Gut gerüstet gegen Wald- und Flächenbrände

Onlineseminar des Kreisfeuerwehrverbandes Herford

doc1Kreis Herford. Wald- und Flächenbrände können sich rasend schnell ausbreiten. Ein frontaler Löschangriff auf die Feuerfront wäre mit hohen Risiken verbunden. Sven Detering, stellvertretender Leiter der Feuerwehr Vlotho, erläuterte beim letzten Online-Seminar des Kreisfeuerwehrverbandes Herford (15.02.2022), welche Taktik stattdessen Erfolg verspricht. Mittlerweile verfügen die Feuerwehren in Ostwestfalen-Lippe über einheitliche Waldbrandmodule, um sich gegenseitig zu unterstützen. Dank der neuen Spezialausrüstung können Vegetationsbrände noch effektiver bekämpft werden. Auch das war am Dienstagabend Thema der Onlineschulung, an der knapp 90 Feuerwehrleute von zuhause aus teilnahmen.

Detering vertritt die Wehren aus dem Wittekindsland im Arbeitskreis-Vegetationsbrände OWL. „Es geht unter anderem darum, was kann das Waldbrandmodul Phönix und wie können wir die Ausrüstung einsetzen“, erklärte der Stadtbrandinspektor. An einem gemeinsamen owl-weiten Ausbildungskonzept werde ebenfalls gearbeitet. „Egal welches Modul im Notfall zur Unterstützung kommt, ob aus Paderborn, Höxter, Gütersloh, Lippe, Herford, Minden-Lübbecke oder Bielefeld, die Handhabung ist überall einheitlich. Zur Beladung des Waldbrandmoduls zählen unter anderem spezielle C-Druckschläuche mit einer Länge von 20 Metern, besonders flexible, 30 Meter lange D-Schläuche („Wild Cat“) sowie B-Düsenschläuche, mit denen eine Riegelstellung in Form einer „Wasserwand“ erzeugt werden kann. Die vorhandenen Waldbrandrucksäcke fassen 19 Liter Wasser, die per Doppelhub-Handpumpe versprüht werden können, um Brände im Unterholz oder Brandnester abzulöschen. Zusammen mit einem ebenfalls vorhandenen Segment- oder Kreisregner - dabei handelt es sich um eine Art Rasensprenger – werde eine Fläche von rund 3.500 Quadratmetern abgedeckt, erläuterte Detering. Das gesamte Equipment ist auf einem Rollwagen verladen und kann dadurch bequem transportiert werden.

dok3 aDie Bekämpfung von Wald- und Flächenbränden war Thema einer Online-Schulung des KFV Herford. (Abb.: KFV Herford)

DSC 0230Sven Detering (l), Stadtbrandinspektor aus Vlotho, leitete die Veranstaltung. (Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)

dok3 bDas Waldbrandmodul „Phönix“ besteht aus einer umfangreichen Spezialausrüstung. Es wurde in der gesamten Region OWL angeschafft. Die Wehren können dadurch einheitlich vorgehen und sich ggf. auch gegenseitig unterstützen. (Abb.: KFV Herford)

Gefahr beginnt im Frühjahr

Mit jedem Grad Celsius steigt das Risiko von Wald- und Flächenbränden. Zwar löst die Erderwärmung das Feuer nicht aus, sie begünstigt aber die Verbreitung. „Die Zahl der Wald- und Vegetationsbrände hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen“, sagte Detering. Nicht nur im Sommer, sondern auch im Frühjahr ist die Waldbrandgefahr hoch. Bäume und Sträucher beginnen erst langsam ihre Blätter zu bilden, sodass die Sonne vielfach ungehindert bis auf den Waldboden scheint. Trockene Pflanzenteile, wie Gräser oder abgestorbene Äste können sich deshalb schnell entzünden. „In der Bevölkerung fehlt oftmals das Bewusstsein für die hohe Brandgefahr, die bereits ab Anfang April besteht“, so Detering. Eine gute Orientierung über die Gefahrenlage bietet der Deutsche Wetterdienst mit seinem jeweils fünfstufigen Waldbrandgefahrenindex (WBI) und Graslandfeuerindex (GLFI). Letzterer beschreibt die Feuergefährdung von offenem nicht abgeschattetem Gelände.
Wald- und Flächenbrände breiten sich oft ellipsenförmig aus. Die Feuerfront „frisst sich“ mit dem Wind in die Landschaft. Die Seiten werden durch brennende Flanken begrenzt. Zu unterscheiden sind Boden- und Wipfel- bzw. Vollfeuer. „Brände, die bis zur Hüfte reichen, lassen sich mit Kleinlöschgeräten bekämpfen. Beträgt die Flammenlänge bis zu zwei Metern, ist der Einsatz von C- oder D-Strahlrohren sinnvoll“, erläuterte der Stadtbrandinspektor aus Vlotho. „Ab einer Flammenlänge von zwei Metern ist eine Bekämpfung der Feuerfront, wenn überhaupt, nur mit mehreren Strahlrohren und ausreichend Löschwasser möglich!“ Das Ablöschen der Flanken zur Feuerfront hin gilt dabei als besonders sichere Methode. Jeder Einsatz beginnt von einem gesicherten Ankerpunkt aus. „Das können Schotterflächen, breite Straßen oder sicher abgelöschte Stellen sein.“ Detering warnte vor einem frontalen Löschangriff auf die Feuerfront, der sehr gefährlich sei. „Wird dann noch gegen den Wind gearbeitet, besteht Lebensgefahr!“

Bodenfeuer TreuenbrietzenBodenfeuer lassen sich mit Strahlrohren, Feuerpatschen und Waldbrandschaufeln bekämpfen.
(Foto: Feuerwehr Treuenbrietzen/Brandenburg)

doc1Gegen ein ausgedehntes Wipfelfeuer ist die Feuerwehr machtlos. Jetzt ist vielmehr eine defensive Einsatztaktik erforderlich, um benachbarte Waldgebiete zu schützen. (Foto: Wipfelfeuer an der B 188 bei Meinersen/Nds. während der Waldbrandkatastrophe im Jahr 1975, Archiv Löschzug Schweicheln-Bermbeck)

Waldbrandeinheit mit geländegängigen Tanklöschfahrzeugen

Mittlerweile wurde für den Kreis Herford eine Waldbrandeinheit aufgestellt, die aus den Modulen West und Ost besteht. Das Konzept sieht für jedes Modul zwei geländegängige Tanklöschfahrzeuge 2000 für die direkte mobile Brandbekämpfung in unwegsamen Gebieten vor. Ein geländefähiges Tanklöschfahrzeug 3000 bzw. 4000 soll in Kombination mit dem 8.000 Liter fassenden Abrollbehälter „Wasser“ der Kreisfeuerwehrzentrale Zubringerdienste übernehmen. Ein geländegängiger Kommandowagen, Einsatzleitwagen 2 mit Drohne, zwei Löschgruppenfahrzeuge für den Katastrophenschutz und der LKW der Kreisfeuerwehrzentrale mit dem neuen Waldbrandmodul sind ebenfalls für jedes Modul eingeplant.

DSC 0512Kommt es zu einem ausgedehnten Vegetationsbrand, dann unterstützt die „Waldbrandeinheit Kreis Herford“ die Feuerwehren vor Ort. (Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)

DSC 0095Zwei geländegängige Tanklöschfahrzeuge 2000, so wie dieser Unimog U 20 der Feuerwehr Porta-Westfalica (Kreis. Minden/Lübbecke), sind für die Waldbrandeinheit vorgesehen. Sie werden in Rödinghausen und Kirchlengern stationiert. (Foto: Archiv Redaktion: kfv-herford.de)

Unterstützung aus der Luft

Kommt es zu einem ausgedehnten Wald- oder Flächenbrand, dann kann die Polizeifliegerstaffel NRW über die Leitstelle, Bezirksregierung und das Lagezentrum der Landesregierung um Hilfe gerufen werden. Sie verfügt über sechs neue Maschinen des Typs Airbus H 145, die an den Flughäfen Düsseldorf und Dortmund stationiert sind. Mobile Faltbehälter, die 820 Liter Wasser fassen, gehören zur Zusatzausrüstung, um die Feuerwehr zu unterstützen. Die sogenannten „Bambi-Buckets“ werden unter dem Hubschrauberrumpf mitgeführt und direkt über der Brandstelle entleert. Sie können im Schwebeflug in Flüsse oder Seen eingetaucht und schnell wieder aufgefüllt werden. „Ein solcher Hubschraubereinsatz erfordert aber eine klare Einsatzstrategie“, so Detering.

dok2 bambiDie Polizeifliegerstaffel NRW verfügt über Airbus-Hubschrauber mit Außenlastbehältern zur Brandbekämpfung aus der Luft. (Foto: Jochen Tack/ IM NRW)

Im Wald gibt es keine Straßennamen und Hausnummern. Deshalb stellte der Stadtbrandinspektor zum Abschluss des Online-Seminars noch den „Waldbrandatlas Kreis Herford“ vor, den die Einsatzkräfte vor Ort zur besseren Orientierung nutzen können. Das Kartenmaterial vom Wiehengebirge (Rödinghausen), Schweichelner Wald (Hiddenhausen), dem Stuckenberg (Herford) und Amtshausberg (Vlotho) enthält genaue Angaben zur Befahrbarkeit der Waldwege, den Löschwasser-Entnahmestellen sowie topografischen Besonderheiten. Detering erklärte das Prinzip: „Ein Anrufer, der einen Waldbrand per Handy meldet, wird von der Leitstelle geortet und dann auf einer digitalen Karte, die das Raster und die Informationen aus dem Waldbrandatlas enthält, markiert.“ Die Wehrleute erhalten dadurch exakte Informationen, in welchem Planquadrat sich die Einsatzstelle befindet und wie sie am schnellsten dorthin gelangen.

Im Anschluss entwickelte sich noch eine lebhafte Online-Diskussion unter den Seminarteilnehmern. Es zeigte sich: Das Thema Wald- und Flächenbrandbekämpfung ist in Zeiten des Klimawandels von großem Interesse.

Von Jens Vogelsang