Fahrzeug des Monats
Februar 2022
100 ft Tractor-Drawn-Aerial (100 ft TDA), „30 m Sattelzugdrehleiter“
Einsatzfahrzeug des Ventura Country Fire Department, Kalifornien (USA)
Standort: Wood Ranch Fire Station (Station 44), Country Club Drive, Simi Valley
Funkrufname („Radio Designation“): Quint 44
Technische Daten
Fahrgestell (Hersteller) |
Rosenbauer Motors Division, Wyoming, Minnesota/USA |
Typ |
Commander R 608 |
Motor |
Cummins ISX |
Hubraum |
15 l |
Leistung |
600 PS (441 kW) |
Getriebe |
Automatik: Allison Heavy Duty |
Höchstgeschwindigkeit |
rd. 95 km/h (rd. 60 mph) |
Abmessungen |
rd. 19,0 m (L) x 2,80 m (B) x 3,70 m (H) |
Ausbau/Ausrüstung |
Rosenbauer Aerials, Fremont, Nebraska/USA Aufbau Pumpe Löschmittel weitere Beladung |
Besatzung |
max. 1/5 (Staffel) |
Baujahr/Indienststellung |
2018 |
Kosten (Schätzung) |
rd. 1 Mio. Euro (rd. 1,2 Mio. Dollar) |
(Fortsetzung von der Startseite)
Im Volksmund heißt sie Tiller Ladder. Ihre offizielle Bezeichnung lautet allerdings Tractor-Drawn-Aerial (TDA). Die deutsche Übersetzung - „Schlepper zieht Drehleiter“ – verrät allerdings nur die halbe Wahrheit; denn das Einsatzfahrzeug der US-Firefighters ist eine Kombination aus Engine (Löschfahrzeug) und Ladder (Leiter), das fünf Ausrüstungsfunktionen kombiniert: Drehleiter, Pumpe, Wassertank, Saug- und Druckschläuche sowie verschiedene tragbare Leitern. Die Amerikaner sprechen deshalb von einem Quint, der Kurzform für Quintuple-Comination-Pumper („Fünffach-Kombination-Pumper“).
Tractor, Trailer und Tiller aus Rosenbauer-Hand
Der quietsch-gelbe „Tillered-Ladder-Truck“ des Ventura Country Fire Departments (VCFD) in Kalifornien, Funkrufname Quint 44, bietet aus allen Perspektiven einen imposanten Anblick. Die Zugmaschine (Tractor), der Sattelauflieger (Trailer) mit dem Leitersatz und die Kabine am Heck mit dem Steuer (Tiller) für die Hinterachse, zählen zu den charakteristischen Bestandteilen. Die Gesamtlänge des chromfunkelnden VCFD-Flaggschiffs summiert sich so auf fast 20 Meter. Rosenbauer America, Tochtergesellschaft des Rosenbauer-Konzerns mit Sitz in Österreich, hat das für deutsche Verhältnisse „atemberaubende“ Gerät, im Jahr 2018 ausgeliefert. Das Unternehmen ist mittlerweile so breit aufgestellt, dass vieles aus einer Hand produziert wird. So wurden Fahrgestell und Chassis der „Ventura-Ladder“ am Standort in Wyoming/Minnesota gefertigt, während die Leitertechnik von Rosenbauer Aerials in Fremont/Nebraska stammt. Das dreiachsige Zugfahrzeug vom Typ Rosenbauer Commander verfügt über eine 600 PS starke Antriebsmaschine des US-Motorenbauers Cummins. Direkt über der zwillingsbereiften Hinterachse befindet sich der Drehschemel für den vierteiligen Leitersatz vom Typ Rosenbauer Viper, mit dem eine Höhe von 100 Feet (30,5 Meter) erreicht werden kann. Zwei robuste Teleskopstützen gewährleisten im Drehleiterbetrieb einen sicheren Stand. Die elektronische Steuerung („Rosenbauer Aerial Smart Controls“) sorgt für „federsanfte“ Leiterbewegungen und unterstützt den Maschinisten bei der Vermeidung von Fehlbedienungen. Direkt hinter der Mannschaftskabine befindet sich die leistungsstarke Pumpe. Sie wird von der Seite aus bedient und schafft bis zu 1.500 Gallonen pro Minute, das sind umgerechnet rund 5.700 Liter. Auch das ist, verglichen mit einer Drehleiter nach deutschen Standards, ungewöhnlich: Quint 44 verfügt über einen Wassertrank, der 300 Gallonen oder rund 1.100 Liter fasst. Ein ausgeklügeltes Beleuchtungspaket sorgt für Sicherheit. Der Leiterpark ist feuerverzinkt, der feuerwehrtechnische Aufbau aus Aluminium gefertigt, um eine hohe Korrosionsbeständigkeit zu garantieren.
Tiller Ladder des Ventura Country Fire Department in Kalifornien/USA. Mit dem vierteiligen Leitersatz, der auf dem Trailer lagert, kann eine Höhe von 30 Metern erreicht werden.
(Foto: Nyfdlover76, Wikipedia)
Tillerman bestimmt den Kurvenradius
Die Tiller Ladder des VCFD, die an der Feuerwache 44 in Simi Valley stationiert ist, wird immer von zwei Wehrleuten zur Einsatzstelle gefahren. Sie stehen über ein Sprechfunksystem permanent miteinander in Verbindung. Vorne sitzt der Maschinist am Steuer und am Heck kurbelt der Tillerman das Lenkrad für die Hinterräder. Geht es durch die Kurve ist Fingerspitzengefühl gefragt. Während der Fahrer die Fahrtrichtung bestimmt, lenkt der Tillerman den Trailer in die entgegengesetzte Richtung und bestimmt so den Radius, den der Sattelauflieger durchfährt. Diese Technik verleiht dem rund 19 Meter langen Gefährt eine erstaunliche Wendigkeit. Arbeiten Fahrer und Tillerman perfekt zusammen, können engste Radien gefahren werden und sogar „elegantes Driften“ ist möglich. Und noch ein weiteres Argument spricht für die Tiller Ladder: Sie ist im Vergleich zu einer klassischen Drehleiter mit gleicher Leitersatzlänge niedriger, sodass auch Engstellen passiert werden können.
Die US-Feuerwehren haben ihre Technik und Einsatztaktiken an die weit verbreitete Holzbauweise der Gebäude angepasst. So zählen die Menschenrettung, taktische Ventilation - gemeint ist die Schaffung von Abluftöffnungen in der Dachhaut - sowie das Lokalisieren und Freilegen des Feuers zu den Aufgaben einer Drehleiterbesatzung. Die Tiller Ladder des VCFD verfügt deshalb über eine Staffelkabine, in der bis zu sechs Wehrleute Platz haben. Wache 44 ist allerdings nur mit vier Hauptamtlichen besetzt. „Fire Captain“, Maschinist und Angriffstrupp bilden die Mannschaft. In Deutschland rücken üblicherweise nur zwei Feuerwehrleute mit der Drehleiter aus.
Country verfügt über 33 Feuerwachen
Ventura Country liegt im Süden des Bundesstaates Kalifornien. Der Bezirk an der Pazifikküste mit rund 845.000 Einwohnern zählt zum Ballungsraum von Los Angeles. Verwaltungssitz ist Ventura, eine Stadt mit knapp 110.000 Einwohnern. Das Ventura Country Fire Department verfügt über fünf Wehren (Bataillone), zu denen insgesamt 33 Feuerwachen mit knapp 600 hauptamtlichen Mitarbeitern gehören. Jährlich werden rund 32.000 Notrufe bearbeitet. Zur Ausrüstung zählen unter anderem 32 Löschfahrzeuge für den Erstangriff („Frontline-Engines“), drei Planierraupen zur Waldbrandbekämpfung, ein Löschboot und vier Hubschrauber, die von Feuerwehr und Polizei („Sheriff’s Department“) gemeinsam genutzt werden. Im Jahr 1973 änderte das VCFD die Farbe seiner Einsatzfahrzeuge von Feuerwehrrot („Fire-Engine-Red“) auf Gelb.
Die Feuerwache 44 ist für den westlichen Teil der Stadt Simi Valley sowie den nordöstlichen Teil der Stadt Thousand Oaks zuständig. Sie wurde 1989 als Reaktion auf das schnelle Wachstum des Ortsteils Wood Ranch („Wald Ranch“) gebaut. Die Ronald Reagan Präsidentenbibliothek („Presidential Library) liegt in ihrem Einsatzgebiet. „Station 44“ beherbergt drei weitere Einsatzfahrzeuge, die zur Reserve zählen.
Freiwillige Feuerwehren und Berufsfeuerwehren
Die Feuerwehr in den USA (Notruf 911) besteht aus Freiwilligen Feuerwehren („Volunteer Fire Departments“) als auch Berufsfeuerwehren. Mit einer Personalstärke von rund 17.000 Mitarbeitern ist die New Yorker Berufsfeuerwehr („New York Fire Department – FDNY“) die größte der USA und weltweit. Die am weitesten verbreiteten Feuerwehrfahrzeuge in den Vereinigten Staaten sind Engine (Löschgruppenfahrzeug), Ladder (Drehleiter) und Rescue (Rüstwagen). Daneben werden „Pumper“ und „Tanker“ für Löschwassertransport und –förderung eingesetzt.
Rosenbauer America (rd. 880 Mitarbeiter) verfügt über das nötige Know-how, um das gesamte Typenspektrum an Einsatzfahrzeugen liefern zu können. Die US-Produktionsstandorte befinden sich in Wyoming/Minnesota, Lyons/South Dakota und Fremont/Nebraska. (Redaktion: kfv-herford.de)
-Vo-
Das Auto ist eine Kombination aus Löschfahrzeug und Drehleiter. Es verfügt daher zusätzlich über Pumpe und Wassertank.
(Foto: Rosenbauer America, Lyons, SD/USA)
Trotz seiner Länge von knapp 20 Metern ist das „Tractor-Drawn-Aerial-Gespann“ erstaunlich wendig. Möglich macht das die lenkbare Hinterachse.
(Foto: Rosenbauer America, Lyons, SD/USA)
Am Fahrzeugheck befindet sich die Kabine für den Tillerman. Er bestimmt durch gezielte Lenkeinschläge den Kurvenradius und steht dazu über Sprechfunk mit dem Fahrer in Kontakt. (Foto: Rosenbauer America, Lyons, SD/USA)
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