Feuerwehr-Oldtimer lassen Herzen höher schlagen!

Ausstellung von historischen Feuerwehrfahrzeugen am Kleinbahnmuseum Enger

DSC 0452Enger. Sie wurden als Rund- und später als Eckhauber gebaut. Ihre Technik galt als besonders zuverlässig und ihre luftgekühlten Dieselmotoren als unverwüstlich. Feuerautos von Magirus-Deutz waren in den 1950er und 1960er Jahren in nahezu jeder Feuerwache zu finden. Zeitweise war das Unternehmen sogar Marktführer für Feuerwehrautos in Europa. Noch immer gehören die Fahrzeuge mit der charakteristischen Motorhaube und der Silhouette des Ulmer-Münsters auf dem Kühlergrill zu beliebten Sammlerobjekten. Einige besonders schöne Magirus-Exemplare, aber auch Oldtimer anderer Nutzfahrzeughersteller, gab es erst kürzlich am Kleinbahnmuseum in Enger zu sehen.

Cheforganisator Rainer Dehne gilt als Kenner der Szene. Er hatte die Kontakte zu den Besitzern der historischen Feuerwehrfahrzeuge geknüpft. „In diesem Jahr gibt es wieder einige ganz besondere Schätzchen zu bestaunen!“, versprach der Engeraner, der selbst Feuerwehrraritäten sammelt und die Treffen seit dem Jahr 2011 gemeinsam mit dem Kleinbahnmuseum veranstaltet.

Am D-Day über den Kanal gekommen

Das Prädikat „altes Schätzchen“ verdient der amerikanische Studebaker (Baujahr 1943) von Uwe Lünstroth ganz sicher. Der Bielefelder hatte das ehemalige Flugfeldlöschfahrzeug gerade noch rechtzeitig vor der Schrottpresse gerettet und in dreijähriger Arbeit wieder flott gemacht. Er war sich am Sonntag sicher: „Die Amerikaner haben das Auto am D-Day mit über den Kanal gebracht!“ Es sei dann mit den vorrückenden Invasionstruppen von einem Feldflugplatz zum nächsten verlegt worden und verblieb schließlich bei den britischen Streitkräften auf dem Flugplatz in Harsewinkel. Lünstroth bezeichnete den Studebaker wegen seiner massiven Technik als „Eisenbrecher“. „Die beiden Hinterachsen sind mit mächtigen Federpaketen versehen und werden über separate Kardanwellen angetrieben.“ Eigentlich handelt es sich um eine Sattelzugmaschine aus den Vierzigern, die in Amerika Truck-Tractor genannt wird. Mit einem Wassertank, der 4.000 Liter fasste, einer großen Pumpe, die 1.800 Liter pro Minute schaffte und einer Turbinenpumpe mit einer Leistung von 50 Bar verwandelten ihn die Amerikaner zu einem Einsatzfahrzeug zum Löschen von Flugzeugbränden. Seine Maschine hat den mächtigen Hubraum von 6.600 Kubikzentimetern. Der Benzindurst des Studebakers ist entsprechend groß: „Der Verbrauch liegt bei 40 Litern auf 100 Kilometern“, so Lünstroth.

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Uwe Lünstroth rettete ein altes Studebaker-Flugfeldlöschfahrzeug vor der Schrottpresse.

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Das Fahrgestell des amerikanischen Sattelschleppers wurde für den Kriegseinsatz konstruiert.

„Typ Niedersachsen“ mit CO2-Hänger im Schlepptau

Am Kleinbahnmuseum dominierten vor allem historische Fahrzeuge von Magirus-Deutz. Thomas Knauf, ein in Fachkreisen bekannter Sammler und Restaurator aus Lage, hatte ein besonderes Exemplar aus seinem Fundus mit nach Enger gebracht. Es handelte sich um ein Magirus-Tanklöschfahrzeug (TLF 15/53-T) Typ „Niedersachsen“ aus dem Jahr 1955. „Das Niedersächsische Innenministerium hatte bereits damals erkannt, dass die Gefahr von Wald- und Heidebränden nicht zu unterschätzen ist“, schilderte Knauf. Deshalb habe das Ministerium mit seiner „Technischen Weisung Nr.1“ den Bau eines Tanklöschfahrzeugs mit einem großen Wasservorrat und Allradantrieb gefördert. Mit seinem TLF 15/53 (die 53 weist auf das Entwicklungsjahr hin) setzte Magirus neue Wege im Feuerwehrfahrzeugbau. Der Aufbau wurde vom Fahrerhaus getrennt und komplett aus Stahl hergestellt. „Die Wettbewerber waren damals noch nicht soweit“, wusste der Feuerwehrexperte aus Lippe. Sie verwendeten weiterhin Holz. Außerdem hatten die Magirus-Ingenieure den Aufbau erstmals als Einheit konstruiert. Der Wassertrank, er fasste 2.700 Liter, gehörte als tragendes Element mit dazu. Knaufs „Niedersachsen-Tanker“ der ersten Generation verfügt über ein auffallendes Merkmal am Heck: Der Pumpenbedienstand ist offen ausgeführt. Rechts und links gibt es behelfsmäßige Stehplätze für zwei Wehrleute. „Sie konnten während der Fahrt Löschmaßnahmen mit dem Strahlrohr durchführen. Der hintere Geräteraum für den Schnellangriff hat deshalb keine Klappe.“ Das TLF 15/53-T stand über viele Jahre in Diensten der Feuerwehr Bad Gandersheim im niedersächsischen Landkreis Northeim. Es kam im August 1975 bei der Waldbrandkatastrophe in der Lüneburger Heide zum Einsatz und wurde erst 1993 ausgemustert. Danach stand der Magirus 23 Jahre unbewegt in der Ausstellungshalle des Feuerwehrmuseums Birkenmoor, bevor ihn Thomas Knauf übernahm und zu neuem Leben erweckte. „Es war eine sehr umfangreiche technische und optische Überarbeitung nötig“, so Knauf. Außerdem seien die Holzeinbauten vom Holzwurm befallen gewesen. Während der historischen Fahrzeugschau in Enger zeigte der Sammler seinen „Niedersachsen-Tanker“ übrigens mit einem Kohlendioxid-Löschanhänger als Gespann. Der Hänger (Typ Walther mit acht CO2-Flaschen) war 1942 bei der Werkfeuerwehr Henkel und Cie in Düsseldorf in Dienst gestellt worden und ursprünglich im Tannengrün der Kriegszeit lackiert.

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Waldbrand-Tanklöschfahrzeug Typ „Niedersachsen“ der ersten Generation

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Das Auto verfügt noch über einen offenen Pumpenstand mit zwei behelfsmäßigen Stehplätzen für die Besatzung.
So konnten während der Fahrt Löschmaßnahmen mit dem Schnellangriff durchgeführt werden.

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Ebenfalls ein charakteristisches Merkmal für Einsatzfahrzeuge der 1950er Jahre:
Die übrigen Verkehrsteilnehmer wurden mit dem Motorkugelwecker („Rasselwecker“) gewarnt.

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Thomas Knauf zeigt seinen „Niedersachsen-Tanker“ mit einem Kohlendioxid-Löschanhänger aus den 1940er Jahren als Gespann.

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Der Hänger ist mit insgesamt acht CO2-Flaschen ausgerüstet. Er trägt ein schwarzes Kennzeichen der Nachkriegszeit mit den Buchstaben BN für Britische Zone Niedersachsen.

Munga für die überörtliche Luftschutz-Feuerwehr-Bereitschaft

Am Nachmittag fand ein besonderes Fotoshooting statt. Thomas Knauf sein TLF 15/53-T stand neben einem Rundhauber vom Typ „Niedersachsen“ aus der späteren Serienproduktion, den ein Sammler aus dem Landkreis Cloppenburg zeigte. Die Fotoapparate klickten. „So ein Motiv bekommt man nicht häufig vor die Linse“, meinte ein Oldtimerfreund. Zwei ehemalige Zivilschutzfahrzeuge aus den 1960er Jahren erinnerten an die Zeit des Kalten Kriegs. Bei den Autos handelte es sich um einen Magirus Mercur mit Kofferaufbau und seitlich eingeschobener Tragkraftspritze, der als Schlauchkraftwagen 2000 im Einsatz war, sowie einen Funkkommandowagen vom Typ DKW Munga, der ursprünglich für die „5. überörtliche Luftschutz-Feuerwehr-Bereitschaft Schleswig-Holstein“ beschafft worden war (Hinweis: Redaktion: kfv-herford.de hatte einen ähnlichen Munga als Foto des Monats Mai 2017 vorgestellt.) Zu den weiteren sehenswerten Fahrzeugen zählten das ehemalige Magirus-Tanklöschfahrzeug 16 der Löschabteilung Heepen (Baujahr 1960), eine Magirus-Drehleiter 25 (Baujahr 1952), die ursprünglich bei der Feuerwehr Gütersloh und später bei der Werkfeuerwehr Miele im Einsatz war, ein Magirus-Rundhauber vom Typ F Mercur 125 A (Baujahr 1962), der einst im Saarland in Diensten der Bahnfeuerwehr stand, und ein Tanklöschfahrzeug 8/8 auf Basis eines Mercedes-Benz Unimogs S 404 (Baujahr 1956).

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Seltener Anblick: Zwei Tanklöschfahrzeuge vom Typ „Niedersachsen“.

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Das Auto der späteren Seriengeneration (l) verfügt bereits über einen geschlossenen Pumpenstand.

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Schlauchkraftwagen des Zivilschutzes mit …

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… eingeschobener Tragkraftspritze

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Funkkommandowagen vom Typ DKW Munga

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Die Einfache Technik des leichten, allradangetriebenen Geländewagens erfüllte ihren Zweck.

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Ehemaliges Tanklöschfahrzeug 16 der Löschabteilung Bielefeld-Heepen

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Drehleiter 25 von Magirus, die 1952 für die Feuerwehr Gütersloh beschafft wurde

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Dieser Magirus Mercur stand in den 1960er Jahren im Saarland in Diensten der Bahnfeuerwehr.

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Ebenfalls eine Rarität: Tanklöschfahrzeug 8/8 auf Unimog S 404

1961 beim „Roten Hahn“ in Köln gezeigt, 2017 im Kleinbahnmuseum Enger ausgestellt

Um Platz zu schaffen, hatten die Organisatoren extra den historischen Straßenbahnwagen der Herforder Kleinbahnen aus seinem „Depot“ geschoben. So konnten an diesem Tag Michael Brinkkötter und Sohn Denis die Ausstellungshalle nutzen, um darin zwei ganz besondere Magirus-Raritäten zu zeigen. Die beiden Ahlener präsentierten ihre Schätzchen samt Beladung dabei so authentisch im Stil der Zeit, dass sich die Besucher in die 1960er Jahre zurückversetzt fühlten. Bei dem älteren der beiden Veteranen handelte es sich um einen Magirus F Mercur 125 A aus dem Jahr 1961, der von einem luftgekühlten Sechszylinder-Diesel (125 PS) angetrieben wird. Die eigentliche Besonderheit: Klöckner-Humboldt-Deutz fertigte ihn für die Feuerwehr im münsterländischen Ahlen als Gerätewagen 2. „Das waren die Vorläufer der heutigen Rüstwagen“, erläuterte Michael Brinkkötter, der als Berufsfeuerwehrmann arbeitet und das ausgemusterte Einsatzfahrzeug 1990 übernahm. „Damals befand sich das Auto in einem schlechten Zustand, weil es jahrelang in der feuchten Waschhalle der Feuerwache gestanden hatte!“ In akribischer Kleinarbeit versetzte Brinkkötter den Magirus, der mit einer Rotzler-Heros-Vorbauseilwinde (Zugkraft 4,5 Tonnen) und zwei Stromerzeugern (Leistung je 5 kVA) ausgerüstet ist, in seinen originalen Auslieferungszustand zurück. Er recherchierte dazu sogar im Magirus-Werks-Archiv in Ulm/Donau. Dabei stieß er auf ein bemerkenswertes Detail: „Der Gerätewagen 2 wurde vor seiner Auslieferung an die Feuerwehr Ahlen auf der Interschutz-Messe Der rote Hahn in Köln gezeigt!“

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Ehemaliges Einsatzfahrzeug der Feuerwehr Ahlen vom Typ Magirus Mercur.
Der Gerätewagen 2 verfügt über eine Seilwinde und gilt als Vorläufer des Rüstwagens 2.

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Zur Ausrüstung gehören unter anderem zwei Stromerzeuger und …

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… eine Elektrokettensäge.

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Arbeitsplatz des Fahrers: Das große Lenkrad ist für die Nutzfahrzeuge jener Zeit typisch.

Rüstwagen mit Gefahrentafel und Holzschaufeln

Genauso viele Blicke richteten sich in Enger auf den zweiten Magirus aus dem „Hause Brinkkötter“, einen F Magirus 150 D 11 A Baujahr 1966 mit 150 PS. Der stand als Rüstwagen-Öl zunächst in Diensten der Berufsfeuerwehr Aachen, ging 1988 an die Feuerwehr Ahlen und wurde 1993 ausgemustert. „Das Auto ähnelt stark einem TLF 15, allerdings fehlt die Heckpumpe“, so Michael Brinkkötter; denn der 2.400-Liter-Tank ist nicht für die Aufnahme von Löschwasser gedacht, sondern den Abtransport von „Havarie-Öl“ ausgelegt. Zur Ölschadensbekämpfung war das Auto mit einer Umfüllpumpe, explosionsgeschützten Armaturen, nicht funkenreißendem Werkzeug, wie beispielsweise Holzschaufeln, und einem fest eingebauten, vom Fahrzeugmotor angetriebenen 16,5-kVA-Stromgenerator ausgerüstet. Selbst an die orangefarbene Gefahrentafel mit der Gefahrnummer 30 (brennbarer flüssiger Stoff) und der Gefahrstoffnummer (1202 für Dieselkraftstoff/Heizöl) war gedacht worden. Alles ist noch im Original vorhanden und voll funktionstüchtig. Die Sicherheit beim Umgang mit entzündlichen Stoffen spielte schon damals eine große Rolle: So befindet sich die Auspuffanlage des Eckhaubers unterhalb der Frontstoßstange. Übrigens verfügte der Rüstwagen-Öl schon damals über eine Heckwarnanlage. Die beiden Blaulichter am Dach waren zwischenzeitlich verschollen. Michael Brinkkötter ersteigerte im Internet Original-Ersatzleuchten.

Voraussichtlich in zwei Jahren findet das nächste Treffen von historischen Feuerwehrfahrzeugen am Kleinbahnmuseum in Enger statt. Man darf gespannt sein, welche Feuerwehrschätzchen dann zu sehen sein werden. Cheforganisator Rainer Dehne wird sicherlich wieder seine „Kontakte spielen lassen“!

Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)


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Ausgemusterter Rüstwagen-Öl der Berufsfeuerwehr Aachen,
der später noch eine Zeit lang von der Feuerwehr Ahlen genutzt wurde.

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Das Auto verfügt über einen Tank zur Ölaufnahme und …

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… einen fest eingebauten Stromgenerator.

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Die Sicherheit wurde schon damals großgeschrieben: Am Heck gibt es Feuerlöscher und …

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… Blaulichter zur Warnung der übrigen Verkehrsteilnehmer.

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Einsatzfahrzeuge der Marke Magirus-Deutz dominieren beim Oldtimertreffen in Enger.

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Es gibt aber auch Autos anderer Hersteller, wie dieses Tanklöschfahrzeug von Daimler-Benz (Baujahr 1955) oder …

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diesen Hanomag A-L 28 von 1957 zu sehen.