Von Erlebnispädagogik bis Gender Mainstreaming

Jugendgruppenleiter-Lehrgang im Jugendgästehaus Rödinghausen

DSC 1324Kreis Herford/Rödinghausen. Ohne die Jugendfeuerwehr wäre vielen aktiven Einsatzabteilungen längst der Nachwuchs ausgegangen. Die Jugendarbeit ist gerade deshalb von unschätzbarem Wert. Ein hohes Maß an Verantwortung kommt dabei den Betreuerteams zu: Sie müssen mit großem Engagement und viel Kreativität dafür sorgen, dass die Jungfeuerwehrleute mit Spaß bei der Sache bleiben, um später einmal in den aktiven Dienst zu wechseln. Regelmäßige Schulungen gehören deshalb zum Pflichtprogramm der Führungsmannschaften der Jugendfeuerwehren aus dem Wittekindsland.

16 junge Betreuerinnen und Betreuer aus Enger, Herford, Hiddenhausen, Löhne, Spenge und Vlotho nahmen erst kürzlich an einem Jugendgruppenleiter-Lehrgang teil. Sie zogen sich dazu auf den Kamm des Wiehengebirges zurück. Die Veranstaltung fand nämlich an zwei Wochenenden (20.02. – 22.02.2015 und 13.03. – 15.03.2015)  im Jugendgästehaus des Kreises Herford in Rödinghausen statt.  Kreisjugendfeuerwehrwartin Natascha Meier hatte sie gemeinsam mit den übrigen Vorstandsmitgliedern geplant. Im Verlaufe des Seminars wurde den Teilnehmern das nötige „Rüstzeug“ zur Leitung einer Jugendgruppe vermittelt. Die Vorteile einer solchen Internatsveranstaltung liegen für Natascha Meier auf der Hand: „Die Gruppe lernt sich besser kennen, es gibt einen intensiven Erfahrungsaustausch und die Kameradschaft wird gestärkt!“ Meier sprach aus Erfahrung. Bereits seit vielen Jahren organisiert der Kreisfeuerwehrverband solche Seminare in Eigenregie.  
In beiden Teilen des Jugendgruppenleiter-Lehrgangs stand die Arbeit mit den Jugendlichen in einer Jugendfeuerwehr im Vordergrund. Wie erstelle ich einen ansprechenden Dienstplan, der sowohl die allgemeine Jugendarbeit, als auch die feuerwehrtechnische Ausbildung angemessen berücksichtigt? Wie motiviere ich die Mädchen und Jungen meiner Jugendfeuerwehrgruppe zur Mitarbeit?  Über welche Eigenschaften sollte ein „guter Jugendgruppenleiter“ verfügen und was ist in diesem Zusammenhang unter einem kooperativen Führungsstil zu verstehen? Diese und weitere Unterrichtsschwerpunkte wurden in Rödinghausen „erforscht“. Die Resonanz auf die Gruppenarbeit, bei der vor allem Kreativität gefragt war, sei am Anfang etwas verhalten gewesen, sagte Ernst Coring, einer der Dozenten vom Kreisvorstand der Jugendfeuerwehr. Nach kurzer Zeit hätten die Seminarteilnehmer allerdings Spaß an der Sache gefunden und ihre Arbeitsergebnisse engagiert vorgestellt. „Alle haben sich zu 100 Prozent eingebracht!“ Dabei stellte sich heraus, dass es gar nicht so einfach ist, einen Jugendfeuerwehrdienst zu gestalten und dabei allen Jugendlichen ein abwechslungsreiches sowie  interessantes Programm zu bieten und gleichzeitig das gesamte Betreuerteam mit einzubinden. „Auf einzelne Belange der Jugendlichen muss bei der Unterrichtsplanung stärker eingegangen werden“, meinte Coring während der abschließenden Diskussion. Außerdem sei wichtig, dass die künftigen Jugendgruppenleiter all ihre für die Vorbereitung und Durchführung der Dienste geleisteten Stunden festhielten; denn nur durch eine vollständige Statistik könne gegenüber Politik und Verwaltung zum Ausdruck gebracht werden, wie groß der ehrenamtliche Einsatz im Jugendfeuerwehrbereich wirklich sei.        
Jugendarbeit kann - wie der spätere Einsatzdienst - nur im Team dauerhaft erfolgreich sein. Konflikte müssen schnell erkannt und gelöst werden. Marie Joelle Chaput - sie ist beruflich im sozialpädagogischen Bereich tätig - und Lucienne Eweleit vermittelten den Seminarteilnehmern das nötige Fingerspitzengefühl, das in einem solchen Fall erforderlich ist. Die Beiden kommen von der Feuerwehr Bünde und hatten vor einiger Zeit schon einmal einen Workshop zum Thema „Kommunikation um Konflikte“ angeboten. Neben der Theorie stand die Praxis auf dem Programm. In der Turnhalle des Jugendgästehauses probierten die angehenden Jugendgruppenleiter mehrere Spiele aus. „Sie lassen sich mit minimalem Materialaufwand realisieren und in den Alltag einer Jugendgruppe einbauen“, erläuterte Natascha Meier. Die Jugendfeuerwehrmannschaft lernt sich durch solche Spiele-Runden, die zum Rätseln anregen, aber genauso einen sportlichen Anreiz bieten, besser kennen und gewinnt an Vertrauen hinzu. „Die praktischen und theoretischen Dienste können dadurch gut und schnell aufgelockert werden!“ Erlebnispädagogik heißt das in der Fachsprache. Ebenfalls ein Thema während der Jugendgruppenleiter-Schulung am Wiehen: „Gender Mainstreaming“. Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine neue Strategie zur Herstellung der Chancengleichheit von Jungen und Mädchen. In Rödinghausen wurde darüber kontrovers diskutiert.   Schließlich wurden den Wettbewerben der Deutschen Jugendfeuerwehr - wie der Jugendflamme und Leistungsspange – sowie der Öffentlichkeitsarbeit Zeit gewidmet. Die Präsens in den Medien ist für die Jugendfeuerwehr wichtig. Schließlich rühren andere Organisationen und Vereine ebenfalls über Presse, Funk und Fernsehen ständig die Werbetrommel, um neue Mitglieder zu gewinnen.
Am Ende des Lehrgangs fiel das Fazit positiv aus. Die beiden Wochenenden seien wie im Flug vorbeigegangen, hieß es. Natascha Meier äußerte sich ebenso zufrieden: „Die ersten beiden Hürden für unsere angehenden Jugendgruppenleiter sind geschafft!“ Im laufenden Jahr werden mit den Seminaren Wettbewerbe, Unfallverhütungsvorschriften und Lager und Fahrten noch weitere Module folgen. Erst danach sind die 16 Betreuerinnen und Betreuer fertig ausgebildete Jugendgruppenleiter/innen.  
Im Kreis Herford gibt es insgesamt 19 Jugendfeuerwehren. Sie zählten Ende 2014  473 Jugendliche. Gegenüber dem Jahr 2013 konnte die Mitgliederzahl leicht gesteigert werden. Der Anteil der weiblichen Mitglieder unter den Jungfeuerwehrleuten beträgt in Deutschland mittlerweile rund 20 Prozent. Im Wittekindsland sind momentan 98 Mädchen in einer Jugendfeuerwehr aktiv.  

Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)

Zu den erfolgreichen Teilnehmern des Jugendgruppenleiterlehrgangs zählen:
Sebastian Westerhold (JF Enger), Sarah Hülsewig (JF Herford-Elverdissen), Christoph Kastner u. Patrick Bartel (beide JF Herford-Mitte), Jessica Schellenberg (JF Herford-Schwarzenmoor), Patrick Flachmeier u. Fabian Grün (beide JF Hiddenhausen Schweicheln-Bermbeck), Björn Schäffer (JF Löhne-Bhf.), Daniel Helm (JF Löhne-Mennighüffen), Margarita Stamati (JF Löhne-Obernbeck), Christopher Danielmeyer, Thomas Finkemeyer u. Florian Hrudka (alle JF Spenge-Nord), Uwe Kluck (JF Spenge-Süd), Stephan Burmeister u. Fabian Plettemeier (beide JF Vlotho)

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Im Jugendgästehaus in Rödinghausen ließen sich …

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… 16 Ehrenamtliche aus dem Kreis Herford zu Jugendgruppenleitern ausbilden.