VdF-Mitgliederversammlung und 112Rescue in Dortmund
Dortmund. Dr. Jan Heinisch (Heiligenhaus) bleibt Vorsitzender des Verbandes der Feuerwehren in NRW (VdF NRW). Ihm stehen weiterhin Bernd Schneider (Siegen-Wittgenstein) und Christian Eichhorn (Iserlohn) als Stellvertreter zur Seite. Während der VdF-Mitgliederversammlung in Dortmund (17.06.2023) wurde das bewährte Führungstrio mit großer Mehrheit im Amt bestätigt. Zuvor hatte Heinisch ausführlich Bericht erstattet und die positive Mitgliederentwicklung hervorgehoben: „Wir bewegen uns stramm aufwärts!“ 112(!) Delegierte aus allen Teilen Nordrhein-Westfalens waren im Silbersaal des Kongresszentrums Westfalenhallen Dortmund zusammengekommen. Auf dem benachbarten Messegelände fand zur gleichen Zeit die 112Rescue statt. Die Fachmesse für Brandschutz, Rettungswesen, Katastrophen- und Bevölkerungsschutz feierte in diesem Jahr Premiere und soll künftig alljährlich an gleicher Stelle das fachkundige Publikum anlocken.
Dr. Christoph Weltecke (Hessen), Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV), überbrachte die Grüße von Präsident Karl-Heinz Banse und damit zugleich die Grüße von über eine Million Menschen im Land, die sich dem Brandschutz verschrieben haben. Weltecke sprach von bewegten Zeiten: „Ich nenne den Ukrainekrieg mit seinen Auswirkungen auf den Bevölkerungsschutz, den Klimawandel mit Auswirkungen auf die Einsatztaktik und ich nenne auch die Verrohung der Gesellschaft mit einer besorgniserregenden Tendenz zu Gewalt gegen Einsatzkräfte.“ In all den Gräueln des Krieges habe sich die große Feuerwehrfamilie mit Spenden- und Hilfsaktionen gezeigt, auf die man sich auch länderübergreifend verlassen könne. Im Inland habe der Ukrainekrieg den Blick für Fragen des Bevölkerungsschutzes geschärft. „Hier besteht Nachholbedarf auf allen Ebenen.“ Ebenso stelle der Klimawandel die Feuerwehren vor besondere Herausforderungen, erklärte der Vizepräsident. Der DFV versuche als Dienstleister im fachlichen Bereich zu unterstützen, sagte Weltecke. Und er schien nach all den Querelen der letzten Jahre auf Versöhnung bedacht zu sein: „Ich freue mich, dass auch Ihr und Eure Mitglieder so gut in der Facharbeit vertreten sind.“ Um Einsatzkräfte besser vor Gewalt zu schützen seien Handlungsempfehlungen durch eine Arbeitsgruppe erarbeitet worden. Im Übrigen habe der Gesetzgeber die Ausweitung des Strafrahmens angekündigt. „Das muss selbstverständlich auch umgesetzt werden“, meinte der Vizepräsident. „Wir setzen uns für eine konsequente Strafverfolgung ein; denn helfende Hände schlägt man nicht!“
Dr. Jan Heinisch bleibt Vorsitzender des VdF NRW. Er berichtet in Dortmund über die Verbandsarbeit und eine positive Entwicklung der Mitgliederzahlen.
Dr. Christoph Weltecke, Vizepräsident des DFV, überbringt die Grüße der mehr als eine Million Mitglieder des Dachverbandes.
NRW-Innenminister Herbert Reul nimmt sich trotz vollem Terminkalender Zeit für die Feuerwehr.
„Baustellen“ im Katastrophenschutz
NRW-Innenminister Herbert Reul hatte sich den Besuch der Tagung und einen anschließenden Messerundgang nicht nehmen lassen. In seinem Grußwort erinnerte der Minister an den schrecklichen Vorfall in einem Ratingen Hochhaus, der sich am 11. Mai ereignet hatte. Ein Mann hatte Einsatzkräften der Feuerwehr und der Polizei Benzin entgegen geschleudert und angezündet. Es kam zu einer Explosion mit mehr als 30 Verletzten. „An diesem Tag wurde uns schmerzlich vor Augen geführt, wie unvorhersehbar und unkalkulierbar Routineeinsätze sein können. Wir dürfen uns mit der zunehmenden Gewalt gegen Einsatzkräfte einfach nicht abfinden.“ Der Minister kam anschließend auf den Katastrophenschutz zu sprechen. Er räumte ein, dass es hier ein paar Baustellen gebe. Erst die Flutkatastrophe habe die Verantwortlichen wachgerüttelt. „Ich bin dankbar, dass wir uns schnell zusammengefunden haben, um zu klären, was muss man anders machen – was muss man ändern“, sagte Reul im Hinblick auf die Novellierung des Gesetzes über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG). Hochwasserkatastrophe, Energiemangellage und Vegetationsbrände seien allerdings Probleme, für die es keine „Superlösung“ gebe.
Anschlag macht fassungslos
René Schubert, Leiter der Feuerwehr Ratingen (Kreis Mettmann), berichtete in Dortmund über die Ereignisse am 11. Mai, während die Delegierten fassungslos zuhörten. Feuerwehr und Polizei waren an jenem Donnerstagmorgen zu einem Türöffnungseinsatz gerufen worden, weil der Briefkasten der Hochhauswohnung im zehnten Stock überquoll. „Der Maschinist des HLF berichtete, das Verwesungsgeruch wahrgenommen werde und die Tür sehr gesichert sei.“ Nachdem die Einsatzkräfte den Zugang geöffnet und eine Barriere aus Getränkekisten beiseite geräumt hatten, trat der Täter hervor, versprühte das Benzin und führte die Explosion herbei. „Das passierte innerhalb von sechs Sekunden“, so Schubert, „sodass keine Chance bestand, adäquat zu reagieren.“ Neun Einsatzkräfte, darunter vier Feuerwehrleute, erlitten zum Teil schwerste Brandverletzungen. Eine Polizistin liegt noch immer im künstlichen Koma. 22 weitere Personen zogen sich zudem leichte Verletzungen zu. Später wurde die tote Mutter des Täters in der Wohnung gefunden. Schubert sprach von einem belastenden Einsatz. Kurz nach dem Vorfall waren elf Feuerwehrleute nur aufgrund der psychotraumatischen Eindrücke dienstunfähig. „Das was uns Kraft gibt, ist die Solidarität aus der Bevölkerung.“ Eine Bürgerinitiative hatte noch am gleichen Tag zu einem Bürgertreffen auf dem Ratinger Marktplatz aufgerufen. Rund 800 Menschen kamen und zeigten ihre Verbundenheit mit den Einsatzkräften.
René Schubert, Leiter der Feuerwehr Ratingen, berichtet über den Anschlag auf Einsatzkräfte der Feuerwehr und Polizei in einem Hochhaus.
Jan Heinisch (VdF-Vorsitzender): „ Ehrenamt hat Zukunft und ist gefragt!“
Jan Heinisch viel es anschließend schwer, in der Tagesordnung fortzufahren. Der VdF-Vorsitzende hob in seinem kurzen Jahresbericht die positive Mitgliederentwicklung hervor. Im Jahr 2015 zählte der Verband 81.679 Mitglieder. Mittlerweile liegt die Zahl bei rund 92.000 Aktiven im Ehrenamtsbereich. „Ehrenamt hat Zukunft und ist gefragt, zumindest in NRW“, so Heinisch. Bei den Jugendfeuerwehren sind die Zahlen im Zeitraum von 2015 (21.111 Mitglieder) bis 2021 (21.835) konstant geblieben. Auch das sei als Erfolg zu werten, so Heinisch, denn die Zielgruppe habe demografisch stark abgenommen. Die Kinderfeuerwehr, sie ging in NRW mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz im Jahr 2015 an den Start, entwickelt sich zur Erfolgsgeschichte. Am 31. Dezember 2021 zählten die „Bambini-Wehren“ 4.200 Mitglieder. „Rund die Hälfte der Feuerwehren in NRW hat mittlerweile eine Kinderfeuerwehr.“
Das Seminarangebot des Verbandes sei erheblich ausgebaut worden, betonte der VdF-Chef im weiteren Verlauf seiner Rede. „Wir haben Veranstaltungen nicht nur zu vielen Feuerwehrthemen aus dem Einsatzalltag angeboten, sondern beispielsweise auch zur Planung und den Neubau von Feuerwehrhäusern.“ Die Seminare „Falsche Taktik - Große Schäden“, die gemeinsam mit der Provinzial-Versicherung organisiert wurden, seien besonders beliebt gewesen und hätten im gesamten Land für volle Säle gesorgt. Die kostenlose Seminarreihe „Fireabend“ habe daran angeknüpft, allerdings digital über das Internet. Themen wie alternative Antriebskonzepte, die Vegetationsbrandbekämpfung und Einsatzstellenbelüftung standen bereits auf dem Programm.
Die anschließenden Vorstandswahlen brachten keine Überraschungen. Michael Kirchhoff, scheidender Bezirksbrandmeister (Hüllhorst), wurde aus der Verbandsführung verabschiedet. Künftig wird OWL durch Elmar Keuter, designierter Bezirksbrandmeister aus Paderborn, im Vorstand vertreten. Weiterhin sollen die Frauen im VdF stärkeres Gewicht bekommen. Die Versammlung wählte Birgit Kill (Essen) zur Landesfrauensprecherin. Darüber hinaus bestätigten die Delegierten Leon Pleuger (Heiden/Münsterland) als neuen Landesjugendfeuerwehrwart.
Die Wahlen bringen personelle Veränderungen mit sich: (v.l.) Jeanette Theilmeier (neue Vertreterin des Werkfeuerwehrverbandes im Vorstand), Thomas Jeziorek (bisheriger Vertreter des Werkfeuerwehrverbandes im Vorstand), Vorsitzender Dr. Jan Heinisch, Elmar Keuter (neuer Vertreter des RB Detmold im Vorstand) u. Michael Kirchhoff (bisheriger Vertreter des RB Detmold im Vorstand).
112Rescue feiert Premiere
Währenddessen lief auf dem nahen Messegelände die Premiere der 112Rescue (14. – 17.06.2023). 236 Unternehmen und Organisationen aus neun Ländern waren nach Dortmund gekommen, um Neuheiten aus den Bereichen Brandschutz, Rettungswesen, Katastrophen- und Bevölkerungsschutz zu zeigen oder ihr Leistungsspektrum zu präsentieren. Zudem standen Fachtagungen und Symposien auf dem Programm der Blaulichtmesse. Der VdF NRW informierte als ideeller Messepartner an seinem Stand unter dem Motto „112: Ich bin beliebt!“.
Die 112Rescue wurde nicht als reines „Schaulaufen der Branche“ konzipiert. Vielmehr stand der Austausch der Experten im Vordergrund. „Denn nicht die Technik, sondern der Mensch rettet Leben“, so NRW-Innenminister Herbert Reul, der die Schirmherrschaft übernommen hatte.
Die Fachmesse 112Rescue feiert Premiere: Rund 240 Unternehmen und Organisationen präsentieren sich in Dortmund.
Während seines Messerundgangs besichtigte der Minister am Stand der Maxisgruppe einen gepanzerten Rettungswagen. Das Unternehmen aus Jülich (Kreis Düren) ist spezialisiert auf Mobilitäts- und Sicherheitslösungen in extremen Gefahrenlagen. Carl Henkel, Feuerwehrausrüster aus Bielefeld, führte einen Löschroboter der Firma Shark Robotics (Frankreich) vor, der beim Brand der Kathedrale Notre-Dame in Paris eingesetzt wurde. Am Stand des Unternehmens Sonderfahrzeugbau Henkel (Bochum) stieß ein Fahrzeug mit Wasserstoffantrieb auf großes Interesse. Auf dem Außengelände zeigten Iturri (Wilnsdorf/Kreis Siegen-Wittgenstein) und Desautel (Frankreich) moderne Tanklöschfahrzeuge für die Waldbrandbekämpfung. Weitere Spezialfahrzeuge präsentierten die Lueg Gruppe (Bochum) sowie die Johanniter Unfallhilfe. Sie stellte einen Unimog-Rettungswagen und ein Amphibienfahrzeug vor. Gleich daneben zeigte das Unternehmen Matschke und Müller aus Ihlow in Ostfriesland ein leistungsfähiges Feuerwehrboot von Alucat (Finnland), das für Rettungseinsätze auf Gewässern und in Hochwassergebieten entwickelt wurde. Einen Hubschrauber zur Notfallrettung aus der Luft und für Intensivtransporte gab es am Stand der DRF Luftrettung zu besichtigen. Und die Feuerwehr Dortmund demonstrierte in Kooperation mit dem Deutschen Robotik-Zentrum verschiedene Anwendungen aus der Welt der Roboter und die Einsatzmöglichkeiten von Drohnen.
Die 112Rescue widmete sich darüber hinaus zusammen mit verschiedenen Partnern besonders dem Potential von Frauen in den traditionell eher von Männern geprägten Domänen Feuerwehr und Rettungswesen. Die Sonderfläche „Women in Rescue“ setzte dabei ein deutliches Zeichen für mehr Wertschätzung. Den neu ins Leben gerufenen „Women in Rescue Award“ erhielt Lea Urbach. Sie ist seit fast 20 Jahren ehrenamtlich für das Deutsche Rote Kreuz Breinig (Kreis Stolberg) tätig.
Die zweite Ausgabe der 112Rescue findet vom 05. bis 08. Juni 2024 statt.
Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)
Bildunterschriften:
112(!) Delegierte aus allen Teilen Nordrhein-Westfalens sind im Silbersaal des Kongresszentrums zur VdF-Mitgliederversammlung zusammengekommen.
NRW-Innenminister Herbert Reul und Silke Baumgarten, Abteilungsleiterin im Innenministerium.
Jan Heinisch (r) im Gespräch mit Berthold Penkert, Direktor des IdF NRW.
(v.l.) VdF-Geschäftsführer Christoph Schöneborn und Vize-Vorsitzender Bernd Schneider.
(v.l.) Jörg Müssig, Justiziar des Verbandes, und Vize-Vorsitzender Christian Eichhorn.
Bundesjugendleiter Christian Patzelt (l) zählt zu den Gästen der Mitgliederversammlung.
Der Vorsitzende beleuchtet in seiner Rede die Facetten der Verbandsarbeit.
(v.l.) Stephan Neuhoff, ehemaliger Leiter der Feuerwehr Köln und jetziger Vorsitzender des Solidaritätsfonds, gemeinsam mit Dr. Klaus Schneider, Ehrenvorsitzender des VdF NRW.
Abordnung aus OWL
Spende für die Kinderfeuerwehr: (v.l.) Bernd Meierbeck (Projekt „Grisu hilft!“) , Bernd Schneider u. Jan Heinisch.
Geländegängiges Unimog-Pritschenfahrzeug mit Maxwald-Winde der Johanniter.
Waldbrand-TLF (CCFM 3000 „Niedersachsen“) von Iturri.
Hubrettungsfahrzeug (Echelles Riffaud, Frankreich) für die Feuerwehr Madrid/Spanien.
Rettungsboot des finnischen Herstellers Alucat.
Tanklöschfahrzeuge für …
… den Waldbrandeinsatz von Desautel (Frankreich).