RETTmobil begeistert ihr Publikum

DRK-Präsident Dr. Seiters: „Medizinische Notfallversorgung muss neu geordnet werden!“
Fulda. Am Ende waren sich Veranstalter, Aussteller und das fachkundige Publikum einig: Das war die beste RETTmobil aller Zeiten!  Zur 16. Auflage der Europäischen Leitmesse für Rettung und Mobilität kamen exakt 26.890 Besucher nach Fulda. Das bedeutet eine Steigerung von über zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Redaktion: kfv-herford.de blickt noch einmal auf das dreitägige Event zurück, das bereits am Freitag (13.05.2016) zu Ende gegangen war. Dieses Mal hatte das Thema Sicherheit vor dem Hintergrund von Terror und Gewalt, Naturkatastrophen und der Flüchtlingsdramen auf eindringliche Weise an Aktualität gewonnen.

 


Mehr als 25.000 Besucher sind zur 16. RETTmobil nach Fulda gekommen.
(Foto: Messe Fulda GmbH)

 


Dr. Rudolf Seiters, der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes und Ex-Bundesminister, war nach 2006 zum zweiten Mal Schirmherr der RETTmobil. Er erinnerte in seiner Rede daran, dass der Rettungsdienst ursprünglich zur schnellen Hilfe bei Verkehrsunfällen eingeführt und anfangs mit 60 Millionen Mark im Jahr finanziert worden sei. Heute habe sich das Aufgabenspektrum sehr stark erweitert und erfordere fünf Milliarden Euro. „Nur noch 270.000 der rund 14,3 Millionen Einsätze im Jahr werden bei Unfällen gefahren!“ Der DRK-Präsident kritisierte die nach seiner Auffassung zu häufige Inanspruchnahme der Notfallmediziner. „Im Jahr 2014 sind eigentlich nur 22 Prozent aller Notarzteinsätze wirklich medizinisch gerechtfertigt gewesen“, meinte er. Ein zentrales und aktuelles Problem des Rettungsdienstes sei die Personalausstattung, die nicht mehr genüge. Seine Einschätzung deckt sich mit der Situation im Kreis Herford, wo die Fortschreibung des Rettungsdienstbedarfsplans vor dem Hintergrund stark gestiegener Einsatzzahlen ansteht. Um dem Umbruch im Gesundheitswesen gerecht zu werden, so Seiters, müssten die medizinische Notfallversorgung neu geordnet und der Betreuungsdienst für Unverletzte ausgebaut werden. Er  sprach sich außerdem dafür aus, die Vernetzung zwischen Rettungsdienst und Krankenhäusern zu intensivieren und verstärkt mobile Behandlungsräume für hochinfektiöse Erkrankungen zu schaffen. 

 
DRK-Präsident Dr. Rudolf Seiters fordert mehr Personal für den Rettungsdienst.
              (Foto: Messe Fulda GmbH)

 

Feuerwehr Fulda demonstriert Pneumatik für den Notfall

Neben den vielen kommerziellen Ausstellern, darunter die großen Namen der deutschen Automobilindustrie, präsentierten sich in den 20 Hallen die ideellen Messeteilnehmer. Dazu gehörten unter anderem der Deutsche Feuerwehrverband  und die großen Hilfsorganisationen, wie das Deutsche Rote Kreuz und der Malteser Hilfsdienst, die Johanniter Unfallhilfe,  der Bundesverband eigenständiger Rettungsdienste und Katastrophenschutz, der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst sowie das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Ein großes Interesse zeigten die Besucher erwartungsgemäß an den Vorführungen der Feuerwehr Fulda, die in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Vetter, einem führenden Hersteller von pneumatischen Hebe- und Dichtkissen, stattfanden. Die beiden Workshops, die bis auf den letzten Platz ausgebucht waren, setzten sich aus  zwei Modulen zusammen. Zunächst ging es beim Einsatz von Hebekissen um das Anheben von Trümmerteilen, Rutschflächen und Platten. Später folgte eine Anleitung, wie die Notfallpneumatik bei Verkehrsunfällen eingesetzt werden kann. Die stärksten Vetter-Hebekissen sind übrigens für eine Hubkraft von bis zu 143 Tonnen ausgelegt. Der Workshop „Gefahrgut und Dekontamination“ setzte sich aus den Unterrichtseinheiten „Abdichten, Einsatz von Leckage-Dichtkissen“ sowie „Aufbau von Dekonzelten, Dekontamination von Personengruppen“ zusammen. Die Rettungsprofis der Feuerwehr Fulda demonstrierten außerdem die schnelle Rettung von Menschen aus großer Höhe.  Daneben zeigte das Unternehmen Dräger seinen neuartigen, in ein Atemschutzgerät integrierbaren Haltegurt, der sich in Sekundenschnelle zur Absturzsicherung in Gefahrenbereichen einsetzen lässt.

 

„Boxer“ und „Yak“: Gepanzerte Sanitätsfahrzeuge für den Gefechtseinsatz

Die Bundeswehr war bei der 16. RETTmobil ebenfalls vertreten. Die Soldaten hatten zwei „geschützte Radfahrzeuge“  mit nach Fulda gebracht. Der „Boxer“ ist ein schwer gepanzertes, äußerst geländegängiges  Auto zum Retten Verwunderter aus dem Gefecht. Der „Yak“ verfügt ebenfalls über einen hohen Insassenschutz. Mit dem gepanzerten Wagen, der mit der modernster Medizintechnik ausgerüstet ist, können bis zu drei verwundete Soldaten transportiert werden. Die Bundeswehr zeigte daneben Modelle eines Airbus 310 MedAvac sowie der C 160 TransAll, die zur Evakuierung und notfallmedizinischen Erstversorgung von Patiententransporten über weite Strecken genutzt werden. Zudem gab es auf dem Außengelände ein Flugfeldlöschfahrzeug (FLF) zu sehen.

 

Im ELW von 0 auf 100 in 4,7 Sekunden

Die deutsche Falck-Unternehmensgruppe präsentierte an ihrem Stand einen Rettungswagen der besonderen Art. Fleißige Bastler hatten ihn aus 255.750 Lego-Steinen zusammengebaut. Insgesamt dauerte es über 1.000 Stunden, bis der letzte Plastikstein gesetzt war.  Das weltweit wohl einzigartige Modell wiegt rund eine Tonne(!) und ist von seinen Abmessungen etwa halb so groß, wie ein reales Ambulanzfahrzeug.

Ein 590 PS starker V-8-Motor treibt den Ford Mustang an, den das Software Unternehmen MP-Soft-4-U als vielleicht schnellsten Einsatzleitwagen (ELW) der Welt zeigte. Das „Wildpferd“ (mit Straßenzulassung) beschleunigt in 4,7 Sekunden von 0 auf 100 Stundenkilometern und erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 290. (Hinweis: Redaktion: kfv-herford.de stellte das Auto bereits als Fahrzeug des Monats April 2015 vor.)

 

Diskussionsforum in Halle 7

Die RETTmobil bot in diesem Jahr mit 507 Ausstellern aus 20 Nationen einen neuen Ausstellerrekord. Das Messeforum erfreute sich einmal mehr großer Beliebtheit. In Halle 7 konnte sich das interessierte  Fachpublikum Vorträge zu den verschiedensten Bereichen anhören und anschließend mitdiskutieren. Fachreferenten aus ganz Deutschland nahmen sich für jedes Thema etwa 20 Minuten Zeit. Zu den Diskussionsschwerpunkten zählten die Psychologische Einsatznachsorge sowie der berufliche Wechsel vom Rettungsdienst zur Feuerwehr.

 

„In jedem Gaffer steckt ein Helfer!“

Hartmut Ziebs, Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV), kam in Fulda auf die  Gaffer-Problematik zu sprechen.  Zuletzt hatte die Sensationsgier von Schaulustigen in Hagen ein erschreckendes Ausmaß angenommen, nachdem ein kleines Mädchen im Straßenverkehr verunglückt war.  Die Polizei musste mehrere Streifenwagen einsetzen, um die Menge zurückzudrängen. In jedem Gaffer stecke ein potenzieller Helfer, meinte Ziebs. „Wir müssen gemeinsam aufklären und die Menschen dafür sensibilisieren, was sie da eigentlich tun!“ Unterdessen hat Niedersachsen eine Gesetzes-Initiative in den Bundesrat eingebracht, die das Fotografieren und Filmen von Unfallopfern unter Strafe stellt.  (siehe „Stichwort: Gesetzesinitiative“)

Ziebs thematisierte während der Messe weiterhin den demografischen Wandel. In einer immer älter werdenden Gesellschaft sei es wichtig, umfassend über die Möglichkeiten von Rettung und Mobilität zu informieren. Er lobte die RETTmobil als richtigen Weg für eine Vernetzung der Firmen und Organisationen, die in diesem Bereich tätig sind. Die Feuerwehren sind ein starker Partner im Rettungsdienst. Ungefähr jeder dritte medizinische Notfalleinsatz wird durch sie abgewickelt.

Der DFV begleitet die RETTmobil seit ihren Anfängen. In diesem Jahr präsentierte sich die DFV-Stiftung „Hilfe für Helfer“ an einem Gemeinschaftsstand mit dem Werkfeuerwehrverband Hessen.  In Halle F, am Stand 1205 erhielten die Besucher nicht nur aktuelle Informationen, sondern auch „scharfe Gummibärchen“, die sich bereits am ersten Messetag zum Renner entwickelten. (Redaktion: kfv-herford.de)

 

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Hartmut Ziebs, Präsident des DFV, während seines Messerundgangs. Er fordert mehr
Aufklärung, damit aus Gaffern Ersthelfer werden. (Foto: Messe Fulda GmbH)

 

Die Feuerwehr Fulda zeigt in praktischen Vorführungen, wie pneumatische
Hebekissen, … (Foto: Messe Fulda GmbH)

 

… Sprungretter und … (Foto: Messe Fulda GmbH)

 


Absturzsicherungssysteme zum Einsatz kommen. (Foto: Messe Fulda GmbH)

 

Die Wehrleute demonstrieren weiterhin, wie die Dekontamination (Reinigung) nach
              einem Chemieunfall funktioniert. (Foto: Messe Fulda GmbH)

 

3849      Auf der RETTmobil gibt es die neusten Entwicklungen auf dem Gebiet der
              Notfallmedizin zu sehen. (Foto: Messe Fulda GmbH)

 

 

5170      BMW zeigt mit dem „i3“ in der Version „Rettungsdienst“ seinen Beitrag zur
              Elektromobilität. (Foto: Messe Fulda GmbH)

 

 
Schneller Flitzer: Der Mini Cooper S. (Foto: Messe Fulda GmbH)

 

 
Audi, … (Foto: Messe Fulda GmbH)

 


… Mercedes und … (Foto: Messe Fulda GmbH)

 
… Volkswagen stellen ebenfalls ihre Premium-Modelle für den Rettungseinsatz aus.
(Foto: Messe Fulda GmbH)

 
Empl präsentiert auf dem Außengelände einen Gerätewagen Logistik, der auf einem

              MAN TGM Allradfahrgestell realisiert wurde und über eine Staffelkabine verfügt.
Das Fahrzeug hat 14 kVA-Stromerzeuger, hydraulischen Rettungssatz, Tragkraftspritze, Rettungsplattform und Schleifkorbtrage an Bord.  (Infos: Empl

              Fahrzeugwerk GmbH, Österreich; Foto: Messe Fulda GmbH)

 

 
Allrad-Alleskönner von Argo aus Kanada (Foto: Messe Fulda GmbH)

 

 
Ambulanz-Spezialist Miesen hat einen alten Opel mit nach Fulda gebracht.

(Foto: Messe Fulda GmbH)

 

 
Die Bundeswehr zeigt neben den Sanitätsfahrzeugen „Boxer“ und „Yak“ ein

Flugfeldlöschfahrzeug (FLF). (Foto: Messe Fulda GmbH)

 

 
Aus mehr als 255.000 Legosteinen wurde dieser Rettungswagen kreiert. Er ist am
Stand der Falck-Unternehmensgruppe zu sehen. (Foto: Messe Fulda GmbH)

 

 
„MP-Soft-4-U“ zeigt einen Ford Mustang mit 590 PS. Er ist der vielleicht schnellste

Einsatzleitwagen (ELW) der Welt. (Foto: Messe Fulda GmbH)

 

 

Stichwort: Gesetzesinitiative zur Änderung des Strafgesetzbuches (StGB)

Niedersachsen hat am 13. Mai 2016 eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat eingebracht. Danach soll das Aufnehmen von Bildern am Unfallort, durch die insbesondere das Persönlichkeitsrecht von Verstorbenen oder Schwerverletzten verletzt wird, künftig unter Strafe gestellt werden. Gefordert werden Geldbußen und in besonders schweren Fällen Haftstrafen bis zu einem Jahr. Außerdem sollen Polizisten künftig die Handys von Schaulustigen einsammeln dürfen.  Der Niedersächsische Innenminister, Boris Pistorius, hat dazu in Berlin folgendes gesagt:  „Menschen werden oftmals bei Unfällen schwer verletzt, sie erleiden dabei schreckliche Qualen und kämpfen um ihr Leben, für einige kommt jede Hilfe zu spät. Derartige Ereignisse sind grauenhaft. Geradezu abstoßend ist es aber, wenn Menschen in der Unfallnähe ihre Sensationsgier nicht zügeln können. Ich meine hier die sogenannten „Gaffer“, die mit ihren Handys notleidende Unfallopfer filmen oder fotografieren und das zum Teil im Internet verbreiten. Solche Schaulustigen behindern oft sogar noch die Arbeit der Rettungskräfte, obwohl gerade in solchen Momenten jede Sekunde entscheidend sein kann. Ein solches Verhalten ist widerlich. Niedersachsen hat deshalb eine Bundesratsinitiative eingebracht, um Gaffern das Handwerk zu legen – im Interesse der Opfer!“ (Quelle:  Ministerium für Inneres und Sport des Landes Niedersachsen)     

                                                                                                                                                    -Vo-

 

 

 Der niedersächsische Innenminister, Boris Pistorius, findet in seiner Rede vor dem
Bundesrat klare Worte für das Verhalten von Gaffern. (Foto: Ministerium für Inneres und Sport des Landes Niedersachsen)