Feuerwehrfahrzeug des Monats
März 2016
Drehleiter 52 (DL 52) Typ „Krupp Tiger L8 TG5“
Fahrzeuge aus der ehemaligen DDR - Teil 4 (wird fortgesetzt)
(ehem. Einsatzfahrzeug der Ost-Berliner Feuerwehr)
Technische Daten
Fahrgestell | Krupp Krawa (Krawa als Abkürz. für Kraftwagen), Essen (heute Thyssen Krupp) |
Typ | L8 TG5 |
Motor/Leistung | Fünfzylinder-Zweitakt-Motor mit 185 PS |
Hubraum | 7.270 ccm |
Höchstgeschwindigkeit | k.A. |
Abmessungen | 11,0 m (L), 2,50 m (B), 3,69 m (H) |
Gesamtgewicht | 16 t |
Leiterpark | Metz, Karlsruhe (heute Rosenbauer International AG) - 52 m Auszugslänge - 260 Sprossen - in 60 Sekunden auf volle Länge ausfahrbar - Korbfahrstuhl |
Besatzung | 1/5 (Staffel) |
Geschichte 1956 – 1968: 1968 – 1983: 1983: 1986: 1988 – 2015: heute: |
Einsatzfahrzeug der Ost-Berliner Feuerwehr Hilfsfahrzeug der Ost-Berliner BEWAG Erwerb durch Ost-Berliner Fuhrunternehmer Verkauf in den „Westen“ Nutzfahrzeugmuseum in Sittensen Museum „P.S. Speicher“ in Einbeck |
Anschaffungskosten | ca. 165.000 Westmark |
Wissenswertes:
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Regierung der DDR einen Aufruf für den Aufbau Berlins veröffentlicht. Die Stalin-Allee (heute Karl-Marx-Allee) bildete einen Schwerpunkt des „Nationalen Aufbauprogramms“. Hier entstanden die ersten Wohn- und Hochhäuser der DDR im sogenannten Zuckerbäckerstil – also ganz nach sowjetischem Vorbild. Zum Schutz ihrer „Arbeiterpaläste“ beschloss die Obrigkeit des sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaates eine besonders leistungsstarke Drehleiter zu beschaffen. Da die eigene Feuerwehrgeräteindustrie weder über eine entsprechende Leitertechnik noch über ein geeignetes Fahrgestell verfügte, musste der „kapitalistische Westen“ aushelfen. Über die schwedische Handelsorganisation der DDR kam man mit der Firma Metz in Karlsruhe ins Geschäft. Die Ingenieure des Drehleiterspezialisten aus Baden-Württemberg, der heute zum Rosenbauer-Konzern gehört, konstruierten ein besonderes Hubrettungsfahrzeug. Sie wählten ein Zweiachsfahrgestell von Krupp (Typ L8 TG5 „Tiger“) als Basis, das von einem Fünfzylinder-Zweitakt-Aggregat mit 185 PS angetrieben wurde. Der Leiterpark erreichte innerhalb einer Auszugszeit von nur 60 Sekunden eine beeindruckende Höhe von 52 Metern. Die DL 52 galt damit als seinerzeit höchste Drehleiter Europas. Zur Ausrüstung des „Tigers“ gehörte schon damals ein Fahrstuhl. Der Zwei-Mann-Transport-Lift wurde mit Stahlseilen am Leiterpark entlang nach oben gezogen. Angesichts von 260 Sprossen hätte es anderenfalls unvertretbar lange gedauert, die Leiterspitze zu Fuß zu erklimmen. Im August 1956 führte die Feuerwehr der DDR das moderne Gerät erstmals während einer Übung in der Öffentlichkeit vor: Am Straußberger Platz wurde an einem 14-geschossigen Hochhaus angeleitert. Die DL 52 bewährte sich bei hunderten von Einsätzen. Im Jahr 1968 übernahm das Ost-Berliner Energieunternehmen BEWAG die Leiter für die Wartung von Lichtmasten, nachdem der Leiterpark zuvor schon auf 45 Meter verkürzt worden war. Über die berühmt-berüchtigte „KoKo“ („Kommerzielle Koordinierung“) des Stasi-Oberst Alexander Schalck-Golodkowski soll das Unikat schließlich 1986 in den Westen gekommen sein. Die Metz DL 52 „Tiger“ wurde im Verlaufe der letzten Jahre in liebevoller Kleinarbeit in den Originalzustand zurückgebaut. Sie ist heute im „PS Speicher“ in Einbeck zu sehen. (Infos aus „Faszination Feuerwehr“)
„Kropp-kropp-kropp!“
Die Friedrich Krupp AG mit Sitz in Essen war einst ein Gigant der Schwerindustrie. Die Lastwagen des Unternehmens waren nach dem Zweiten Weltkrieg gefragt. Sie wurden in der noch jungen Bundesrepublik zunächst unter dem Markennamen „Südwerke“ verkauft, da der Name Krupp als belastet galt. Der Krupp „Titan“, der 1950 auf den Markt kam, galt mit seinem Zweitakt-Dieselmotor und 190 PS als stärkster deutscher LKW seiner Zeit. Ein Sechszylinder-Aggregat hatten die Alliierten nicht erlaubt. Stattdessen setzten die Krupp-Ingenieure einfach zwei Dreizylindermotoren hintereinander und verbanden sie mit einem Zahntrieb. Wegen des charakteristischen Geräuschs dieses Motors im Leerlauf („Kropp-kropp-kropp!“) wurde unter Fernfahrern oft gewitzelt: „Der Krupp ist der einzige LKW, der seinen Namen sagen kann!“ In den folgenden Jahren wurde das LKW-Programm modernisiert. Der „Tiger“ – er war ebenfalls mit einem 185-PS-Aggregat ausgestattet - ersetzte den „Tian“. Ab 1959 wurden die neuen Modelle sowohl als Hauben-Fahrzeuge, als auch als Frontlenker angeboten. Krupp stattete seine Frontlenker 1965 als erster deutscher Hersteller mit kippbaren Fahrerkabinen aus. Diese Technik, durch die der Motor für Wartungs- und Reparaturarbeiten wesentlich besser erreichbar ist, ist heute Standard. Doch die Zweitakt-Dieselmotoren von Krupp kamen am Markt immer schlechter an und die Entscheidung, Viertakt-Dieselmotoren von Cummins in Lizenz zu verwenden, änderte daran nichts mehr. Mitte der sechziger Jahre kam das Ende für die traditionsreichen Krupp Motoren- und Kraftwagenfabriken (kurz: Kurpp Krawa). Das Unternehmen hatte für seine Kunden allerdings gut vorgesorgt: Noch bis Mitte der 1980er Jahre waren alle wichtigen Ersatzteile aus Essen lieferbar. Das markante Emblem der Krupp-Werke zierte bis zum Schluss die Motorhauben der Laster: Es zeigt drei übereinanderliegende Ringe. Sie erinnern an Alfred Krupps größte Erfindung – des nahtlos geschmiedeten und gewalzten Eisenbahnreifens.
-Vo-
Die Metz DL 52 auf Krupp „Tiger“ (Bj. 1956) war die seinerzeit höchste Leiter
in Europa. Sie wurde von der Feuerwehr der DDR in Ost-Berlin eingesetzt. (Foto: C-C-Baxter)
Der Krupp „Titan“ galt nach dem Krieg als schwerster deutscher Lastzug. (Foto: C-C-Baxter)
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