"Superpumper-System" wird im Industriegebiet Falscheide getestet
Eine Pumpe, die 8.000 Liter Wasser in der Minute liefert, Schläuche, die eine Länge von 50 Meter haben und Verteiler, an denen fünf B-Schläuche angeschlossen werden können. Solche ungewöhnlichen Armaturen sind auf dem Abrollbehälter (AB) „Löschwasserversorgung“ der Berufsfeuerwehr Osnabrück (Nds.) verladen. Am Samstag (1.09.2012) konnte das „System der Superlative“, das eigentlich „Holland Fire System“ („HFS“) heißt, im Industriegebiet Falscheide in Löhne bestaunt werden.
Am Nachmittag sammeln sich alle sechs Löschgruppen der Werrestadt auf dem Gelände des Hermes Logistikzentrums an der Dieselstraße. Wehrführer Ralf Krause gibt letzte Anweisungen. Einige Minuten später rollt das Wechselladerfahrzeug 5 aus Osnabrück auf den Betriebshof. Der Mercedes ist mit dem speziellen Wasserfördersystem beladen, das vom niederländischen Hersteller Hytrans Systems b.v. aus Lemmer stammt. Der Abrollbehälter heißt bei uns einfach „AB Nordsee“, sagt Jan Südmersen mit einem Augenzwingern. Südmersen ist bei der Berufsfeuerwehr Osnabrück Sachgebietsleiter für den Rettungsdienst und für die Aus- und Fortbildung zuständig. Er leitet das 20-köpfige Team aus der Friedensstadt, das an diesem Nachmittag nach Löhne gekommen ist. Sowohl Berufsfeuerwehrleute, als auch Ehrenamtliche der Feuerwehr Neustadt sind dabei.
Direkt hinter dem Betriebsgelände fließt die Werre. Ein Eisenbahnviadukt führt an dieser Stelle über den Fluss. Hier bringen die Wehrleute den Container in Stellung. Das hydraulische Hakensystem schiebt den Behälter vom Fahrzeug. Während das rund drei Tonnen schwere Pumpenmodul abgeladen wird, zieht die Hydraulik das Schlauchmodul zurück auf den LKW. Langsam zeigt sich, welch innovative Technik in dem neuen System steckt. „Das Pumpenmodul besteht aus einem Schiffsdieselmotor, der eine Hydraulikpumpe antreibt“, erläutert Jan Südmersen. Die Volvo-Maschine leistet 147 kW. Hydraulikschläuche verbinden das „Diesel-Hydraulische-Power-Pack“ (HydroSub 150) mit der tragbaren und schwimmenden Tauchpumpe. Vor Ort wird mit vereinten Kräften zunächst die Pumpe zu Wasser gelassen. Die Distanz zum „Power-Pack“ ist dabei auf 60 Meter begrenzt. Währenddessen sitzt Helmut Wilker am Steuer des Wechselladerfahrzeugs (Bj. 1995) und sorgt quasi im Alleingang für den Aufbau der Wasserversorgung bis zur „Einsatzstelle“. Der Feuerwehrmann ist mit rund 30 Stundenkilometer unterwegs. Dabei zieht sich die Schlauchleitung von selbst vom Fahrzeug.
Es handelt sich um F-Druckschläuche, die eine Länge von 50 Meter und einen Durchmesser von 15 Zentimeter haben. Sie sind damit deutlich dicker als die gewöhnlichen B-Schläuche bei der Feuerwehr, die 7,5 Zentimeter Durchmesser und 20 Meter Länge messen. Innerhalb weniger Minuten sind zwei F-Leitungen verlegt. Nur zehn Schläuche werden gebraucht. 30 F-Schläuche sind im Container insgesamt verladen. Am Verteiler, er verfügt gleich über fünf B-Abgänge, verteilt Bernd Klümper „grüne Karten“ an die Löhner Maschinisten, deren Löschfahrzeuge von hier versorgt werden. Am zweiten „Großverteiler“ gibt es „rote Karten“. „So behalten wird den Überblick“, sagt Klümper. Schließlich ist der sonore Sound des Volvomotors zu hören. Der diesel-hydraulische Antrieb wird langsam auf bis zu 350 bar hochgefahren. Die schweren Druckschläuche füllen sich mit Wasser. Binnen kürzester Zeit werden mehrere Wasserwerfer, B-Rohre und das Wenderohr der Löhner Drehleiter versorgt. „Mehr als 8.000 Liter Löschwasser pro Minute liefert das System momentan“, sagt Ralf Krause. Wohl gemerkt, mit einer Pumpe und zehn Schläuchen! Mit den herkömmlichen Mitteln der Feuerwehr hätten 10 B-Leitungen (mit 125 Schläuchen) und 10 Tragkraftspritzen 8 (TS 8) eingesetzt werden müssen.
Beim Abbau der schweren Schlauchleitungen hilft übrigens ebenfalls die Technik. Die Schläuche laufen durch die Aufnahmeapparatur des Wechselladers, werden anschließend automatisch ausgedrückt und gebürstet und wandern schließlich zurück in den Container. Ebenso unproblematisch verläuft das Einholen der schwimmfähigen Pumpe. Sie ist an einem Stahlseil gesichert. Mit einer Winde wird das Gerät aus dem Werrewasser gezogen.
Seit dem vergangenen Jahr verfügt die Feuerwehr Osnabrück über den AB „Löschwasserversorgung“. Wegen der enormen Förderleistung kann die Technik ebenfalls gut zum Lenzen (leer pumpen) genutzt werden. Im Stadtgebiet Osnabrück gab es in den letzten Jahren Überschwemmungen durch das Hochwasser der Hase. „Seinen ersten scharfen Einsatz hatte das „Holland Fire System“ allerdings beim Großbrand des Abfallentsorgungsbetriebs Tönsmeier in Porta-Westfalica im Sommer letzten Jahres“, so Jan Südmersen. Ein ähnliches Modell komme bei der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima zum Einsatz, bestätigt der Feuerwehrexperte auf Nachfrage.
Am Ende sind Ralf Krause und seine Leute beeindruckt. Die neuartige Technik werde in Löhne dennoch nicht eingeführt, meint der Wehrführer. „Solch ein Abrollbehälter wäre allenfalls als Ergänzung für das Wechselladersystem an der Kreisfeuerwehrzentrale denkbar!“ In Löhne sei vielmehr die Anschaffung von neuen Gerätewagen Logistik mit Ladebühnen und einem Löschgruppenfahrzeug 16 Kat (LF 16 Kat) angedacht.
Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)
Stichwort: Feuerwehr Osnabrück Die Berufsfeuerwehrwache und die Rettungsleitstelle der Stadt Osnabrück (rund 164.000 Einwohner) befinden sich an der Nobbenburger Straße. Das Gebäude wurde im Jahr 2000 eingeweiht. Zur Wache gehören sieben Stellplätze für den Löschzug, fünf Stellplätze für den Rettungsdienst sowie zehn Stellplätze für Abrollbehälter. Die 90 Berufsfeuerwehrleute stehen unter der Leitung von Branddirektor Jürgen Knabenschuh. Daneben gibt es im Stadtgebiet sieben Freiwillige Feuerwehren (Eversburg, Haste, Neustadt, Schinkel, Stadtmitte, Sutthausen und Voxtrup) mit rund 270 Aktiven. Die Feuerwehr Osnabrück verfügt über ein Höhenrettungsteam sowie Spezialkräfte für den Bereich Gefahrgutabwehr, Strahlenschutz und Wasserrettung. Vo |
Einsatzfahrzeuge der Berufsfeuerwehr Osnabrück auf dem Hof der
Feuerwache an der Nobbenburger Straße. (Foto: © Feuerwehr Osnabrück)
Stichwort: Jan Südmersen Jan Südmersen kommt gebürtig aus Bad Oeynhausen (Kreis Minden-Lübbecke). Er zählt in Fachkreisen als „Feuerwehrpapst“ für den Bereich der Technischen-Hilfe nach Verkehrsunfällen. Südmersen gehört zu den Initiatoren der Vergleichswettkämpfe Unfallrettung nach internationalem Vorbild in Deutschland. Mehrfach haben Mannschaften der Feuerwehr Osnabrück unter seiner Leitung an den internationalen Wettkämpfen der technischen Rettung bei Verkehrsunfällen im Ausland, wie z.B. in Fort Lauderdale (Florida, USA), teilgenommen. Der Diplom-Ingenieur ist außerdem Gründungsmitglied von @fire- Internationaler-Katastrophenschutz e.V.. Südmersen verfügt nicht zuletzt dadurch über Einsatzerfahrungen im Ausland (Washington DC, New York City, Haiti). Er hat zahlreiche Fachaufsätze und Bücher zur Unfallrettung publiziert. Vo |
Die Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr Löhne stehen bereit.
WLF 5 (Bj. 1995) der BF Osnabrück mit AB "Löschwasserversorgung" bzw. AB "HFS" (Bj. 2011)
Das Pumpenmodul wird abgeladen und …
… die schwimmfähige Pumpe im Werrestrom …
...versenkt.
Einbau eines "Y-Stücks" mit Manometer an der Wasserentnahmestelle zur Druckkontrolle
Das "Superpumpersystem" der Fw Osnabrück: Ein Dieselmotor dient als …
… Antrieb für die hydraulische Schwimmpumpe.
Die 50 Meter langen F-Schläuche laufen automatisch vom Fahrzeug.
Nur wenige Handgriffe sind für den Aufbau der beiden Versorgungsleitungen erforderlich.
Nur nicht den Überblick verlieren: Bernd Klümper verteilt am „Großverteiler“ grüne Kennzeichnungskarten.
Ohne spezielle Schlauchbrücken ist ein Überfahren der F-Leitung nicht möglich.
Für den Abbau der Schläuche wird die spezielle Aufnahmevorrichtung des AB genutzt.
Leiten die Demonstrationsübung: Ralf Krause (l) und Jan Südmersen (r)