Herausforderung und Chance zugleich

Brandschutzaufklärung: Feuerwehr Rödinghausen schult junge Flüchtlinge

Rödinghausen. Fast 900.000 Flüchtlinge kamen alleine im vergangenen Jahr nach Deutschland, um hier Schutz zu suchen. Viele ehrenamtliche Helfer sind mit gutem Beispiel vorrangegangen. Sie haben die Neuankömmlinge betreut und sich um den Aufbau von Notunterkünften gekümmert. Die Feuerwehren im Lande stehen allerdings noch immer vor einer großen Herausforderung: Sie müssen sich künftig verstärkt um die Brandschutzerziehung und Brandschutzaufklärung der Asylbewerber kümmern. Die Feuerwehr Rödinghausen hat bereits erste (positive) Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt.  

 

Anfang Juni hatte sich Annette Scharfenstein, Bereichsleiterin der Evangelischen Jugendhilfe Schweicheln, an die Rödinghausener Wehr gewandt. In ihrer Anfrage hatte sie die Ehrenamtlichen darum gebeten, jugendliche Asylbewerber in einer Unterkunft in Rödinghausen zu schulen. Schnell war der Kontakt zu Kerstin Bremförder hergestellt. Die Oberbrandmeisterin ist die Jugendfeuerwehrwartin der Kurgemeinde und kümmert sich dort  gleichzeitig um den Vorbeugenden Brandschutz. Sie beschreibt das erste Treffen mit den 18 jungen Männern als überaus herzlich. „Nach freundlicher Begrüßung haben wir uns zu einem Gesprächskreis zusammengefunden!“ Die Feuerwehrleute warnten zu Beginn der Schulung zunächst anhand von Bildern vor den Gefahren von Rauch und Feuer. Sie erläuterten, wie ein Notruf richtig abzusetzen ist. Bremförder spricht von einer entspannten Atmosphäre. Sie warnt allerdings: „Die Uniform der Feuerwehrleute kann zum Problem werden!“ Denn Flüchtlinge hätten in ihrer Heimat oftmals schlechte Erfahrungen mit der „Staatsmacht in Uniform“ gesammelt.  „Die Menschen werden den Feuerwehrleuten nicht auf Anhieb ein solches Vertrauen entgegenbringen, wie sie es von der einheimischen Bevölkerung gewohnt sind!“ Berücksichtigt werden müsse auch, so Bremförder, dass einige der Neuankömmlinge schlimme Dinge erlebt hätten. Sie meint damit Bombenangriffe und Kriegssituationen mit Toten und Schwerstverletzten. Die Feuerwehrleute treffen dadurch in den Flüchtlingsheimen unter Umständen auf traumatisierte Kinder, aber auch Erwachsene mit Traumata.

Die Feuerwehr Rödinghausen hat bei 18 jungen Flüchtlingen das Verständnis für den Brandschutz und
die Begeisterung für die Feuerwehr geweckt. (Foto: FW Rödinghausen)

 

Keine Verständigungsprobleme

In Rödinghausen war der Bann zwischen den jugendlichen Asylbewerbern und den Helfern der Feuerwehr allerdings schnell gebrochen. „Es hat mich verblüfft, wie gut sich die jungen Menschen bereits verständlich machen konnten!“ Die Oberbrandmeisterin ist sich deshalb sicher, dass die Schulung von den Jugendlichen auch verstanden worden sei. Ein Feuerwehrwesen, das flächendeckend von ehrenamtlichen Kräften getragen wird und nur in Großstädten von Berufsfeuerwehren unterstützt wird, ist für die Flüchtlinge etwas völlig Neues; denn ein solches System gibt es nur in Deutschland und Österreich. Auch die Tatsache, dass die Helfer unter der Notrufnummer 112 jederzeit erreichbar sind und in der Regel innerhalb von 15 Minuten vor Ort sind, kennen die Neuankömmlinge kaum.   

Im Anschluss an die Gesprächsrunde folgte der praktische Teil.  Die jungen Asylbewerber zeigten sich von der Technik des mitgebrachten Löschfahrzeugs begeistert. Gemeinsam mit den Feuerwehrleuten bedienten sie das hydraulische Rettungsgerät. Kerstin Bremförder ist sich sicher:  „Ein Teil der Männer hat Vorkenntnisse aus der Heimat mitgebracht!“ Anders könne sie sich das technische Verständnis für die Feuerwehrgeräte nicht erklären.  Das Team der Feuerwehr Rödinghausen nahm im weiteren Verlauf der Schulung eine Brandsimulationsanlage in Betrieb. Die Flüchtlinge rückten mit Übungsfeuerlöschern vor und löschten die Entstehungsbrände ein ums andere Mal zielsicher ab. Zum Abschluss rüstete sich ein Feuerwehrmann für den Innenangriff in voller Montur aus. Die Geräusche seines Atemschutzgerätes sorgten im Kreis der Flüchtlinge nur kurzzeitig für Verängstigung. Schnell überwog wieder ihre Neugier. Einige von ihnen schulterten anschließend sogar selber das schwere Gerät.

 

Begeisterung der Flüchtlinge stimmt hoffnungsvoll!

Die Brandschutzerzieher aus der Kurgemeinde sehen in ihrer Arbeit mit den Flüchtlingen eine Chance, Vorurteile abzubauen und die Integration der Menschen ein Stück weit voranzubringen. Schon seit Jahren beschäftigen sich die Spitzenfunktionäre mit der Frage, wie man Menschen mit Migrationshintergrund für die Feuerwehr gewinnen kann. Nun kommt die Gruppe der Flüchtlinge hinzu. Allerdings gibt es Unterschiede: Migranten haben in Deutschland bereits eine neue Heimat gefunden, sind integriert und kennen die deutsche Kultur. Flüchtlinge sind hingegen vor Terror und Gewalt geflohen. Sie sind nicht selten traumatisiert und müssen zudem die Sprachbarriere überwinden. Die Begeisterung der jungen Männer aus Rödinghausen stimmt allerdings hoffnungsvoll, dass diese Probleme überwunden werden können. Vierzehn Tage später nahmen Zehn von ihnen am Dienst der Jugendfeuerwehr Rödinghausen-Nord teil. Die Gruppe demonstrierte gemeinsam mit ihren Gästen im Kurpark einen Löschangriff.  „Das wird auf jeden Fall wiederholt“, sagt Kerstin Bremförder. Für sie geht es darum, Freundschaften aufzubauen und Vorbehalten entgegenzuwirken. (Infos: Kerstin Bremförder, FW Rödinghausen, Redaktion: kfv-herford.de)

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Mehr Informationen? www.brandschutzaufklaerung.de

 

Stichwort: Flüchtlinge, Asylbewerber und Migranten

Artikel 1 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert einen Flüchtling als Person, der in ihrer Heimat wegen ihrer Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung die Verfolgung droht.  Asylbewerber sind Flüchtlinge, deren Asylverfahren laufen. Spricht man von Asylberechtigten oder anerkannten Flüchtlingen, sind deren Asylanträge anerkannt worden. Menschen die freiwillig ihre Heimat verlassen bzw. ihren Lebensmittelpunkt verlegen, um in einem anderen Land zu leben und zu arbeiten, werden umgangssprachlich als (internationale) Migranten bezeichnet.

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