Übungs- und Ausbildungsbetrieb in Corona-Zeiten
Kreis Herford. Das Corona-Virus ist noch lange nicht besiegt. In Deutschland scheint die Lage aber unter Kontrolle zu sein. Im Kreis Herford gab es zuletzt binnen sieben Tagen 0,4 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. Vor diesem Hintergrund haben bereits viele Löschzüge und –gruppen ihren Ausbildungsbetrieb wieder aufgenommen. Geübt werden darf allerdings nur in kleinen Gruppen und unter strikter Einhaltung der bekannten Abstands- und Hygieneregeln. „Das hat in den vergangenen Wochen gut geklappt“, sagt Holger Klann, stellvertretender Kreisbrandmeister und Ausbildungsbeauftragter des Kreisfeuerwehrverbandes. Er hofft, dass kurzfristig alle 43 Feuerwehreinheiten im Wittekindsland in einem ersten Schritt zum Dienstbetrieb zurückkehren.
Es ist Freitagabend. Die Dienstgruppe 1 des Löschzugs Herford-Mitte hat ihr kleines Rettungsboot „Steady 320“ an der Aa zu Wasser gelassen. Zwei Aktive tragen spezielle Neopren-Anzüge. Sie treiben im Fluss und trainieren die Strömungsrettung. Während der Übung halten die acht Männer Abstand. Ihre Gesichtsmasken für Mund und Nase haben sie immer griffbereit. Löschzugführer Andreas Wiegner ist zufrieden. „Die Hygieneregeln und das neue Dienstsystem haben sich gut eingespielt.“ Beim Löschzug Herford-Mitte gibt es momentan vier festgelegte Teams in Gruppenstärke, die zu unterschiedlichen Zeiten üben. Sollte wider Erwarten in einer der Dienstgruppen eine Corona-Infektion auftreten, wären die anderen beiden weiter einsatzbereit.
Die Dienstgruppe 1 des Löschzugs Herford-Mitte übt während der Corona-Pandemie als „festes Team“.
An diesem Abend steht die Wasserrettung auf dem Programm. (Foto: Feuerwehr Herford)
Für Löschzugführer Andreas Wiegner sind die Dienste unter Corona-Bedingungen mittlerweile zur Routine geworden.
Seit dem 22. Mai ist der Übungs- und Ausbildungsbetrieb wieder möglich, nachdem er während des Höhepunktes der Pandemie geruht hatte. Karsten Buschmann, neuer Chef der Feuerwehr Herford, begrüßt den Schritt zum Neustart. „Wir waren froh, als es endlich wieder losging“, teilt er die Meinung seiner Kameradinnen und Kameraden. „Die Motivation hat in den Wochen zuvor sicherlich etwas gelitten.“ Alle vier Feuerwehreinheiten der Hansestadt, die ABC-Einheit und das Blasorchester haben mittlerweile den Dienstbetrieb, wenn auch mit Einschränkungen, wieder aufgenommen. „Erste Rückmeldungen waren äußerst positiv“, sagt Buschmann. Es habe sich gezeigt, dass mit kleinen Gruppen oftmals ein größerer Lerneffekt zu erzielen sei als mit der gesamten Mannschaft. Die gemeinsame Grundausbildung der Feuerwehranwärter aus Herford, Hiddenhausen und Vlotho ist ebenfalls angelaufen. Die Ausbildungsbeauftragten haben dazu spezielle Hygieneregeln festgelegt und den Ausbildungsplan entsprechend angepasst. Leider konnten wir bisher noch keinen Weg finden, wie wir den Jugendfeuerwehren eine Wiederaufnahme des Dienstbetriebs ermöglichen“, so Buschmann. Er hofft, dass sich nach den Sommerferien und dem Schulstart im Regelbetrieb eine Möglichkeit dazu ergeben werde. „Für die Jugendlichen ist der Kontakt untereinander besonders wichtig!“
Herfords Feuerwehrchef Karsten Buschmann begrüßt den Neustart (Foto: Feuerwehr Herford)
Die Feuerwehr Hiddenhausen hat ihren Übungs- und Ausbildungsbetrieb in ähnlicher Weise angepasst, nachdem die Corona-Infektionswelle abgeebbt ist. „Die Kleingruppenarbeit kommt gut an“, berichtet Bernd Gante, der Leiter des Löschzugs Eilshausen, „vor allem, weil nun viel intensiver auf die einzelnen Teilnehmer eingegangen werden kann.“ Die Ausbilder wechseln nicht, sondern sind den vier Dienstgruppen, die es beim Löschzug gibt, fest zugeordnet. Das Ausbildungsprogramm unterscheidet sich deshalb von Gruppe zu Gruppe. Die tragbaren Leitern, Türöffnungstechniken und das Thema Verkehrsabsicherung standen bereits neben kleineren Übungen auf den Dienstplänen. Der Zusammenhalt des gesamten Löschzugs leide zumindest momentan noch nicht unter den Einschränkungen, meint Gante. „Wir hatten dieses Jahr bereits einige Einsätze, wo der gesamte Zug gefordert war und damit alle vier Dienstgruppen zusammen gearbeitet haben!“
Beim benachbarten Löschzug Schweicheln-Bermbeck trifft sich immer eine von drei Dienstgruppen im wöchentlichen Rhythmus am Gerätehaus zum Übungsabend. „Wir haben das gesamte Einsatzpersonal so verteilt, dass jede Gruppe hinsichtlich der vorhandenen Funktionen selbständig einsatzfähig ist“, erläutert Zugführer Torge Brüning. An jedem Monatsende steht dann noch ein Online-Dienst für die gesamte Mannschaft auf dem Programm. „Hierfür können wir dankenswerterweise auf das Knowhow eines Kameraden zurückgreifen, der die kostenpflichtige Programmtechnik zur Verfügung stellt.“ Am ersten virtuellen Dienst hatten sich auf Anhieb 31 Aktive beteiligt. „Das entspricht in etwa der regulären Dienstbeteiligung“, sagt Brüning. Mittlerweile läuft der reduzierte Dienstbetrieb seit rund drei Monaten. Dadurch fehlt die nötige Routine im Umgang mit den Feuerwehrgeräten. „Deshalb gibt es Überlegungen, das praktische Übungsprogramm für die Dienstgruppen weiter auszubauen.“ Und noch einen wichtigen Punkt spricht Büning an: „Treffen der Jugendfeuerwehr und der Ehrenabteilung gibt es zurzeit nicht. „Das ist nicht gut, aber momentan wohl leider nicht zu ändern!“
Ein monatlicher Online-Dienst steht beim Löschzug Schweicheln-Bermbeck weiterhin auf dem Dienstplan.
Löschzugführer Torge Brüning (2. v. r. oben) übernimmt die Moderation.
Die Wald- u. Flächenbrandbekämpfung wird unter anderem am Bildschirm als Unterrichtsthema behandelt.
In Vlotho sieht die Situation vergleichbar aus. „Nach dem Startschuss für die Aufnahme des Dienstbetriebes haben die fünf Einheiten der Weserstadt die Dienstpläne den Empfehlungen des Kreisfeuerwehrverbandes angepasst“, sagt Wehrführer Torsten Sievering. Der Ausbildungsbetrieb laufe nun an verschiedenen Wochentagen in Staffelstärke. Sievering hält die Schulungen in kleinen Gruppen ebenfalls für sehr effektiv. Große Übungen und vor allem kameradschaftliche Veranstaltungen seien allerdings weiterhin tabu. „Deshalb bleibt die Rückkehr zum Regelbetrieb das Ziel.“
Bei der Löschgruppe Enger Oldinghausen-Pödinghausen und beim Löschzug Enger-Dreyen hatten die Aktiven frühzeitig ihre Computer als Hilfsmittel genutzt, um den Dienstbetrieb „online“ weiter aufrecht zu erhalten. Deshalb sei in Dreyen durch die Corona-Krise nur ein einziger Dienst(!) Ende März ausgefallen, berichtet Jens Meyer. „Danach fanden alle Veranstaltungen online statt.“ Während der „Videokonferenzen“ behandelten die Feuerwehrleute zunächst etwa 45 bis 60 Minuten jeweils ein Fachthema. Anschließend bestand für die Teilnehmer die Möglichkeit, sich über Neuigkeiten auszutauschen. „Einzig die Bratwurst am Gerätehaus fehlte!“ In der Zwischenzeit haben alle fünf Feuerwehreinheiten der Widukindstadt den praktischen Übungsbetrieb wieder aufgenommen. Beim Löschzug Enger-Mitte gibt es beispielsweise zwei Dienstgruppen, die sich im wöchentlichen Wechsel immer freitags am Gerätehaus treffen. Jeder Aktive der Feuerwehr Enger verfügt übrigens über zwei waschbare Gesichtsmasken. Eine Bürgerin hatte sie genäht und der Feuerwehr ganz uneigennützig zur Verfügung gestellt.
„Videokonferenz“ beim Löschzug Enger-Dreyen zum Thema „Türöffnungstechniken“.
Durch die moderne Kommunikationstechnik ist nur ein einziger Dienst ausgefallen. (Foto: Feuerwehr Enger)
Die Dienstgruppe 1 des Löschzugs Enger-Mitte trainiert die „Not-Dekontamination unter Hygiene-Regeln“.
Mittlerweile haben alle fünf Einheiten der Widukindstadt den praktischen Übungsbetrieb wieder aufgenommen.
(Foto: Feuerwehr Enger)
Im Juni fand die erste Ausbildungsveranstaltung an der Kreisfeuerwehrzentrale nach Beendigung des Corona-Lockdowns statt. „Wir hatten uns bewusst für ein Tagesseminar entschieden, um das Hygienekonzept zu testen“, sagt stellvertretender Kreisbrandmeister Holger Klann. Gleichzeitig habe man den Erfahrungsaustausch mit den anderen OWL-Feuerwehrverbänden intensiviert. Er zieht ein positives Fazit: „Der Neustart ist erfolgreich verlaufen!“
Mittlerweile hat der Kreisfeuerwehrverband jede einzelne Ausbildungsveranstaltung „auf den „Prüfstand gestellt“. „Wir haben das Programm zusammengestrichen und die Teilnehmerzahlen reduziert, damit zeitgleich immer nur ein Lehrgang stattfindet und die Abstände eingehalten werden können.“ Nach der Sommerpause geht es weiter. „Wir werden auch künftig mit viel Fingerspitzengefühl zwischen zwingend erforderlicher Aus- und Fortbildung und dem Gesundheitsschutz der Einsatzkräfte entscheiden“, versichert Holger Klann.
Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)