Reibungslose Zusammenarbeit geprobt

Notfallsanitäter-Azubis und Freiwillige Feuerwehr üben gemeinsam

4S0fLEf1.jpegHerford. Notfallsanitäter verfügen über ein umfangreiches Wissen zur notfallmedizinischen Versorgung von Patienten. Der Weg dahin ist nicht ganz einfach: Studieninstitut, Feuerwache und Krankenhaus zählen zu den Stationen der dreijährigen Ausbildung. Die Feuerwehr Herford führt einmal im Jahr eine Übung durch, bei der die Notfallsanitäter-Azubis ihr Können zeigen müssen. „Dabei wird auch das Zusammenspiel mit den Einsatzkräften der Freiwilligen Feuerwehr geprobt“, sagt Maik Balke, erfahrener Rettungsdienstmitarbeiter und Praxisanleiter für die künftigen Notfallsanitäter.

Balke hat am Donnerstagabend (15.10.2020) gemeinsam mit Wellteam-Geschäftsführer und Feuerwehrmann Wilhelm Alexander Schöneberg zwei nahezu identische Unfallszenarien vorbereitet. Auf dem weitläufigen Wellteam-Firmengelände an der Zeppelinstraße ist ein Radfahrer von einem LKW-Kipper überrollt worden und an anderer Stelle ein Biker unter den Auflieger eines Lastzugs geraten. Dummy-Puppen simulieren die beiden Schwerverletzten, die unter den schweren Fahrzeugen eingeklemmt sind. Abbiege-Unfälle, bei denen Radfahrer unter einen LKW geraten, enden oft besonders schlimm. Balke ist als langjähriger Notfallsanitäter schon bei einigen dieser tragischen Unglücke vor Ort gewesen. „Sie bedeuten für den Rettungsdienst und die Feuerwehr jedes Mal eine große Herausforderung.“

IMG 20201017 WA0000Maik Balke ist als erfahrener Rettungsdienstmitarbeiter in die Notfallsanitäter-Ausbildung eingebunden.
Er ist gleichzeitig stellvertretender Löschgruppenführer in Diebrock und Verbindungsmann
zwischen Rettungsdienst und Feuerwehr. (Foto: Feuerwehr Herford)

3r7xxCi1.jpegNeun junge Männer und Frauen werden zurzeit bei der Stadt Herford zu Notfallsanitätern und Notfallsanitäterinnen ausgebildet
(Foto: Ben Tharun, Feuerwehr Herford)

Die beiden dienstfreien Rettungswagen der Feuer- und Rettungswache Herford sowie der Löschzug-Süd, bestehend aus den Löschgruppen Diebrock und Elverdissen, rücken gegen 19.30 Uhr aus. Während die Feuerwehrleute die technische Rettung vorbereiten, übernehmen sieben Notfallsanitäter-Azubis die medizinische Versorgung der schwerverletzten Radler. Die beiden Notärzte, Marco Kauling und Steffen Grauthoff, befinden sich zu diesem Zeitpunkt noch auf der Anfahrt - so sieht es die angenommene Lage vor. Der Rettungsdienst ist deshalb während der ersten 15 Minuten auf sich allein gestellt. „Das kommt auch in der Praxis vor“, sagt Balke. Die Auszubildenden untersuchen die beiden Schwerverletzten und wenden dabei das sogenannte ABCDE-Schema an. Sie prüfen zunächst, ob die Atemwege frei sind (A wie Airway), kontrollieren dann nacheinander die Atemfrequenz (B wie Breathing), den Kreislauf (C wie Circulation) und neurologischen Zustand (D wie Disability). Schließlich stellen sie noch fest, ob weitere Verletzungen, wie etwa Knochenbrüche, vorliegen (E wie Exposure). Iris Antonowitsch und Christof Bramorski sind bei der Übung als Praxisanleiter im Einsatz. Sie versorgen die Auszubildenden ständig mit neuen Informationen zum jeweils vorliegenden Verletzungsmuster und Gesundheitszustand. Gemeinsam mit den beiden Notärzten behalten sie alles im Blick. Die Lehrlinge stellen an beiden Einsatzstellen keine „kritischen A- und B-Probleme“ fest. Allerdings haben die Notfallpatienten das Bewusstsein verloren und eine Reihe weitere Verletzungen, wie Beckenbrüche, erlitten.
Nachdem die Erstversorgung abgeschlossen ist, beginnt die Rettung der verunglückten Radler mit Hilfe der Feuerwehr. Insgesamt 21 Ehrenamtliche, die unter Leitung von Wilhelm Alexander Schöneberg (Löschgruppe Diebrock) und Marco Noah (Löschgruppe Elverdissen) stehen, sind vor Ort. Sie nehmen hydraulische und pneumatische Rettungsgeräte vor, mit denen sie Kipper und Auflieger anheben. Kanthölzer dienen zum Unterbauen. Das Absichern und Ausleuchten der Einsatzstellen gehört ebenfalls zu ihren Aufgaben. Schließlich werden die Notfallpatienten mit Rettungsbrettern in Sicherheit gebracht. Die weitere Versorgung und Stabilisierung für den Abtransport erfolgt im Rettungswagen. Am Ende ist Übungsleiter Maik Balke zufrieden: „Das Zusammenspiel hat gut geklappt!“ Wehrführer Karsten Buschmann, der sich als Übungsbeobachter im Hintergrund aufgehalten hat, lobt ebenfalls das professionelle Vorgehen der Einsatzkräfte. Im realen Einsatzalltag würden die Rettungskräfte nach einem solch schweren Einsatz immer aus dem Dienst herausgenommen, sagt Balke. „Damit sie die schlimmen Bilder besser verarbeiten können, findet zunächst eine Einsatznachbesprechung statt, bei der das Feuerwehrteam für die Psychosoziale Unterstützung mit dabei ist!“

Höchste nichtärztliche Qualifikation im Rettungsdienst

Insgesamt neun Notfallsanitäter werden bei der Feuerwehr Herford momentan ausgebildet, drei in jedem Lehrjahr. Sie erwerben damit die „höchste nichtärztliche Qualifikation im Rettungsdienst“ und dürfen deshalb sogar Zugänge legen und bestimmte Notfallmedikamente eigenverantwortlich verabreichen. „Die Ausbildung ist anspruchsvoll aber auch abwechslungsreich“, sagt Balke. Der theoretische Teil findet am Studieninstitut Westfalen-Lippe in Bielefeld statt, während die Praxis durch den Einsatzalltag auf der Feuer- und Rettungswache Herford dazukommt. Die angehenden Notfallsanitäter absolvieren daneben ein mehrmonatiges Praktikum im Klinikum. Dort lernen sie unter anderem Notfallambulanz, Intensivstation und Anästhesie kennen. Nach drei Lehrjahren und bestandener Prüfung haben sie ihr Notfallsanitäter-Staatsexamen in der Tasche. Fast 2.000 Unterrichtsstunden und zahlreiche Einsätze im Rettungsdienst liegen dann hinter ihnen.
Die Stadt Herford hat übrigens erneut drei Ausbildungsplätze für den Beruf des Notfallsanitäters anzubieten, die zum 1. September kommenden Jahres zu besetzen sind. Bewerbungen nimmt die Personalabteilung der Stadt schon jetzt entgegen. (Redaktion: kfv-herford.de, Fotos: Ben Tharun u. Pascal Pörtner, Feuerwehr Herford)

-Vo-

OfEclTjA.jpegEin Radfahrer ist unter den Auflieger eines LKW geraten. Notarzt, Rettungsdienst und Feuerwehr arbeiten in dieser Situation eng zusammen.

hi2Rh 6E.jpegEin Rucksack mit Notfallmedikamenten liegt bereit.

zKEMQvFQ.jpegNotarzt Steffen Grauthoff (Mitte) stimmt das weitere Vorgehen mit den Notfallsanitäter-Azubis ab.

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t4Annxhg.jpegDer Einweghandschuh ersetzt den Notizzettel.

zitZKKhw.jpegDie Feuerwehr übernimmt die technische Rettung. …

uy OQKVX.jpeg… Sie hebt den LKW-Kipper mit pneumatischen Kissen an, um den eingeklemmten Radfahrer zu befreien.

4C5gX 1P.jpegGeräteablage

0W3DEFZg.jpegMit dem Hilfeleistungslöschfahrzeug aus Elverdissen wird die Einsatzstelle ausgeleuchtet.

FIsCwC3w.jpegAuf einem Rettungsbrett ziehen die Helfer den Notfallpatienten unter dem LKW hervor.
Gemeinsam mit Notarzt Marco Kauling (Mitte) übernehmen die Auszubildenden die weitere 
Versorgung.

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d6 zaIGQ.jpegIm Rettungswagen wird der Patient …

fNbb Rbw.jpeg… für den Abtransport stabilisiert.

EZrgax7i.jpegEinsatznachbesprechung: Die Zusammenarbeit zwischen Rettungsdienst und Feuerwehr hat gut geklappt.