Fahrzeug des Monats März 2022 - Drehleiter mit Korb 64 (DLK 64 bzw. M64L)

Fahrzeug des Monats

März 2022

Drehleiter mit Korb 64 (DLK 64 bzw. M64L)   

Einsatzfahrzeug („Turntable Ladder“) der London Fire Brigade/LFB (GB)    
Standort: Dagenham Fire Station (F 41), Rainham Road, Dagenham (Groß-London)



Technische Daten

Fahrgestell (Hersteller)

Scania   

Typ

P 410 NB

Motor

5-Zylinder-Dieselmotor (Euro 6)

Hubraum

13 l

Leistung

421 PS (310 kW)

Antriebsart/Radformel

8x4/*4
- 2 Achsen angetrieben
- gelenkte Nachlaufachse

Höchstgeschwindigkeit

rd. 95 km/h

Abmessungen

rd. 11,96 m (L) x 2,55 m (B) x 3,92 m (H)

zul. Gesamtgewicht

32 t

Ausbau/Ausrüstung
(Konstruktion)

Magirus GmbH, Ulm/Donau (BW),
Emergency One, Cumnock/Schottland

Leiter-Podium
- Aluminiumbauweise (Magirus AluFire 3)
- 6 Geräteräume
- Beleuchtung der Podiumskante (Magirus Edgelight)  

Abstützung
- Magirus Vario-Abstützung
- Stützen einzeln steuerbar
- Abstützbreite: 2,40 m – 5,20 m
- Videosystem (Erkennung des Abstützbereichs)

Leitersatz
- 7-teilig
- Arbeitshöhe max.: 63,6 m
- Arbeitsbereich: -17 Grad bis +75 Grad
- Teleskopwasserführung im Leitersatz
- Schwingungsdämpfungssystem (Magirus CS)
- automatische Scheinwerferpositionierung
  (Magirus Sky Beam zur Erkennung von Gefahren)
- Wärmebildtechnik (Live-Streaming-Bilder)

Rettungskorb
- Typ Magirus RC300
- für 3 Personen
- Belastung max.: 300 kg
- Krankentragelagerung (bis 200 kg Gewicht)
- elektrisch gesteuerter Schaum-Wasserwerfer
  (Leistung max.: 2.500 l/min)
- Multifunktionssäulen 
- Magirus Saftey Peak (u.a. zur Rettung aus Tiefen)


Rettungslift
- Typ Magirus RE300
- für 3 Personen
- Belastung max.: 300 kg

Pumpe
- Typ Magirus FPN 10-3000 (MPN 230 Alu)
- Förderleistung max.: 3.000 l/min bei 10 bar
- Entlüftungseinrichtung: Magirus Primatic   

Sondersignalanlage  
- 2 x Mini-Warnbalken (Typ Whelen Mini Century)
- 2 x Frontblitzer (Typ Whelen MS4 Series)  
- Frontblitzer im Korbboden (Typ Hänsch Sputnik SL)
- 4 x Seitenblitzer am Korb/Leiterpark (Typ Hänsch)
- 9 x Heckblitzer in rot u. blau (Typ Hänsch Sputnik SL)

Besatzung

1/1 (Trupp)

Baujahr/Indienststellung

11/2021

Amtl. Kfz-Kennzeichen

EY 70 YYH

sonstiges

Magirus hat insgesamt drei baugleiche M64L an die LFB
ausgeliefert. Die weiteren Fahrzeuge sind an den Wachen Old Kent Road und Wimbledon stationiert.

 

(Fortsetzung von der Startseite)

Im Frühsommer 2017 ereignete sich in der Weltstadt an der Themse eine verheerende Brandkatastrophe. Der Grenfell Tower, ein 24-stöckiges Hochhaus im Stadtteil North Kensington, ragte wie eine gigantische brennende Fackel in den Nachthimmel. Viele Bewohner des Wohnsilos aus den Siebzigern hatte das Feuer im Schlaf überrascht. Sie standen jetzt, von Todesangst gezeichnet,  an den Fenstern, während die Flammen meterhoch an der Fassade emporschossen.  Insgesamt 14 Einheiten der London Fire Brigade (LFB) mit rund 200 Feuerwehrleuten nahmen die Lösch- und Rettungsarbeiten auf. Sie konnten am Ende nicht verhindern, dass die Tragödie mehr als 70 Menschenleben forderte. Eine Untersuchungskommission listete zahlreiche Mängel auf: Der Einsatz brennbarer Fassadenelemente, der mangelnde Vorbeugende Brandschutz sowie eine überforderte Feuerwehr. Kritik gab es sowohl an der „Stay Put-Regel“, wonach nicht direkt betroffene Bewohner in ihren Wohnungen bleiben sollen, als auch an der Einsatzausrüstung. In der 8,5-Millionen-Metropole gab es damals gerade einmal elf Drehleitern (DLK 23/12). Der größte Teleskopgelenkmast des Landes, der aus Leatherhead (Grafschaft Surrey) angerückt war, erreichte eine Höhe von „nur“ 42 Metern.

 

Lehren aus der Katastrophe gezogen

Unmittelbar nach der Katastrophe hatte die Feuerwehr London damit begonnen, Einsatztaktiken zu überarbeiten, die Ausbildung entsprechend anzupassen und interne Abläufe zu straffen. „In den letzten Jahren hat die Brigade zahlreiche Änderungen vorgenommen, um auf Hochhausbrände besser vorbereitet zu sein“, so Richard Mills, Deputy Commissioner (stellv. Leiter) der Hauptstadtwehr. Ebenso war im Juli 2017 beschlossen worden, die Fahrzeugflotte um drei Drehleitern mit erweiterter Höhe zu ergänzen. Die Wahl fiel auf das Modell M64L von Magirus, Traditionsunternehmen aus Ulm/Donau. Vierachsfahrgestelle von Scania (Typ P 410 NB 8x4) mit 421 PS fanden für die Aufbauten Verwendung. Die gelenkte Nachlaufachse des „P 410“ trägt mit dazu bei, dass sich das knapp zwölf Meter lange Fahrzeug sicher durch den Großstadtverkehr manövrieren lässt. Xavier Moreau, Direktor  Vertrieb und Marketing bei Magirus, betonte: „Die Fahrzeuge wurden in intensiver Zusammenarbeit mit der Feuerwehr London und dem britischen Vertriebspartner Emergency One entwickelt!“

M64L Magirus London aInsgesamt drei baugleiche Drehleitern vom Typ M64L hat Magirus an die Berufsfeuerwehr London (London Fire Brigade) geliefert.
Sie reichen bis in eine Höhe von knapp 64 Metern und gelten damit als leistungsstärkste Leitern in Europa.
(Foto: Magirus GmbH, Ulm/Donau)


M64L Magirus London bEin Vierachsfahrgestell von Scania dient als Basis für den Aufbau. Die gelenkte Hinterachse trägt mit dazu bei,
dass sich der rund zwölf Meter lange Wagen sicher manövrieren lässt. 
(Foto: Magirus GmbH, Ulm/Donau)

 

Siebenteiliger Leitersatz mit RC300 und RE300

Die M64L erreicht eine Arbeitshöhe von knapp 64 Metern und ist damit doppelt so lang wie das  Standardmodell - die DLK 23/12. Die Feuerwehr London verfügt damit über die höchsten Leitern  in Europa. Bewegungen des siebenteiligen Leitersatzes, der magirustypisch per Seilwinde ausgezogen wird, sowohl in der Horizontalen als auch der Vertikalen werden vom computergesteuerten Schwingungsdämpfungssystem „Magirus CS“ erkannt und in Sekundenbruchteilen aktiv durch hydraulisches Gegensteuern gemildert. Außerdem warnt die Technik den Drehleitermaschinisten, sobald die Wetterbedingungen zu extrem sind, um die Leiter auf ihre volle Höhe auszufahren.

Die Teleskopwasserführung im Leitersatz ermöglicht eine schnelle Wasserversorgung bis zur Spitze. Dort befindet sich der Rettungskorb vom Typ RC300, der für eine Kapazität von drei Personen oder 300 Kilogramm ausgelegt ist. Für die Wasserabgabe vom Korb aus gibt es einen Schaum-Wasserwerfer mit einer Leistung von 2.500 Litern pro Minute. Die Multifunktionssäulen sind seitlich angeordnet. Sie dienen zur Aufnahme der Krankentragelagerung und weiterer Geräte, wie beispielsweise einem Hochleistungslüfter. An der Leiterspitze sind zudem Kameras mit Wärmebildtechnik integriert, sodass die Einsatzleitung  die Situation anhand von Live-Streaming-Bildern beurteilen kann.

Um die extreme Höhe von 64 Metern sicher zu überwinden, ist die M64L mit einem Aufzug ausgestattet, der wie ein Schlitten über die Leiterkanten läuft. Der Magirus-Rettungslift RE300 bietet ebenfalls Platz für drei Personen bzw. ist für eine Kapazität von 300 Kilogramm ausgelegt. Er fährt mit bis zu 1,6 Metern pro Sekunde von der Fahrzeugabstellfläche bis zur Leiterspitze. Die Fahrt wird dabei automatisch kontrolliert, während die Geschwindigkeit individuell eingestellt werden kann. Zur Ausrüstung der „London-Turntable-Ladder“ zählt außerdem eine fest eingebaute Pumpe mit einer Leistung von 3.000 Litern pro Minute bei zehn Bar Ausgangsdruck. „Die Leiter wird von einem Feuerwehrfahrzeug begleitet, damit der sofortige Aufbau einer Löschwasserversorgung sichergestellt ist“, heißt es auf der Internetseite der Hauptstadtfeuerwehr.

Die erste „M64L“ wurde im November 2021 in Dagenham stationiert. Anfang dieses Jahres folgte die Übergabe der beiden weiteren „Super-Leitern“ an die Feuerwachen Old Kent Road und Wimbledon. Lediglich ein Fahrzeug wurde aus dem Budget der Brigade bezahlt, während die beiden anderen mit einer 2,5-Millionen-Pfund-Spende (rd. drei Millionen Euro) der „Freemasons (Freimaurer) of London“ finanziert wurden. Ohne einen fünftägigen Zusatzkurs darf kein Drehleitermaschinist das Hightechgerät im Einsatz bedienen.

Über die Feuerwehr London

Die London Fire Brigade beschäftigt rund 6.000 Mitarbeiter auf 103 Feuerwachen, davon etwa 5.000 im Einsatzdienst. Die britische Hauptstadt verfügt damit - nach Tokio, New York, Paris und dem Scottish Fire and Rescue Service – über die fünftgrößte Feuerwehr der Welt. Sie ist für das gesamte Gebiet von Groß-London zuständig, bestehend aus der „City of London“ und den 32 „London-Boroughs“ mit ihren mittlerweile mehr als neun Millionen Einwohnern. Andy Roe leitet seit Januar 2020 die Hauptstadtfeuerwehr als Commissioner. (Redaktion: kfv-herford.de)          

                                                                                                                                                    -Vo-    

M64L Magirus London cMächtiger Drehkranz mit dem siebenteiligen Leitersatz:
Die Steuerung erfolgt vom Hauptbedienstand aus (Foto) oder direkt aus dem Rettungskorb.
(Foto: Magirus GmbH, Ulm/Donau)   

M64L Magirus London dDiese beeindruckende Übung an einem Hotelkomplex zeigt, die M64L kann zur Menschenrettung
und Brandbekämpfung in sehr großen Höhen eingesetzt werden. Der Leitersatz wird dabei magirustypisch per Seilwinde ausgezogen.
(Foto: Magirus GmbH, Ulm/Donau)

M64L Magirus London ePer Rettungslift können Personen schnell in Sicherheit gebracht und die Einsatzkräfte im Korb bequem ausgetauscht werden.
Ist die Windbelastung zu groß, um die Leiter voll auszufahren, schlagen Sensoren Alarm.
(Foto: Magirus GmbH, Ulm/Donau)

Grenfell Tower Natalie OxfordIn der Nacht vom 13. auf den 14. Juni 2017 kommt es im Grenfell Tower im Londoner Stadtteil North Kensington 
zu einer verheerenden Brandkatastrophe, bei der mehr als 70 Menschen ihr Leben verlieren.
Die neuen „Super-Leitern“ von Magirus tragen mit dazu bei, dass die LFB künftig auf Hochhausbrände besser vorbereitet ist.
(Foto: Natalie Oxford, Wikipedia) 

 

Hinweis:     Der KFV Herford benötigt ständig interessante Fahrzeugfotos der Feuerwehr und

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