Katastrophenschutzübung „Widufix“
Kreis Herford. Heftiger Starkregen hat im Kreis Herford zu schweren Überschwemmungen geführt. Die örtlichen Feuerwehren arbeiten bis zur Erschöpfung. Kreisbrandmeister Bernd Kröger fordert deshalb Hilfe bei der Bezirksregierung an: Die 4. Feuerwehrbereitschaft (Lippe/Gütersloh) der Bezirksreserve Detmold rückt daraufhin aus und sorgt für Entlastung. Ein solches Szenario haben die Feuerwehrleute aus der Region am Samstag (11.11.2023) während der Katastrophenschutzübung „Widufix“ geprobt. 250 Einsatzkräfte waren daran beteiligt. Bernd Kröger und seine beiden Amtskollegen, Wolfgang Kornegger (Kreis Lippe) und Dietmar Holtkemper (Kreis Gütersloh), zeigten sich am Ende zufrieden. „Die Flutkatastrophe im Jahr 2021 hat gezeigt, wie wichtig solche Übungen in Zeiten des Klimawandels sind“, so Kröger.
Seit Freitag (10.11.2023) hat es im Kreis Herford ununterbrochen geregnet. Binnen 24 Stunden sind Regenmengen von bis zu 150 Litern pro Quadratmeter gefallen. Die Wassermassen haben die Pegelstände von Werre und Else stark steigen lassen. Das gesamte Kreisgebiet ist von Überflutungen betroffen. Zudem ziehen starke Gewitter mit örtlichen Windböen von fast 100 Stundenkilometern über das Wittekindsland hinweg. Der Norden und die Mitte sind besonders stark betroffen. „Aktuell laufen mehr als 500 Einsätze“, schildert Bernd Kröger die fiktive Lage am Samstagmorgen. Nun folgt der reale Teil der Katastrophenschutzübung. Die Kreisleitstelle löst am frühen Morgen die Unwetterstufe „C“ aus. In den besonders stark betroffenen Städten Bünde, Enger und Herford sowie der Gemeinde Rödinghausen werden die Örtlichen Einsatzleitungen (ÖEL) besetzt, um das hohe Einsatzaufkommen zu koordinieren. Zusätzlich tritt der Unwetterstab im Stabsraum der Kreisleitstelle in Hiddenhausen-Eilshausen zusammen. Die Feuerwehr-Führungskräfte sind zuständig für Personal (S 1), Lage (S 2), Einsatz (S 3) und Informations- und Kommunikation (S 6). „Sie sollen die Einsatzleitungen vor Ort entlasten“, sagt stellvertretender Kreisbrandmeister Holger Klann. Eine Übungsleitstelle nimmt fiktiv Notrufe entgegen und leitet sie an den Stab weiter. Alles wirkt äußerst realistisch.
Die Kräfte der Bezirksreserve haben den Bereitstellungsraum am Kraftwerk in Kirchlengern erreicht.
(v.l.) Bereitschaftsführer Wolfgang Kornegger (Lippe) und Einsatzleiter Bernd Kröger.
Kraftwerks-Gelände wird zum Bereitstellungsraum
Vom Wetterdienst kommen keine gute Nachrichten: Nach Einschätzung der Meterologen wird sich die Wetterlage am Samstagvormittag weiter verschlechtern. Verstärkung für die erschöpften Einsatzkräfte ist bereits auf dem Weg, sagt Einsatzleiter Bernd Kröger. Das Dezernat 22 der Bezirksregierung Detmold, das unter anderem für den Katastrophenschutz in OWL zuständig ist, hat die 4. Feuerwehrbereitschaft (Lippe/Gütersloh) über die Führungsleitstelle Lippe in Marsch gesetzt. Sie zählt zur „vorgeplanten überörtlichen Hilfe größeren Umfangs“, einem landesweiten Konzept, das sich bei der Flutkatastrophe 2021 bewährt hat. Wolfgang Kornegger (Lippe) übernimmt die Bereitschaftsführung. Die Kräfte aus Bad Salzuflen, Barntrup, Detmold, Extertal, Kalletal, Lemgo, Leopoldshöhe, Lüdge und Oerlinghausen (Kreis Lippe) sowie aus Harsewinkel, Herzebrock-Clarholz, Langenberg, Rheda-Wiedenbrück, Rietberg, Schloß Holte-Stukenbrock, Steinhagen und Werther (Kreis Gütersloh) haben sich mit insgesamt 36 Fahrzeugen zu zwei Teilverbänden formiert, die kurz nacheinander in Kirchlengern eintreffen. Auf dem Gelände des dortigen Westfalen-Weser-Kraftwerks, das zurzeit nicht am Netz ist, befindet sich der Bereitstellungsraum. Insgesamt sind etwa 150 Feuerwehrleute vor Ort. Sie bilden die Löschzüge 41 und 42 (Lippe), 43 und 44 sowie den Logistikzug (Gütersloh). Die Löschgruppen Vlotho-Bonneberg und Herford-Schwarzenmoor sind für den reibungslosen Ablauf im Bereitstellungsraum zuständig. Das DRK vom Kreisverband Gütersloh übernimmt den Eigenschutz der Einsatzkräfte und später ihre Verpflegung.
Feuerwehrleute aus Gütersloh retten eine Jugendliche mit der Drehleiter.
Zug 44 rettet zwei Menschen aus ehemaligem Supermarkt
Thomas Reschke (Spenge) und Dirk Rabeneck (Löhne) weisen die Führungskräfte aus Lippe und Güterloh in die Lage ein. Dann wird es hektisch. „An der Ahmser Straße in Herford brennt ein ehemaliger Supermarkt. Zwei Personen sollen sich noch im Gebäude befinden!“, meldet der Stab aus Hiddenhausen. Da sämtliche Feuerwehrleute der Hansestadt im „Unwettergeschehen“ eingebunden sind, übernimmt Löschzug 44 der Bezirksreserve den Einsatz. Vor Ort dringt dichter, dunkler Rauch aus dem Gebäude. Ein junges Mädchen ruft im Obergeschoss um Hilfe. Sie wird von der Drehleiterbesatzung der Kreisfeuerwehrzentrale Gütersloh sofort in Sicherheit gebracht. Währenddessen hat sich der Angriffstrupp des Löschzugs Brockhagen (Feuerwehr Steinhagen) mit Atemschutzgeräten ausgerüstet und rückt durch eine Seitentür in das Gebäude vor. Wenig später kann auch die zweite Person gerettet werden. Beide Jugendliche, dargestellt von Mitgliedern der Jugendfeuerwehr Herford-Mitte, haben sich „Verletzungen“ im Gesicht zugezogen, die von Sanitätern des DRK-Ortsvereins Gütersloh versorgt werden. Zeitgleich kommt es in Enger, Bünde und Rödinghausen zu ähnlichen Einsätzen, die ebenfalls von den Einheiten der Bezirksreserve abgearbeitet werden. Doch damit nicht genug: Die enormen Wassermassen der Werre haben in Löhne eine Weltkriegsbombe freigespült. Der Kampfmittelräumdienst ist bereits verständigt. Die Bereitschaftsführung und die Mannschaft des Einsatzleitwagens 2 aus Detmold sind nun gefordert. In einem Radius von 500 Metern um den Fundort müssen fiktiv 1.300 Menschen, darunter 75 Bewohner eines Altenheims, in Sicherheit gebracht, die Sperrung der Bahnstrecke veranlasst und Anlaufpunkte für die Bevölkerung eingerichtet werden. Bereitschaftsführer Wolfgang Kornegger lobt später die gute Zusammenarbeit mit dem Stab für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) im Löhner Rathaus.
Unter Beobachtung
Zahlreiche Übungsbeobachter, darunter Bezirksbrandmeister Elmar Keuter (Paderborn), Hans-Dieter Mühlenweg (Leiter der Feuerwehr Bielefeld), Thomas Podschadly und Nico Czimmernings (stellv. Kreisbrandmeister Minden-Lübbecke) sowie Abordnungen des Innenministeriums, der Bezirksregierung und Kreisverwaltung verfolgen das Übungsgeschehen. Kreisdirektor Markus Altenhöner lobt das Engagement der Ehrenamtlichen: „Bei Euch fühle ich mich gut aufgehoben!“ Im Reisebus, den das Unternehmen Stoffregen unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat, geht es zu den Einsatzstellen in Herford und Löhne sowie zur Kreisleitstelle in Hiddenhausen. Mit einem gemeinsamen Mittagessen, das in der Kantine des Westfalen-Weser-Kraftwerks stattfindet, endet die Katastrophenschutzübung „Widufix“. Ähnliche Großübungen werde es auch in Zukunft geben, erklärt Kreisbandmeister Bernd Kröger. „Dann wird die 2. Bereitschaft der Bezirksreserve Detmold (Herford/Minden-Lübbecke) in den Kreis Lippe oder Gütersloh ausrücken!“
Von Jens Vogelsang
(Text u. Fotos)
Disponenten der Leitstelle in Hiddenhausen nehmen als sogenannte Calltaker die Notrufe entgegen.
Lagedienstführer Dominik Baake (l) und Marco Elmers sondieren die Anrufe.
Es besteht eine direkte Datenverbindung zum Stabsraum im Erdgeschoss, wo die „Unwetteraufträge“ abgearbeitet werden.
Leitet den Unwetterstab: Stellv. Kreisbrandmeister Holger Klann.
Bernd Kirchhoff (Kreisleitstelle/Kreisfeuerwehrzentrale) erläutert die Technik.
Die Kommunikation mit den Örtlichen Einsatzleitungen erfolgt per E-Mail über fest vordefinierte Adressen.
Der Teilverband aus Lippe bei der Einfahrtskontrolle zum Bereitstellungsraum.
Kräfte der Löschgruppe Vlotho-Bonneberg …
… sind für den Meldekopf im Bereitstellungsraum zuständig.
Gerätewagen-Logistik 2 mit Feuerwehranhänger „Strom“ (250 kVA) des Katastrophenschutzes NRW, der in Lemgo stationiert ist.
Kräfte aus Oerlinghausen und Bad Salzuflen
Kreisbrandmeister Bernd Kröger (l), Verbandsführer Franz Toppmöller (Herzebrock-Clarholz, 2 v.r.) ,
Abschnittsleiter Tobias Besler (Vlotho,r) und weitere Führungskräfte aus dem Kreis Gütersloh.
Das Team vom DRK-Kreisverband Gütersloh unter Leitung des Katastrophenschutzbeauftragten Jürgen Strathaus (l).
Thomas Reschke (Spenge) und …
Dirk Rabeneck (Löhne) übernehmen die …
… Lageeinweisung der Führungskräfte aus Lippe und Gütersloh.
(v.l.) Bezirksbrandmeister Elmar Keuter, Nils Mehring (Bezirksregierung),
Hans-Dieter Mühlenweg (Leiter der Feuerwehr Bielefeld) u. Jürgen Romund (Bezirksregierung).
(v.l.) Bezirksbrandmeister Elmar Keuter, Hans-Dieter Mühlenweg (Leiter der Feuerwehr Bielefeld) u. Kreisbrandmeister Bernd Kröger.
Zug 44 auf dem Weg zu einem „Gebäudebrand“ an der Ahmser Straße.
Kreisbrandmeister Dietmar Holtkemper (r) u. Stellvertreter Uwe Theismann.
Sanitäterin Maike Österwinter versorgt eine „Kopfplatzwunde“, die sich Melina Herfort zugezogen hat.
Mit dem Reisebus geht es für die Übungsbeobachter zu den einzelnen Einsatzstellen.
(v.l.) Klaus Westerholz (Kirchlengern), Jens Weimann (ehrenamtlicher Busfahrer) u. Tim Erdbrügger (Kirchlengern)
Der Einsatzleitwagen 2 des „Bevölkerungsschutzes Höxter/Lippe/Paderborn“ ist vor dem Löhner Rathaus in Stellung gegangen.
Blick in den Stabsraum im Rathaus Löhne, wo der Stab für außergewöhnliche Ereignisse
und die Bereitschaftsführung der Feuerwehr eng zusammenarbeiten.
Das Kreisverbindungskommando der Bundeswehr unter Leitung von Willi Morschhäuser (r).
Kräfte der Bezirksreserve vor der Rückfahrt in den Kreis Gütersloh.