Katretter*innen gesucht

Ersthelfer werden per Smartphone-App alarmiert

Bild1Kreis Herford. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Minute. Qualifizierte Ersthelfer werden per Smartphone-App alarmiert und leiten noch vor Eintreffen des Rettungsdienstes lebensrettende Sofortmaßnahmen ein. Katretter heißt das System, das von Fraunhofer Fokus entwickelt wurde. Die Leitstelle Herford verfügt zwar schon seit einiger Zeit über die nötige Technik dafür; doch die Pandemie hat die Einführung verzögert. Mit mehr als zwei Jahren Verspätung kann es nun endlich losgehen – und dafür werden noch Katretter/innen gebraucht.

Das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter-Unfall-Hilfe, Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, das Technische Hilfswerk und der Kreisfeuerwehrverband wollen das System im Wittekindsland gemeinsam zum Erfolg führen. „Der KFV unterstützt Katretter ausdrücklich“, erklärt Kreisbrandmeister Bernd Kröger. „Es wäre schön, wenn sich möglichst viele Mitglieder aus unseren Reihen engagieren würden.“ Um sich als Katretter registrieren zu lassen, ist eine Schulung in Erster Hilfe erforderlich und eine Einweisung in die App. Das DRK ist für die Verwaltung des Ersthelfer-Pools sowie die Aus- und Fortbildung zuständig. In einem ersten Schritt sind unter anderem die Wehrführer gefordert. Sie sollen abfragen, wie viele Feuerwehrleute interessiert sind, um den Bedarf für die notwendigen Katretter-Schulungen festzustellen.
Der Kreis Herford kalkuliert mit rund 250 qualifizierten Ersthelfern, um das System erfolgreich umzusetzen. Sie sollen aus den Reihen der großen Hilfsorganisationen und der Feuerwehr kommen. Die Hoffnung ist groß, dass sich daneben auch Personen registrieren lassen, die im medizinischen Bereich arbeiten, wie Krankenschwestern, Pfleger und Sanitäter. Für medizinisches Personal mit entsprechend nachgewiesener Qualifikation ist lediglich eine einstündige Katretter-Einweisung nötig. „Je mehr Menschen sich engagieren, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit auf schnelle Hilfe“, sagt der Kreisbrandmeister.

Bild2Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Minute. Wird rechtzeitig mit Erste-Hilfe-Maßnahmen begonnen, verdoppeln bis verdreifachen sich die Überlebenschancen. (Foto: DRK e.V., Brigitte Hiss)

Bild1Die Smartphone-App Katretter wurde von Fraunhofer Fokus entwickelt und basiert auf der Katwarn-App-Technologie. (Abbild.: Fraunhofer Fokus)

Standortbestimmung per GPS

Besteht für einen Menschen Lebensgefahr, wie etwa bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand, alarmiert die Leitstelle in Hiddenhausen-Eilshausen umgehend Notarzt und Rettungswagen. Doch die benötigen im Schnitt zwischen sechs und zwölf Minuten, bis sie vor Ort sind. Ersthelfer, die sich in der Nähe aufhalten, können unter Umständen schon früher lebensrettende Sofortmaßnahmen einleiten. Beginnen sie bereits nach drei Minuten mit der Herzdruckmassage, verdoppeln bis verdreifachen sich die Überlebenschancen der Betroffenen. Künftig verständigt die Leitstelle deshalb qualifizierte Ersthelfer per Smartphone-App. Das Einsatzleitprogramm erzeugt dazu eine Koordinate und ermittelt, welche Ersthelfer rund um den Einsatzort verfügbar sind. Das GPS der Handys macht die Standortbestimmung möglich. Schlägt das Mobiltelefon Alarm, entscheidet der Laienhelfer per Tastendruck, ob er den Einsatz annimmt oder nicht. Erst wenn innerhalb des Countdowns von 30 Sekunden auf „JA“ gedrückt wird, gibt es alle weiteren Informationen. Dazu übermittelt die Leitstelle Einsatzort und Art des Notfalls, wie etwa „Reanimation“, auf das Smartphone des Ersthelfers. Dieser wird über die Navigationsfunktion auf dem schnellsten Weg zum Patienten gelotst.
Hat der Leitstellen-Disponent die Katretter-App ausgelöst, so bleibt er über den weiteren Ablauf genau im Bilde. Das System meldet nämlich vollautomatisch, wie viele Laienhelfer den Einsatz übernommen haben und in welcher Zeit der erste Retter vor Ort ist. Solange unterstützt der Disponent die Angehörigen mit der sogenannten Telefonreanimation. Steht nach 30 Sekunden kein „Katretter“ zur Verfügung, erweitert das System den Radius und alarmiert weitere Helfer, die registriert sind.
Katretter basiert auf den Ergebnissen eines Forschungsprojekts, an dem die Berliner Feuerwehr und Fraunhofer Fokus beteiligt waren. Das System nutzt die Technologie der etablierten Warn-App Katwarn. Die Berliner Feuerwehr zog im Herbst letzten Jahres nach zwölf Monaten Probebetrieb eine erste positive Bilanz: Die App wurde in der Bundeshauptstadt (rd. 3,7 Mio Einwohner) im Schnitt 26 Mal pro Tag aktiviert. In mehr als der Hälfte der Fälle befand sich ein Ersthelfer in der Nähe. So konnte bei knapp 600 Patienten vor Eintreffen des Rettungswagens mit der Reanimation begonnen werden.

Nichtstun ist der größte Fehler!

Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums erleiden in Deutschland jedes Jahr mehr als 60.000 Menschen einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Nur 10 Prozent der Betroffenen überleben solch einen Notfall. Dabei ist Hilfe oft nicht weit entfernt: 64 Prozent der Fälle treten zu Hause auf. In knapp der Hälfte der Fälle sind Familienangehörige, Passanten oder Arbeitskollegen in der Nähe, die sofort Wiederbelebungsmaßnahmen einleiten könnten. Doch oft sind die Aufregung und vor allem die Angst etwas falsch zu machen groß. Dabei ist bei der Ersten Hilfe alles besser, als Nichtstun! (Redaktion: kfv-herford.de)

-Vo-

 

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