Das magische Auge am Firmament

Löschzug Bünde-Mitte verfügt über modernste Drohnentechnologie

Bünde. Er surrt wie eine Libelle durch die Luft. Seine beiden Kameraaugen nehmen die  Situation am Boden ins Visier und liefern dabei erstaunlich gute Bilder. Seit kurzem verfügt der Löschzug Bünde-Mitte über einen Minihubschrauber mit sechs Rotoren, der vom Boden aus gesteuert wird. Hersteller Yuneec hat seinen Hexacopter vom Typ „H520“ eigens für die Anforderungen der Feuerwehr und übrigen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) konzipiert. Den Bünder Feuerwehrleuten reichte das allerdings nicht aus. Sie entwickelten einen speziellen Koffer, in dem sich Monitor und Tastatur für den „Kameraoperator“ befinden.

Die Informations- und Kommunikationsgruppe (IuK-Gruppe) des Löschzugs Mitte ist für den Einsatzleitwagen 2 und damit gleichzeitig für die luftgestützte Lagedarstellung verantwortlich. Vor zwei Jahren wurde das erste „UAV“ (Unmanned Aerial Vehicle oder übersetzt unbemanntes Fluggerät) beschafft. Modellbauspezialist Revell aus Bünde-Ennigloh hatte den Minihubschrauber, einen Copter mit vier Rotoren, damals gesponsert. „Wir haben schnell gemerkt, wie hilfreich eine solche Drohne sein kann“, sagt Bernd Altemeier, stellvertretender Leiter des Löschzugs Bünde-Mitte. Im März 2018 brannte es in einem Kunststoff verarbeitenden Betrieb im Industriegebiet Spenge. Die Feuerwehrleute waren damals mehr als elf Stunden im Löscheinsatz. „Der Quadrocopter lieferte dem Einsatzleiter alle 30 Minuten aktuelle Lagebilder aus der Luft!“ Einige Wochen zuvor hatte sich auf der A 30 ein Gefahrgutunfall ereignet. Auch bei diesem Einsatz, erzählt Altemeier, habe die Kameradrohne bereits nach wenigen Minuten gestochen scharfe Bilder gesendet und damit dem Einsatzleiter wertvolle Informationen über das Ausmaß des Unglücks geliefert.

Der bisher eingesetzte Multicopter wird per Fernsteuerung und Smartphone-App durch die Luft navigiert. Das System überträgt die Livebilder auf den Bildschirm des Mobiltelefons und nutzt das Handy gleichzeitig, um Fotos und Videosequenzen zu speichern.  Für die Feuerwehr sei das keine optimale Lösung, meint Bernd Altemeier, zumal das Verfahren auch nicht passwortgeschützt sei. „Jeder der die App auf seinem Handy hat, kann damit arbeiten!“

 


Der Löschzug Bünde-Mitte verfügt seit kurzem über einen Hexacopter vom
Typ „Yuneec H520“, der zur Lageerkundung und Personensuche aus der Luft zum Einsatz kommt.

 

Hightech-Drohne für den Feuerwehreinsatz weiter verfeinert 

Mit dem nun angeschafften Hexacopter vom Typ „Yuneec H520“ startet die IuK-Gruppe quasi in ein neues Drohnen-Zeitalter. „Die hessische  Polizei hat das Modell mehrere Monate lang bei der Verbrecherjagt und Personensuche getestet und für gut befunden“, weiß Altemeier. Die Hightech-Drohne besitzt ein eigenes Betriebssystem, auf das Unberechtigte keinen Zugriff haben und eine Fernsteuerung mit Siebenzoll-Touchscreen-Bildschirm. Den Bündern reichte das aber immer noch nicht aus. Philipp Obermann und Marcel Stärke, zwei technikbegeisterte Feuerwehrleute des Löschzugs Mitte, verfeinerten die Übertragungskomponente des H520. Sie entwickelten einen Technik-Koffer, in dem ein 15-Zoll-Flachbildschirm und eine Computertastatur integriert sind, und der per Datenkabel mit der Drohnen-Fernsteuerung verbunden ist. Das Livebild aus der Luft und alle Daten zu den Bewegungsabläufen des Minifliegers werden jetzt an die externe Empfangseinheit im Koffer weitergeleitet. Vorteil des Bünder-Systems: Der Pilot kann sich voll und ganz auf das Steuern der Drohne konzentrieren, während der „Kameraoperator“ die Bildauswahl übernimmt.  Der Technik-Koffer bietet alle Möglichkeiten, um die Kameraaugen des Hexacopters zu bedienen, Fotos und Videofrequenzen aufzuzeichnen und per WLAN oder über ein 100 Meter langes Datenkabel zum Einsatzleitwagen 2 zu übertragen. Anhand des Materials kann sich die Einsatzleitung ein direktes Bild der Lage machen. Ein Luftbeobachter der IuK-Gruppe sorgt für zusätzliche Sicherheit. Er schlägt sofort Alarm, sollte sich beispielsweise ein Vogelschwarm oder ein Rettungshubschrauber nähern. Die Bünder Feuerwehr ist nicht ohne Grund so vorsichtig: „Passiert im Luftraum ein Fehler, so drohen einem  Drohnenpiloten  ähnliche Konsequenzen, wie dem Piloten eines Verkehrsflugzeugs“, warnt Altemeier. Alle 14 Feuerwehr-Piloten der Bünder Fachgruppe hätten deshalb einen Kenntnisnachweis abgelegt, der von der Deutschen Flugsicherung angeboten werde. Außerdem hätten zwei Feuerwehrleute an einem Drohnenseminar in Wuppertal teilgenommen.

 

Kamerakopf mit Restlicht- und Wärmebildfunktion

Der  „H520“ wurde von Yuneec für den professionellen Rettungseinsatz konzipiert. Er ist mit einem dualen Kamerakopf ausgestattet. Während die Restlichtkamera selbst bei schlechten Lichtverhältnissen für eine gute Bildqualität sorgt, ermöglicht die Wärmebildkamera  thermografische Aufnahmen, indem sie die Temperaturunterschiede einer Oberfläche darstellt. Der Temperaturbereich muss dabei der Einsatzlage entsprechend vorgewählt werden. Die Software des „H520“ erledigt das per Tastendruck. Der Multicopter ist dadurch für die Personensuche aus der Luft ebenfalls bestens geeignet. „Um die Wärmebilder richtig zu deuten, erfordert es allerdings schon einiges an Übung“, sagt Altemeier. Restlicht-und Wärmebild können deshalb getrennt oder übereinander gelegt angesehen werden. Der Miniflieger verfügt über eine Reihe von weiteren Kamerafunktionen. So kann eine punktuelle Temperaturmessung aus der Luft durchgeführt oder ein Ziel am Boden anvisiert werden, das die Drohne umfliegt und so aus verschiedenen Perspektiven zeigt. Ebenfalls kein Problem: Die automatische Personensuche nach einem zuvor festgelegten Raster. Der Kamerakopf ist um 360 Grad drehbar. Da die Landefüße nach dem Start einklappen, garantiert das eine freie Rundumsicht.

 


Arbeitsplatz des "Kameraoperators"

 

Bernd Altemeier (Feuerwehr Bünde): „50 Meter Flughöhe reichen völlig aus!“

Der Multicopter verfügt über sechs Rotoren. Sollte einer davon ausfallen, fliegt der „H520“ als Quatrocopter, also mit vier Rotoren, weiter. Seine Sonarsensoren dienen zur Kollisionsvermeidung. Steuert der Pilot das Gerät beispielsweise zu dicht an ein Gebäude heran, lässt die Technik nur noch den Rückwärtsflug zu. Die Positionsbestimmung erfolgt über die drei unterschiedlichen Satellitensysteme GPS, Galileo und Glonass. Das knapp zwei Kilogramm schwere Fluggerät, das mit zwei zusätzlichen blauen LED-Signallichtern ausgerüstet ist, könnte bis in eine Höhe von 500 Metern aufsteigen und eine Reichweite von 1,6 Kilometern erreichen. Die maximale Flughöhe für Drohnen, die durch die neue Drohnen-Verordnung  auf 100 Meter über Grund begrenzt wurde, gilt für die Feuerwehr nicht. Trotzdem lässt die IuK-Gruppe Bünde ihre Drohne nur maximal 50 Meter in die Höhe steigen und fliegt damit nie außer Sichtweite. „Das reicht völlig aus“, sagt Bernd Altemeier. Die Flugzeit beträgt mit einer Akkuladung etwa 25 Minuten.  

Rund 6.000 Euro hat der Löschzug Bünde-Mitte für das Projekt investiert. Der Betrag wurde durch Spenden aus der heimischen Wirtschaft, darunter die Volksbank Bad Oeynhausen-Herford e.G. als Hauptsponsor, und aus Mitteln der Löschzugkasse finanziert.

                                                                                                                         Von Jens Vogelsang

                                                                                                                         (Text u. Fotos)     

 


Dualer Kamerakopf mit (v.l.) Wärmebild- und Restlichtkamera

 


Sonarsensoren sollen eine Kollision vermeiden

 


„Ready for take off!“  

 


„H520“ steht abflugbereit auf seiner Start- u. Landeplattform

 


Markus Obermann übernimmt die Aufgabe des Piloten.

 


Währenddessen kümmern sich (v.l.) Philipp Obermann, Julia Dreier u.
Bernd Altemeier am selbst entwickelten Kamerakoffer um …


… die Bild- u. Videoauswahl.

 


Wärmebildaufnahme: Die Kamera bildet die Temperaturunterschiede einer Oberfläche farblich ab.
(Foto: Feuerwehr Bünde)

 


Oft sind die Wärmebilder schwer zu deuten. Restlicht- und Wärmebild können deshalb

  übereinander gelegt angesehen werden.

 


Punktuelle Temperaturmessungen sind möglich: Ein Rettungswagen verlässt
die Feuerwache Bünde. Seine Temperatur beträgt exakt 17,1 Grad.

 


Das Livebild wird per WLAN oder Datenkabel in den "Einsatzleitwagen2" weitergeleitet.

 


Gleich drei unterschiedliche Satellitensysteme sorgen für die Positionsbestimmung der Drohne.

 


Großbrand in einem Kunststoff verarbeitenden Betrieb in Spenge. Die IuK-Gruppe
            Bünde liefert mit ihrem Multicopter gestochen scharfe Fotos aus der Luft. 
(Foto: Feuerwehr Bünde)

 


Der Einsatzleiter kann sich so ein genaues Bild der Lage machen.
(Foto: Feuerwehr Bünde)

 


GSG-Einsatz auf der A 30. Bevor die ersten Einsatzkräfte in Schutzanzügen vorrücken,

hat die IuK-Gruppe die Einsatzstelle bereits per Drohne erkundet. (Foto: Feuerwehr Bünde)        

 


Die Mitglieder der luftgestützten Lagedarstellung des Löschzugs Bünde-Mitte:
(v.l.
Bernd Altemeier, Alexander Lätzsch, Bianca Altemeier, Philipp Obermann, Christian
Schreiber, Martin Doktorczyk, Julia Dreier, Daniel Doktorczyk u. Markus Obermann.
Es fehlen: Stefan Benke, Tobias Köhler u. Marcel Stärke. (Foto: Feuerwehr Bünde)