Hilfszug der DB Netz Notfalltechnik ist in Wanne-Eickel stationiert
Wanne-Eickel/Fulda/Meerbusch. 47 Verletzte und ein Millionenschaden sind die Bilanz des schweren Zugunglücks im Rhein-Kreis-Neuss. Bei Meerbusch-Osterath war am Dienstag (5.12.2017) ein Regionalexpress auf einen Güterzug geprallt. Die DB Netz Notfalltechnik setzte einen ihrer leistungsstärksten Notfallkräne ein, um den zerstörten Elektrotriebzug „Talent 2“ und die Güterwaggons von der Strecke zu räumen. Das Unternehmen investierte gerade erst 35 Millionen Euro für neues Bergungsgerät. Die Bahn hat sich im Rahmen einer Vereinbarung mit den Innenministerien der Länder verpflichtet, schwere Hebegeräte für die Technische Hilfe im Gleisbereich vorzuhalten.
Der tonnenschwere Schienenkran, der in Meerbusch zum Einsatz kam, trägt den Namen „Zeus“ Er gehört zum Hilfszug der Deutschen Bahn AG und ist am Hauptbahnhof von Wanne-Eickel (Stadt Herne), also im Herzen des Ruhrgebietes, stationiert. „Zeus“ wurde erst im vergangenen Jahr in Dienst gestellt. Das Maschinenbauunternehmen Kirow Ardelt aus Leipzig hat ihn gebaut. Der Notfallkran vom Typ Multi Tasker 1200 (KRC 1200 mit der Baureihen-Nummer D-DB 99 80 9471 003) beeindruckt durch seine Leistung. Das 15 Meter lange Bergungsgerät bringt 110 Tonnen auf die Waage und kann damit Lasten bis zu 160 Tonnen(!) anheben. Der Multi Tasker wurde von den Kirow-Ingenieuren für den Notfalleinsatz im Gleisbereich konzipiert. Er gilt aufgrund seines ausgeklügelten Gegengewichtskonzeptes unter Oberleitungen und Brücken, in Bahnhöfen oder Tunneln als besonders gut manövrierfähig. Die elektronische Lastmomentbegrenzung schaltet den Kran automatisch ab, sobald die Gefahr einer Überbelastung besteht. Schwenkwinkel und maximale Höhe des Kranauslegers lassen sich zudem elektronisch begrenzen.
Der Multi Tasker 1200 von Kirow Ardelt kann bis zu 160 Tonnen bewegen. Er zählt zur
neuesten Schienenkran-Generation der DB Netz Notfalltechnik. (Foto: Kirow Ardelt, Leipzig)
Zur Mannschaft des „roten Riesen“ gehören der Kraneinsatzleiter und vier Eisenbahner, die das Gerät bedienen. Kranschutzwagen, Gegenlastwagen, kombinierter Schlaf- und Sanitärwagen sowie kombinierter Aufenthalts-, Werkstatt- und Energiewagen komplettieren den Hilfszug der DB Netz Notfalltechnik. Die Einsatzkräfte sind damit auf langwierige Bergungsarbeiten vorbereitet. Sie können sich in den Waggons bis zu 14 Tage autark versorgen. Jeder hat seine eigene Kammer mit Bett und Waschmöglichkeit. Im Alarmfall ist das DB-Bergungsteam aus Wanne-Eickel innerhalb von zwei Stunden einsatzbereit. Die Vorlaufzeit hat ihren Grund: Der Notfallzug verfügt über keine eigene Lok. Die muss zunächst bei DB Schenker Rail geordert werden. Außerdem darf er wegen seines enormen Eigengewichts nicht alle Strecken befahren, sodass vor jedem Start ein spezieller Fahrplan aufgestellt werden muss. Im Schleppbetrieb erreicht der Hilfszug eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern. Er ist damit doppelt so schnell am Einsatzort, wie das Vorgängermodell aus den 1970er Jahren.
Castor-Behälter verladen
Um den tonnenschweren Notfallkran „Zeus“ bedienen zu können, bedarf es einer besonderen Ausbildung. „Die Mitarbeiter durchlaufen zunächst die übliche Lehre zum Kranführer“, erläuterte Dirk Brill, der das Notfallmanagement der DB leitet. „Danach folgt eine einjährige Ausbildung bei der Bahn zum Kranbediener Notfalltechnik.“ Seine Leute seien außerdem ausgebildete Eisenbahnfahrzeugführer, weil sie den Multi Tasker letztlich im Gleisfeld bewegen müssten. Zu ihrem Aufgabenspektrum gehört in erster Linie die Bergung von entgleisten Waggons oder Lokomotiven. In der Vergangenheit halfen sie aber auch bei der Verladung von Castor-Behältern, in denen abgebrannte Brennelemente aus Kernkraftwerken gelagert werden. Beim IC-Unglück von Eschede im Jahr 1998, dem bislang schwersten Zugunglück in Deutschland, war die Notfalleinheit aus dem Ruhrgebiet ebenfalls vor Ort. Damals starben 101 Menschen, 88 wurden schwer verletzt.
Notfallausbildung findet in Fulda statt
Die Bahn verfügt über insgesamt drei Hilfszüge. Fulda und Leipzig zählen zu den weiteren Standorten. Das Unternehmen investierte in den vergangenen Monaten 35 Millionen Euro in die Erneuerung der Notfalltechnik. Für die Einheiten in Wanne-Eickel und Fulda wurden jeweils Notfallkräne vom Typ Multi Tasker 1200 (Traglast bis 160 Tonnen) und der kleineren Gewichtsklasse 910 (Traglast bis 104 Tonnen) beschafft. Zuletzt erhielt Leipzig ebenfalls einen großen KRC 1200 von Kirow Ardelt, der auf den Namen „Leipzig-Mammut“ getauft wurde.
Eine Vereinbarung mit den Innenministerien der Länder verpflichtet die Bahn dazu, schwere Hebegeräte für Notfälle bereitzuhalten. Die alten Hilfszüge samt Kränen vom Typ Krupp Ardelt waren seit Mitte der 1970er Jahre im Einsatz und technisch veraltet. Der Standort Fulda hat für die Bahn übrigens besondere Bedeutung: Hier befindet sich seit April 2016 das zentrale Ausbildungszentrum Notfallmanagement/Notfalltechnik. Regelmäßige Übungen mit den Notfallkränen gehören zum Programm. Eine alte (schrottreife) E-Lok der Baureihe 141 161 dient den Notfalltechnikern als Aufgleisübungslock. Sie wiegt 66 Tonnen und kann mit dem Multi Tasker 1200 mühelos durch die Luft bewegt werden. Fulda liegt an der ICE-Schnellfahrstrecke Hannover/Würzburg, die den mit rund elf Kilometern längsten Eisenbahntunnel Deutschlands durchläuft. In der hessischen Stadt ist deshalb auch einer von sechs Rettungszügen (RTZ) der Deutschen Bahn stationiert. (Hinweis: Redaktion: kfv-herford.de stellte den RTZ Hildesheim als Fahrzeug des Monats Juni 2013 vor.) (Redaktion: kfv-herford.de)
-Vo-
Technische Daten des neuen Notfallkrans der DB Netz Notfalltechnik
Typ | Kirow Ardelt KRC 1200 |
Länge über Puffer | 15m |
Eigengewicht | 110t |
Tragkraft | 160t (bei 7,5m Ausladung) 60t (bei 14,5m Ausladung) |
max. Geschwindigkeit | 100 km/h (im Schleppbetrieb) 19 km/h (Eigenfahrgeschwindigkeit) |
Mannschaft | 1 Kraneinsatzleiter und 4 Kranführer |
Quelle: DB Netz Notfalltechnik |
Eine E-Lok ist nach der Kollision mit einem Güterwagen aus dem Gleis gesprungen.
Sie hängt bereits am Haken des Notfallkrans. (Foto: Kirow Ardelt, Leipzig)
Regelmäßige Übungen gehören in Fulda zum Ausbildungsprogramm. (Foto: Kirow Ardelt, Leipzig)
Mit dem Multi Tasker 1200 setzen die Notfalltechniker die Aufgleisübungslok wieder auf die Schienen. (Foto: Kirow Ardelt, Leipzig)
Ihr Gewicht von rund 66 Tonnen ist für den Schienenkran kein Problem.
Die Bahn investierte 35 Millionen Euro in die Erneuerung ihrer Hilfszüge. Die Standorte in Wanne-Eickel
und Fulda erhielten zusätzlich einen Multi Tasker 910 (Foto), der Lasten bis zu 104 Tonnen bewegen kann.
(Foto: DB Netz AG/Frank Schulze)