Feuerwehr Vlotho bildet Drehleiter-Helfer aus
Vlotho. Ob Menschenrettung, Brandbekämpfung oder Technische Hilfe: Die Drehleitern der Feuerwehr sind vielfältig einsetzbar. Geschulte Maschinisten steuern die teuren und für den Einsatz besonders wichtigen Hubrettungsgeräte. Erst kürzlich stand die Drehleiter 23/12 (DLK 23/12, MAN/Magirus) der Feuerwehr Vlotho im Mittelpunkt eines Lehrgangs auf Stadtebene. Zu den Teilnehmern zählten Ehrenamtliche der Löschgruppen Bonneberg, Steinbründorf und Uffeln sowie vom Löschzug Vlotho-Mitte. „Sie wurden zu Drehleiter-Helfern ausgebildet und unterstützen künftig die Maschinisten im Einsatzalltag“, erklärte Sven Detering, stellvertretender Wehrführer und Ausbildungsbeauftragter der Feuerwehr Vlotho.
Zu Beginn der zweitägigen Schulung bekamen die Feuerwehrleute das notwendige theoretische Wissen für den Einsatz mit der Drehleiter vermittelt. Dabei wurden die unterschiedlichen Drehleitertypen, technischen Daten und die Beladung erläutert. Der Einsatzerfolg hängt nicht selten von der schnellen und richtigen Positionierung des Hubrettungsfahrzeugs ab. Einen wichtigen Leitfaden bildet dabei die HAUS-Regel. Die Abkürzung steht für H-Hindernisse, A-Abstände, U-Untergrund und S-Sicherheit. Hindernisse müssen erkannt und beurteilt, Abstände eingehalten werden und ein ausreichend befestigter Untergrund für die bis zu 16 Tonnen schweren Fahrzeuge vorhanden sein. Im Einsatz bedient der Maschinist die Drehleiter vom Hauptsteuerstand aus, der sich am Drehleiterkranz befindet. „Währenddessen steuern die künftigen Drehleiter-Helfer den Leiterpark aus dem Rettungskorb heraus, wo sich ein zweiter Steuerstand befindet“, erklärte Ausbilder Thomas Menke. Die einzelnen Abläufe wurden zunächst in der Theorie ausführlich behandelt. Anschließend stand eine kurze Auffrischung zum Thema Fahrzeug- und Gerätekunde auf dem Programm, um für den praktischen Teil gewappnet zu sein. Drehleitern bieten die Möglichkeit, aus luftiger Höhe große Flächen schattenfrei auszuleuchten. Da mittlerweile die Dunkelheit hereingebrochen war, kam die Drehleiter als Lichtmast zum Einsatz. Die Teilnehmer lernten das Beleuchtungskonzept kennen und montierten zusätzliche Arbeitsscheinwerfer an den Rettungskorb.
Die Drehleiter der Feuerwehr ist vielfältig einsetzbar – ob zur Menschenrettung, Brandbekämpfung oder zur Technischen Hilfe. (Foto: Feuerwehr Vlotho)
Elf junge Feuerwehrleute aus Vlotho nehmen an einer Drehleiter-Schulung teil. Sie sind künftig als Drehleiter-Helfer im Einsatz. (Foto: Feuerwehr Vlotho)
Den Wasserdruck in 30 Meter Höhe gespürt.
Für den praktischen Teil wurde der Lehrgang in zwei Gruppen aufgeteilt. Um sich mit der Steuerung vertraut zu machen, bekamen sie Teilnehmer die Aufgabe, verschiedene Punkte in der Höhe mit dem Leiterpark „abzufahren“. Neben dem „Ansteuern“ von Objekten wurde das Übersteigen vom Korb auf Dächer und in Fensteröffnungen geübt. „Gerade beim Annähern an Gebäudefassaden ist wichtig, die Technik feinfühlig zu bedienen“, so Menke. Danach ging es für den Lehrgang an das Weserufer. Hier standen die Handhabung und die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten des Wenderohrs beim Brandeinsatz auf dem Programm. Bis zu 2.500 Liter Löschwasser können aus dem Korb der Drehleiter über eine Multifunktionsdüse abgegeben werden. Dabei spürten die künftigen Drehleiter-Helfer deutlich den enormen Wasserdruck, der in 30 Meter Höhe auf den Leiterpark einwirkte. Das computergestützte CS-System der Leiter glich stärkere Schwankungen durch hydraulisches Gegensteuern aus.
Zurück am Gerätehaus wurde die Schleifkorbtrage mit dem Rettungskorb vorgenommen und dazu die Krankentragen-Halterung verwendet. „So lassen sich Patienten schonend aus der Höhe retten“, erklärte Menke. Eine anspruchsvolle Aufgabe folgte für die Teilnehmer: Sie steuerten den Rettungskorb vor ein Fenster im Obergeschoss des Gerätehauses Am Bullerbach und „retteten einen Patienten“ schulbuchmäßig mit der Schleifkorbtrage. Als abschließende Übung stand ein Geschicklichkeitsparcours auf dem Programm. Die feinfühlige Bedienung der Korbsteuerung konnte so noch einmal trainiert werden.
Die Feuerwehr Vlotho verfügt nun über elf weitere Drehleiter-Helfer. „Sie werden die Drehleiter-Maschinisten künftig tatkräftig unterstützen“, ist sich Sven Detering sicher. Am Ende lobte der stellvertretende Wehrführer aber nicht nur den Ehrgeiz der jungen Feuerwehrleute: „Ausbildern und Teilnehmern hat das Wochenende viel Spaß bereitet!“
Zu den erfolgreichen Teilnehmern des Drehleiter-Helfer-Lehrgangs zählen:
Tim Niklas Vogel, Lukas Wandel, Frederic Gregor, Thorsten Schlüter, Kristina Ramforth, Tim Papenhoff, Fabian Plettemeier, Linn Köstner, Calvin Kohlstädt, Leon Böttcher und Laurin Menke. Außerdem nahmen die neuen Drehleiter-Maschinisten Dominik Fiebig, Patrick Reichpietsch und Christopher Thomes an der Schulung teil, um weitere Erfahrungen zu sammeln. (Feuerwehr Vlotho, Redaktion: kfv-herford.de)
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Am Leiterpark und Rettungskorb befinden sich Arbeitsscheinwerfer. Große Flächen können damit schattenfrei ausgeleuchtet werden. (Foto: Feuerwehr Vlotho)
Rund 30 Meter beträgt die max. Arbeitshöhe des Hubrettungsfahrzeugs. Während der Schulung lernen die künftigen Drehleiter-Helfer, wie der Leiterpark mit viel Feingefühl gesteuert wird.
(Foto: Feuerwehr Vlotho)
Übungseinsatz an der Weser: Mit dem Wenderohr der Drehleiter lassen sich Großbrände aus der Luft effektiv bekämpfen. (Foto: Feuerwehr Vlotho)
Bis zu 2.500 Liter Löschwasser strömen durch die Multifunktionsdüse. (Foto: Feuerwehr Vlotho)
Verletzte oder schwerkranke Menschen können mit der Drehleiter schonend aus höher gelegenen Stockwerken transportiert werden. Eine aufwendige Rettungsaktion mit dem Bergetuch durch das enge Treppenhaus entfällt. (Foto: Feuerwehr Vlotho)
Krankentragen-Halterung und Schleifkorbtrage bieten gute Möglichkeiten zur Menschenrettung.
(Foto: Feuerwehr Vlotho)
Als abschließende Übung steht ein Geschicklichkeitsparcours auf dem Programm. Behutsam fahren die Teilnehmer den Leiterpark waagerecht aus, um alle Punkte zu erreichen.
(Foto: Feuerwehr Vlotho)
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Feuerwehrpionier konstruiert Pferdedrehturmleiter
Conrad Dietrich Magirus (1824 – 1895) gilt als Feuerwehrpionier. Durch seine Tätigkeit in der Feuerwehr kam der Unternehmer und Erfinder auf die Idee, Feuerwehrleitern zu konstruieren. Im Jahr 1892 baute Magirus in seiner Werkstatt in Ulm/Donau die erste Drehleiter zusammen, die von Pferden gezogen wurde und eine Höhe von 25 Metern erreichte. Weltweit sollen noch drei dieser sogenannten Pferdedrehturmleitern, die bereits über die Grundfunktionen eines modernen Hubrettungsgerätes verfügten, erhalten geblieben sein. Das Exemplar aus dem Jahr 1903 zählt zu den besonderen Schätzen des Feuerwehrmuseums Kirchlengern-Häver. Der historische „Drehleiterwagen“ erreicht eine Steighöhe von 23 Metern und bringt ein Gewicht von rund zwei Tonnen auf die Waage. Er war einst bei der Berufsfeuerwehr Mainz (Rheinland-Pfalz) im Einsatz, wo er von vier Pferden zur Einsatzstelle gezogen und von sechs Feuerwehrleuten bedient wurde.
Feuerwehrpionier Conrad Dietrich Magirus konstruierte 1892 die erste Pferdedrehturmleiter. Sie verfügte bereits über die Grundfunktionen einer modernen Drehleiter heutiger Tage. (Foto: J. Vogelsang)
„Standard-Drehleiter“ reicht bis zur Hochhausgrenze
Die Drehleiter mit Korb 23/12, oder kurz DLK 23/12, ist in Deutschland besonders häufig zu finden. Der oft vierteilige Leitersatz der „Standard-Drehleiter“ misst eine Gesamtlänge von rund 30 Metern. Er ist auf einem Drehkranz montiert, der sich um 360 Grad rotieren lässt. Der Maschinist bedient die Leitertechnik vom Steuerstand aus, der sich direkt am Drehkranz befindet. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, die Leiter aus dem Rettungskorb zu steuern. Beträgt der Abstand zur Gebäudefassade zwölf Meter (Ausladung), wird eine (Nenn-)Rettungshöhe von 23 Metern erreicht. Das entspricht in etwa dem siebten Obergeschoss eines Wohnhauses. Noch höhere Gebäude gelten in Deutschland als Hochhäuser. Für sie ist ein Sicherheitstreppenhaus oder ein zweiter baulicher Rettungsweg vorgeschrieben.
DLK 23/12 mit Gelenkarm der Feuerwehr Herford. Die M32L-AS von Magirus wurde 2020 in Dienst gestellt. (Foto: Feuerwehr Herford)
Höchste Drehleiter der Welt: Mit dem Fahrstuhl in luftige Höhe.
Die M68L gilt mit einer Arbeitshöhe von 68 Metern als momentan höchste Drehleiter der Welt. Hersteller Magirus (Ulm/Donau) liefert sie unter anderem auf einem Vier-Achs-Fahrgestell (8x4) vom Typ Iveco-Trakker mit 410 PS (Euro 6). Das zulässige Gesamtgewicht der „Extra Long Ladder“ beträgt über 40 Tonnen. Der Auszug des siebenteiligen Leitersatzes erfolgt, so wie es bei Magirus typisch ist, über eine eingebaute Winde (Typ Rotzler). Die Teleskopwasserführung im Leitersatz ermöglicht einen schnellen Wassertransport bis zur Spitze. Dort befindet sich der Rettungskorb, der für eine Kapazität von drei Personen oder 300 Kilogramm ausgelegt ist. Um die extreme Höhe von 68 Metern sicher zu überwinden gibt es einen Aufzug. Magirus stellte seine Superleiter erstmals auf der Interschutz-Messe im Jahr 2015 in Hannover vor und lieferte sie unter anderem in die südkoreanische Hauptstadt Seoul.
Die M68L von Magirus erreicht eine Höhe von 68 Metern und gilt damit als zurzeit höchste Drehleiter der Welt. (Foto: Magirus Ulm/Donau)
Schutz und Rettung Zürich testet weltweit erste elektrisch angetriebene Drehleiter
Um die Erderwärmung zu stoppen, müssen die Städte klimaneutral werden. Vor diesem Hintergrund nimmt die Berufsfeuerwehr Zürich (Schutz und Rettung Zürich) im Dezember 2022 die weltweit erste elektrisch angetriebene Autodrehleiter (E-ADL) „der Neuzeit“ in Betrieb. Während einer einjährigen Pilotphase soll die L32A-XS electric von Rosenbauer - sie erreicht eine Arbeitshöhe von max. 32 Metern - zunächst im Einsatzalltag ausgiebig getestet werden. Das Fahrgestell kommt aus dem LKW-Elektroprogramm von Volvo. Zwei E-Motoren mit einer Leistung von 300 PS (225 kW) sorgen für den Antrieb des 18-Tonners vom Typ Volvo FE. Für die Energieversorgung stehen drei Lithium-Ionen-Akkupakete mit einer Kapazität von je 66 Kilowattstunden zur Verfügung. Acht bis zehn Einsatzfahrten sollen ohne Nachladen möglich sein. Dabei kalkuliert die Feuerwehr Zürich für jedes „Szenario“ mit dem Energieverbrauch für eine insgesamt acht Kilometer lange Hin- und Rückfahrt, den Abstützvorgang, zwei Leiterbewegungen und einen einstündigen Lichtmastbetrieb. Die E-Drehleiter steht der Feuerwehr während der Pilotphase zusätzlich zur Verfügung. Der Kaufpreis soll rund 1,2 Millionen Franken betragen, was einer etwa gleich hohen Investition in Euro entspricht. Der Kaufvertrag ist aber noch nicht unterschrieben: Während der Testphase mietet Schutz und Rettung Zürich die E-ADL zunächst. (Redaktion: kfv-herford.de)
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Schutz und Rettung Zürich stellt mit der L32A-XS electric von Rosenbauer die weltweit erste elektrische Drehleiter (der Neuzeit) in Betrieb. (Foto: Rosenbauer, Leonding/Österreich)