Praxistraining in der Brandübungsanlage
Kreis Herford/Hiddenhausen. Die Brandbekämpfung im Innenangriff zählt zu den gefährlichsten Aufgaben der Feuerwehr. Damit es im Einsatzalltag nicht zu Unfällen kommt, müssen die Einsatzkräfte ständig trainieren. 36 Feuerwehrleute aus dem Kreisgebiet sammelten am Samstag (12.08.2023) im wahrsten Sinne des Wortes brandheiße Erfahrungen. Sie erlebten in einer mit Holz befeuerten mobilen Brandübungsanlage, wie sich ein Entstehungsbrand zu einem ausgedehnten Zimmerbrand entwickelt. Am Ende war die Temperatur im Container so hoch, dass sich sogar die Rauchgase entzündeten und eine Feuerwalze über die Köpfe der Übungsteilnehmer hinweg lief.
Stellvertretender Kreisbrandmeister Holger Klann begrüßt die Teilnehmer des Praxistrainings am Morgen auf dem Gelände des Bauhofs in Hiddenhausen, wo die mobile Brandübungsanlage des Unternehmens Blaul und Seifert (Melle) Station gemacht hat. Einmal jährlich steht für die Feuerwehrleute, die als Atemschutzgeräteträger zur Verfügung stehen, eine Belastungsübung in der Atemschutzübungsstrecke der Kreisfeuerwehrzentrale auf dem Programm. „Die heutige Realbrandausbildung im Container ist eine wichtige Ergänzung“, meint Klann.
Den Brandrauch kühlen!
Auf den ersten Blick wirkt das Gespann aus Zugmaschine und Auflieger wie ein normaler Lastzug. Doch der 40-Fuß-Standard-Seecontainer, der sich auf der Ladefläche befindet, wurde eigens für das Brandsimulationstraining umgerüstet. Er verfügt nun über eine spezielle Wärmedämmung, große Hecktür, zwei seitliche Notausgänge und im vorderen Teil über eine Brennkammer. Volker Johanns, Siggi Clausen (Berufsfeuerwehr Kiel) und Christian Frank (Berufsfeuerwehr Baden-Baden) bilden das Ausbilderteam. Kein Brandeinsatz gleiche dem anderen, sagt Clausen. „Die Rauchschichten richtig zu deuten und eine drohende Rauchdurchzündung rechtzeitig zu erkennen“, nennt der Brandmeister als wichtige Übungsziele. Gegen 10 Uhr machen sich die ersten Feuerwehrleute bereit. Sie kontrollieren gegenseitig, ob ihre persönliche Schutzausrüstung richtig anliegt, um Verbrennungen zu vermeiden. Dann geht es für die zwölf Aktiven, überwiegend handelt es sich um ehrenamtliche Kräfte, in den zwölf Meter langen Container, wo sie sich entlang der Seitenwände hinhocken. In der Brennkammer, die durch eine Stahltür vom Aufenthaltsbereich getrennt ist, stehen währenddessen Holzabfälle in Flammen. Die Feuerwehrleute gehen truppweise vor und stimmen sich ab: Während der Truppführer die Tür zur Brennkammer öffnet, hält der Truppmann das Hohlstrahlrohr im Anschlag, um in kurzer Folge mehrere Sprühstöße in den heißen Brandrauch zu geben. Die Rauchgaskühlung zeigt Wirkung: „Die feinen Wassertropfen verdampfen sofort und entziehen dem Feuer die Energie“, sagt Ausbilder Johanns.
Dichter, dunkler Rauch dringt aus dem Brandübungscontainer.
Im Inneren sammeln die Übungsteilnehmer währenddessen praktische Erfahrungen für den Innenangriff.
500 Grad heiße Rauchschicht
Frischer Brennstoff sorgt dafür, dass die Flammen weiter lodern. Heißer, dunkler Rauch quillt nun aus der Brennkammer. Die Rauchschicht wird immer dicker und füllt den Aufenthaltsraum von oben nach unten aus. Schließlich kann die vom Feuer freigesetzte Wärme nicht mehr aus dem Container entweichen, sodass es zum Wärmestau kommt. Zudem sondern die Holzabfälle brennbare Pyrolysegase ab, die sich in der 500 Grad heißen Rauchschicht an der Containerdecke sammeln. Die Feuerwehrleute sehen erste Flammenzungen, die sich an der Grenze zwischen der Rauchschicht und der verbliebenen Luftschicht bilden. Als der Ausbilder die Tür zur Brennkammer erneut öffnet, bildet sich ein Feuerball, der über die Köpfe der Feuerwehrleute hinweg rollt. Die angesammelten Pyrolysegase, zu denen Methan und Kohlenmonoxid zählen, sind explosionsartig verbrannt. In der Realität stände jetzt die komplette Wohnung in Flammen. Die Fachleute sprechen vom Flashover.
Als die Teilnehmer den Container wieder verlassen, sind sie sichtlich geschafft. Vorsichtig legen sie ihre aufgeheizten Atemschutzgeräte ab, um danach erst einmal viel zu trinken. Moderne Wohnhäuser seien durch eine gute Wärmedämmung luftdichter geworden, sagt Ausbilder Clausen. „Außerdem bilden sich die brennbaren Pyrolysegase sehr schnell, wenn Möbel mit einem hohen Kunststoffanteil in Flammen stehen.“ Beides begünstige die Entstehung eines Flashover oder einer Rauchgasexplosion. Dabei können Temperaturen von bis zu 1.000 Grad entstehen. Selbst die moderne Schutzkleidung der Feuerwehrleute hält einem solchen Szenario nur kurzzeitig stand.
Am Ende ziehen die Teilnehmer der Heißausbildung ein positives Fazit. „Einen Wohnungsbrand mit solch hohen Temperaturen habe ich im Einsatzalltag noch nicht miterlebt“, sagt Thimo Ostermeier von der Löschgruppe Rödinghausen. „Deshalb konnte ich viele praktische Erfahrungen sammeln“. Dennis Flottmann von der Hauptamtlichen Wache Löhne war zuletzt vor 20 Jahren in einer Brandübungsanlage. „Jetzt wurde es Zeit für eine Auffrischung!“
Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)
Ein 40-Fuß-Standard-Seecontainer dient nun als Brandübungsanlage.
Zu Beginn der Schulung steht ein theoretischer Teil auf dem Programm.
Ausbilder Siggi Clausen (BF Kiel) erläutert die Möglichkeiten, die ein Hohlstrahlrohr bietet.
Droht eine Rauchdurchzündung oder gar Rauchgasexplosion, müssen die Feuerwehrleute mit äußerster Vorsicht vorgehen.
Ausbilder Volker Johanns (BF Kiel) erläutert das taktische Vorgehen an einer Tür des Containers.
Die Feuerwehrleute kontrollieren gegenseitig ihre Schutzausrüstung.
Sie tragen zusätzlich feuerbeständige Umhänge (Ponchos), um die Schutzkleidung vor Beschädigungen
durch Rauch und hohe Temperaturen zu bewahren.
Letzte Kontrolle.
In geduckter Haltung geht es in den Container.
Holzabfälle liegen in der Brennkammer bereit. Die geringe Menge reiche bereits aus, um
die gewünschte Brandwirkung zu erzielen, sagt stellvertretender Kreisbrandmeister Holger Klann.
Pepe Blaul zündet das Übungsfeuer von außen mit einem Gasbrenner an.
Im vorderen Bereich des Containers lodern die Flammen.
Ausbilder Siggi Clausen begleitet das Praxistraining.
Zunächst geht es darum, den Rauch in der Brennkammer abzukühlen.
Das Löschgruppenfahrzeug für den Katastrophenschutz aus Hiddenhausen liefert das nötige Löschwasser.
Brennstoff wird nachgelegt.
Dichter, dunkler Rauch dringt aus der Zentraltür am Heck.
Im Brandrauch haben sich brennbare Pyrolysegase angesammelt, die schlagartig verbrennen.
Die Feuerwehrleute haben ihren schweißtreibenden Übungseinsatz beendet.
Die Feuerwehrschutzkleidung samt Feuerwehrhelm kommt bei sehr hohen Temperaturen an ihre Grenzen.
Ausbilder Christian Frank (BF Baden-Baden) räumt den Brandschutt aus der Brennkammer,
die anschließend für den nächsten Übungsdurchgang vorbereitet wird.
Auf den ersten Blick wirkt die mobile Brandübungsanlage wie ein normaler Container-Lastzug.