sohn Fritz, Zettler (Webstuhl-Umspanner) Schrem und die Weber Kroner, Thierer von Dettingen und Josef Würth von Altenberg in der Weberei. Die Ziegler-Mannschaft arbeitete, so wie damals üblich, von sechs Uhr in der früh bis neun Uhr am Abend. Samstags war allerdings schon um 18 Uhr Feierabend. Altmeister Wöhrle, so eine Anekdote aus dem Firmenarchiv, marschierte dann jedes Mal zweieinhalb Stunden zu Fuß in seinen Heimatort Heldenfingen. Der Stundenlohn betrug zu jener Zeit 22 Pfennige. Überstundenzuschläge oder gar Urlaub gab es in der Arbeitswelt von anno dazumal noch nicht.
1891 gründet Albert Ziegler im württembergischen Giengen eine Hanfschlauchweberei.
Er startet mit fünf Webstühlen in der ehemaligen Klingenmühle. (Foto: KFV Herford)
Schlauchproduktion im Werk Giengen: 1953 gelingt erstmals die Fertigung aus Kunstfasern.
(Foto: KFV Herford)
1962 wird der zehnmillionste Meter Feuerwehrschlauch gewebt. Im Jubiläumsjahr 2016 werden es rund 60 Millionen Meter sein.
Damit könnte die Erde eineinhalbmal umwickelt werden! (Foto: KFV Herford)
1.200 Mitarbeiter rund um den Globus
Kaum zu glauben, wie sich das Unternehmen seit jener Gründerzeit weiterentwickelt hat. Die Produktpalette der Albert Ziegler GmbH umfasst heute das gesamte Spektrum der Feuerwehrtechnik, angefangen von der Einsatzkleidung, über hochspezialisierte Pumpen und Löschsystemen bis hin zu Feuerwehrfahrzeugen aller Art. In Giengen, dort wo vor 125 Jahren mit fünf Webstühlen alles begann, hat Ziegler seine Firmenzentrale behalten. Von den weltweit rund 1.200 Mitarbeitern sind etwa 640 am württembergischen Stammsitz im Landkreis Heidenheim beschäftigt, wo auf 80.000 Quadratmetern entwickelt und produziert wird. Gefertigt wird daneben in Rendsburg (Schleswig-Holstein), Mühlau (Sachsen), den Niederlanden, Kroatien und Indonesien. Weitere Vertriebs- und Servicebüros befinden sich in Tschechien, Italien, Slowenien und China.
Im Stammwerk Giengen konstruieren und produzieren 640 Mitarbeiter Feuerwehrfahrzeuge und
-geräte. (Foto: Ziegler GmbH)
Der Ziegler-Schlauchturm gilt als charakteristisches Kennzeichen des Stammhauses. (Foto: KFV Herford)
Vom KLF 6 zum Z8
Innovative Ideen haben den Feuerwehrgerätehersteller aus Süddeutschland groß gemacht. Im Jahr 1925 stellt Ziegler auf dem Württembergischen Landesfeuerwehrtag die erste Tragkraftspritze vor. Fünf Jahre später konstruieren die Ziegler-Ingenieure erstmals eine Schlauchwaschmaschine. 1940 präsentieren sie mit dem Druckbegrenzungsventil die nächste Weltneuheit. Anfang der Fünfzigerjahre verwendet das Traditionsunternehmen erstmals Kunstfasern für seine Feuerwehrwehrschläuche, die von nun an mit modernen Rundwebautomaten produziert werden. 1953 schlägt im Hause Ziegler die Geburtsstunde für den Fahrzeugbau: Die Württemberger verwandeln dazu einen 62 PS starken Opel-Blitz zu einem Kleinlöschfahrzeug 6 (KLF 6). Der solide 3,8-Tonner ist für eine Staffel von sechs Feuerwehrleuten ausgelegt. Zur Ausrüstung gehören eine Tragkraftspritze 6/8 (TS 6/8), die 600 Liter bei einem Ausgangsdruck von acht Bar schafft, und eine optionale Vorbaupumpe mit einer ähnlichen Leistung. Später gibt der Normungsausschuss dem kostengünstigeren Tragkraftspritzenfahrzeug (TSF) den Vorzug, das Ziegler ebenso anbietet, wie seit 1954 das Löschgruppenfahrzeug 8 (LF 8) und ab 1959 das Löschgruppenfahrzeug 16 (LF 16).
Das erste Feuerwehrfahrzeug aus Ziegler-Produktion ist ein Kleinlöschfahrzeug 6 (KLF 6). Die
Freiwillige Feuerwehr Adelberg (Baden-Württemberg) erhält damals den Opel-Blitz als
Vorführwagen. Er steht heute im Deutschen Feuerwehrmuseum in Fulda.
(Abbildung: Ziegler GmbH)
Verkaufsmappe aus den fünfziger Jahren für ein Löschgruppenfahrzeug 8 (LF 8) auf Opel-Blitz,
das damals auch mit Tragkraftspritzenanhänger (TSA) angeboten wird.
(Abbildung: Ziegler GmbH)
In den Sechzigern wird die Produktpalette um weitere Spezialfahrzeuge, wie dem Gerätewagen-Öl (GW-Öl), Rüst- und Schlauchwagen (RW und SKW) sowie Trockentanklöschfahrzeug (TroTLF), erweitert. 1967 bringt Ziegler mit dem „Trokomat“ eine neuartige Entlüftungseinrichtung für Feuerlöschkreiselpumpen auf den Markt, die sich das Unternehmen patentieren lässt. Mitte der siebziger Jahre bietet der Feuerwehrausrüster erstmals verschieden ausgestattete Container an, die von einem Wechsellader transportiert werden. Seit den Neunzigerjahren hat Ziegler mit dem Flugfeldlöschfahrzeug Z8 (FLF Z8) einen ultrastarken Löschgiganten im Programm. Mittlerweile wird der Bolide in der vierten Generation angeboten. Er basiert auf einem Allradfahrgestell von Titan (8X8) und hat bis zu 19.000 Litern Wasser und Schaummittel sowie 1.000 Kilogramm Pulver an Bord. Seine zwei V8-Dieselmotoren von Mercedes-Benz sorgen für 1.400 PS. Damit beschleunigt der 52-Tonner im Notfall in 21 Sekunden auf Tempo 80 und schafft eine Spitzengeschwindigkeit von 140. Der Vierachser ist das Flaggschiff der Z-Flotte. Daneben gehören der dreiachsige Z6 und seit 2015 der zweiachsige Z4 zur Familie der Flugfeldlöschfahrzeuge. Ziegler liefert den Z8 und den Z6 auf Wunsch mit Z-Attack, einem Löschgelenkarm, den die Württemberger selbst entwickelt haben und der im Werk Giengen gefertigt wird. Er reicht bis in eine Höhe von 20 Metern und hat eine Leistung von bis zu 6.000 Litern pro Minute. Das Löschmittel kann notfalls mit der Z-Attack-Löschlanze direkt durch die Flugzeugaußenhaut in das Innere gesprüht werden.
Übungseinsatz eines Flugfeldlöschfahrzeugs Z6 (FLF Z6) mit Löschgelenkarm Z-Attack im
März 2016 auf dem Flughafen Sofia (Bulgarien). (Foto: Ziegler GmbH)
Seit dem Jahr 1997 verwendet Ziegler ein eigenes, patentiertes Alupaneel-System für die Fertigung der Fahrzeugaufbauten. „ALPAS“ garantiert ein hohes Maß an Flexibilität, extreme Stabilität, optimalen Korrosionsschutz und maximale Sicherheit. Auf der Interschutzmesse 2010 in Leipzig stellt das Unternehmen mit der „Z-Cab“ eine völlig neu entwickelte Fahrzeugkabine vor, die besonders viel Platz und Komfort sowie ein Höchstmaß an Sicherheit bietet.
Löschgruppenfahrzeug 20 Katastrophenschutz (LF 20 KatS) mit „Z-Cab“. Das Fahrzeug vereint viele Ziegler-Innovationen.
(Abbildung: Ziegler GmbH)
Das dunkle Kapitel.
Im Jahr 2011 geriet der Feuerwehrausrüster aus Giengen, der sich zu dieser Zeit als GmbH u. Co. KG noch in Familienbesitz befand, in massive Turbulenzen. Das Bundeskartellamt ermittelte gegen Ziegler und seine Mitbewerber, die Schlingmann GmbH u. Co. KG, die Rosenbauer-Gruppe und das Unternehmen Iveco Magirus. Das Verfahren ergab, dass die Vertriebsleiter der Unternehmen mindestens seit 2001 Preise und Quoten abgesprochen hatten. Nach den Feststellungen der Behörde hatten regelmäßige Treffen am Flughafen Zürich stattgefunden, um die Ausschreibungen der kommunalen Feuerwehrfahrzeuge untereinander aufzuteilen. Durch diese Absprachen sei es möglich gewesen, dass die Feuerwehrausrüster die Preise zu ihrem Vorteil und damit zum Nachteil der Kommunen gestaltet hätten. Das Kartellamt verhängte gegen die vier beteiligten Unternehmen eine Gesamtstrafe von 38 Millionen Euro. Besonders hart traf es den Traditionsbetrieb aus Ost-Württemberg. Ziegler sollte mit acht Millionen Euro zwar nicht den größten Batzen zahlen, bekam aber dennoch Liquiditätsprobleme und schlitterte im August 2011 in die Insolvenz. 150 Mitarbeiter mussten damals gehen. In den ersten Monaten der Insolvenz brachen die Aufträge der öffentlichen Hand regelrecht ein. Viele Kommunen schreckten davor zurück, bei einem insolventen Unternehmen zu bestellen. Dank einiger Großaufträge gelang es Insolvenzverwalter Bruno Kübler dennoch, den Geschäftsbetrieb weiter aufrechtzuerhalten. Inmitten der Misere wartete das Unternehmen sogar mit einer Neuentwicklung auf, die in Fachkreisen für Aufsehen sorgte: Für einen Straßentunnel in Kroatien konstruierten die Ziegler-Ingenieure 2012 das weltweit erste elektrisch betriebene Tunnelrettungsfahrzeug. Der „Merkur“ ist ein sogenanntes Zwei-Wege-Rettungsfahrzeug, das nicht gewendet werden braucht. Er ist dazu, ähnlich wie ein Eisenbahn-Triebwagen, mit zwei Fahrerkabinen versehen. Der Rettungsraum im Mittelteil verfügt über zwölf Fahrgastplätze, die mit Atemschutzmasken ausgestattet sind. (Hinweis: Redaktion: kfv-herford.de stellt den „Merkur“ noch als „Fahrzeug des Monats“ vor.)
Chinesen übernehmen Traditionsschmiede
Während der Insolvenzphase durchlief das Unternehmen einen aufwendigen und umfangreichen Restrukturierungsprozess. Auf diese Weise wurde das Vertrauen der Kundschaft zurückgewonnen, sodass der Feuerwehrausrüster in die Erfolgsspur zurückkehrte. Die Mitarbeiterzahl stieg bereits während der Insolvenz wieder auf den alten Stand. Im November 2013 übernahm schließlich der börsennotierte chinesische Nutzfahrzeug- und Logistikkonzern CIMC den gesamten Geschäftsbetrieb der Albert Ziegler GmbH u. Co. KG als Hauptgesellschaft sowie alle zwölf deutschen und internationalen Tochtergesellschaften. Zuvor waren mit etwa 150 Interessenten Gespräche geführt worden. Der Kaufpreis von 55 Millionen Euro blieb kein Geheimnis, da die asiatischen Börsenvorschriften eine Veröffentlichung solcher Zahlen vorsehen. Schon damals versprach der Vizepräsident von CIMC, Li Yinhui, man werde den Standort Giengen als „Kompetenzzentrum für Feuerwehrtechnik“ weiter führen. CIMC, 1980 in Shenzhen (China) gegründet, beschäftigt weltweit etwa 60.000 Mitarbeiter.
Für Ziegler zu arbeiten ist eine Ehre.
Das Engagement der Asiaten zeigte schnell Wirkung. Im vergangenen Jahr verließen etwa 650 Feuerwehrfahrzeuge die Produktionshallen. Der Exportanteil stieg auf 50 Prozent. Alleine 75 Tanklöschfahrzeuge gingen nach China. Während der Feierlichkeiten zum 125-jährigen Firmenjubiläum berichtete die Ziegler-Geschäftsführung von einer „überaus erfreulichen wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens“. In diesem Jahr werde ein Umsatz von 208 Millionen Euro angepeilt. Die gute Auslastung der Produktion erlaube eine solch optimistische Prognose. Damit würden die Verkaufserlöse erstmals in der Firmengeschichte auf mehr als 200 Millionen Euro steigen. Im Vorjahr hatten diese noch bei 175 Millionen Euro gelegen. Etwa fünf Millionen Euro beträgt das Investitionsvolumen im laufenden Jahr. Ein Großteil des Betrags fließe in die Optimierung der Produktionskapazitäten, die Logistik und den Bereich Forschung und Entwicklung am Standort Giengen, hieß es von der Geschäftsführung. „Für die Traditionsmarke Ziegler tätig zu sein, empfinde ich nicht nur als große Ehre, sondern vor allem auch als eine Herausforderung, der ich mich mit all meiner Kraft und meinem unternehmerischen Können gerne stelle. Die 125-jährige Tradition der Marke verstehe ich als kostbares Erbe und als große Verpflichtung“, sagte Youjun Luan, seit 2014 Geschäftsführer der Ziegler GmbH.
Eineinhalbmal um die Erde
1891 hatte Albert Ziegler mit der Produktion von Hanfschläuchen begonnen. Bis heute wurden rund 60 Millionen Meter Schlauch produziert. Damit ließe sich die Erde eineinhalbmal umwickeln. Etwa 20.000 Feuerwehrfahrzeuge wurden seit 1953 bis heute in alle Welt ausgeliefert. (Redaktion: kfv-herford.de)
-Vo-
In der Auslieferungshalle stehen vier nagelneue Tanklöschfahrzeuge 30/50 (TLF 30/50)
abfahrbereit. Sie sind für die Nationale Schutz- und Rettungsdirektion in Kroatien bestimmt.
Stationiert werden die Autos in den Küstenstädten Dubrovnik, Split, Zadar und Sibenik, der Partnerstadt des Kreises Herford.
(Foto: Ziegler GmbH)
Auftrag für das Land NRW: Im Ziegler-Werk Mühlau (Sachsen) entstanden drei Mittlere
Löschfahrzeuge (MLF) in unterschiedlichen Versionen und ein Vorauslöschfahrzeug (VLF) mit
Schneidlöschgerät, die nun von 20 ehrenamtlichen Feuerwehren getestet werden. Redaktion: kfv-herford.de berichtete.
(Foto: Ziegler GmbH)