Jugendfeuerwehr Hiddenhausen besucht Berufsfeuerwehr Osnabrück
Osnabrück/Hiddenhausen. Eine starke Berufsfeuerwehr und sieben Freiwillige Ortsfeuerwehren sichern den Brandschutz in der Friedensstadt Osnabrück. Von Ostwestfalen-Lippe aus ist das Oberzentrum im Süden Niedersachsens schnell zu erreichen. Die Jugendfeuerwehr Hiddenhausen Schweicheln-Bermbeck hatte daher den Wunsch, sich die Hauptfeuerwache an der Nobbenburger Straße einmal näher anzusehen. „Kein Problem, kommt vorbei!“, meinte Christian Ehlert, Brandamtmann bei der Berufsfeuerwehr Osnabrück und im Ehrenamt stellvertretender Wehrführer seiner Heimatstadt Löhne.
Der 35-Jährige empfing die Jungfeuerwehrleute am Freitagabend (29.04.2016) auf dem ehemaligen Kasernengelände in der Innenstadt, wo die Berufsfeuerwehr seit 1946 ihren Sitz hat. Die Löschfahrzeuge - samt einem umfangreichen Wechselladersystem - und die Fahrzeuge des Rettungsdienstes sind hier in mehreren Hallen untergebracht. Sämtliche Werkstätten, die Atemschutzübungsstrecke, der Vorbeugende Brandschutz und die Abteilung Einsatzplanung sind ebenfalls an der Nobbenburger Straße zu finden. Das Feuerwehrareal ist damit zentraler Stützpunkt der Berufsfeuerwehr. Um die nördlichen und östlichen Stadtteile besser erreichen und damit die Hilfsfristen einhalten zu können, fordert die Feuerwehr seit längerem eine zweite Feuerwache für die Stadt mit ihren rund 156.000 Einwohnern.
100 Beamte werden von 270 Ehrenamtlichen unterstützt
Ehlert, der Maschinenbau studierte und die praktische Ausbildung für den gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst bei der Berufsfeuerwehr Wuppertal absolvierte, ist in Osnabrück in der Abteilung Vorbeugender Brandschutz tätig. An diesem Abend übernahm er als Beamter des C-Dienstes die Leitung der Wachabteilung. „Wir sind aktuell 16 Mann, die den Löschzug besetzen“, erläuterte er den Jugendlichen im Stabsraum. Hinzu kommt das Rettungsdienstpersonal. Drei Rettungswagen (RTW), davon zwei im 24-Stundendienst, und zwei Notarzteinsatzfahrzeuge (NEF) können von der Berufsfeuerwehr besetzt werden. „Insgesamt sind wir etwa 100 Beamte!“ Sie werden von rund 270 Ehrenamtlichen unterstützt, die ihren Dienst in den Ortsfeuerwehren Eversburg, Haste, Neustadt, Schinkel, Stadtmitte, Sutthausen und Voxtrup versehen. Früher war die Leitstelle für die Stadt Osnabrück ebenfalls an der Nobbenburger Straße untergebracht. Seit etwa vier Jahren werden die Notrufe über die Regionalleitstelle abgewickelt, die sich im Kreishaus befindet und für die Sicherheit von etwa 510.000 Menschen in der Stadt Osnabrück und dem Landkreis zuständig ist.
Christian Ehlert (r) begrüßt die Jungfeuerwehrleute aus Hiddenhausen …
„Wir sitzen nicht nur rum und warten auf den nächsten Einsatz!“
Christian Ehlert schilderte den Jugendlichen den Arbeitsalltag eines Berufsfeuerwehrmanns. Mit dem Wachwechsel, der um 7.30 Uhr stattfinde, beginne die Schicht. „Die Einsatzabteilung tritt dazu vor dem Stabsraum an und es wird verlesen, wer welche Funktion auf dem Löschzug übernimmt.“ Danach geht es an die Fahrzeuge, wo die Atemschutzgeräte, Aggregate und Leitern einem gründlichen Check unterzogen werden. Nach der Frühstückpause machen sich die Wehrleute in den Werkstätten an die Arbeit, sofern keine Übung oder Fortbildungsveranstaltung auf dem Programm steht. Die Pflege der Ausrüstung und Unterkunft gehört ebenfalls zu den Aufgaben der Mannschaft. Jeden Freitag, so Ehlert, werde beispielsweise die große Halle geschrubbt. „Wir sitzen also nicht nur rum und warten auf den nächsten Einsatz“, stellte er fest. An der Nobbenburger Straße werden unter anderem sämtliche Atemschutzgeräte der Berufsfeuerwehr und Freiwilligen Feuerwehr gewartet, geprüft und gereinigt.
… in der Feuerwache an der Nobbenburger Straße.
Löschzug mit HLF-B, HLF-T und „Jumbo“ für besondere Fälle
Die Berufsfeuerwehr Osnabrück hat ihr innovatives Fahrzeugkonzept bereits Mitte der 80er Jahre erarbeitet. In der Halle vom Lösch- und Rüstzug erläuterte Ehlert der Feuerwehrjugend die Besonderheiten. „Es gibt zwei Hilfeleistungslöschfahrzeuge: Das eine wird schwerpunktmäßig für die Brandbekämpfung und das andere zur Technischen Hilfe eingesetzt!“ Das HLF-B mit der Brandschutzgruppe und das HLF-T mit der Technikgruppe gehören neben dem Einsatzleitwagen und der Drehleiter zum Standardlöschzug. Apropos Drehleiter: Für den Notfall stehen gleich zwei DLK 23/12 bereit, die auf Dreiachsfahrgestellen von Mercedes-Benz (Typ Atego 1828) mit selbstlenkenden Hinterachsen basieren. „Kommt bei einem Wohnhausbrand das Stichwort Menschleben in Gefahr, rücken wir immer mit beiden Drehleitern aus!“ Werde bei einem schweren Verkehrsunfall allerdings der Rüstzug gebraucht, fahre stattdessen der Rüstwagen mit raus. Der Kranwagen 40 (KW 40) der Berufsfeuerwehr Osnabrück, Spitzname „Jumbo“, ist mit seinen 36 Tonnen ein echtes Schwergewicht. Spezialist Liebherr hatte ihn 1992 auf die Räder gestellt und für eine Hublast bis zu 40 Tonnen ausgelegt. Das Ungetüm mit seinem 6-Zylinder-Dieselmotor (300 PS, 15.000 ccm) kam 1998 als Gebrauchtfahrzeug zur Feuerwehr. Es werde heute, so Ehlert, nur noch in besonderen Fällen eingesetzt.
Erst der Voralarm, dann der Hauptalarm
Angriffs- und Sicherheitstrupps der Brandschutzgruppe können sich im Hilfeleistungslöschfahrzeug (HLF) bereits während der Fahrt zum Einsatzort mit Atemschutzgeräten ausrüsten. Das Auto hat einen großen Wasserwerfer an Bord. Max (12) und Yannik (13) fiel außerdem die „Checkbox“ im Mannschaftsraum auf. „Damit werden die Einsatzzeiten der Atemschutzgeräteträger elektronisch überwacht“, erklärte Ehlert den Jungen die Sicherheitstechnik. Die Wehrleute sind dazu mit Transpondern, also kleinen Datenträgern, ausgerüstet. Der Sprechfunkverkehr wird bei der Feuerwehr Osnabrück bereits weitestgehend digital abgewickelt. Der Brandamtmann erläuterte die umfangreiche Funktechnik seines Einsatzleitwagens (ELW), einem Transporter der Sprinterklasse, der von einem Führungsassistenten gefahren wird. Ein Probealarm, den die Regionalleitstelle an diesem Abend extra für die Besucher aus OWL auslöste, machte die Abläufe deutlich. Der Disponent löst nämlich im Einsatzfall bereits während des Notrufs einen Voralarm aus, sodass die Wehrleute ohne zeitliche Verzögerung die Autos besetzen können. Der Einsatzort wird dann beim Hauptalarm auf großen Flachbildschirmen in der Halle für den Lösch- und Rüstzug angezeigt, während es gleichzeitig eine Sprachdurchsage gibt und das Alarm-Fax einläuft. Auf der Depesche, die aus dem Drucker kommt, ist genau vermerkt, unter welchem Stichwort alarmiert wurde, wie die Wehrleute am schnellsten zum Einsatzort kommen und wo sich die nächsten Hydranten befinden. Zusätzlich übernimmt das Navigationsgerät des ELW automatisch die Anfahrtsroute. Die Feuerwehrleute müssen damit nicht alle Straßen auswendig kennen, wie ein Jugendlicher befürchtete.
Baggersee mit „HFS“ abgesenkt
„Wir haben in Osnabrück vermutlich das größte Wechselladersystem auf diesem Planeten“, meinte Christian Ehlert mit einem Schmunzeln, als er die Gruppe zur nächsten Halle führte. Seine Aussage wirkte nicht übertrieben. Die Feuerwehr der Friedensstadt scheint nämlich mit rund 20 Abrollbehältern (AB), für deren Transport mittlerweile fünf Trägerfahrzeuge zur Verfügung stehen, wirklich gut aufgestellt zu sein. So gibt es unteranderem die Container „Wasser-Schaum“, „Schlauch-Pumpe“, „Rettung“ und „Notstrom“. Eine Besonderheit ist der AB „Holland Fire System“ („HFS“), auf dem ein 200 PS starker Schiffsdieselmotor, eine hydraulische Schwimmpumpe und das nötige Schlauchmaterial verladen sind. Bis zu 8.000 Litern Löschwasser kann das System über F-Druckschläuche fördern, die einen Durchmesser von 15 Zentimetern und eine Länge von 50 Metern haben. Die Osnabrücker waren mit dem System im Juli 2011 nach Porta Westfalica ausgerückt und hatten die Löscharbeiten auf dem Gelände des Recyclingunternehmens Tönsmeier unterstützt. Durch die enorme Leistung der Pumpe war damals der Wasserspiegel eines Baggersees, aus dem man das Löschwasser gefördert hatte, um einige Zentimeter gesunken. Neuestes Wechselladerfahrzeug (WLF) der Osnabrücker ist ein Vierachser von Mercedes-Benz mit 410 PS, der im Dezember 2014 in Dienst gestellt wurde. Der 32-Tonner verfügt über einen Kran und einen Abrollbehälter mit 8.000 Litern Löschwasser.
Der Besuch der Feuerwehrjugend endete mit der Besichtigung der Atemschutzübungsstrecke und der Schlauchwerkstatt mit dem charakteristischen Schlauchturm. Er ist aus den Gründungstagen der Feuerwache erhalten geblieben und wird noch immer zum Trocknen des Schlauchmaterials genutzt.
Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)
Der Arbeitstag der Berufsfeuerwehrleute ist klar strukturiert. In der Atemschutzwerkstatt warten,
prüfen und reinigen sie beispielsweise sämtliche Atemschutzgeräte.
Das Hilfeleistungslöschfahrzeug (HLF) der …
… Technikgruppe gehört zum Standardlöschzug.
Genauso wie das HLF der Brandschutzgruppe und …
… die Drehleiter 23/12 (DLK 23/12) auf Dreiachsfahrgestell.
Der neue Rüstwagen (RW) ist das erste Einsatzfahrzeug der BF auf einem MAN-Fahrgestell.
Der Löschzug kann mit dem Auto zum Rüstzug kombiniert werden.
„Jumbo“, der 40-Tonnen-Kranwagen, rückt nur noch in besonderen Fällen aus.
(v.l.) Max und Yannik lassen sich von Christian Ehlert (im Hintergrund) die Atemschutzüberwachung erklären.
Die Einsatzkräfte tragen Transponder, also kleine Datenträger, bei sich, die …
… mit der „Checkbox“ im HLF in Verbindung stehen.
Ein Transporter der Sprinterklasse dient als Einsatzleitwagen (ELW).
Christian Ehlert hat an diesem Abend als „Beamter vom C-Dienst“ das Kommando.
In der Halle des Lösch- und Rüstzugs herrscht gespannte Ruhe, …
… bevor ein Probealarm echte Einsatzatmosphäre aufkommen lässt.
Auf einem Flachbildschirm werden die ersten Informationen angezeigt.
Tim, Daniel und Paul studieren die Alarmdepesche. Sie enthält alle Angaben,
vom Namen des Anrufers, über den Einsatzort, bis zur genauen Anfahrtsstrecke.
Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) auf Audi Q5 in der Halle für den Rettungsdienst
Die Feuerwehr Osnabrück verfügt über ein umfangreiches Wechselladersystem.
Der Abrollbehälter (AB) „Holland Fire System“ ist eine Besonderheit.
Er ist mit einem Schiffsdiesel und einer Hydraulikpumpe beladen. (Foto: Archiv KFV Herford)
Enorme Wassermengen können auf diese Weise über F-Druckschläuche gefördert werden. (Foto: Archiv KFV Herford)
Neuestes Wechselladerfahrzeug (WLF) ist ein Vierachser mit 410 PS, der den AB „Wasser“ mit 8.000 Litern Löschwasser „huckepack“ trägt.
Der charakteristische Schlauchturm ist aus den Gründungstagen der Feuerwache erhalten geblieben.
Er dient noch immer zum Trocknen der Schläuche.
Mit der Besichtigung der Atemschutzübungsstrecke und …
… dem Gruppenfoto vor dem Großtanklöschfahrzeug 24/60-10 (GTLF 24/60-10)
endet der Besuch bei der BF Osnabrück. (Hinweis: Das GTLF ist Foto des Monats Mai 2016)
Stichwort: Friedensstadt Osnabrück
Nach dem 30-jährigen Krieg im Zentrum Europas wurde im Jahr 1648 von der Rathaustreppe in Osnabrück der Westfälische Friede verkündet. „Frieden als Aufgabe – dem Frieden verpflichtet“: Dieser Leitsatz bestimmt heute das politische und kulturelle Leben der Stadt. Die Europäische Kommission hat dafür dem Rathaus in Osnabrück im März 2015 das Europäische Kulturerbe-Siegel „Stätte des Westfälischen Friedens“ verliehen. (Quelle: Stadt Osnabrück)
-Vo-