Feuerwehrmuseum Kirchlengern-Quernheim in Häver wird 30 Jahre alt
Kirchlengern. Das waren noch Zeiten, als die Feuerwehr mit dem Pferdefuhrwerk zum Löscheinsatz ausrückte. Die Handdruckspritze hatte anno dazumal noch keine Ansaugvorrichtung; und so war das ganze Dorf auf den Beinen, um die Wasserversorgung per Eimerkette sicherzustellen. Acht Feuerwehrmänner, vier auf jeder Seite, zogen mit Muskelkraft den Pumpenschwengel, solange bis ihnen die Kraft ausging. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts begann mit der zunehmenden Industrialisierung die Motorisierung der Feuerwehr, sodass die Brandbekämpfung immer effektiver wurde. Wer sich einen Eindruck verschaffen möchte, wie sich das Feuerlöschwesen von der Kaiserzeit bis zur Gegenwart entwickelt hat, der sollte das Feuerwehrmuseum Kirchlengern-Quernheim in Häver besuchen. Es wird im September 30 Jahre alt.
Museumsleiter Hans Kleemeier hat seine Leidenschaft für die Feuerwehr quasi mit der Muttermilch aufgesogen. Sein Vater und Großvater waren bereits als Feuerwehrmänner engagiert und das Elternhaus lag nur 100 Meter vom „Spritzenhaus“ Kirchlengern Stift-Quernheim entfernt. Deshalb trat Kleemeier im Alter von gerade einmal 16 Jahren sofort in die Löschgruppe ein. Und schon damals hat der heute 67-Jährige damit begonnen, historische Feuerwehrexponate zu sammeln. Anfangs waren es Urkunden, Uniformen, Helme und Rangabzeichen, die sein Herz höher schlagen ließen. Später kamen eine Reihe von Handdruckspritzen und die ersten Feuerwehroldtimer hinzu. Als die Sammlung schließlich aus allen Nähten platze, sah Kleemeier den richtigen Zeitpunkt gekommen, um das Ergebnis seiner Leidenschaft der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein Förderverein gründete sich und eröffnete im September 1990 das Feuerwehrmuseum Kirchlengern. Das war anfangs im Keller der Grundschule in Quernheim untergebracht und hat seit dem Jahr 2003 seinen endgültigen Standort auf dem Gelände eines historischen Bauernhofs im Ortsteil Häver gefunden. Hof „Meier Nr. 1“ verbreitet nostalgisches Flair und ist damit genau die richtige Umgebung, um die historische Sammlung, die mittlerweile mehr als 10.000 Einzelstücke umfasst, zu präsentieren.
Das Feuerwehrmuseum Kirchlengern-Quernheim in Häver ist immer einen Besuch wert. Es besteht mittlerweile seit fast 30 Jahren. (Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)
Museumsleiter Hans Kleemeier (links neben dem Bünder Ehrenwehrführer Harald Sauerwald) gilt als leidenschaftlicher Sammler: Bei einer früheren Veranstaltung trägt er eine lederne „Feuerwehr-Pickelhaube“ mit Preußenabzeichen aus der Kaiserzeit.
(Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)
Löscheinsatz anno dazumal: Pferdegezogene Handdruckspritzen gehörten noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts zu den Arbeitsgeräten der Feuerwehr. (Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)
Drehleiter-Einsatz mit vier PS und sechs Mann Besatzung
Der gesamte Fahrzeugbestand, so der Museumsleiter, umfasse mittlerweile 48 Feuerwehroldtimer. Erst im letzten Jahr sei das ausgemusterte Löschgruppenfahrzeug 8 „Leicht“ (Typ Mercedes-Benz L 319, Baujahr 1966) der Ortsfeuerwehr Osnabrück-Schinkel hinzugekommen. Die Entwicklungsgeschichte der Drehleiter habe sich im Verlaufe der Jahre immer mehr zu einem Schwerpunkt der Ausstellung entfaltet, erzählt Kleemeier. Eine Pferdedrehturmleiter mit 23 Metern Steighöhe, die Feuerwehrpionier Conrad Dietrich Magirus im Jahr 1903 in seiner Werkstatt in Ulm an der Donau zusammenbaute, zählt dabei zu den besonderen Schätzen des Museums. Davon gebe es weltweit nur noch drei Exemplare, so der ehemalige Schulhausmeister. Das zwei Tonnen schwere Gefährt, das bei der Berufsfeuerwehr Mainz (Rheinland-Pfalz) im Einsatz war, wurde von vier Rappen zur Einsatzstelle gezogen und von sechs Feuerwehrleuten bedient. Stolz ist der Museumsleiter aber auch auf die Drehleitern der nachfolgenden Zeitepochen. „Zwölf Exemplare, die noch auf eigener Achse fahren, befinden sich im Besitz des Museumsvereins!“ Dazu zählt unter anderem die erste Drehleiter 23/12 der Kreisfeuerwehrzentrale, ein Mercedes-Benz-Rundhauber (Typ 1113) mit Staffelkabine und Metz-Leiterpark, die von der Kreisverwaltung im Jahr 1966 beschafft worden war. Jüngstes Drehleitermodell ist eine DLK 23/12 niedriger Bauart auf Magirus-Deutz-Fahrgestell, die aus dem Jahr 1993 stammt. Das kompakte Rettungsgerät - die Fahrzeughöhe beträgt gerade einmal drei Meter - hat als „Münchener Leiter“ Geschichte geschrieben und war zuletzt bei der Feuerwehr Emmerich am Rhein im Einsatz. Ein weiteres Highlight des Museums ist ein kompletter Rundhauber-Löschzug von Magirus-Deutz aus den 1960er Jahren, bestehend aus Tanklöschfahrzeug 16, Löschgruppenfahrzeug 16-TS und Drehleiter 25 plus 2 mit Staffelkabine. „Solche Löschzüge gibt es nur noch sehr selten“, weiß Kleemeier.
Eine historische Pferdedrehturmleiter aus dem Jahr 1903 zählt zu den besonderen Schätzen des Museums. Die Geschichte der Hubrettungsgeräte bildet einen Schwerpunkt der Ausstellung. (Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)
Zwölf Drehleitern, die noch auf eigener Achse fahren, gibt es zu sehen. Dazu zählen die besonders schönen Rundhaubermodelle von Magirus-Deutz aus den 1960er Jahren, die zu speziellen Anlässen auch außerhalb des Museumsgeländes unterwegs sind. (Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)
Als die Kreisfeuerwehrzentrale 1968 in Hiddenhausen-Eilshausen ihren Betrieb aufnahm, gehörte eine Drehleiter 23/12 von Mercedes-Benz (Typ 1113) mit Staffelkabine und Metz- Leiterpark zu den ersten Einsatzfahrzeugen. Sie ist nun am Feuerwehrmuseum in Häver stationiert und kehrte zum 50-jährigen Jubiläum der Zentrale noch einmal an ihren alten Standort zurück. (Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)
Auf dem weitläufigen Museumsgelände in Häver gibt es weitere Fahrzeuge zu entdecken, die einst im Kreis Herford im Einsatz waren, so wie den VW- Bulli Typ T 2 (Baujahr 1973) aus dem Bestand der Betriebsfeuerwehr des Zigarrenherstellers Arnold André in Bünde.
(Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)
Zeitreise durch die Feuerwehrgeschichte
Die feuerwehrhistorische Ausstellung auf Hof „Meier Nr. 1“ haben die Museumsmacher mit viel Liebe zum Detail gestaltet. In einer Zeitreise wird die Geschichte des Feuerlöschwesens vom ledernen Löscheimer aus dem 19. Jahrhundert bis zur Feuerwehrtechnik der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderzeit veranschaulicht. Es gibt fünf Abteilungen: Uniformen, Abzeichen und Urkunden, Wasserförderung, Motorisierung und Atemschutz. Die Themenbereiche „Luftschutz“ und „übrige Hilfsorganisationen“ befinden sich noch im Aufbau. „Wir haben momentan eine Ausstellungsfläche von rund 1.200 Quadratmetern“, sagt Kleemeier, „doch das reicht bei weitem nicht aus, um die mehr als 10.000 Exponate zeitgleich zeigen zu können.“ Das Museum verfügt deshalb über fünf Außenlager, die den Fundus beherbergen. „Die Ausstellungsstücke werden regelmäßig ausgetauscht, sodass es immer etwas Neues zu entdecken gibt.“
Zu den besonderen Raritäten zählen alle noch existierenden Handdruckspritzen aus dem Wittekindsland; darunter eine besonders schöne Pumpe, die 1926 von der Feuerspritzen-Fabrik Louis Tidow in Hannover gebaut wurde und bei der Feuerwehr Löhne-Wittel im Einsatz war. Die Koebe-Motorspritze „Triumph“ der Feuerwehr Herford-Hiddenhausen aus den 1920er Jahren ist dagegen schon eine technische Revolution. Zu sehen gibt es außerdem einen Deutz-Traktor mit Tragkraftspritzenanhänger der Firma Ziegler aus dem Jahr 1935 und ein 125er DKW-Motorrad, mit dem ein Kradmelder in den 1950er Jahren unterwegs gewesen sein mag.
Alle noch existierenden Handdruckspritzen aus dem Kreisgebiet sind im Museum ausgestellt, darunter die Tidow-Pumpe der Feuerwehr Löhne-Wittel aus dem Jahr 1926. (Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)
Brandmeister der Steiger-Abteilung Oelde (um 1930). Sie zählte zu den Einheiten, die für die Menschenrettung aus großen Höhen zuständig war, den Vorläufern der heutigen Höhenrettungsgruppen. Die meisten „Steiger“ kamen aus Bauberufen, wie beispielsweise Maurer, Dachdecker und Zimmerleute. Sie waren deshalb gewohnt, mit Leitern und Seilen zu arbeiten. (Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)
Ein Deutz-Traktor mit Tragkraftspritzenanhänger der Firma Ziegler war in den 1930er Jahren auf dem Land kein ungewöhnliches Gespann. (Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)
Nachgestellte Szene aus den 1950er Jahren: Ein Kradmelder ist auf einem 125er DKW-Motorrad unterwegs, um Nachrichten zu übermitteln. (Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)
Riesige „Wasser-Bottiche“ für den Hubschrauber-Einsatz
Hans Kleemeier und seine Mannschaft sind immer für eine Überraschung gut. So stehen seit kurzem zwei riesige rote „Bottiche“ im Museumsgarten und lenken die Blicke der Besucher auf sich. Es handelt sich um ausgemusterte Löschwasser-Außenlastbehälter, die aus glasfaserverstärktem Kunststoff bestehen und ein Fassungsvermögen von jeweils 4.000 Litern haben. Das Land Niedersachsen hatte die Behälter mit den Nummern 6/42 und 6/44 beschafft, nachdem es im Jahr 1975 in der Lüneburger Heide zur größten Waldbrandkatastrophe in der deutschen Nachkriegsgeschichte gekommen war. Große Transporthubschrauber, wie der Sikorsky CH-53, führten sie unter dem Rumpf mit sich. Sie wurden pneumatisch gesteuert: Durch das Absenken der Bodenplatte und das Abfließen des Wassers über einen schmalen Spalt entstand eine Wasserglocke, die ihre Löschwirkung von oben entfaltete. Doch der anschließend notwendige Betankungsvorgang im Steinhuder Meer sei wegen der geringen Wassertiefe schwierig gewesen, hat Kleemeier von Feuerwehrkameraden aus Niedersachsen erfahren. „Statt die Tonnen aus der Luft im See einzutauchen, wurden sie am Boden mit Hilfe von Hydranten nachgefüllt.“ Nun hat die Feuerwehr Uelzen (Niedersachsen) die ausrangierten Behälter dem Feuerwehrmuseum zur Verfügung gestellt.
Zwei riesige Löschwasser-Außenlastbehälter, die einst zur Waldbrandbekämpfung aus der Luft genutzt wurden, hat die Feuerwehr Uelzen dem Museum überlassen. (Foto: Redaktion: kfv-herford.de)
Sie bestehen aus besonders leichtem, glasfaserverstärktem Kunststoff. Mit 4.000 Litern Wasser gefüllt, beträgt das Gewicht aber trotzdem rund 4,2 Tonnen. (Foto: Redaktion: kfv-herford.de)
Die Behälter wurden deshalb von großen Transporthubschraubern mitgeführt.
(Symbolfoto: Christian Jansky, Wikipedia)
Das Land Niedersachsen beschaffte sie nach der großen Waldbrandkatastrophe in der Lüneburger Heide im Jahr 1975, bei der 8.000 Hektar Waldfläche vernichtet worden waren. (Foto: Redaktion: kfv-herford.de)
Corona-Krise bereitet Sorgen
Mit viel Eigeninitiative verwandelten die Vereinsmitglieder das historische Gehöft „Meier Nr. 1“ im alten Ortskern von Häver in ein Feuerwehrmuseum. Kleemeier schätzt, dass mehr als 100.000 Arbeitsstunden in den Ausbau geflossen sind. „Irgendwann habe ich aufgehört zu zählen!“ Und der Museumsverein hat noch große Pläne. Aus eingelagerten Fachwerkbalken soll in den nächsten Jahren eine 600 Quadratmeter große Ausstellungshalle entstehen, um den kompletten Fuhrpark zeigen zu können. Die Umgestaltung des Eingangsbereichs und ein neues Museumskaffee stehen ebenfalls auf der Wunschliste. Doch im Moment treibt die Corona-Krise dem Museumsleiter die Sorgenfalten auf die Stirn. Mehrere Veranstaltungen, darunter die Oldtimersternfahrt und der Familientag, die eigentlich an Christi-Himmelfahrt stattfinden sollten, mussten bereits abgesagt werden. „Uns ist dadurch viel Geld verlorengegangen“, klagt Hans Kleemeier. „Auf eine große Geburtstagsveranstaltung zum 30-jährigen Bestehen werden wir wohl auch verzichten müssen!“ (Redaktion: kfv-herford.de, Hinweis: Alle Fotos entstanden vor der Corona-Krise)
-Vo-
Feuerwehrmuseum Kirchlengern-Quernheim in Häver
Häverstraße 188
32278 Kirchlengern
Öffnungszeiten:
An jedem ersten und letzten Sonntag im Monat von 11 bis 17 Uhr
(Achtung: Durch die Corona-Krise kommt es zurzeit noch zu Einschränkungen des Museumsbetriebs.)