Fahrzeug des Monats
Juni 2019
Hilfeleistungs-Löschgruppenfahrzeug 20 (HLF 20)
Einsatzfahrzeug der Feuerwehr Enger
Standort: Löschzug Dreyen
Funkrufname nach OPTA:
Florian Enger – 2 – HLF 20 – 1
Technische Daten:
Fahrgestell (Hersteller) |
Mercedes-Benz |
Typ |
Atego 1530 AF |
Motor |
6-Zylinder, Reihe, 24 Ventile, Diesel |
Hubraum |
7.698 cm³ |
Leistung |
220 kW (299 PS) |
Antrieb |
Allrad |
Bereifung |
275/70R 22,5 |
Getriebe |
Mercedes Powershift 3 |
Höchstgeschwindigkeit |
100 km/h (elektronisch abgeriegelt) |
Abmessungen |
8,60 m (L), 2,50 m (B), 3,3 m (H) |
Zul. Gesamtgewicht |
16 t |
Lackierung |
RAL 3020 (Verkehrsrot) |
Aufbauhersteller: |
Schlingmann, Dissen a. T.W. |
Aufbau |
Highline / VARUS |
Informationen zur Beladung: |
Löschmittel |
G1 |
Ebene 1: |
G3 |
Gefahrstoffbox |
G5 |
Schlauchpaket mit C-Hohlstrahlrohr |
G2 |
Rettungsbrett |
G4 |
PVC Kasten mit Set zur Grobreinigung |
G6 |
8 B-Druckrollschläuche |
GR |
Pumpe Schaumzumischung Heckwarneinrichtung |
Mannschaftsraum |
Action-Tower unter den Sitzbänken: Standheizung |
Fahrerhaus |
2 analoge Handsprechfunkgeräte 1 digitales Handfunkgerät (HRT) für den Gruppenführer |
Dach |
Leitern an den Entnahmen der Leiter: pneumatischer Lichtmast: Steckleiterverbindungsteil |
Besatzung |
1/7 (Gruppe ohne Melder) |
Baujahr |
2019 |
amtl. Kfz-Kennzeichen |
HF-FE 201 |
Wissenswertes zum HLF20:
Das Hilfeleistungslöschfahrzeug 20, oder kurz HLF 20, ist das größte und modernste Standardlöschfahrzeug in Deutschland. Es wird von fast allen Berufsfeuerwehrwachen und Stützpunktwehren als Erstangriffsfahrzeug genutzt. Seine Beladung ist ausgelegt auf die Brandbekämpfung und technische Hilfeleistung, speziell bei Verkehrsunfällen und Unwetterschäden. Damit deckt das HLF 20 den größten Teil des Einsatzspektrums ab. Die Norm sieht für das Auto individuelle Ergänzungen bzw. zusätzliche Beladungsmodule „nach den örtlichen Belangen“ vor.
Ersatz für den „letzten aktiven Feuerwehr-Rundhauber“ im Kreis Herford
Das HLF 20 ersetzt das 35 Jahre alte Löschgruppenfahrzeug 16 mit Tragkraftspritze (LF 16-TS) des Löschzugs Enger-Dreyen. Damit geht der letzte „Feuerwehr-Rundhauber-Mercedes“, der sich im Kreis Herford noch im Einsatzdienst befand, „in den wohlverdienten Ruhestand“. Der Oldie entsprach schon lange nicht mehr den modernen Sicherheitsanforderungen: Er verfügte über kein Antiblockiersystem, die Anschnallgurte fehlten und die Geräte waren weder unter ergonomischen Gesichtspunkten verladen, noch gab es eine moderne Ladungssicherung. Mittlerweile waren für das betagte Löschfahrzeug mit der charakteristischen Frontpumpe auch immer schwerer Ersatzteile zu bekommen.
Die ersten Planungen für das neue HLF begannen im Jahr 2015 mit dem Besuch der Interschutzmesse in Hannover. Im Sommer 2016 startete mit den Herstelleranfragen und der Besichtigung ähnlicher Fahrzeuge bei befreundeten Wehren die heiße Phase der Beschaffung. Das Leistungsverzeichnis, also quasi der Anforderungskatalog für das neue Feuerwehrauto, ging dann ein Jahr später „online“ und war damit europaweit verfügbar. Am Ende konnte sich Feuerwehrausrüster Schlingmann aus Dissen am Teutoburger Wald durchsetzen und das Ausschreibungsverfahren mit dem günstigsten Angebot für sich entscheiden. Die weiteren Lose gingen an Mercedes-Benz für das Fahrgestellt und die Fa. Henkel (Bielefeld) für die Beladung des Aufbaus.
Der Bau eines Feuerwehrfahrzeugs bedeutet immer viel Handarbeit; und die kostet Zeit. Außerdem sind die Auftragsbücher der Hersteller meist gut gefüllt, sodass auch aus diesem Grund von der Bestellung bis zur Fertigstellung eines Feuerwehrautos einige Monate ins Land gehen. Im Mai 2019 war es für die Feuerwehr Enger aber schließlich soweit. Michael Rogowski, Wehrführer der Widukindstadt, und zehn weitere Kameraden des Löschzugs Enger-Dreyen machten sich auf den Weg nach Dissen. Sie wurden vor Ort in die Besonderheiten des neuen HLF 20, einem Mercedes Atego mit Allradantrieb, eingewiesen. Dieses Wissen geben sie jetzt auf Standortebene an ihre Kameraden weiter. Sobald sich alle Maschinisten mit der modernen Pumpe samt Druckschaumzumischanlage vertraut gemacht hätten und der komplette Löschzug die neue Ausrüstung sicher bedienen könne, werde das Auto einsatzbereit gemeldet, heißt es von der Feuerwehr Enger. Die offizielle Übergabe durch den Bürgermeister sei Anfang September vorgesehen.
Der Löschzug Enger-Mitte wird übrigens ein ähnliches Hilfeleistungslöschfahrzeug erhalten, für das ebenfalls Feuerwehrausrüster Schlingmann den Zuschlag erhalten hat. Es wird zusätzlich mit einer Seilwinde ausgerüstet und im Frühsommer 2020 in Enger erwartet.
Über die Schlingmann GmbH u. Co. KG
Als sich Heinrich Schlingmann im Jahre 1880 mit einer Stellmacherei selbstständig machte, hatte er eine solide Ausbildung, ehrgeizige Ziele, feste Prinzipien – und sehr rasch Erfolg. Das Unternehmen trägt bis heute den Namen seines Gründers. Es ist in über 130 Jahren zu einem der größten Feuerwehrfahrzeughersteller Deutschlands gewachsen. Bis heute ist Schlingmann ein Familienunternehmen und ein Betrieb, der nach wie vor „meisterliche Handwerksarbeit“ abliefert. Eine solche Konstellation sei mittlerweile selten geworden ist, heißt es auf der Internetseite der Firma.
In den 1930er Jahren waren die Leicht-LKW von Opel sehr beliebt. Schlingmann erkannte das Potential des Lasters für die Feuerwehr und fertigte diverse Kofferaufbauten auf Opel-Blitz-Fahrgestellen. Ein solches Fahrzeug bekam 1935 auch die örtliche Freiwillige Feuerwehr aus Dissen.
Nach der Waldbrandkatastrophe in Niedersachsen im Jahr 1975, damals waren über 8.000 Hektar Wald-, Moor- und Heidelandschaft verbrannt, entwickelte Schlingmann das Tanklöschfahrzeug 8 Waldbrand (TLF 8 W), den sogenannten Niedersachsentanker. Das Fahrzeug war speziell für die Bekämpfung von Wald- und Flächenbränden ausgelegt. Es hatte Allradantrieb, einen großen Wassertank und im Dach der Fahrerkabine eine Luke. Durch die konnten während der Fahrt mit einer Schnellangriffseinrichtung Löscharbeiten durchgeführt werden.
Zum Unternehmen Schlingmann (rund 130 Mitarbeiter) zählen heute das Hauptwerk in Dissen, die Kemner GmbH in Versmold, die 1993 als Tochtergesellschaft übernommen wurde, und ein weiterer Standort in Burgstädt. Das Angebot an Feuerwehrautos reicht von den Normfahrzeugen bis zu Sonderbauten. Neben den Standardlöschfahrzeugen TSF-W, MLF, LF 10, HLF 10, LF 20, HLF 20, LF 20 KatS, TLF 2000, TLF 3000 und TLF 4000 werden auch Rüst- und Gerätewagen gefertigt. Als Sonderfahrzeuge nennt Schlingmann zum Beispiel Großtanklöschfahrzeug (GTLF), Löschgruppenfahrzeug-Logistik (LF-Logistik), Tragkraftspritzenfahrzeug-Logistik (TSF-Logistik), Rüstwagen mit Kran (RW-Kran) oder Ladebordwand.
Schlingmann hatte sein neues Aufbaukonzept im Jahr 2015 auf der Interschutzmesse in Hannover erstmals vorgestellt. Es trägt den Namen VARUS. (Redaktion: kfv-herford.de)
-JMey-
Das HLF20 ist an seinem neuen Standort angekommen.
In den nächsten Wochen stehen Ausbildung und Einweisung an dem Fahrzeug im Fokus.
Der Ruhestand ist in Sichtweite nach 35 Jahren und sehr treuer Dienste,
der letzte aktive Rundhauber im Kreis Herford, das LF 16 TS Baujahr 1984.