Fahrzeug des Monats
Juli 2018
Einsatzleitwagen 2 (ELW 2) auf Basis eines Neoplan Doppeldecker-Reisebusses
Einsatzfahrzeug der Berufsfeuerwehr Karlsruhe
Standort: Feuerwache-West, Honsellstraße 3
Funkrufname: Florian Karlsruhe 02/12
Technische Daten
Fahrgestell (Hersteller) |
Neoplan (MAN Truck u. Bus AG, München) |
Typ |
Doppeldecker-Reisebus N 4426/3 Ü |
Motor |
V6-Dieselmotor (Typ Mercedes-Benz OM 501 LA) |
Hubraum |
12 Liter |
Leistung |
260 kW (354 PS) |
Achsen/Radformel |
Dreiachser |
Getriebe |
Automatikgetriebe |
Höchstgeschwindigkeit |
100 km/h |
Abmessungen |
12,0 m (L) x 2,55 m (B) x 4,0 m (H) |
zul. Gesamtgewicht/ |
22,0 t |
technische Ausstattung |
Ziegler (Werk Mühlau, Thüringen) |
Sondersignalanlage |
Optisch |
sonstiges |
Navigationssystem (GPS) |
Besatzung |
mind. 6 Mann (Sichter, 4 Funker, Techniker) |
Baujahr/Indienststellung |
2005/2006 |
amtl. Kfz-Kennzeichen |
KA-2009 |
Anschaffungskosten |
750.000 Euro |
*)
BOS = Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben
IuK = Information und Kommunikation
Wissenswertes:
Der Einsatzleitwagen 2 (ELW 2) der Berufsfeuerwehr Karlsruhe (Baden Württemberg) ist ein Führungsfahrzeug mit ganz besonderen Qualitäten. Er basiert auf einem Doppeldecker-Reisebus von Neoplan, der im Inneren über ein ausgeklügeltes Raumkonzept auf zwei Etagen verfügt. Dadurch können der Führungsstab und die Informations- und Kommunikationsgruppe (IuK-Gruppe) unter einem Dach eng zusammenarbeiten. Der Karlsruher ELW ist für örtliche und überörtliche Großeinsätze bis hin zum Katastrophenfall auf Landes- und Bundesebene konzipiert. Zudem ist die „rollende Kommandozentrale“ regelmäßig an der Landesfeuerwehrschule Bruchsal im Einsatz, mit der die Karlsruher eng zusammenarbeiten. Das Land Baden-Württemberg hatte deshalb den 750.000 Euro teuren Einsatzleitwagen, der im Jahr 2006 in Dienst gestellt wurde, mit 300.000 Euro bezuschusst. Anders wäre das außergewöhnliche Konzept wohl nicht umsetzbar gewesen. Der neue ELW 2 ersetzte ein Fahrzeug aus dem Jahr 1982, das 1989 um einen Besprechungsraum in Form eines Abrollbehälters (AB) und einen Notstromanhänger ergänzt worden war.
Fahrzeugdach gestutzt
Feuerwehrausrüster Ziegler hatte das ehrgeizige Projekt gemeinsam mit den Partnern Neoplan und Siemens im Werk Mühlau (Thüringen) realisiert. Dazu waren umfangreiche Umbauarbeiten an dem Doppeldecker erforderlich. Die Karosseriebauer schrägten zunächst das Dach des Reisebusses im vorderen Bereich ab, bevor sie Blaulichter, Martinshorn und Lautsprecher montierten. Ohne diese Maßnahme wäre die Fahrzeughöhe von vier Metern überschritten worden. Die Frontscheibe des Oberdecks ersetzte Ziegler durch ein speziell angefertigtes GFK-Formteil. Im hinteren Teil erfolgten Dacheinschnitte für die Satellitenantenne und einen Antennenmast. Auch hier setzten die Experten ein GFK-Formteil ein, das gleichzeitig die Rückleuchten und Heckblitzer aufnahm. In einem weiteren Schritt bauten sie zwei von innen zu öffnende Dachluken ein. So können die beiden im Inneren eingelassenen und pneumatisch ausfahrbaren Antennenmaste im Einsatzfall mit der nötigen Technik bestückt werden. Der komplette Innenausbau bis zum Anfertigen und Anbringen der Wand- und Deckenverkleidungen erfolgte durch die Ziegler Feuerwehrgerätetechnik GmbH und Co. KG. Ein örtlicher Tischler lieferte dazu das maßgefertigte Tisch- und Schrankmobiliar.
Abwärme wird per Klimaanlage abgeführt
Die Versorgungstechnik des umgebauten Neoplan-Reisedoppeldeckers lässt kaum Wünsche offen. Im Heckbereich, direkt über der 354 PS starken Maschine von Mercedes-Benz, befindet sich ein superschallgedämpftes Drehstromaggregat mit einer Leistung von 30 kVA. Darüber sind die beiden Kältekompressoren der Klimaanlagen montiert. Sie sorgen besonders im Sommer für angenehme Temperaturen. Zudem entsteht im Technikraum eine erhebliche Abwärme, die abgeführt werden muss. Andererseits werden die Innenräume über die fahrzeugeigene Warmwasserheizung beheizt. Am Einsatzort wird der ELW 2 per Luftfederung abgesenkt. Nach Starten des Stromgenerators aktivieren sich die Klimaanlagen. Parallel dazu wird die komplette Informations- und Kommunikationstechnik (IuK-Technik) hochgefahren. Die Funktechnik ist betriebsbereit, sobald die beiden Antennenmaste ausgefahren sind.
Führungskräfte nehmen am „Karlsruher Schlüssel“ Platz
Das Raumkonzept des Doppeldecker-ELW wirkt durchdacht und nutzt die vorhandenen Platzverhältnisse optimal aus. Im Unterdeck befinden sich drei Fernmelde-PC-Arbeitsplätze die mit Touchscreen-Flachbildschirmen ausgerüstet sind. In der Etage darüber, im vorderen Bereich des Oberdecks, ist der zwölf Quadratmeter große Stabsraum zu finden. Von hier aus werden bei einer Großschadenslage alle wichtigen Entscheidungen getroffen. Bis zu acht Führungskräfte nehmen dabei an einem schlüsselartig geformten Arbeitstisch Platz, der auf das Führungssystem der Feuerwehr Karlsruhe abgestimmt ist. In Fachkreisen ist vom „Karlsruher Schlüssel“ die Rede. Zum Austausch von Informationen (per Nachrichtenvordrucken) vom oder zum Funkraum im Unterdeck gibt es im Bereich des Lagekartenführers eine Durchreiche, die im Fußboden integriert ist. Der Stabsraum ist mit einem Raummikrofon ausgerüstet, das zugeschaltet werden kann, um wichtige Gesprächsinhalte auf der im Technikraum installierten Dokumentationsanlage aufzuzeichnen. Als Präsentationsfläche dienen drei Tafeln (Whiteboard-Elemente) an der rechten Fahrzeugseite, die sich übereinander verschieben lassen. Im Frontbereich ist ein 40-Zoll-Flachbildschirm angebracht. Über den Master-PC-Arbeitsplatz, der sich im Heck des Oberdecks befindet, lässt sich so die im Stabsraum bearbeitete Einsatzlage vergrößert darstellen. Weiterhin kann der Bildschirm durch das Vorschalten einer interaktiven Oberfläche (Flat Panel Overlay) in eine digitale Tafel (Smart-Board) verwandelt werden. Darüber hinaus gehören Overheadprojektor und ein kombiniertes Video- und DVD-Gerät zur Ausstattung. In einem Einbauschrank werden Karten und Pläne mitgeführt.
In räumlicher Nähe zum Stabsraum sind die Plätze für die Fachberater angeordnet. Um ein praxisorientiertes Arbeiten zu ermöglichen, gibt es einen Zweier- und einen Vierer-Arbeitstisch, die mit Telefonen und Notebooks ausgerüstet sind. Im hinteren Teil des Oberdecks ist neben dem Masterarbeitsplatz (linke Fahrzeugseite) noch ein weiterer PC (rechte Fahrzeugseite) eingerichtet, der zur Gewinnung von Informationen aus dem Internet dient.
Über die Feuerwehr Karlsruhe:
Die Berufsfeuerwehr der Stadt Karlsruhe (rd. 310.000 Einwohner) verfügt über rund 210 Beamte, die ihren Einsatzdienst auf der Hauptfeuerwache und der Feuerwache-West versehen. Im Mai 2017 wurde die neue Integrierte Leitstelle (ILS) für die Stadt und den Landkreis Karlsruhe in Betrieb genommen. Direkt daneben entsteht die neue Hauptwache, die 2021 bezugsfertig sein soll. In der Freiwilligen Feuerwehr versehen 650 Ehrenamtliche ihren Dienst, die sich auf 16 Standorte verteilen. (Redaktion: kfv-herford.de)
-Vo-
Der Einsatzleitwagen 2 der Berufsfeuerwehr Karlsruhe basiert auf einem
Doppeldecker-Reisebus von Neoplan. (Foto: Stadt Karlsruhe/Berufsfeuerwehr)
Feuerwehrausrüster Ziegler hat den Umbau im Werk Mühlau (Thüringen) vorgenommen.
Auf dem Foto gut zu erkennen: Um die Fahrzeughöhe von vier Metern trotz Blaulicht und
Martinshorn einzuhalten, wurde das Dach im vorderen Bereich abgeschrägt.
(Foto: Stadt Karlsruhe/Berufsfeuerwehr)
Ein GFK-Formteil ersetzt die Frontscheibe des Oberdecks.
(Foto: Flominator/Wikipedia)
Im Unterdeck befinden sich die Fernmelde-PC-Arbeitsplätze.
(Foto: Stadt Karlsruhe / Berufsfeuerwehr)
Der vordere Bereich des Oberdecks ist für die Arbeit des Führungsstabs eingerichtet.
(Foto: Stadt Karlsruhe/Berufsfeuerwehr)
Der Arbeitstisch im Stabsraum ist schlüsselartig geformt (sogenannter „Karlsruher Schlüssel“).
(Abbildung: Stadt Karlsruhe/Berufsfeuerwehr)
Hinweis: Der KFV Herford benötigt ständig interessante Fahrzeugfotos der Feuerwehr und
übrigen Hilfsorganisationen zur Aktualisierung seiner Internetseite.
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